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Donnerstag 22. Februar 2007, 11:31

@Julia
Du meinst Emma bastelt sich sozusagen ihre eigene Welt, die nichts oder wenig mit der Wahrheit zu tun hat? Da magst du recht haben.

Wie gut muß man jemanden kennen, um zu entscheiden, ob er der Unterstützung wert ist? Emma scheint das zu reichen, was sie weiß, oder zu wissen glaubt. Harriet ist reizend, und unsicher genug, um sich gerne anleiten zu lassen, was sie zu einem perfekten Schützling macht.
Und obwohl die Familienverhältnisse unbekannt sind, scheint der Background nicht ganz so schlecht zu sein, sonst hätte Mrs. Goddard als alte Schulleiterin sie nicht unter ihre Fittiche genommen und einer Emma vorgestellt. Hatte Mrs. Goddard vielleicht gar erwartet und erhofft, daß sich Emma ihrer annehmen würde ...?

Donnerstag 22. Februar 2007, 11:31

Donnerstag 22. Februar 2007, 11:37

Julia hat geschrieben:
Caro hat geschrieben:@Tina
Wir sprechen hier über ein Jahrhundert, wo die arbeitende Bevölkerung, Bauern und Pächter, die ihre Felder selbst bewirtschafteten auf der sozialen Leiter ganz unten standen ... die Kinder von Bauern mit 5-8 Jahren schon mit auf Feld mußten, Arbeiterkinder im Alter von 8 Jahren bereits 10 Stunden am Tag in Fabriken arbeiten mußten etc. Die meisten hatten leider gar keine Chance etwas zu lernen ...


Moment mal, soweit unten sind die Martins aber nicht angesiedelt. Miss Martin geht mit Harriet ja in Mrs Goddards Schule. Und Mr Knightley bezeichnet Mr Martin als "gentleman farmer" und sieht seine mögliche Ehe mit Harriet als großen Vorteil für sie.

Soweit "unten" sieht nur Emma die Martins, weil sie sie eben dort haben will. Weit weg von ihrem Schützling.


Den Bauern/Farmern ging es damals gar nicht so schlecht (schlechte Ernten mal ausgenommen). Im Süden sind die Bedingungen für Landwirtschaft gar nicht mal schlecht und dann ist ja London gar nicht so weit entfernt.
Ein deutscher Tourist (Fontane?) war sogar sehr beeindruckt von den Kindern der Bauern/Farmer, da sie im Gegensatz zu Deutschland sehr gut gekleidet waren (Schuhe). (Vielleicht finde ich die Quelle wieder.)

Donnerstag 22. Februar 2007, 11:42

Julia hat geschrieben:
Caro hat geschrieben:@Tina
Wir sprechen hier über ein Jahrhundert, wo die arbeitende Bevölkerung, Bauern und Pächter, die ihre Felder selbst bewirtschafteten auf der sozialen Leiter ganz unten standen ... die Kinder von Bauern mit 5-8 Jahren schon mit auf Feld mußten, Arbeiterkinder im Alter von 8 Jahren bereits 10 Stunden am Tag in Fabriken arbeiten mußten etc. Die meisten hatten leider gar keine Chance etwas zu lernen ...


Moment mal, soweit unten sind die Martins aber nicht angesiedelt. Miss Martin geht mit Harriet ja in Mrs Goddards Schule. Und Mr Knightley bezeichnet Mr Martin als "gentleman farmer" und sieht seine mögliche Ehe mit Harriet als großen Vorteil für sie.

Soweit "unten" sieht nur Emma die Martins, weil sie sie eben dort haben will. Weit weg von ihrem Schützling.


Stimmt. Insoweit hast du recht. Es kann ihnen zumindest finanziell nicht allzu schlecht gehen. Und da man erst den Söhnen eine schulische Erziehung gönnte, bevor die Mädchen an der Reihe waren, muß man davon ausgehen, daß Martin zumindest an einer "Lateinschule" war, oder wie man das nannte.
Dennoch genoss er Mr. Knightleys Wertschätzung vermutlich eher aufgrund der Tatsache, daß er ein verlässlicher, vermutlich ehrgeiziger und im Ganzen ein angenehmer Pächter war. Er selbst zählte ihn ja nun auch nicht zu seinem Freundeskres? Oder hab ich da was überlesen?

Donnerstag 22. Februar 2007, 11:47

Ich denke schon, dass Emma die Welt mit ihren eigenen Augen sieht, auch wenn ihr andere (Mr. Knightley) die Wahrheit sagen. Sie will sie anscheinend momentan nicht sehen. Wie gesagt enfernt das Harriet von Emma.
Und Harriet ist schlau genug, die Vorteile zu sehen, die die Freundschaft zu Emma für sie selbst hat. Achtung, Spoiler! Mr. Knightley warnt ja Emma vor den Folgen für ihre Freundin, weil sie ihre Erwartungshaltung viel zu hoch schraubt. Mehr als für sie gut tut. Und da übersieht Harriet die Grenzen von Emmas Einfluss und ihren eigenen Möglichkeiten. Wenn man sieht, dass ein Pfarrer auf sie herabsieht! Emma hat sich da wirklich eine "Harriet Traumwelt" zusammengebastelt.

Donnerstag 22. Februar 2007, 11:48

Caro hat geschrieben:@Julia
Du meinst Emma bastelt sich sozusagen ihre eigene Welt, die nichts oder wenig mit der Wahrheit zu tun hat?


Ja, das ist ja der Witz des Buches. Emma sieht "die Welt wie sie ihr gefällt" (*ähem* :wink:) und die Technik von Jane Austen (siehe letzte Seite --> FID) gaukelt dem Leser sehr lange und immer wieder vor, dass das auch ihre, die der Erzählerin ist. Erst wenn man auf die anderen Stimmen des Buches hört (z.B. Mr Knightley und auch ganz besonders Miss Bates scheinbar uninteressantes Geschwafel), fügt sich das "richtige", differenzierte Bild zusammen. Emma fällt rein und der Leser mit ihr.

Genau deshalb lieb ich das Buch so und halte es für das "beste" von JA. (formal, literarisch und überhaupt) :love:

Donnerstag 22. Februar 2007, 11:50

Caro hat geschrieben: Er selbst zählte ihn ja nun auch nicht zu seinem Freundeskres? Oder hab ich da was überlesen?


Doch, in gewissser Weise schon! Zumindest Mr Martin sucht und bekommt seinen freundschaftlichen Rat, eine Beziehung die weit über das Geschäftliche hinausgeht. Aber das kommt erst später... :wink: (<--- der häufigste Satz in diesem Group Read bisher *gg*)

Donnerstag 22. Februar 2007, 11:54

meli hat geschrieben:Den Bauern/Farmern ging es damals gar nicht so schlecht (schlechte Ernten mal ausgenommen). Im Süden sind die Bedingungen für Landwirtschaft gar nicht mal schlecht und dann ist ja London gar nicht so weit entfernt.
Ein deutscher Tourist (Fontane?) war sogar sehr beeindruckt von den Kindern der Bauern/Farmer, da sie im Gegensatz zu Deutschland sehr gut gekleidet waren (Schuhe). (Vielleicht finde ich die Quelle wieder.)


Das wär super. Das interressiert mich jetzt sehr.

Wobei ich aus anderer Quelle auch weiß, daß sich Touristen über London insoweit beklagten, daß man die Dienerinnen aufgrund der exquisiten Kleidung von ihrer Herrschaft nicht unterscheiden konnte (Henker, Huren, Hugenotten ...?). An anderer Stelle habe ich gelesen, daß auch eine arme Frau eher Geld für ihre Schuhe und Strümpfe (oder die ihres Gatten) geopfert hätte, und lieber gehungert hätte, als darauf zu verzichten. Speziell London, aber wohl ganz England, waren im Vergleich zum übrigen Europa ziemlich extrem bezüglich des äußeren Scheins. Ganz nach dem Motto "Kleider machen Leute" ... :wink:

Donnerstag 22. Februar 2007, 12:08

Gerade durch die freundschaftliche Beziehung von Mr. Knightley und Mr. Martin bin ich ja darauf gekommen, dass Martins nicht so weit unten sind wie Emma meint. Für Harriet sei es mit die beste Lösung, wie Mr. Knightley findet.

Donnerstag 22. Februar 2007, 12:11

Julia hat geschrieben:
Caro hat geschrieben:@Julia
Du meinst Emma bastelt sich sozusagen ihre eigene Welt, die nichts oder wenig mit der Wahrheit zu tun hat?

Ja, das ist ja der Witz des Buches. Emma sieht "die Welt wie sie ihr gefällt" (*ähem* :wink:)

So extrem habe ich das bisher gar nicht gesehen. Okay, Emma liegt mit ihrer Einschätzung, und dem, was sie glaubt, daß das Beste für ihre "Freunde" ist, in einigen Fällen ziemlich daneben. Aber daß sie sich eine "Traumwelt" erschafft, also direkt in einer Phantasiewelt lebt, fernab jeder Realität, das finde ich doch zu arg. Ganz so schlimm ist es, für mich jedenfalls, noch nicht ... :wink:

Donnerstag 22. Februar 2007, 12:17

Ich meinte für Harriet eine Traumwelt! Denn was Harriet anbelangt, hat Emma wirklich Scheuklappen vor den Augen. Da glaubt sie an das, was sie als richtig und gut erachtet und stellt da alle gesellschaftlichen Regeln auf den Kopf und merkt es noch nicht einmal und ist blind gegen jeden noch so gut gemeinten Ratschlag oder eine schlechte Erfahrung. Das meinte ich mit Harriet Traumwelt. Nicht, dass Emma in einer Traumwelt lebt. Nur was ihre Freundin anbelangt halt.

Donnerstag 22. Februar 2007, 12:22

Caro hat geschrieben:Sie wollte Harriet bewußt in die standesgemäß höhere Gesellschaft einführen und dort verheiraten, weil sie es schade gefunden hätte, wenn Harriet auf dem niederen Stand ihrer Geburt bliebe ...

Ehem, sorry aber Emma schätzt Harriets Stand bei weitem nicht so niedrig ein, wie du ihn einzuschätzen scheinst. Sie will sie also nicht erhöhen, sondern vor einem Abstieg (und für das hält sie Robert Martin) bewahren. Also wenn das nicht Ausdruck von Standesdünkel ist, dann weiß ich auch nicht. Sie hält Harriet auf Grund ihrer verworrenen Herrkunft für die uneheliche Tochter eines Gentleman, gerade passend für Mr. Elton. Aber bei weitem nicht gut genug für Mr. Knightley (und das bezieht sich nicht nur auf ihre Vorbehalte bezgl. Harriets Intellekt, sondern ganz klar auch auf den Standesunterschied) und selbst Mr. Churchill scheint ihr eigentlich etwas hochgegriffen.

***Spoiler***
Und bedenken wir, wie Emma sich ziert, von den Coles eingeladen zu werden und dann nur ihre Neugierde am Ende ihren Standesdünkel besiegt.

Donnerstag 22. Februar 2007, 12:34

Oh ja! Da hatte ich fast den Eindruck es geht um eine Einladung beim Tee der Queen! Nur umgekehrt halt... Die Coles hatten sich "erdreistet", "King Woodhouse und seine hochwohlgeborene Tochter Emma" einzuladen. :lach: Da habe ich mich allerdings gefragt, wonach Emma ihre Prioriäten festsetzt. Mrs. Weston ist für sie unangefochten immer mit von der Partie, auch wenn sie eigentlich nicht so ganz dazu gehören. Bei anderen wie auch den Coles hat sie ziemliche Vorbehalte. Da dachte ich dann, sie macht es irgendwie auch mit Vorlieben ihrerseits?
Zuletzt geändert von Tina am Donnerstag 22. Februar 2007, 13:21, insgesamt 1-mal geändert.

Donnerstag 22. Februar 2007, 12:56

@Sonja
ich weiß nicht. Als uneheliche Tochter steht sie nun mal nicht sehr weit oben (außer die unehelichen Kinder der Fürstenhöfe :D ) , hat auch keine Rechte durch ihre Geburt, wieso auch Mr. Knightley davor warnt, Harriet Flausen in den Kopf zu setzen. Und wenn Emma selbst keine bewußten (oder unbewußten)Ambitionen auf Mr. Knightley gehabt hätte, hätte sie eine Verbindung vielleicht doch gutgeheißen ...? Und bei FrankChurchill hatte sie doch anfänglich auch eigene Ambitionen, dachte ich? Zumindest gingen alle anderen davon aus, daß sie ein perfektes Paar wären. Vor allem ist Mr. Knightley etwas besonderes für Emma. Außer ihr, wäre doch vermutlich ohnehin keine Frau gut genug für ihn ... :D

@Tina
ich habe es eigentlich auch immer so gesehen, daß Emma ihre Freundschaften eher aufgrund ihrer Sympathiepunkte streut. Die Coles z.B. fand sie schlicht zu langweilig und uninteressant um sich selber anzufreunden .Jane war ihr, aus welchen Gründen auch immer, unsympathisch. Natürlich kann man Emma hier Oberflächlichkeit vorwerfen, aber gegen fehlende Sympathie kann man fast nix machen ...
Zuletzt geändert von Caro am Donnerstag 22. Februar 2007, 13:12, insgesamt 3-mal geändert.

Donnerstag 22. Februar 2007, 13:05

meli hat geschrieben:
Pixie hat geschrieben:Ich frage mich, ob man hier schon von Freundschaft und Liebe sprechen kann. Okay, Harriet ist Emma sympathisch. Aber dass sie Harriet "formen" will, geschieht doch auch aus Eigennutz, quasi als netter Zeitvertreib, genauso wie das Ehestiften. Es macht Emma einfach Spaß.


Da muß ich irgendwie an Knightley und Emma denken. :wink:


Den Kommentar verstehe ich nicht so ganz ... :gruebel:

Donnerstag 22. Februar 2007, 13:06

Sonja hat geschrieben:
Caro hat geschrieben:Sie wollte Harriet bewußt in die standesgemäß höhere Gesellschaft einführen und dort verheiraten, weil sie es schade gefunden hätte, wenn Harriet auf dem niederen Stand ihrer Geburt bliebe ...

Ehem, sorry aber Emma schätzt Harriets Stand bei weitem nicht so niedrig ein, wie du ihn einzuschätzen scheinst. Sie will sie also nicht erhöhen, sondern vor einem Abstieg (und für das hält sie Robert Martin) bewahren. Also wenn das nicht Ausdruck von Standesdünkel ist, dann weiß ich auch nicht. Sie hält Harriet auf Grund ihrer verworrenen Herrkunft für die uneheliche Tochter eines Gentleman, gerade passend für Mr. Elton. Aber bei weitem nicht gut genug für Mr. Knightley (und das bezieht sich nicht nur auf ihre Vorbehalte bezgl. Harriets Intellekt, sondern ganz klar auch auf den Standesunterschied) und selbst Mr. Churchill scheint ihr eigentlich etwas hochgegriffen.

***Spoiler***
Und bedenken wir, wie Emma sich ziert, von den Coles eingeladen zu werden und dann nur ihre Neugierde am Ende ihren Standesdünkel besiegt.


Ich kann Dir bei allem nur zustimmen! :ja:

Donnerstag 22. Februar 2007, 13:08

Ich finde, dass man bei Emma nicht von "Standesdünkel" sprechen kann, auch wenn es auf den ersten Blick so aussieht. Dafür widersprechen sich ihre Prioritäten zu sehr.
Warum ist Mr Weston akzeptabler als Mr Cole? Beide sind erst seit kurzem vermögend und beide sind durch Geschäfte reich geworden. Mr Weston redet Emma nach dem Mund und Mr Cole nicht. Das ist der Unterschied.
Warum nimmt Emma gleich an, Harriet wäre sicher von guter Abstammung und die Martins unter ihrer Würde. Weil es nur so in ihre eigenen Pläne passt.

Standesunterscheide sind ihr zwar wichtig und bewusst, aber sie sind nicht unumstößlich in ihren Augen und auch nicht so nuanciert wie sie an vielen Stellen behauptet.

Caro hat geschrieben:Aber daß sie sich eine "Traumwelt" erschafft, also direkt in einer Phantasiewelt lebt, fernab jeder Realität, das finde ich doch zu arg. Ganz so schlimm ist es, für mich jedenfalls, noch nicht ...


Nicht so eine Traumwelt wie Catherine Morland natürlich. :wink:
Aber sie interpretiert sich ihre Umgebung so zurecht, wie sie sie braucht. Was ja alle Menschen eigentlich tun, nur nicht in dieser Intensität und mit diesen Folgen. Und mit dieser Konsequenz wie es von Jane Austen in "Emma" durchgezogen wird.
Ich komme später im Buch nochmal darauf, wenn es Textstellen gibt, wo das sehr deutlich gesagt wird ("an imaginist like herself").

Donnerstag 22. Februar 2007, 13:23

Standesdünkel hat Emma durchaus schon, meiner Meinung nach. Aber ihre Sympathie kann das schon mal entwerten und sie handelt dann anders.

Donnerstag 22. Februar 2007, 13:24

Julia hat geschrieben:Warum ist Mr Weston akzeptabler als Mr Cole? Beide sind erst seit kurzem vermögend und beide sind durch Geschäfte reich geworden. Mr Weston redet Emma nach dem Mund und Mr Cole nicht. Das ist der Unterschied.

Zudem ist ihr Mr Weston sicher schon allein durch die Tatsache sympathisch, daß er ihre alte Gouvernante und Freundin glücklich macht.

Julia hat geschrieben: Nicht so eine Traumwelt wie Catherine Morland natürlich. :wink:
Aber sie interpretiert sich ihre Umgebung so zurecht, wie sie sie braucht. Was ja alle Menschen eigentlich tun, nur nicht in dieser Intensität und mit diesen Folgen.

Ja. Auch die anderen sehen und hören meist, was sie wollen. Insofern, okay, geht die gute Emma nicht immer mit der Realität konform. Da ist häufiger der Wunsch der Vater des Gedanken ... :wink:

Donnerstag 22. Februar 2007, 13:37

Ich glaube, das ist der Haken an der ganzen Sache, worüber ihr hier die ganze Zeit diskutiert.

Man versucht bei Emma verzweifelt, ihre Gedankengänge, Vorlieben, Einstufungen etc. einzuschätzten und zu "benennen" (denkt sie nun in Standesdünkel, oder nicht? Warum akzeptiert sie Harriet, aber nicht die Martins etc....), doch letztendlich stuft Emma die Menschen, die sie umgeben, doch genau auf die Stufe ein, auf der sie sie sehen will --- sie schustert sich ihre eigenen Regeln zusammen --- und wenn man Parallelen zu den normalen, damals geltenden Standesregeln ziehen will, merkt man schnell, dass da irgendwie nicht alles zusammenpasst.

Das macht sie natürlich unbewusst --- mein Beitrag klingt jetzt sehr negativ in Bezug auf Emma, doch ich hoffe, ich habe deutlich gemacht, was ich sagen wollte:

Emma hat ihren eigenen Kopf, so wie Jane Austen es gleich im ersten Kapitel schreibt, und nach ihren Regeln lebt und denkt sie.

Donnerstag 22. Februar 2007, 13:38

Da stellt sich dir Frage nach der Definition.

Für mich heißt "Standesdünkel haben", daß man grundsätzlich jemanden nicht akzeptiert, der seinen Stand verläßt, und ihn das spüren lässt, also fortan schneidet. Hätte Emma echten Standesdünkel, hatte sie z.B. die Ehe der Westons nicht gutheissen können und dürfen und hätte Mr. Elton nicht als möglichen Gatten für Harriet auserkoren.

Mr. und Mrs. Elton sind diejenigen, die hier den reinsten Standesdünkel verkörpern ...

Sich der gesellschaftlichen Stellungen, der Rechte und Pflichten, die sich daraus ergeben, bewußt zu sein, wie ich Emma sehe, ist kein Standesdünkel.

Donnerstag 22. Februar 2007, 13:43

@Alethea
Stimmt. Du hast das super zusammengefasst.

Emma möchte, daß sich alles so entwickelt, wie sie glaubt, daß es das Beste für alle ist. Dabei sind ihre Wünsche und Betrachtungen der Nabel der Welt. Kann man das so sagen?
Und jemand, der nicht in ihr Schema passt, bzw. sich nicht einfügen will, ihr ihren Willen nicht lässt, kann ihr logischweise nicht sympathisch sein?
Zuletzt geändert von Caro am Donnerstag 22. Februar 2007, 13:45, insgesamt 2-mal geändert.

Donnerstag 22. Februar 2007, 13:44

Mir stellt sich die Frage, warum Emma manchmal in Ständen zu denken scheint (z.B. in Bezug auf die Martins oder die Coles) und manchmal wieder nicht (z.B. in Bezug auf Harriet oder Mr Weston). Generell würde ich mich deiner Sicht von Emma anschließen, Caro.

Aber wo sind für Emma da die Grenzen? Und die Tatsache, dass Emma das selbst nicht so recht zu wissen scheint, zeigt sich ja immer wieder in ihren Diskussionen mit Mr Knightley.

Donnerstag 22. Februar 2007, 13:45

Aber das mit Mr Knightley kommt ja erst später. Ich will nicht vorgreifen.

Donnerstag 22. Februar 2007, 14:04

Alethea hat geschrieben: Aber wo sind für Emma da die Grenzen? Und die Tatsache, dass Emma das selbst nicht so recht zu wissen scheint, zeigt sich ja immer wieder in ihren Diskussionen mit Mr Knightley.


Hm. Mr. Knightley ist für Emma eine Respektsperson, vermutlich mehr als ihr Vater, und es ist ganz natürlich daß sie quasi um seine Zustimmung buhlt. Ich glaube man nennt es auch "fishing for Kompliments". Allerdings ist er als Respektsperson mit der Einzige, dem sie eine andere Meinung bzw. sogar einen Tadel ihrer Person verzeiht.

Ich glaube Emma verwendet die Standesgrenzen nur als Ausrede, wenn sie ganz gut passen. Eine in ihren Augen schlechte Partie wird dann also mit dem Argument des falschen Standes abgelehnt. Genauso weitere Bekanntschaft oder Freundschaft. Während eine gewünschte Verbindung oder Freundschaft sich logischerweise nicht an irgendwelche Standesgrenzen halten muß ...
Man darf dabei nicht vergessen, daß es für eine Frau immer leichter war, sich vorteilhafter zu verheiraten, als für einen Mann. Sprach nicht sogar Fanny Dashwood (mit ihrem Standesdünkel!) Lucy Steel gewisse Möglichkeiten zu ...?
Zuletzt geändert von Caro am Donnerstag 22. Februar 2007, 14:20, insgesamt 1-mal geändert.

Donnerstag 22. Februar 2007, 14:15

Emma hat meiner Meinung nach kein natürliches Standesdenken, also kein anerzogenes, welches ihr in Fleisch und Blut übergegangen ist ( wie z.B. Lady Catherine aus P&P). Den guten Einflüssen ihrer Erzieherin Miss Taylor ausgesetzt, hat sie wohl eher eine übermäßige Portion Herablassung abbekommen. Den Stand einer jeweiligen Person in der Gesellschaft führt sie nur dann ins Gericht, wenn ihr alle anderen Für- oder
Gegenargumente ausgehen. Sie ist eine verkappte Pipi Langstrumpf, frei nach dem Motto: Ich mach mir die Welt - so wie sie mir gefällt!

Jetzt mal was anderes: Im dritten Kapitel heißt es über Mrs. Goddard:
" Sie war eine schlichte, mütterliche Frau......... und da sie Mr. Woodhouses Freundlichkeit von früher her viel zu verdanken hatte, fühlte sie sich ihm gegenüber besonders verpflichtet....."

Was für eine Verpflichtung könnte dies wohl sein? Beim ersten Lesen hatte ich den Verdacht, Harriet könnte Mr. Woodhouses uneheliche Tochter sein. Dieser Verdacht bestätigte sich allerdings nicht :( !
Mr. Woodhouse wirkt auf mich aber nicht gerade als Wohltäter, der vielleicht die Eröffnung der Schule finanziell unterstützt hätte, oder was meint Ihr?

Donnerstag 22. Februar 2007, 14:25

Es kann durchaus sein, daß Mr. Woodhouse die Schule unterstützte.
Wie es ebenso möglich ist, daß er und Mr. Goddard Freunde waren? Vielleicht war er ihnen zu Lebzeiten in irgendeiner Weise behilflich ...? Da gibt es unzählige Möglichkeiten ...
Ich glaube Mrs. Goddard ist Witwe? Dann hat er sie eventuell in der ersten schweren Zeit unterstützt und sie rechtlich beraten?

Donnerstag 22. Februar 2007, 15:04

Katja hat geschrieben:Sie ist eine verkappte Pipi Langstrumpf, frei nach dem Motto: Ich mach mir die Welt - so wie sie mir gefällt!


*kihihi* Ha! Jemand der meine Anspielung weiter oben verstanden hat... (oder nur zufällig die gleiche Assoziation hatte?) :wink:

Ich könnte mir am ehesten vorstellen, dass Mr Woodhouse vielleicht die Schule in den Anfangsjahren (finanziell?) unterstützt hat. Über Mr Goddard erfährt man nichts, kann aber natürlich auch gut sein, dass sie befreundet waren un Mr Woodhouse die Witwe dann für einige Zeit unter seine Fittiche genommen hat.
(Auf die Idee mit der gemeinsamen unehelichen Tochter bin ich da allerdings noch nicht gekommen! Aber gute Idee! :D )

Donnerstag 22. Februar 2007, 15:13

Oh Mann, Katja, was wäre wohl los, wenn deine erste Spekulation Harriets Vater wegen stimmen würde? Wie würde sich Emma wohl verhalten ...? :D

Donnerstag 22. Februar 2007, 15:49

Wenn mr Woodhouse und Emma sich nur mit Ihresgleichen abgeben würden hätten sie wenig Bekanntschaften, die sie zum Tee, Dinner, etc. treffen könnten.

Vielleicht sind beide u. A. mit diesen vielen Menschen, die unter ihrem Rang stehen befreundet, weil eben in ihrem kleinen Örtchen nicht sehr viele Menschen von ihrem Rang leben. Mich haben Emmas Bedenken bei einigen ihrer bekannten schon oft nachdenklich gemacht, wo sie doch Harriet, die unehelich geborene Tochter, gleich unter ihre Fittiche nimmt. Aber sie hat wirklich ihre eigenen Vorstellungen von ihrer Welt, und damit auch von ihren Freunden.

...Wenn Harriet Emmas Halbschwester wäre, würde sie diese vielleicht auch als Konkurrenz empfinden... :wink:

Donnerstag 22. Februar 2007, 15:57

Guinivere hat geschrieben: ...Wenn Harriet Emmas Halbschwester wäre, würde sie diese vielleicht auch als Konkurrenz empfinden... :wink:

* Spoiler*
Du meinst wie Jane ...? :D
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