Kapitel 20 --- Ankunft in Northanger Abbey
Inhalt:
Der Tag des Abschieds von Bath ist gekommen. Catherine wird von Mr Allen in die Milsom Street gebracht, wo sie und die Tilneys ein reichhaltiges Frühstück zu sich nehmen und dann um 10 Uhr in Richtung Northanger Abbey abreisen. Sie machen einen kurzen Zwischenhalt in Petty France, einem Gasthof etwa in der Mitte der Strecke, wo General Tilney sie zu Henry in den Offenen Wagen verfrachtet. Kurz vor fünf Uhr erreichen sie schließlich Northanger Abbey, Catherine wird auf ihr Zimmer gebracht und zu großer Pünktlichkeit zum Dinner angehalten.
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Das 20. Kapitel könnte man, wenn man es ausführlich besprechen wollte, vermutlich vollständig übersetzen und hier posten, weil fast jeder Satz irgendeine Anspielung auf „Udolpho“ oder einen anderen Schauerroman enthält…Doch dazu fehlt sowohl mir die Zeit als auch euch wohl das Interesse, und daher halte ich mich kurz!
Henry wird durch Catherines eifriges Fragen, ob Northanger Abbey nicht ein altes Gemäuer „just like what one reads about“ (also wie es im Buche steht) sei, dazu angeregt, Catherine selbst als Heldin in eine Schauergeschichte zu verfrachten, die sie in Kürze in der Abtei selbst erleben wird. Er prophezeit ihr scherzhaft alle typischen Szenerien, die den Heldinnen in den Schauerromanen im allgemeinen stets widerfahren --- und beweist dadurch sehr gut, dass er das typische Schema dieser Romangattung voll durchschaut hat.
Catherine in ihrer Begeisterung hört gespannt und gefesselt zu (
„Oh, Mr Tilney! Das ist ganz wie in einem Buch! Doch es kann mir nicht wirklich geschehen. Ich bin sicher, dass Ihre Haushälterin nicht Dorothy heißt. Und, was geschieht dann?“ --- bemerkenswert finde ich hier, dass Catherine eigentlich nur den Namen der Haushälterin anzweifelt, alles andere scheint ihr durchaus möglich zu sein…:wink:), bis Henry irgendwann so zum Lachen zumute ist, dass er ihr nicht mehr länger mit ernsthafter und feierlicher Stimme ihr kommendes Unheil prophezeien kann, ohne dass Catherine merken würde, wie sehr er sich amüsiert…
Einige der Anspielungen auf Udolpho sind:
1)
…eine junge Dame…wird stets abgeschnitten von der restlichen Familie untergebracht. Während diese sich gemütlich in ihren eigenen Bereich des Hauses zurückziehen, wird sie von Dorothy, der steinalten Haushälterin, eine andere Wendeltreppe hinaufgeführt, an einigen düsteren Gänge vorbei, in ein Zimmer, das niemals mehr bewohnt wurde, seit irgendein Kusin oder sonstiger Verwandter über zwanzig Jahre zuvor darin gestorben war.
Genau das geschieht mit Emily in „Udolpho“: Sie wird in einem separaten Flügel des Schlosses untergebracht, in einem Zimmer, in dem Lady Laurentini, die frühere Besitzerin des Schlosses, eines Tages spurlos verschwand. Dorothy heißt allerdings die Haushälterin in dem Spukschloss, in das Emily erst nach ihrer Flucht aus „Udolpho“ in Frankreich gelangt…
2)
In der Zwischenzeit starrt Sie Dorothy, … , in großer Erregung an und murmelt einige unverständliche Worte. Um Ihre Laune zu heben, gibt sie Ihnen auch noch allen Grund zu glauben, dass es in dem Teil der Abtei, in dem sie untergebracht sind, unzweifelhaft spukt…
In „Udolpho“ ist es zwar nicht Dorothy, die das mit dem Spuken erwähnt, sondern Emilys Kammerzofe, die es irgendwo aufgeschnappt hat, doch das „in großer Erregung anstarren“ ist eine Anspielung auf eine spätere Szene, als Emily in Chateau Blanc, das Spukschloss in Frankreich, in das Emily nach ihrer Flucht gelangt, von Dorothy erfährt, dass sie sehr große Ähnlichkeit mit der verstorbenen Herrin des Schlosses hat…wie sich später herausstellt, war diese Emilys Tante…daher die erstaunliche Ähnlichkeit, die Dorothy fast einen Herzschlag versetzt!
3)
…und als Sie, da Sie spüren, einer Ohnmacht nahe zu sein, versuchen, Ihre Tür zu verriegeln, stellen Sie alarmiert und entsetzt fest, dass sie kein Schloss besitzt.
Auch Emilys Tür in „Udolpho“ besitzt kein Schloss. Zu allem Übel führen sogar zwei Türen in ihr Zimmer, die beide kein Schloss besitzen…
Eine der Türen führt durch einen Geheimgang raus aus dem Schloss…
So, das dürfte für’s erste mal genügen! Die übrigen Verweise auf einen Geheimgang zu einer entfernten Kapelle oder Geheimdokumenten spielen, wie ich mal irgendwo gelesen habe, auf Ann Radcliffes anderen Roman „The Romance of the Forest“ („Die Romanze des Waldes“) an ---- übrigens das Buch, das Harriet Smith in „Emma“ ihrem Robert Martin empfiehlt…
Alethea