Mensch, vier Tage nicht da, und all die interessanten Diskussionen finden ohne mich statt.
Euer Glück, dass es jetzt zu spät ist nochmal detailliert meinen Senf dazuzugeben.
Aber noch was eher allgemeines zu
Henry Tilney / Männer bei Jane Austen (zu Kapitel 14)
Ih empfinde Henry Tilney nicht als überheblich, auch nicht wohlwollend überheblich. Seine ganzen Kommentare bei dem Spaziergang sind doch sehr sehr ironisch und neckend gemeint, wie man an Eleonor's Reaktion sieht - sie ist die Scherze gewohnt und rollt nur mit den Augen, weil sie weiß, dass Widerspruch und Aufregung genau das ist was sie der Provokateur Henry erhofft.
Henry macht sich einen Spaß mit Catherine, mehr nicht. Ich habe nicht das Gefühl, dass seine Äußerungen wirklich sein Frauenbild widerspiegeln.
Was die Stelle betrifft, über deren Sinn ihr gerätselt habt: Die Grawe-Übersetzung trifft den Kern (und um den gehts ja) am besten, auch wenn sie vielleicht nicht wortwörtlich richtig ist.
Jane Austen gibt in diesem Abschnitt doch sehr sehr subtil und sarkastisch das zurück, was sie ein paar Sätze vorher Henry in den Mund gelegt hat:
Der größte Teil der Männer bevorzugt Dummheit, aber es gibt doch auch einige, die schon mit Ignoranz (im Sinn von: Unwissenheit) zufrieden sind. (meine vereinfachte Zusammenfassung ... "desiring anything more than" heißt "wünschen sich nicht mehr als"
nicht "... nicht
s mehr", wie es so oft sinnverfälschend übersetzt wird. Der Witz, die entscheidende Ironie in diesem Satz ist ja, dass "bloße Unwissenheit" gegenüber "natürliche Dummheit" als Nachteil bzw. minderwertig dargestellt wird)
Dumme, ungebildete Frauen, gehen bei Jane Austen immer mit Männern einher, die sie trotzdem oder gerade deswegen geheiratet haben: Mr. Allen, Mr. Bennet, Mr. Musgrove, Mr. Palmer, Sir Thomas, ...
Ich würde deshalb nicht sagen, dass die Frauen bei Jane Austen allgemein schlechter abschneiden - die Brautwahl spricht ja auch nicht gerade für die jeweiligen Herren. Und ich denke, darauf spielt Jane Austen an, in diesem Abschnitt. Henry scheint sich einzureihen in diesen Reigen, zumindest deutet Jane Austen es leise an:
Delighted with her progress, and fearful of wearying her with too much wisdom at once, Henry suffered the subject to decline, and by an easy transition from a piece of rocky fragment and the withered oak which he had placed near its summit, to oaks in general, to forests, the enclosure of them, waste lands, crown lands and government, he shortly found himself arrived at politics; and from politics, it was an easy step to silence.
("Erfreut über ihre Fortschritte und vorsichtig, sie nicht mit zuviel Wissen auf einmal zu belasten (...)" bzw. "(...) landete er auf einmal bei der Politik und von Politk war es nur ein kleiner Schritt zum Schweigen")
Jetzt wo ich obiges geschrieben habe muss ich den Anfang meines Beitrags gleich wieder revidieren. "Moralisch einwandfrei" ist Henry nicht, sollte man diesen Anspruch an einen Helden haben. Aber er gehört zumindest zu der von JA erwähnten "aufgeklärten Minderheit", die auch schon mit Unwissenheit zufrieden sind. Mehr kann man von einem realistischen Roman vielleicht auch nicht erwarten.