Becci hat geschrieben:
Also, zum ersten Punkt: Ich verdanke meinen Lehrern einiges. Und ich habe vor allem in den letzten Beiden Jahren meiner Schulzeit viel gelernt. Auch wenn ich dir auch nicht die Lebensdaten von Shakespeare runterleiern kann.
Und klar, es gibt Lehrer, denen ihre Schüler egal sind, das habe ich auch erlebt. Aber ich hatte auch Lehrer, die mich gefördert haben und bei denen ich viel gelernt habe und nicht nur, weil ich lernen wollte, sondern weil sie mir die Lehrinhalte auf interessante Art und Weise vermittelt haben.
Die Leute damals hatten meist eine Gouvernante, meist wechselten die auch und die Kinder damals hatten auch mehr Geschwister und mussten so den Umgang mit anderen Kindern schon viel früher, während es heute mehr und mehr Einzelkinder gibt, die von ihren Eltern nach Strich und Faden verzogen werden.
Ich habe nie in Frage gezogen, dass Charakterbildung im Elternhaus geschieht, aber wenn ich nicht zulasse, dass auch Lehrer oder Erzieher meine Kinder zurechtweisen und ermahnen, dann kann das für meine Kinder sicher nicht gut sein.
Und genauso verhält es sich auch mit der Literatur. Schließlich sind wir alle, wenn es um die eigenen Texte oder Kinder geht, manchmal etwas betriebsblind. Da brauche ich jemand, der auch mal kritisch nachfragt.
Und ja, die charakterliche Entwicklung resultiert aus dem Umfeld, aber doch nicht nur! Es gibt Dinge, die es vor hundert oder zweihundert Jahren gab, die sich nicht verändert haben. ich bin schon vielen Wickhams dieser Zeit begegnet, die vielleicht in etwas anderer Gestalt auftreten, aber vom Charakter und von den Motiven so sind wie unser JaneAusten-Charakter oder zumindest so ähnlich.
Oder wollen wir etwa behaupten, die Leute von heute seien gegen "Stolz und Vorurteile" erhaben und gegen all die anderen Charakterschwächen, auf die Austen in ihren Werken hinweist???
Das du deinen Lehrer vieles dankst und verdankst, spricht für deine Lehrer.
Ich bestreite nicht das es noch engagierte Lehrer gibt,nur sind die in unserem Schulsystem, das von Bundesland zu Bundesland sehr unterschiedlich aufgebaut ist, eher die Ausnahme denn die Regel.
Was die Erziehung durch Gouvernanten anbelangt: Wer kam in den Genuß einer solchen Erziehung? Doch wohl eher jene die es sich leisten konnten, also eine ausgesprochen kleine Minderheit. Auch war für Mädchen längst nicht so eine umfassende Schulbildung angedacht, wie die die Jungen erhielten. Was ja aus Jane Austens Werken durchaus hervorgeht.
Die Masse der Bevölkerung lebte nicht in den von Jane Austen geschilderten Lebensumständen. Daher auch mein Hinweis auf Wollstonecraft und Dickens.
Ich habe nie behauptet, das die Menschen von heute , den Schilderungen in " Stolz und Vorurteil" gegenüber erhaben wären, einzig das deren Lebensumstände sich nicht mit den damaligen vergleichen lassen. Frauen haben heute die Chance eine umfassende Bildung zu erlangen, einen Beruf zu ergreifen, der ihnen eine Unabhängigkeit garantiert, die weit entfernt ist von dem was Frauen vor 200 Jahren an Möglichkeiten geboten wurde. Das damalige Rollenverständnis unterscheidet sich maßgeblich von dem Heutigen. Was unter anderem zur Folge hat, das Frauen im Umgang mit Männer weitaus unabhängiger macht und umgekehrt. ( zum deinem Wickham Beispiel).