Zitat:
Emma ist ein klassischer Bildungsroman und basiert auf Goethes "Wilhelm Meisters Lehrjahre"
Damit lehnst Du Dich glaube ich ziemlich weit aus dem Fenster. Oder meinst Du damit, "Emma" wäre ein Bildungsroman
nach dem Muster von "Wilhelm Meister"? Finde ich trotzdem ein schwierige Parallele, weil Du damit auch einiges über die Goethe-Rezeption in England sagen müsstest ... was ja mit Deinem Thema nicht soviel zu tun hat?!
Wenn schon "Bildungsroman", dann wären eher englische Vorbilder als Referenz sinnvoll, denke ich.
Könntest Du zugunsten einer klareren Diskussion nochmal genau Dein Thema formulieren? Was Du schreibst, klingt als Ansatz spannend, aber ich bin nicht sicher, ob ich es genau verstanden habe, was speziell Du auf alle 6 Romane "anwenden" willst.
Bzgl. "Emma". Als aktives "Kuppeln" würde ich persönlich nur ihr Verhalten im ersten Teil des Buches bezeichnen, also wenn sie versucht, Harriet und Mr Elton zusammenzubringen. Oder ihre Äußerungen bzgl. ihrer "Hilfe" bei Mr & Mrs Westons Ehe - worüber wir aber nur rückblickend etwas erfahren. Nach der Pleite mit Mr Elton, stürzt sie sich zwar (auch mit Frank Churchill!) in
Vermutungen und Spekulationen, wer an wem interessiert sein könnte, aber sie manipuliert meiner Meinung nach nicht mehr so bewusst und aktiv. Mr Knightleys harsche Kritik an ihr (die letztendlich zur Auflösung des Ganzen führt) bezieht sich auch nicht auf ihre "Kuppelei", sondern ihr respektloses, vernachlässigendes Verhalten. Jane Fairfax gegenüber und Miss Bates.
Ich würde also sagen, Emmas Lernprozess ist ganz allgemein, ihr Verhalten anderen Menschen gegenüber zu verbessern, sich selbst und ihre Bedürfnisse (hier eben auch, aber nicht
nur der Wunsch nach Unterhaltung durch "Kuppeleien") in den Hintergrund zu stellen. In Richtung Respekt, Achtung und ehrlicher Anteilnahme. Auch wenns mühsam sein mag.
Ein wesentlicher Aspekt ist hier finde ich auch Emmas Stellung im Haus ihres Vaters und in Highbury. Sie nimmt sich als Mittelpunkt ihrer Welt war, sie ist vielen ihrer Mitmenschen finanziell und geistig überlegen. Das schmeichelt und macht eitel, aber es ist auch langweilig. Das wird immer wieder betont im Buch: Emma hat kaum gleichwertige Gesellschaft. Ihre Spekulationen über ihre Mitmenschen entspringen zu großem Teil dieser Langeweile/Unterforderung, denke ich. Weil sie sich hauptsächlich mit sich selbst und ihren eigenen Interessen beschäftigt.
Interessant fände ich auch das Paar Frank/Jane. Sie werden auch mit einem Happy End belohnt - aber geht diesem ein Lernprozess im Sinne eines "Bildungsromans" voraus? Ich würde spontan sagen: nein. Sie sehen zwar ein, dass ihr Verhalten falsch ist und leiden darunter - aber zumindest Franks Brief klingt ja nicht danach, als wäre er "geläutert".
Auch über Harriets Lernprozess könnte man sich Gedanken machen, auch sie "bekommt" ja schlussendlich ihren Mr Martin. Hat sie gelernt, sich nicht mehr so sehr von anderen leiten zu lassen? Danach könnte man im Text mal suchen ...
(Aber vielleicht reicht es, sich im Rahmen der Prüfung auf die Hauptfiguren zu konzentrieren.)
Ebenso könnte man überlegen, ob der Lernprozess, die "Reifung" der jeweiligen Personen ein Indiz dafür ist, wie "erfolgreich" und glücklich die Ehe wird. Und überhaupt: Gibt es bei Mr Knightley einen vergleichbaren Prozess, oder ist er schon "perfekt"? Immerhin ist er der moralische Fixpunkt im Roman bzw. für Emma.