Frederica hat geschrieben:
Denn eigentlich habe ich meine Zweifel, ob es wirklich so eine tolle Lebensplanung ist, jahrelang einer verflossenen Liebe nachzutrauern.
Da hast Du ganz sicher recht!
Nur dass das ja nicht unbedingt ihre Lebensplanung war, es hat sich halt so ergeben, weil ihre Liebe so stark war - wie sie ja am Ende, als es um den Unterschied zwischen "männlicher" und "weilblicher" Liebe geht, erklärt. Das ist fast schon irgendwie romantisch. Und damit so wenig austenlike....
Zitat:
Fanny hingegen nimmt auf ihre stille Weise ihr Schicksal durchaus selbst in die Hand. Sie mag zwar bei jedem Problem zunächst erst einmal weinen und sich total überfordert fühlen, aber nach einer Weile stellt sie sich ihrer Umgebung, ihren Kusinen, ihrem Onkel, Henry Crawford, und setzt ihre Meinung/Haltung durch.
Das "Problem", wenn man es so nennen will, bei Fanny ist, dass sie fast durchgängig passiv ist. Sie erleidet viel, mit viel Geduld, vor allem aber auch mit sehr, sehr viel Schmerz (wie oft lesen wir, wie bis ins Mark erschüttert sie ist, wie sie mit sich ringt, wie viel Angst sie hat, wie scheu und schüchtern). Sie ist tapfer, weil sie den Schmerz erträgt, weil sie trotzdem an ihren Grundsätzen festhält - aber das ist, wie ich finde, wirklich eine passive Stärke.
Anne ist mir sympathischer, weil sie zwar auch viel erduldet, aber sie tut es irgendwie mit einem gesunden Selbstbewusstsein. Und Anne wird uns ja auch von Anfang an als "vernünftige" Person vorgestellt, man hat den Eindruck, dass sie die "gute Seele" des Hauses ist - genau das, was Fanny erst ganz am Ende des Buches geworden ist. Bei Anne denkt man sofort, dass da noch einiges in ihr steckt, Fanny sieht man nur ständig beim Leiden zu.
Zitat:
Sie würde vielleicht auch nicht acht Jahre lang Edmund nachweinen, schließlich fährt sie unter anderem mit der Absicht nach Portsmouth, mit der Heirat von Edmund klarzukommen und ihr Herz zu befreien.
Ja, aber doch nur aus schierer Not, weil sie denkt, dass es keinen anderen Ausweg mehr gibt. Dann wäre es wirklich unsinnig, unvernünftig-romantisch, weiter an Edmund festzuhalten. Anne hätte sich wohl auch umorientiert, wenn sie von einer Heirat ihres Captains gehört hätte. Solange sie davon nichts hörte, konnte sie immerhin hoffen.
Zitat:
Und dass sie am Ende Edmund bekommt (und vorher den von allen umschwärmten Junggesellen Henry Crawford bekommen könnte) hat sie durchaus nicht dem Glück zu verdanken, sondern ihrem
eigenen Charakter, ihrem Aussehen, ihrem Verhalten, ihren Manieren.
Na ja, sie hatte insofern "Glück", oder freundliche Hilfe durch die Absicht der Autorin, dass Mary sich plötzlich selten dämlich benimmt, so dass Edmund die Augen geöffnet werden. Sicher aber hat sie es vor allem ihren Werten zu verdanken, dass er sie dann doch nimmt, und nicht eine ganz andere sucht. Fanny muss sich da nicht als 2. Wahl fühlen. Ich denke auch, dass Edmund ein wenig von seinem hohen Ross runterkommt, und dass die beiden noch viel Spaß damit haben, sich jahrelang gegenseitig zu erzählen, wie dusselig er war.