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 Betreff des Beitrags: Tom Lefroy in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Mittwoch 19. Juli 2006, 19:25 
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Hallo Bruki, hallo Caro!

Also, es ging darum, wo Tom Lefroy überall in Janes Romanen auftaucht oder Anklänge an diese Geschichte zu finden sind. Es gibt unterschiedlichste Theorien, in welche ihrer Charaktere Jane Austen ihre Erfahrungen, die sie mit Tom Lefroy gemacht hat, eingewoben hat. Ich schreibe euch hier mal alle, die ich kenne, und außerdem meine eigenen!

1.) Ashton Dennis glaubt, dass Tom Lefroy Vorbild für Mr Darcy gewesen ist – wofür meiner Ansicht nach vieles spricht! Die erste Version zu P&P, damals noch „First Impressions“ genannt, begann Jane im Oktober 1796 zu schreiben, also nur ein paar Monate nachdem sie sich im Januar in Tom Lefroy verliebt hatte. Ich zitiere mal kurz aus Dennis’ Text, den Bruki ja auf seiner Website ins Deutsche übersetzt hat, sodass ich das jetzt nicht mehr machen muss… :wink: :

„Honan sagt über ihn: „... Er war ein pflichtbewusster Junge mit einer ‚gutmütigen Veranlagung und einem liebevollen Herzen’... Er war auch schüchtern und zurückhaltend. ... vermutlich aufmerksam genug um zu wissen, dass sein ‚ausländischer’ Dubliner Dialekt in Hampshire nicht gut ankommen würde; dass er seinen Mund halten sollte. ... er war ordentlich und farblos ... mit einer Tendenz seine ‚große Schüchternheit’ mit Hochmut zu überspielen. Jane reagierte auf sein einfältiges Schweigen; ihr gefiel seine vorsichtige Zurückhaltung. Sie hatte viele gemeinsame Ansichten mit ihm. Ein politischer Romanschriftsteller hätte sie zusammengebracht. Sie entschied, sich zu verlieben ...“ [Honan, Kapitel 8] Es gab eine Gelegenheit bei der Tom seine Schüchternheit ablegen konnte, er war ein exzellenter Redner. Und tatsächlich ein Romanzier würde sie zusammenbringen – in „Pride and Prejudice“.“

Das ist Dennis’ Ansicht und ich finde sie nicht so unwahrscheinlich. Tom war vermutlich Janes erste Erfahrung mit der Liebe. :hearts: Darcys Ausspruch, es fiele ihm nicht leicht, mit fremden Menschen ins Gespräch zu kommen, würde durchaus zu Toms Charakter passen. :ja: Allerdings bin ich noch am Forschen, woher Honan weiß, dass er schüchtern war, „mit einer Tendenz seine ‚große Schüchternheit’ mit Hochmut zu überspielen“. :gruebel: Vielleicht finde ich es ja noch heraus! Irgendwo muss er dieses Wissen ja her haben! Und ich lese es nicht das erste Mal! :nein:
Auch andere Beschreibungen passen auf Darcy, doch Ashton Dennis hat sich darüber ja ausführlich ausgelassen! Daher verweise ich, ehe ich mir den Mund fusselig rede, hierher!

2) Nadia Radovici hat in ihrem Buch „A youthful love – Jane Austen and Tom Lefroy?“ die Theorie aufgestellt, dass Tom in den beiden Charakteren Henry Tilney und Captain Wentworth steckt. :/
Sie glaubt, dass sich Jane und Tom nach der Episode in Hampshire noch einmal wiedergesehen haben – nämlich in Bath, im Jahre 1797. Aus dieser Zeit sind keinerlei Briefe von Jane erhalten :nein: – die Autorin meint jedoch im 43. Brief (Montag, 8. April 1805) einen Beweis dafür gefunden zu haben. :ja: Sieben Jahre später schreibt Jane aus Bath an Cassandra:

„Heute Morgen besuchten wir das Riding House (sorry, weiß nicht, wie ich das übersetzten soll :oops: ), um Miss Chamberlayne reiten zu sehen. Sieben Jahre und vier Monate ist es nun her, dass wir dorthin gingen, um Miss Lefroys (vermutlich Lucy Lefroy, Toms Kusine) Vorstellung zu sehen! – Und wie anders ist nun die Zusammensetzung unserer Gruppe. Doch ich vermute, dass sieben Jahre genügen, um das Aussehen und die Gefühle eines jeden Menschen grundlegend zu verändern.“

Radovici glaubt den Beweis darin zu sehen, dass sich Jane nur noch so genau auf das Jahr und den Monat genau erinnern kann, weil sie diese Zeit mit etwas ganz Besonderem verbindet: angeblich, weil sie sie dort mit Tom Lefroy verbracht hat. Ein Jahr darauf schreibt sie auch „Northanger Abbey“, Radovicis Ansicht nach eine Aufzeichnung ihrer eigenen dort mit Tom Lefroy verbrachten Zeit. Jane habe sich, Radovicis Meinung nach, in ihrer Figur der Catherine verewigt, Tom dagegen in der von Henry Tilney! Ich persönlich kann ihrer Theorie NICHT beistimmen :frown: – nicht, wenn man Park Honans Beschreibung von Toms Charakter kennt und ein einziges Mal einen von Janes Briefen gelesen hat. Alles in mir sträubt sich gegen diese Idee, dass die naive, leicht dämliche Catherine unsere große Jane Austen sein soll! :n86: Vielmehr findet sich Janes feinsinniger Humor und Witz in Henry Tilney wieder – und wir kennen Jane gut genug, dass sie es nicht nötig hatte, die intelligenten Bemerkungen anderer (in diesem Fall Toms) abzuschreiben! :ja:
Auch in der Handlung sieht Radovici eine Parallele zum richtigen Leben: Jane Austen hatte reiche Verwandte (die Perrots) in Bath und wurde angeblich von den Lefroys (wie ihre Heldin Catherine Morland) als reiche Erbin angesehen und die Beziehung zwischen ihr und Tom gefödert. Nachdem dann 1797 herauskam, dass Jane vonseiten der Perrots nichts zu erwarten hatte, wurde Tom kurzerhand nach Irland geschickt. Ein Jahr später dann war Jane „zu stolz nachzufragen“, wie ihr 11. Brief verrät. Radovici findet, dass dieser Stolz sich nur daraus erklären ließe, dass die Trennung kurz zuvor stattgefunden habe – ihrer Meinung nach sei es nach 2 Jahren eher unwahrscheinlich, dass Jane zu stolz sei, sich nach Madame Lefroys Neffen zu erkundigen! Was haltet ihr von Radovicis Idee? Ich finde, sie arbeitet zu eng am Text! Es ist meiner Ansicht nach durchaus möglich, dass Jane Austen ihre eigenen Erfahrungen in ihrer Romane eingebaut hat, aber sie wäre bestimmt nie :nein: soweit gegangen, dass sie ganze Gespräche und Charaktere 1:1 übernommen hätte! Wie Bruki ja bereits unter „Briefe“ hier im Board geschrieben hat, glaubten ja wiederholt Menschen ihrer Bekanntschaft, Vorlage für Janes Figuren gewesen zu sein und fühlten sich deswegen entweder geschmeichelt oder gekränkt, sodass Jane tunlichst vermied, zu genaue Angaben zu machen…

Dasselbe gilt für ihre Theorie wegen Captain Wentworth! Sicher – in „Persuasion“ hat sie diese Erfahrung, die sie mit Tom Lefroy gemacht hat (und die sie sicherlich bei anderen jungen Damen ihrer Zeit wiederholt hat beobachten können!) besonders deutlich verarbeitet, doch wiederum steckt meiner Ansicht nach Tom eher in Anne Elliott (denn schließlich ist ja sie diejenige, die sich beeinflussen lässt und die Verlobung mit Frederick Wentworth auflöst!) als in dem Helden der Geschichte. Annes Erklärung für das Lösen ihrer Verlobung, nachdem sie und Wentworth sich versöhnt haben, ist ja auch folgende: „Ich dachte, es sei meine Pflicht nachzugeben.“ Dieser Satz beweist meiner Ansicht nach, dass sie, so sehr sie sicherlich auch enttäuscht war, ein gewisses Verständnis für Toms Situation aufbringen konnte. Geht man davon aus, dass sie damit rechnete, er könne die Romane eines Tages lesen, versteckt sich – vielleicht auch in dem berühmten Gespräch Annes mit Captain Harville („Wir vergessen euch ganz sicherlich nicht so schnell wie ihr uns…“) – eine gewisse Botschaft an ihn! Doch das sind Spekulationen und als solche sollte man sie auch deutlich kennzeichnen!

Meiner Meinung nach hat sie Tom wirklich nicht so schnell vergessen und er war vielleicht mit ein Grund, warum sie damals Harris Bigg-Withers Antrag abgelehnt hat. An ihre Nichte Fanny hat sie am 30. November 1814 geschrieben:

„Nichts kann schlimmer sein, als sein ganzes Leben an jemanden gefesselt zu sein, ohne ihn zu lieben, während man eigentlich einen anderen vorzieht.“

Vielleicht spricht sie da aus eigener Erfahrung und genau dieser Gedanke hielt sie davon ab, Harris Bigg-Withers Antrag anzunehmen. Genauso gut könnte aber auch an dieser Sache mit dem geheimnisvollen Fremden aus Lyme etwas dran sein. Diese Geschichte passierte ja auch irgendwann um diese Zeit, ich glaube 1801 oder 1802 (ist mir entfallen). Wenn dieser junge Mann tatsächlich existiert hat, dann war Tom Lefroy vielleicht schon längst vergessen – wer weiß? :nixweiss: Nadia Radovici hat übrigens auch für diese geheimnisvolle Affäre eine Erklärung: Sie wurde, ihrer Ansicht nach, von den Austens erfunden, um all denen, die sich über Janes Traurigkeit und Enttäuschung (ihr Dahinwelken, wie Jane es bei Anne Elliott beschrieb) wunderten, eine passende Erklärung abzuliefern, ohne vor den Lefroys ihr Gesicht zu verlieren… Ich weiß aber nicht, was ich davon halten soll – soweit ich weiß, ist doch inzwischen bekannt, wer dieser junge Mann vielleicht war? :/ Ich finde, dass man Radovicis Überlegungen nie ganz von der Hand weisen kann, aber ich kenne mich nicht gut genug aus, um sie zu bestätigen oder zu widerlegen!
Dass die Austens es Tom übel nahmen, wie er sich gegenüber Jane benommen hatte, und den Lefroys nicht verzeihen konnten, dass sie in dieser Sache so deutlich gezeigt hatten, dass eine Treppenstufe zwischen den Austens und den Lefroys existierte, ist sehr wahrscheinlich. :ja: Ganz gleich, wie lange die Beziehung dauerte und ob sie wirklich in Bath noch einmal vertieft wurde (was ja nur Theorie ist) – Tom hatte Jane sitzen lassen, ob die Gründe nun verständlich waren oder nicht!

3) Ich denke, Jane hat Toms Verhalten übel genommen, doch sie hat ihn zu gerne gehabt, um ihn für alle Zeiten zu verdammen. Das zeigt vor allem „Persuasion“!
Ich glaube daher, dass man Tom Lefroy vor allem in den Charakeren wiederfindet, die zwar Fehler haben, doch trotzdem jung und bis zu einem gewissen Grad liebenswert sind. :n2: Ich glaube zum Beispiel nicht, dass sie Tom als Vorlage für so einen miesen Kerl wie Wickham genommen hat – dafür hat sie seine Situation wahrscheinlich zu gut verstanden! :nein: Und Colonel Brandon ist zu alt dafür!
:ja: Ich persönlich entdecke Tom vor allem in S&S! An der Vorfassung schrieb sie vermutlich zu diesem Zeitpunkt oder war dabei, es zu überarbeiten. S&S zeigt diese Zwickmühle, in der sich Tom befand, nämlich von zwei Seiten und bietet zwei Lösungsmöglichkeiten: Sowohl Willoughby als auch Edward Ferrars droht die Enterbung, wenn sie die „unvorteilhafte Verlobung“ mit Marianne bzw. Lucy Steele (und später Elinor) nicht aufgeben. Willoughby handelt wie Tom, lässt sich unter Druck setzen und gibt Marianne auf. Er wird dadurch bestraft, dass er an eine Frau gefesselt ist, die er nicht liebt, während er sich nach Marianne sehnt (siehe Janes Brief an Fanny!!!). Am Ende des Romans tritt Willoughby nocheinmal auf, um seine Lage zu erklären, und auch wenn Elinor nicht in der Lage ist, ihm zu verzeihen, so kann sie ihn zumindest verstehen und weiß, dass Marianne ihm längst vergeben hat. In Edward Ferrars dagegen steckt der schüchterne Tom, den sich Jane vermutlich gewünscht hat. :rolleyes: Edward ist besonders nobel: Er hält sogar der Frau die Treue, die er nicht liebt, Lucy Steele, obwohl er enterbt wird und sich eigentlich nach einer anderen Frau sehnt (Elinor). Er wird damit belohnt, dass er diese Frau am Ende bekommt und eine glückliche Ehe mit ihr führt. :love:

In allen späteren Romanen bis „Persuasion“ tritt diese Problematik nicht mehr so deutlich ans Tageslicht :nein: – obwohl es ja eigentlich in allen von Janes Romanen darum geht, ob man aus Liebe oder aus Geld heiraten sollte und womit man glücklicher wird… :ja:
Es war, denke ich, zu Janes Zeit, ein tägliches Thema, das auch ihre Freundinnen und Bekannten betraf, sodass sie da sicherlich nicht nur aus ihrer eigenen Erfahrung schöpfte. Bereits in ihrem zweiten Brief erwähnt Jane ja auch: „Es geht das Gerücht, dass Tom Chute an ein Mädchen aus Litchfield verheiratet werden soll.“ Da geht’s schon los – und sie ist gerade zwanzig und schwärmt von ihrem „irischen Freund“…

:stop: Ich glaube, ich muss hier nun mal zum Punkt kommen! Ich könnte noch Seiten mit Tom Lefroy füllen, aber ich will auch mal hören, was ihr von all dem haltet!
Stimmt ihr mir zu? Oder habt ihr eigene Theorien?

Alethea

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Verfasst: Mittwoch 19. Juli 2006, 19:25 


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BeitragVerfasst: Sonntag 30. Juli 2006, 19:13 
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Administratorin im Ruhestand und Tom-Lefroy-Expertin
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Ich habe noch etwas über Tom Lefroy gefunden! :happy:

Jane Austen mag ihm vielleicht übel genommen haben, dass er sie einfach sitzen ließ, aber wirklich ganz kam sie wohl nicht von ihm los. :nein:

Nadia Radovici hat zwei Stellen aus ihren Romane zitiert, in denen zum Ausdruck kam, dass sie mit Irland etwas Positives verband (und Tom kam ja bekanntlicherweise aus Irland! :wink: ):

Lady Dalrymple sagt in "Persuasion" über Captain Wentworth: "A very fine young man indeed! More air than one often sees in Bath. - Irish, I dare say." :smile:

Außerdem ist Mr Dixon in "Emma" (Miss Campbells Verlobter aus Irland) laut Jane Austen "[...] a most amiable, charming young man."
Und (ich glaube) Miss Bates quasselt kurz darauf weiter: "It was very natural, you know, that he should like to speak of his own place while he was paying his addresses - and as Jane [Fairfax] used to be bery often walking out with them...heard everything he might be telling Miss Campbell about his own home in Ireland...he had shewn them some drawings of the place, views that he had taken himself...Jane was quite longing to go to Ireland, from his account of things."

Zudem schreibt Jane Austen in Brief 39 über einen Mann, mit dem sie (offensichtlich gerne) getanzt hatte: "I think he must be Irish by his ease." :wink:

Das sagt doch ziemlich viel, findet ihr nicht auch? :love:

Alethea :flower:

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BeitragVerfasst: Freitag 4. August 2006, 12:09 
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@ Alethea,

ich habe gerade etwas gefunden, was deine Annahme bestätigen könnte, dass sich ihr Darcy doch zumindest teilweise an Tom Lefroy anlehnt. In dieser Datei geht es um den Gründer der irischen Stadt Clifden einen gewissen John d'Arcy. Tja, wozu ein Adelstick gut sein kann ...

http://de.wikipedia.org/wiki/Clifden

http://de.wikipedia.org/wiki/Galway_%28Stadt%29

http://www.tbheritage.com/HistoricDams/EngFoundationMares/Family12/Family12.html

Schau mal rein ...

Liebe Grüße
Caro

PS: Ich bestehe trotzdem auf meinem Adel !

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BeitragVerfasst: Samstag 5. August 2006, 19:35 
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Alethea hat geschrieben:
Was wiederum mich wegen Tom Lefroy sehr interessiert, der ja Vorlage für JAs Darcy gewesen sein soll


Das lese ich in letzter Zeit öfters... ich frage mich/Dich/Euch: Wie kommt man da drauf? Wo ist da eine Parallele?
Abgesehen von der zeitlichen, nämlich dass sie ein halbes Jahr später begonnen hat, P&P zu schreiben.

Wenn überhaupt, würde ich ja noch eher "Persuasion" als Ergebnis dieser Inspiration sehen. Aber Darcy?? :nein:


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BeitragVerfasst: Samstag 5. August 2006, 21:59 
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Oh ja, Julia. Das habe ich auch schon gehört. Captain Frederick Wentworth soll daraufhin angelegt worden sein. Das klingt für mich auch wahrscheinlicher als der gute Darcy.
Tina

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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 09:13 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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@ Alethea,
siehst du, jeder hat seine eigene Ansicht darüber, für welche ihrer Romanfiguren Tom Lefroy der Auslöser war.
Den Grund für die histrorischen Infos seh ich bei JA in ihrer Wißbegierigkeit, und hat ihr Vater selbst den Wissensdurst nicht gefördert? Sie kann dennoch vieles gelesen und in Gesprächen mit älteren Leuten erfahren haben, die ja gerne alte Familiengeschichten erzählen. Wer weiß, was ihr Vater selbst alles von der britischen Geschichte wußte, was Tom Lefroy von der irischen Geschichte wußte und ihr erzählt hat, ob sie diskutiert haben ...

Das ist jetzt wieder mehr dein Bereich, würde ich sagen ...

@ Julia
@Tina,

habt ihr auch schon einmal an die Möglichkeit gedacht, daß manche Autoren eine "Lieblingsfigur" für mehrere Romane und in mehrereren Variationen verwenden und daß der Held dabei jeweils mehr oder weniger gut wegkommen kann, je nachdem wie sich die Gefühle für die wahre figur verändern? Nur mal grundsätzlich für eure Diskussion.

Liebe Grüße
Caro

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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 09:19 
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Matthews spezielle Weinlieferantin
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Natürlich, Caro! Ich hab doch nur zugestimmt, dass ich ebenfalls gehört habe, dass gerade Captain Wentworth der von Lefroy angehauchte Charakter sein soll. Zumal es ja zeitlich schön passen würde, da JA ihre Charaktere doch an lebenden Zeitgenossen angepasst hat, wenn sie dazu inspiriert wurde. Und P&P hat sie schon geschrieben und überarbeitet. Was spricht da also gegen Wentworth? Das ist doch auch logisch wie deine Meinung? Und bei allen Vorlieben, die wir so hegen. Ich mag auch Darcy sehr! Bis jetzt ist er neben Captain Wentworth meine absolute Lieblingsfigur. Und das wird wohl auch so bleiben! :wink:
Grüße, Tina

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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 10:20 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Ich kann halt das Bedürfniss nicht ganz nachvollziehen, für eine Romanfigur eine reale Vorlage finden zu "müssen".
Deshalb nochmal meine (ernstgemeinte) Frage: Wo ist Eurer Meinung nach Darcy an Tom Lefroy angelehnt?
Jedem ist doch klar, dass Jane Austen's Erfahrungen und Erlebnisse sie inspiriert haben, beeinflusst haben in der Charakterentwicklung ihrer Romanhelden. Aber sie hat selbst in einem Brief geschrieben, dass sie viel zu stolz auf ihre Figuren sei, als nicht beleidigt zu sein, wenn jemand sie für das bloße Abbild von Mr. XY oder Miss QZ hält.

Und was Tom Lefroy betrifft: Den (bzw. seinen Einfluss auf Jane Austen) halte ich für total überbewertet, vorallem, was ihre "Diskussionen" betrifft. Die beiden haben auf zwei, drei Bällen miteinander getanzt, er hat ihre Familie und sie genau einmal für eine halbe Stunde besucht. Und weg war er. Da wird nicht viel Zeit gewesen sein, die irische Geschichte und ihre Adelshäuser zu analysieren. :wink:
Mag sein, dass er sie sehr beeindruckt hat, sie verliebt in ihn war (sie erwähnt ihn ja auch ein Jahr später in einem Brief noch einmal), aber er muss doch nicht gleich als Vorlage für alles herhalten, was an romantischen Ideen in ihren Romanen vorkommt?!


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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 10:31 
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@ Julia,

davon spreche ich auch. Eine Romanfigur nicht als 1:1 Abbild zu verwenden, aber doch als Vorlage.
Macht man als Schriftsteller automatisch. Man verwendet für Romane häufiger lebende Personen, eine einzelne Geschichte oder auch nur einen Charkterzug und macht daraus eine eigene Geschichte und entwickelt daraus natürlich einen eigenen Helden. Ich findes es einfach sehr spannend herauszufinden, welche Wurzeln die Helden haben und welche Psyhologie. Die Psychologie des charakters sozusagen.
Es gibt einen guten Sprcuh der lautet: "Nur wenn du weißt, woher du kommst, kannst du wissen, wohin du gehst ..."

Bezüglich Darcy und Tom Lefroy geht man glaube ich eher davon aus, dass Darcy JA's Traumbild bzw. Wunschbild eines mannes entsprach und sie sich gewünscht hätte, Tom hätte sich über die Familie hinweggesetzt, wie Darcy, und hätte zu ihr gestanden ...

Liebe Grüße
Caro

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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 10:44 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Caro hat geschrieben:
Bezüglich Darcy und Tom Lefroy geht man glaube ich eher davon aus, dass Darcy JA's Traumbild bzw. Wunschbild eines mannes entsprach


Ah, daher weht der Wind. Na gut, das glaube ich zwar nicht (in den Family Records wird ihre Schwester zitiert, die meinte, Edmund Bertram wäre das gewesen, aber da kann man auch nicht wissen, wieviel davon Wunschdenken ist und wieviel Wahrheit), aber wills Dir auch nicht ausreden. :wink:

Vielleicht brauchen wir ja einen Tom Lefroy-Thread (sind ja schon lange off-topic), ich finds interessant, wieviel Bedeutung dieser Episode beigemessen wird. Zumal man über diese Geschichte ja vergleichsweise viel weiß (aus den Briefen) - nämlich dass da nicht viel gewesen ist. :wink:

Ich persönlich finde ja die Geschichte mit dem geheimnisvollen Verehrer, den sie nach ihrer Zeit nach Bath hatte, und der ihr laut Cassandra bestimmt einen Heiratsantrag gemacht hätte (den sie angenommen hätte), wenn er nicht vorher gestorben wäre wesentlich interessanter. Aber gut. 8)


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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 11:13 
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@ Julia: wenn ich Geschichten schreibe, merke ich immer wieder, wie "greifbarer" meine ausgedachten Figuren werden, wenn ich sie an Freunde oder Bekannte anlehen kann, will heißen Charakterzüge von ihnen oder Ausshen von ihnen auf die Personen übertragen kann. Dann sind die Figuren nicht so "glatt"und "perfekt". Ich drücke mich jetzt bestimmt blöd aus, aber besser kann ich es momentan nicht. Und bei den Hintergrundinfos zu JA's Werken habe ich schon oft gelesen, dass sie ihre Figuren an lebende "angepasst" hat bzw. von ihnen inspiriert worden ist. Was nicht heißen soll, das sie die Figuren 1:1 übertragen hab. Die sind eindeutig der Phantasie von JA entsprungen.
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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 11:43 
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@Julia,

aber gerade aus dem verstorbenen Verehrer scheint sie ja keine Geschichte gemacht zu haben, oder ? Ich kenne zumindest keine, wo der vorzeitige Tod des Helden ein Thema gewesen wäre. Der eine Bertram-Sohn (Mist, der Name fällt mir gard ned ein) ist zwar sehr krank, erholt sich aber wieder und wirkt geläutert, wäre für mich dann aber aus logischen Erwägungen eher der geheinisvolle Verehrer aus Bath.

Mag ja sogar sein, dass Darcy die Verkörperung beider ist Tom-der Wunsch und der Geheimnisvolle-zuverlässig, aber unerreichbar ... ,
dass einzelne Wesenszüge ihrer Verehrer einerseits verbunden wurden und sich andererseits sich in mehreren Geschichten wiederfinden.
Ich dachte zum Beispiel, dass Brandon etwas von Lefroy hat, obwohl er älter ist ...

Na ja, ist vielleicht zu weit hergeholt ...

Liebe grüße
Caro

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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 11:49 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Caro hat geschrieben:
aber gerade aus dem verstorbenen Verehrer scheint sie ja keine Geschichte gemacht zu haben, oder ? Ich kenne zumindest keine, wo der vorzeitige Tod des Helden ein Thema gewesen wäre. Der eine Bertram-Sohn (Tom) ist zwar sehr krank, erholt sich aber wieder und wirkt geläutert, wäre für mich dann aber aus logischen Erwägungen eher der geheinisvolle Verehrer aus Bath.


Siehst Du, genau das meine ich. Klar inspirieren die Erfahrungen zu Elementen in Romanen, aber das heißt ja nicht, dass das im Umkehrschluss ("alles was im Roman vorkommt, muss irgendwie irgendwo auch mal im Leben passiert sein") zutrifft.


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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 12:07 
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Julia hat geschrieben:
Alethea hat geschrieben:
Was wiederum mich wegen Tom Lefroy sehr interessiert, der ja Vorlage für JAs Darcy gewesen sein soll


Das lese ich in letzter Zeit öfters... ich frage mich/Dich/Euch: Wie kommt man da drauf? Wo ist da eine Parallele?
Abgesehen von der zeitlichen, nämlich dass sie ein halbes Jahr später begonnen hat, P&P zu schreiben.

Wenn überhaupt, würde ich ja noch eher "Persuasion" als Ergebnis dieser Inspiration sehen. Aber Darcy?? :nein:


Hallo an alle!

Bezüglich Tom Lefroy! Ich bin ziemlich tief in der Materie drin und habe schon die unterschiedlichsten Versionen gelesen.

Meiner Ansicht nach steckt Tom Lefroy charakterlich in Darcy, und von seinem Verhalten Jane Austen gegenüber in Anne Elliott! Ja! :ja: Nicht in Captain Wentworth, sondern in der Dame!

Ich denke auch nicht, dass Jane Austen ihren Tom Lefroy 1:1 in einen Charakter gesteckt hat, sondern vielmehr inspiriert wurde.

Doch Caro, Bruki und ich haben darüber schon in einem anderen Thread diskutiert und da ich nicht noch einmal die unterschiedlichen Versionen wiederholen will, verweise ich einfach auf diese Seite! Bitte lest euch meinen langen Beitrag einmal durch, was ich dazu geschrieben habe! Ihr müsst ein bisschen nach unten scrollen - mein Eintrag war vom 19. Juli 2006 (20:25 Uhr) --- damit ihr's schneller findet! :wink:

Bitte sagt mir, was ihr davon haltet!

Alethea :flower:

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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 12:30 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Also, ich steige aus...
Schwer es zu beweisen, noch schwerer es zu widerlegen.

Mir gehts auch gar nicht darum, etwas zu beweisen oder zu widerlegen, ich finde nur grundsätzlich den Schwerpunkt, die Sichtweise "falsch". Naja, nicht "falsch", aber nicht verhältnismäßig. Und ein Mißverständnis bzgl. dem was es bedeutet, Künstler zu sein und kreativ zu arbeiten.

Aber diskutiert ruhig weiter, interessant ist es allemal. :)


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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 12:35 
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@Julia,

Ich will auch nichts beweisen, denn da gibt es nichts zu beweisen! Doch je mehr man über Tom Lefroys Charakter weiß, desto mehr erkennt man ihn oder sein Verhalten in Jane Austens Romanen (Willoughby ist da auch so ein Kandidat...) Ich bin noch lange nicht am Ende mit Forschen, vielleicht finde ich ja noch mehr über Tom heraus...

Jedenfalls ist doch ziemlich sicher, dass diese Erfahrung von JA, als Heiratspartner nicht akzeptiert zu werden, weil man zu arm ist (und das ist bei Tom Lefroy ganz sicher geschehen), in "Persuasion" eingeflossen ist, oder?

Und bezüglich diesem geheimnisvollen Fremden...Es ist wirklich fraglich, warum Jane Austen dieses Erlebnis nicht verarbeitet hat - das hätte sich doch durchaus für eine Geschichte geeignet, oder? Gab es den überhaupt???

Alethea :flower:

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Alethea hat geschrieben:
Jedenfalls ist doch ziemlich sicher, dass diese Erfahrung von JA, als Heiratspartner nicht akzeptiert zu werden, weil man zu arm ist (und das ist bei Tom Lefroy ganz sicher geschehen), in "Persuasion" eingeflossen ist, oder?


Ja, das kann gut sein. Aber diese Erfahrung wird nicht nur sie gemacht haben, noch dazu, wo sich das Thema der standesgemäßen Verbindung und ihrer Widersprüche und Zwänge durch die gesamte Literatur dieser Zeit zieht.

Tom Lefroy war zu diesem Zeitpunkt übrigens auch völlig mittellos, nicht nur Jane Austen. Es wäre eine ähnlich unvernünftige Verbindung wie in "Persuasion" gewesen.
Und was ich eben ganz wichtig finde: Die beiden kannten sich kaum. Sie haben geflirtet, aber ihre Begegnungen kann man an einer Hand abzählen. Mag sein, dass Jane Austen noch lange an ihn gedacht hat, das will ich gar nicht herunterspielen, aber gleich eine "ewige Liebe" daraus machen, derzuliebe sie ein Leben lang ledig bleibt?! :/

Übrigens hatten die Austens noch ein lebenlang Verbindung zu den Lefroys (wenn auch nicht zu Tom, der ja dem irischen Zweig der Familie angehörte), Anna Austen (James' Tochter) hat ja auch einen Cousin (oder Neffen?) von ihm geheiratet - Ben Lefroy.

Zitat:
Und bezüglich diesem geheimnisvollen Fremden...Es ist wirklich fraglich, warum Jane Austen dieses Erlebnis nicht verarbeitet hat - das hätte sich doch durchaus für eine Geschichte geeignet, oder? Gab es den überhaupt???


Man weiß ja eben nichts darüber - nur das, was Cassandra Caroline Austen erzählt hat. Aber folgt daraus, dass es nicht so bedeutsam war? Wäre Cassandra im Winter 1796 nicht in Godmersham gewesen, wüssten wir vielleicht auch gar nichts von der Existenz eines Tom Lefroy. :wink:


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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 13:11 
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Alethea hat geschrieben:
... Und bezüglich diesem geheimnisvollen Fremden...Es ist wirklich fraglich, warum Jane Austen dieses Erlebnis nicht verarbeitet hat - das hätte sich doch durchaus für eine Geschichte geeignet, oder? Gab es den überhaupt??? ...

DAS ist die Frage! Gab es ihn überhaupt? ... Tom Lefroy hat zumindest Spuren hinterlassen und ist nachweisbar... Der "geheimnisvolle Fremde" beruht auf Hörensagen - und das über drei Ecken... Sehr schwer, daraus etwas zu entwickeln, ohne sofort spekulieren zu müssen...

Dem spärlichen Material, das über Jane Austen in ihren Briefen und sonstigen Hinterlassenschaften unverfälscht an uns überliefert wurde, kann man nur Anhaltspunkte für ihre Seelenlage entnehmen... und muss aus den kleinen Elfenbeintäfelchen mit einem feinen Pinsel das herausarbeiten, was man finden kann...

Doch dass mit Tom Lefroy ein besonderes Verhältnis bestand, scheint allgemein anerkannt zu sein, und das dürfte auch Julia nicht dementieren können... Egal, wie oft sie sich trafen und wie viele Stunden sie zusammenhockten... auf Bällen oder im Salon... Damals war die Werbung eine Sache von solchen kurzen Begegnungen... meist öffentlich oder halb-öffentlich - das war so üblich, und sicher waren die jungen Leute dazumals in der Lage, auch mit diesen gesellschaftlichen Zwängen umzugehen... und ihre Gefühle zu entwickeln und sich gegenseitig einzugestehen...

Und obwohl Ironie und Spott eine der Ausdrucksformen Jane Austens waren, kann man doch deutlich aus den Briefstellen herauslesen, wie sie über Tom Lefroy und die Entfernung ihres Freundes durch seine Verwandten dachte... Darüber hat sie nicht leichtfertig gespottet... Dass ihr die Trennung von Tom Lefroy nahe ging und sie sehr darunter gelitten hat, sollte also unstrittig sein - andernfalls würden wir ihr ein kaltes Herz andichten, was ja wohl in diesem Board niemand wagen wird...

Warum also nicht vermuten, dass sie ihren Herzschmerz in ihren Werken zu "verarbeiten" suchte - ob das nun auf einer bewussten Entscheidung beruhte oder eher unabsichtlich / unbewusst war, sei mal dahingestellt...

Und Mr. Darcy ist nun mal ein dankbares Objekt für Interpretationen und Auslegungen... Ansonsten verweise ich erneut auf den Text Ashton Dennis über Jane Austens 11. Brief, den Julia ja wohl kennt, auch wenn sie keine Gelegenheit auslässt, ihr Missfallen über Ashton Dennis' Abhandlung zu äußern, obwohl sie sich in der Vergangenheit auf keine detaillierte Diskussion darüber einlassen mochte...

Das Thema scheint immerhin doch zu interessant zu sein, um es auf sich beruhen zu lassen?

Bruki :cool:

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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 13:40 
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Und wieviel Male trafen sich Bingley und Jane, Darcy und Lizzie bevor die Verlobungen ausgesprochen wurden ....?

Hat Elinor Marianne nicht eben vorgeworfen, diese habe Willoughby bei einem einzigen Treffen so viel über sich erzählt, dass sie sich beim nächsten Treffen bereits wieder trennen könnten, weil sie alles über sich wüßten, oder so ähnlich ...?

Liebe Grüße
Caro

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:blume: Grüsse, Caro

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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 14:49 
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Bruki hat geschrieben:
Dem spärlichen Material, das über Jane Austen in ihren Briefen und sonstigen Hinterlassenschaften unverfälscht an uns überliefert wurde, kann man nur Anhaltspunkte für ihre Seelenlage entnehmen... und muss aus den kleinen Elfenbeintäfelchen mit einem feinen Pinsel das herausarbeiten, was man finden kann...

Doch dass mit Tom Lefroy ein besonderes Verhältnis bestand, scheint allgemein anerkannt zu sein, und das dürfte auch Julia nicht dementieren können... Egal, wie oft sie sich trafen und wie viele Stunden sie zusammenhockten... auf Bällen oder im Salon... Damals war die Werbung eine Sache von solchen kurzen Begegnungen... meist öffentlich oder halb-öffentlich - das war so üblich, und sicher waren die jungen Leute dazumals in der Lage, auch mit diesen gesellschaftlichen Zwängen umzugehen... und ihre Gefühle zu entwickeln und sich gegenseitig einzugestehen...


Das Problem bei Jane Austen ist, dass sie sich in ihren Briefen oft, wenn sie sich auf die Gefühlsebene begibt, hinter Spott und Scherzen verschanzt – besonders bei Tom Lefroy, obwohl man zwischen den Zeilen etwas anderes durchschimmern sieht – wohl auch aus dem Grund, dass Briefe oft auch in der Runde vorgelesen wurden, und Jane Austen nicht sicher sein konnte, ob außer Cassandra auch jemand anderes ihre Zeilen lesen könnte.

Ich persönlich glaube eher, dass sie in ihren jungen Jahren ihre Gefühle nicht wirklich einschätzen konnte, es ihr schwer fiel, über sie zu sprechen und sie das Bedürfnis hatte, durch einen Scherz eine gewisse Distanz zu wahren. (Zumindest mir ging es so, als ich mich das erste Mal verliebt hatte, meine Schwester es merkte und mich darauf ansprach – es fiel mir unheimlich schwer, das in Worte zu fassen, ohne mir unsäglich dumm vorzukommen… :naja:)

Auch über ihre Gefühle zu einem gewissen Edward Taylor aus Bifron scherzt sie leichthin, doch sie erwähnt ihn noch zweimal später, und meiner Ansicht nach beweisen diese beiden anderen Bemerkungen, dass sie nicht wirklich tief für ihn empfunden hat:

”We went to Bifron, & I contemplated with a melonchaly pleasure, the abode of Him, on whom I once fondly doated.” (Brief 6 vom 16. September 1796)

“I hope & imagine that Edward Taylor is to inherit all Sir Edw. Dering’s fortune as well as all his own fathers.” (Brief 14 vom 19. Dezember 1798)

“I hope it is true that Edward Taylor is to marry his cousin Charlotte. Those beautiful dark Eyes will then adorn another Generation at least in all their purity.” (Brief 25 vom 8. November 1800)

Auch über Samuel Blackall, den jungen Mann, der sich offenbar ziemlich bald nach Tom Lefroy um sie bemühte und sie dann sitzen ließ, lässt sie sich nach der berühmten Stelle in Brief 11 noch einmal in einem Brief an ihren Bruder Frank aus:

“I wonder wether you happened to see Mr Blackall’s marriage in the Papers last January. We did. He was married at Clifton to a Miss Lewis, whose Father had been late of Antigua. I should very much like to know what sort of Woman she is. He was a peice of Perfection, noisy Perfection himself which I always recollect with regard. – We had noticed a few months before his succeeding to a College Living, the very Living which we remembered his talking of & wishing for; an exceeding good one, Great Cadbury in Somersetshire. – I would wish Miss Lewis to be of a silent turn & rather ignorant, but naturally intelligent & wishing to learn; – fond of cold veal pies, green tea in the afternoon, & a green window blind at night.” (Brief 86 vom 3. Juli 1813)

Das hört sich für mich sehr spöttelnd an! Aber auch nach jemanden, der im Grunde über eine Liebelei hinweg ist – und dem einstigen Verehrer ein wenig missgünstig eine lächerliche Frau wünscht, weil man in seinem Stolz gekränkt ist, nicht genommen worden zu sein.

Über Tom Lefroy hingegen wird nie wieder ein Wort verloren – weder des Spottes, noch der guten Wünsche für die Zukunft, wie bei Edward Taylor. Er wird einfach tot geschwiegen – aber ich glaube nicht, weil sie ihn einfach vergessen hat (jemand, der nahe daran war, dir einen Heiratsantrag zu machen, vergisst du nicht einfach so! :nein: Bestimmt hat sie auch beispielsweise irgendwie erfahren, dass er ein Jahr nach Brief 11 eine reiche Dame geheiratet hat!), sondern weil sie ihn gern genug gehabt hat, um nachher nicht über ihn herziehen zu können!
Was zurück blieb, nach all diesen erfolglosen Heiratskandidaten war ein Gefühl der Bitterkeit, das ganz sicherlich in der berühmten Stelle aus „Persuasion“ wiederklingt:

”We certainly do not forget you as soon as you forget us.” (Kap. 23)

Doch was soll das mit dem Vergessen? Bei beiden anderen war es sicherlich keine ernste Gefühlsregung – denn später kann sie lächelnd darauf zurückblicken. Und der geheimnisvolle Fremde, der gestorben ist, war wohl weniger in der Lage dazu, sie schnell zu vergessen! :wink:

Doch von Tom Lefroy schreibt sie, erwarte sie einen Heiratsantrag, den sie natürlich abweisen wird, weil sie sich keinen Pfifferling um den Gentleman schert… :confused: Irgendwie verliert sich da die Logik, oder? Nein! :nein: Ich sage, Jane Austen war in Tom Lefroy verliebt und scherzte darüber, weil sie vielleicht selbst nicht merkte, wie ernst es ihr eigentlich war. Das wurde ihr erst über die Jahre bewusst, als sie ihn nicht völlig aus ihrem Gedächtnis streichen konnte oder mit Spott auf ihre damaligen Gefühle zurückblicken konnte.

Okay, ich will nicht zu weit gehen! Es ist ja nicht bewiesen, dass Jane Austen mit „Persuasion“ auf irgendetwas hinweisen wollte! Doch meiner Ansicht nach ist der Roman mit soviel Gefühl geschrieben – und in keinem anderen beschreibt sie die Gefühlswelt ihrer Protagonistin so detailliert – wie könnte sie das tun, wenn sie nicht selbst ähnliches erlebt hat??

So, das ist meine Meinung!

Alethea :flower:

P.S.: Vielleicht hat sich Jane Austen in P&P das Ganze so hergemacht, wie sie’s sich gewünscht hätte! Darcy ist im Gegensatz zu Tom reich genug, um Lizzie zu heiraten, und setzt sich auch über die Einwände seiner Familie hinweg (…Lady Catherine de Bourgh)…So hätte das wahrscheinlich Jane Austen auch gerne gehabt. :biggrin:
Doch das sind Spekulationen!

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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 16:35 
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Och menno. Ihr seid so schnell, man kommt gar nicht mehr mit :(.

Alethea, ich würde so gerne deinen Beitrag über Tom Lefroy als Darcy lesen, nur leider hat es mich schon sehr viel Zeit gekostet hier und sonst im Board alles nur wenigstens mal quer zulesen. Aber ich werde versuchen, es nachzuholen.

Also ohne deine Argumente zu kennen: mir scheint doch, dass Persuasion sehr viele auffällige Parallelen zu Ja und Tom Lefroy hat, und zwar durchaus in der den Geschlechtern zugeordneten Konstellation.

Da ist Lady Russel. Die mütterliche Freundin, die hier den entscheidenden Rat gibt (was Bruki ihr wohl nie verzeihen wird). Gut, in dem Fall an Anne, das ist eine Änderung zur Geschichte JA und Tom Lefroy. Aber ich weiß nicht, ob Madam Lefroy eine mütterliche Freundin für Tom Lefroy war oder doch eher eine Tante. Und dass der Rat in dem Fall an die Dame geht, kann man als künstler. Abwandlung sehr gut hinnehmen. Niemand hat je behauptet, dass es die exakte Geschichte von JA und Tom Lefroy ist.

Dann das Verhältnis Lady Russel - Anne beschreibt wohl ziemlich exakt das Verhältnis JA und Madam Lefroy. Jedenfalls interpretiere ich JAs Briefe so. Anne ist sich wohl bewußt, dass sich Lady Russel geirrt hat in ihrem Rat. Aber sie unterstellt ihr die gute Absicht und trägt es nicht nach. Andererseits sieht sie sie auch distanzierter (ich denke da speziell an die Stelle, wo Lady Russel so tut, als ob sie Cptn. Wentworth nicht sieht) als in früherer Jugend.

Also für mich ist Persuasion ganz stark durch das Erlebnis Tom Lefroy inspiriert. Aber nur inspiriert, mehr nicht. Und je länger ich nachdenke, Alethea, desto mehr glaube ich, dass du zumindest teilweise mit deiner These Recht hast. Tom Lefroy ist nicht Anne Elliot, aber Anne hat neben Zügen von JA auch Züge von Tom Lefroy.

Die Nähe zu P&P kann ich nicht erkennen, da die Haupthandlung nun wohl gar nicht in die Beziehung JA und Tom Lefroy passt. Vielleicht hatte Darcy das äußere Aussehen Tom Lefroys, aber ich habe nicht den Eindruck, als ob da noch mehr Parallelen seien.

Und wie sehr JA tatsächlich von Tom Lefroy beeindruckt war... also ehrlich, da muss ich passen. Um zu wissen, wie ihre Ironie wirklich zu verstehen war, muss man wohl sehr vertraut mit ihrem Charakter sein und sie sehr gut kennen. Vielleicht hat es ihr wirklich fast das Herz gebrochen. Vielleicht war aber auch nur ihre Eitelkeit ein bißchen verletzt, nicht gut genug gewesen zu sein. Und ob Tom Lefroy wirklich kurz davor stand, ihr einen Antrag zu machen, da bin ich mir nach JAs Briefen auch überhaupt nicht sicher, wenn man den Übermut bedenkt, mit dem sie die groteskesten Dingen schildert. Aus der Diskussion halte ich mich raus.

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Gruß Sonja
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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 17:57 
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@Sonja,

Ich stimme dir da im Großen und Ganzen zu!!! :ja:

Ich kann schon verstehen, dass es etwas schwierig für dich ist, bei allem, was hier im Board diskutiert wird, mitzukommen! Vor allem, wenn es dauernd solche Leute wie mich gibt, die seitenweise Beiträge schreiben :biggrin: Sorry, ich kann's nicht lassen! Bei manchen Themen ist mein 10-Finger-Schreibsystem eher von Nachteil, denn da tippe ich 40 Zeilen pro Minute! :wink: Also, lass' dir ruhig Zeit mit Lesen! Ich freue mich jedenfalls, dass dich das Thema auch interessiert!

Zu P&P erkenne ich auch nicht wirklich Parallelen - außer eben charakterlich! Tom scheint eher ein junger Mann vom schüchternen Kaliber gewesen zu sein, der auf andere auch hochmütig und arrogant wirken konnte, weil er schlecht mit anderen ins Gespräch kam (was mich sehr an Darcy erinnerte!) ----- so formuliert es Park Honan in seiner dicken Biografie - aber ich habe schon zu Bruki gesagt, dass ich erst herausfinden möchte, woher Honan diese Charakterbeschreibung von Tom Lefroy hat! Alles, was ich weiß, ist, dass es wenig Literatur über dieses Thema gibt, vor allem in Deutschland - doch es gibt sie - und ich bin noch am Forschen!

Wegen dieser Charakterbeschreibung finde ich auch, dass Wentworth nicht so richtig passt! Denn der ist ja weniger schüchtern, oder??? Ich habe das Buch erst kürzlich gelesen, und ich fand, dass er sehr selbstbewusst war und durchaus in der Lage, mit zwei Frauen gleichzeitig zu flirten... Ob das Tom Lefroy (der wegrannte, als Jane die Lefroys besuchte!!!) zustande gebracht hätte??

Madame Lefroy war sicherlich nicht Toms mütterliche Freundin! Er hat sie ja, soweit mir bekannt ist, bei diesem Besuch zum ersten Mal gesehen! Doch auf Lady Russell im Bezug auf Anne passt das durchaus! Ist auch meine Vermutung!

Vielleicht hat Jane Austen ja tatsächlich an ihre Beziehung zu Tom Lefroy gedacht, als sie am Ende ihres Lebens "Persuasion" schrieb - diesem Thema sogar ein ganzes Buch gewidmet hat - und änderte die Rollenverteilung, dass es nicht ganz so offensichtlich erschien! :nixweiss:

Wegen dem Heiratsantrag vermute ich, dass es ähnlich wie bei S&S lief! Es wurde eine Andeutung gemacht (wie Willoughby bei Marianne ---- oder war das nur im Film so :confused: kann mich nicht genau erinnern, ist schon eine Weile her, dass ich das Buch gelesen habe!), kein wirklicher Antrag! Und ehe was passieren konnte, wurde er weggeschickt! Immerhin hat sie um diese Zeit auch gerade die Vorfassung zu S&S geschrieben! Vielleicht hat sie die Handlung daraufhin auch etwas umgebaut, wer weiß???

Alethea :flower:

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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 18:53 
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Ich konnte es nun doch nicht lassen, deinem Link in das Reich der Fanfics zu folgen und habe es daher gelesen.
alethea hat geschrieben:
Tom scheint eher ein junger Mann vom schüchternen Kaliber gewesen zu sein, der auf andere auch hochmütig und arrogant wirken konnte, weil er schlecht mit anderen ins Gespräch kam (was mich sehr an Darcy erinnerte!) ----- so formuliert es Park Honan in seiner dicken Biografie - aber ich habe schon zu Bruki gesagt, dass ich erst herausfinden möchte, woher Honan diese Charakterbeschreibung von Tom Lefroy hat!

Exakt das ist meine Frage. Außer JAs Briefen und vielleicht denen seiner wohlwollenden Verwandtschaft gibt es doch nichts. Und habe ich nicht auch was gelesenbei dir, dass er, wie immer man es dreht, JA sitzen gelassen hat? Oder war das jemand anderes (gar nicht so einfach, den Durchblick zu bewahren). Also dafür gibt es, finde ich, in JAs Briefen überhaupt keinen Anhaltspunkt. Man gefiel sich, man hat ein wenig geflirtet und ehe zu viel passieren konnte, hat Tante Lefroy eingegriffen. Es gibt keinen Hinweis darauf in JAs Briefen, dass er sich als treulos erwiesen hat. Vielleicht hätte sie sich mehr gewünscht, aber ich glaube nicht, dass er mehr versprochen hat.

alethea hat geschrieben:
Wegen dieser Charakterbeschreibung finde ich auch, dass Wentworth nicht so richtig passt! Denn der ist ja weniger schüchtern, oder??? Ich habe das Buch erst kürzlich gelesen, und ich fand, dass er sehr selbstbewusst war und durchaus in der Lage, mit zwei Frauen gleichzeitig zu flirten... Ob das Tom Lefroy (der wegrannte, als Jane die Lefroys besuchte!!!) zustande gebracht hätte??

Wir wissen gar nichts über den jungen Wentworth, das Argument zieht nicht. Wir lernen ihn als gestandenen Mann kennen, der weiß, wer er ist und was er zu bieten hat. Nicht mehr der kleine Leutnant mit den schiefgelaufenen Hacken. Und (oder spielt mir da die Vermischung von Film und Buch einen Streich?) wird in Persuasion nicht gesagt, dass Wentworth sehr irisch aussähen?

alethea hat geschrieben:
Madame Lefroy war sicherlich nicht Toms mütterliche Freundin! Er hat sie ja, soweit mir bekannt ist, bei diesem Besuch zum ersten Mal gesehen! Doch auf Lady Russell im Bezug auf Anne passt das durchaus! Ist auch meine Vermutung! Vielleicht hat Jane Austen ja tatsächlich an ihre Beziehung zu Tom Lefroy gedacht, als sie am Ende ihres Lebens "Persuasion" schrieb - diesem Thema sogar ein ganzes Buch gewidmet hat - und änderte die Rollenverteilung, dass es nicht ganz so offensichtlich erschien! :nixweiss:

Also ich meine, dass Anne auch Züge von Lefroy hat, davon konntest du mich überzeugen, aber ein kompletter Geschlechterwechsel, so dass Wentworth Anne entspricht :nein:

alethea hat geschrieben:
Wegen dem Heiratsantrag vermute ich, dass es ähnlich wie bei S&S lief! Es wurde eine Andeutung gemacht (wie Willoughby bei Marianne ---- oder war das nur im Film so :confus: kann mich nicht genau erinnern, ist schon eine Weile her, dass ich das Buch gelesen habe!), kein wirklicher Antrag! Und ehe was passieren konnte, wurde er weggeschickt! Immerhin hat sie um diese Zeit auch gerade die Vorfassung zu S&S geschrieben! Vielleicht hat sie die Handlung daraufhin auch etwas umgebaut, wer weiß???


Hihi, ja, da vermischst du jetzt Buch und Film. Ich habe S&S vor kurzem gelesen. Wir erfahren nicht, was Willoughby und Marianne reden, bevor er geht. Er will die Haarlocke von ihr, aber schon eher. Das ist vielleicht schon fast ein Heiratsantrag, aber glaubst du, dass JA Tom Lefroy eine Locke geschenkt hat? Und wenn ja, worauf stützt du deine These? Ich finde nichts davon in ihren Briefen (ich habe zugegebener Maßen nur die deutsche Übersetzung gelesen, die nicht alle Briefe enthält).

Ich werde irgendwie das Gefühl nicht los, dass wir hier große Gefahr laufen, die Affäre Tom Lefroy gewaltig überzubewerten wird. Vielleicht war es wirklich so entscheidend für JA. Vielleicht war es aber auch ein harmloser Sommerflirt, der in JAs recht ereignislosen Leben nur deshalb so sichtbare Spuren hinterlassen hat, weil sie es als Anlass für einen sehr klugen und sehr gelungenen Roman nahm.

Gruß

Sonja

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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 19:40 
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Bruki hat geschrieben:
Alethea hat geschrieben:
Gab es den überhaupt??? ...

DAS ist die Frage! Gab es ihn überhaupt? ... Tom Lefroy hat zumindest Spuren hinterlassen und ist nachweisbar... Der "geheimnisvolle Fremde" beruht auf Hörensagen - und das über drei Ecken...


Wieso drei Ecken? Ich wunder mich, dass Ihr das bezweifelt, denn 80% der biografischen Daten bestehen doch genau aus diesem "vom Hörensagen". Cassandra hat es ihrer Nichte erzählt - warum sollte einer der beiden sowas erfinden?

Zitat:
Damals war die Werbung eine Sache von solchen kurzen Begegnungen... meist öffentlich oder halb-öffentlich


O.k., das ist ein gutes Argument. Man muss da wohl mit andeeren Maßstäben messen.

Zitat:
Dass ihr die Trennung von Tom Lefroy nahe ging und sie sehr darunter gelitten hat, sollte also unstrittig sein


Darüber kann man streiten... Auch ohne ihr ein "kaltes Herz" zu unterstellen.

Zitat:
Ansonsten verweise ich erneut auf den Text Ashton Dennis über Jane Austens 11. Brief.


Darauf habe ich schon gewartet. Mal ehrlich, Bruki, nach dem 11. Brief kamen noch hundert andere, die ebenso zum Bild gehören, wenn man sich ein differenziertes machen will. Hast Du mal weitergelesen, in den Briefen?
Alethea ist mir zuvorgekommen, ich wollte auch gerade noch ein paar weitere Vereher in die Runde werfen. Deidre le Faye hat ganze 12(!) gezählt in den Briefen, zu denen eine engere und mehr oder weniger ernsthaftere Beziehung bestand. Deshalb:

Sonja hat geschrieben:
Ich werde irgendwie das Gefühl nicht los, dass wir hier große Gefahr laufen, die Affäre Tom Lefroy gewaltig überzubewerten.


Mehr will ich gar nicht sagen.


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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 19:52 
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Sonja hat geschrieben:
Ich konnte es nun doch nicht lassen, deinem Link in das Reich der Fanfics zu folgen...


Ursprünglich war unsere Diskussion gar nicht unter Fanfiction (ich bin nämlich keine FF-Schreiberin :nein: ), sondern wurde dahin verschoben, nachdem Becci Moderatorin der FF-Gemeinschaft wurde... :wink:

Sonja hat geschrieben:
Und habe ich nicht auch was gelesenbei dir, dass er, wie immer man es dreht, JA sitzen gelassen hat? Oder war das jemand anderes (gar nicht so einfach, den Durchblick zu bewahren). Also dafür gibt es, finde ich, in JAs Briefen überhaupt keinen Anhaltspunkt. Man gefiel sich, man hat ein wenig geflirtet und ehe zu viel passieren konnte, hat Tante Lefroy eingegriffen. Es gibt keinen Hinweis darauf in JAs Briefen, dass er sich als treulos erwiesen hat. Vielleicht hätte sie sich mehr gewünscht, aber ich glaube nicht, dass er mehr versprochen hat.


Ehrlich gesagt, verliere ich auch langsam den Überblick, was ich geschrieben habe oder was ich nur von jemand anderem zitiert habe! Ich glaube, es ist ziemlich gesichert, dass schon etwas zwischen den beiden war! Es gibt noch andere Quellen, nach denen ich noch forsche - ich habe nur in der Chapman-Biografie und an anderen Stellen schon kleine Ausschnitte aus Briefen der Lefroy-Sippe gelesen - aber ich bin selbst noch auf der Suche nach denen! Leider habe ich sie noch nicht zwischen die Finger bekommen!
In den Briefen gibt es kaum Hinweise, da hast du Recht! Allein wenn man Janes Andeutung auf den Heiratsantrag, den sie erwartet, gelten lässt, ist es denkbar, dass er ihr vielleicht zumindest Hoffnung gemacht hat, um sich dann überzeugen zu lassen, dass sie keine geeignete Partie für ihn ist, und sie dann "sitzen zu lassen". Als treulos würde ich Tom aber nicht unbedingt bezeichnen - es lastete ein unheimlicher Druck auf ihm! Wahrscheinlich konnte er wirklich nichts anders, als die Beziehung abzubrechen! Er hätte nur mal früher darüber nachdenken können - oder überlegen können, ob sein Verhalten bei Jane Austen vielleicht etwas auslöst (wie Churchill bei Emma auch so gedankenlos vorgeht!)


Sonja hat geschrieben:
Wir wissen gar nichts über den jungen Wentworth, das Argument zieht nicht. Wir lernen ihn als gestandenen Mann kennen, der weiß, wer er ist und was er zu bieten hat. Nicht mehr der kleine Leutnant mit den schiefgelaufenen Hacken. Und (oder spielt mir da die Vermischung von Film und Buch einen Streich?) wird in Persuasion nicht gesagt, dass Wentworth sehr irisch aussähen?


Da hast du mich überzeugt! Es wird ja auch gesagt, dass Wentworth etwas aus sich gemacht hat!
Bezüglich dem irischen Aussehen hast du übrigens Recht! Da habe ich auch unter "Leseprobe von Caro" gepostet:

Zitat:
Lady Dalrymple sagt in "Persuasion" über Captain Wentworth: "A very fine young man indeed! More air than one often sees in Bath. - Irish, I dare say."


Sonja hat geschrieben:
Hihi, ja, da vermischst du jetzt Buch und Film. Ich habe S&S vor kurzem gelesen. Wir erfahren nicht, was Willoughby und Marianne reden, bevor er geht. Er will die Haarlocke von ihr, aber schon eher. Das ist vielleicht schon fast ein Heiratsantrag, aber glaubst du, dass JA Tom Lefroy eine Locke geschenkt hat? Und wenn ja, worauf stützt du deine These? Ich finde nichts davon in ihren Briefen (ich habe zugegebener Maßen nur die deutsche Übersetzung gelesen, die nicht alle Briefe enthält).


Nein! :nein: Das mit der Locke habe ich nicht gemeint! Ich dachte an die Stelle im Film, als Marianne und Willoughby zum Tor spazieren und er sie fragt, ob er am nächsten Morgen, als die anderen zur Kirche gehen, eine kurze Unterredung mit ihr haben könnte! Da ist Marianne ja eigentlich klar, was er ihr sagen wird! Doch ich wusste nicht mehr, ob das auch im Buch so abläuft! Inzwischen glaube ich fast nicht!

Sonja hat geschrieben:
Ich werde irgendwie das Gefühl nicht los, dass wir hier große Gefahr laufen, die Affäre Tom Lefroy gewaltig überzubewerten wird. Vielleicht war es wirklich so entscheidend für JA. Vielleicht war es aber auch ein harmloser Sommerflirt, der in JAs recht ereignislosen Leben nur deshalb so sichtbare Spuren hinterlassen hat, weil sie es als Anlass für einen sehr klugen und sehr gelungenen Roman nahm.


Vielleicht hast du Recht, Sonja! Du auch Julia! (Irgendwie scheint ihr beide, Bruki und du, wegen Ashton Dennis ständig im Clinch zu liegen???) Aber so schlecht ist der Text von ihm eigentlich gar nicht! Immerhin stützt er sich auf Park Honan, dessen Biografie wirklich spitze ist!
Es ist nur so, dass ich seit Monaten fast ausschließlich nur noch etwas über dieses Thema lese und ich finde immer wieder etwas, wo ich mich frage, ob vielleicht doch mehr dahinter steckt, als Cassandra uns glauben lassen wollte!

Alethea :flower:

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BeitragVerfasst: Montag 7. August 2006, 20:32 
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Alethea hat geschrieben:
In den Briefen gibt es kaum Hinweise, da hast du Recht! Allein wenn man Janes Andeutung auf den Heiratsantrag, den sie erwartet, gelten lässt, ist es denkbar, dass er ihr vielleicht zumindest Hoffnung gemacht hat, um sich dann überzeugen zu lassen, dass sie keine geeignete Partie für ihn ist, und sie dann "sitzen zu lassen".

Das ist es was ich meinte. Es ist unsere Jane, die das schreibt. Noch dazu in jungen Jahren. Wo sie voll Übermut ist. Ich glaube nicht, dass sie tatsächlich auf einen Antrag wartete, als sie das schrieb. Ich sehe das lediglich als Spaß zwischen Schwestern. Wie auch die Stelle, wo sie schreibt, sie hätten sich skandalös benommen. Alles eine übermütige Übertreibung. Als ich die Briefe gelesen habe, weiß ich noch genau, dass ich nie gedacht habe, dass sie das ernst meint. Der ganze Tonfall in dem Brief ist nicht ernst. Ganz genau wußte höchstens Cassandra, wie Jane wirklich ums Herz war, als sie dies schrieb. Aber für mich ist das kein Beweis, dass da wirklich mehr als Zuneigung war, aus der vielleicht hätte mehr werden können.

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BeitragVerfasst: Dienstag 8. August 2006, 15:28 
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Sonja hat geschrieben:
Das ist es was ich meinte. Es ist unsere Jane, die das schreibt. Noch dazu in jungen Jahren. Wo sie voll Übermut ist. Ich glaube nicht, dass sie tatsächlich auf einen Antrag wartete, als sie das schrieb. Ich sehe das lediglich als Spaß zwischen Schwestern. Wie auch die Stelle, wo sie schreibt, sie hätten sich skandalös benommen. Alles eine übermütige Übertreibung. Als ich die Briefe gelesen habe, weiß ich noch genau, dass ich nie gedacht habe, dass sie das ernst meint. Der ganze Tonfall in dem Brief ist nicht ernst. Ganz genau wußte höchstens Cassandra, wie Jane wirklich ums Herz war, als sie dies schrieb. Aber für mich ist das kein Beweis, dass da wirklich mehr als Zuneigung war, aus der vielleicht hätte mehr werden können.


Aber man darf auch den 11. Brief nicht außer Acht lassen!
Wenn wirklich keine wirklich ernste Beziehung zwischen Jane und Tom bestanden hat - warum schrieb Jane dann noch zwei Jahre später, sie sei "zu stolz" gewesen, sich bei Madame Lefroy nach ihm zu erkundigen? Und dieser Brief hat überhaupt nichts Scherzhaftes an sich (und das sage ich nicht nur, weil ich Aston Dennis' Text gelesen habe! Das dachte ich schon vorher!)

Jane war zu stolz, Madame Lefroy zu zeigen und einzugestehen, wie sehr sie durch deren Einmischung und wohl auch Toms Verhalten verletzt worden war! Das ist für mich eine ziemlich gute Erklärung, für dich nicht?

Und ich sage nochmal: Jane scheint sich meiner Ansicht nach oft vor ihren eigenen Gefühlen hinter Spott zu verschanzen - nicht nur um anderen einen Einblick in ihre Gefühlswelt zu verwehren, sondern vielleicht auch um selbst nicht so verletztlich zu sein - gerade weil sie ja schon mehrmals eine Niete gezogen hatte (ich verweise auf Edward Taylor, für den sie einst "zärtliche Gefühle" pflegte, der sie aber offenbar nicht wollte!) Das klingt ganz so, als hätte ich JA persönlich gekannt, sorry, natürlich weiß ich es nicht, aber mir ist dieser Eindruck haften geblieben, nachdem ich viel in ihren Briefen gelesen habe!

Und du schreibst ja auch: "Ganz genau wußte höchstens Cassandra, wie Jane wirklich ums Herz war, als sie dies schrieb."
Natürlich war auch Spaß dabei - und dass sie schrieb, sie hätten sich skandalös benommen, war wohl auch nur Anlass, Cassandra ein wenig zu ärgern, die ja sonst immer ein wenig auf ihre kleine Schwester acht gegeben hat, und nun weit fort war und nicht eingreifen konnte! Sie schreibt ja auch zurück, dass Cassandra sie in ihrem "netten, langen Brief" dermaßen ausschimpft, dass sie kaum wagt, zu erzählen, wie sie und Tom sich benommen haben...

Übermut? Ich frage mich, was dieses "Giggeln" ausgelöst hat? Irgendwie klingt mir die gute Jane in diesen ersten beiden Briefen ziemlich verliebt!
Sie schreibt zwar in ihren Briefen immer ausschließlich humorvoll bis sarkastisch, doch in diesen Briefen ist der Ton einen Deut anders! Ich muss, wenn ich diese Stellen lese, unweigerlich an Mariannes Verhalten zusammen mit Willoughby denken (vor allem im Film), wenn sie zusammen ausfahren, sich an den Händen halten und im Kreis drehen, oder Lydia und Kitty, die mit den Offizieren flirten und durch den Saal rennen (obwohl letzeres schon etwas arg ungezogen war) ---- das war in den Augen der alten Jungfern, die strickend im Ballsaal saßen, wohl auch "skandalöses Benehmen" ----- da muss gar nicht viel passieren! Nur ein bisschen mehr Vertrautheit in der Öffentlichkeit als zulässig!

Naja, man kann's nicht wissen! :nixweiss:

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(Verfasser (mir) unbekannt --- Angelika meint, es sei Mark Twain... :biggrin: )


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BeitragVerfasst: Dienstag 8. August 2006, 15:57 
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Alethea hat geschrieben:
Aber man darf auch den 11. Brief nicht außer Acht lassen! Wenn wirklich keine wirklich ernste Beziehung zwischen Jane und Tom bestanden hat - warum schrieb Jane dann noch zwei Jahre später, sie sei "zu stolz" gewesen, sich bei Madame Lefroy nach ihm zu erkundigen? Und dieser Brief hat überhaupt nichts Scherzhaftes an sich (und das sage ich nicht nur, weil ich Aston Dennis' Text gelesen habe! Das dachte ich schon vorher!)

Jane war zu stolz, Madame Lefroy zu zeigen und einzugestehen, wie sehr sie durch deren Einmischung und wohl auch Toms Verhalten verletzt worden war! Das ist für mich eine ziemlich gute Erklärung, für dich nicht?

Dieser Brief erinnert mich auch so stark an Anne Elliot. Sie redet mit Lady Russel auch nur noch ein einziges Mal über Cptn. Wentworth.

Der Vergleich mit Lydia ist natürlich gefährlich, dass weißt du schon, gelle? Wann wäre Lydia jemals ein Flirt wichtig genug gewesen, um ihn nicht sehr schnell durch den nächsten zu ersetzen.

Ich weiß einfach nicht, wie tief es ging. Aber Tom Lefroy einen Strick daraus drehen zu wollen, dass JA schrieb in ihrem Übermut, sie erwarte seinen Antrag, finde ich schon ziemlich hart. Vielleicht war sie auch mehr engagiert als er? Alles ist denkbar und nichts ist erwiesen.

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BeitragVerfasst: Dienstag 8. August 2006, 17:17 
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... ich hab heute Mittag eine neue NA-Ausgabe (von 1980) bekommen, und beim Mampfen schon mal im Nachwort geschmökert... Die Übersetzerin (Christine Agricola(?)) lässt sich darin unter anderem auch über Jane Austen und deren besonderen Beziehungen zu ihren Heldinnen aus... und grübelt darüber, welche Eigenschaften Jane Austen hatte und welche in ihren Heldinnen wiederspiegeln... Sie nennt sie übrigens konsequent "die Austen" :D

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BeitragVerfasst: Dienstag 8. August 2006, 17:38 
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Sonja hat geschrieben:
Der Vergleich mit Lydia ist natürlich gefährlich, dass weißt du schon, gelle? Wann wäre Lydia jemals ein Flirt wichtig genug gewesen, um ihn nicht sehr schnell durch den nächsten zu ersetzen.

Ja! :ja: Ich weiß schon, dass der Vergleich nicht gut war! :gnade: Außerdem hat sich Lydia ja wirklich schlecht benommen, als sie mit dem Offizieren durch den Ballsaal krakälte! Das hätte Jane Austen sicherlich nie gemacht! Ich wollte auch nicht den Charakter vergleichen, sondern das Verhalten, wie man sich vielleicht, wenn man jung und verliebt ist, unbewusst gibt - vielleicht nicht ganz so extrem wie Lydia ---- aber eben z.B. mehr als zweimal miteinander tanzte (ab dem dritten Mal an einem Abend wurden ja schon bereits bestimmte Absichten beim Herrn vermutet!), die Köpfe zusammen steckte etc. So hatte ich das gemeint!

Sonja hat geschrieben:
Ich weiß einfach nicht, wie tief es ging. Aber Tom Lefroy einen Strick daraus drehen zu wollen, dass JA schrieb in ihrem Übermut, sie erwarte seinen Antrag, finde ich schon ziemlich hart. Vielleicht war sie auch mehr engagiert als er? Alles ist denkbar und nichts ist erwiesen.

Ich will Tom Lefroy auch nicht unbedingt einen Strick daraus drehen! Vielleicht war er genauso unglücklich wie Jane Austen, wer weiß?
Bemerkenswert fand ich zum Beispiel, dass er seine erste Tochter "Jane" taufte - und dass sie immer sein erklärter Liebling war! Kann natürlich Zufall sein, denn Janes gibt's ja in rauen Mengen... vielleicht aber auch nicht! :nixweiss:

Bruki hat geschrieben:
... ich hab heute Mittag eine neue NA-Ausgabe (von 1980) bekommen, und beim Mampfen schon mal im Nachwort geschmökert...

Wenn du Lust hast, kannst du ab kommenden Samstag beim neuen Groupread NA mitmachen ---- falls du Zeit hast! In letzter Zeit hört man ja nicht allzu viel von dir! :biggrin:

Bruki hat geschrieben:
Die Übersetzerin (Christine Agricola(?)) lässt sich darin unter anderem auch über Jane Austen und deren besonderen Beziehungen zu ihren Heldinnen aus... und grübelt darüber, welche Eigenschaften Jane Austen hatte und welche in ihren Heldinnen wiederspiegeln...

Das hört sich interessant an! Wenn du's durch hast, könntest du uns vielleicht an deinen neuen Erkenntnissen teilhaben lassen??

Alethea :flower:

P.S.: Julia hat irgendwann einmal geschrieben:
Julia hat geschrieben:
Vielleicht brauchen wir ja einen Tom Lefroy-Thread (sind ja schon lange off-topic)


Ich hatte mir schon überlegt, einen neuen Thread zu eröffnen! Doch mittlerweile habe ich persönlich so ziemlich alles geschrieben, was mir dazu einfällt, und ansonsten haben wir bereits alles kräftig drei- und viermal unter "Kleine Leseprobe von Caro" und hier durchgekaut! Eigentlich lohnt es sich nicht mehr! Man könnte höchstens alle Beiträge in einen extra Thread verschieben, sodass die, die sich dafür interessieren, leichter an die Sachen rankommt ----- Admins??? Wink mit dem Zaunpfahl... :wink: :clown:

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