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BeitragVerfasst: Montag 10. Juli 2006, 21:00 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Alethea hat geschrieben:
Das Dumme beim Bücherschreiben ist eben nur, dass man etwas Besonderes schreiben möchte, etwas Außergewöhnliches, was auf dem Büchermarkt noch nicht da gewesen ist


Als Jane Austen-Fan hast Du doch das beste Beispiel vor Augen: Sie musste auch nicht über Nofretete schreiben, um was Besonderes zu sein. :wink:
Wenn Du ehrlich und wahrhaftig schreibst, kommt das Außergewöhnliche von ganz allein. Niemand hat Dein Leben gelebt, Deine Erfahrungen so gemacht wie Du - nur Du selbst. Das ist das Potenzial aus dem Du schöpfen kannst, denke ich.

Und: was Veröffentlichungen angeht - da hat Du doch die berühmte "Schere im Kopf", wenn Du schon daran denkst, ob es Erfolg haben wird, noch bevor Du überhaupt richtig angefangen hast.


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Verfasst: Montag 10. Juli 2006, 21:00 


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BeitragVerfasst: Dienstag 11. Juli 2006, 07:51 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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@ Bruki,
ich würde ich auch sagen, dass man mehr Lebenserfahrung mitbringt, wenn man älter ist, wobei die Erfahrung natürlich auch von den Lebensumständen abhängt. Ein Mädchen, dass mit 16 seine Eltern verliert, kann darüber schreiben, auch wenn ihr andere Erfahrungen noch fehlen ...

@Alethea,
natürlich hast auch Du recht. Ich hoffe auch, dass meine Schreibe mit den Jahren besser wird. Man lernt auch durch das Vorbild guter Literatur mit Worten besser umzugehen. Manche Storys liest man später und findet sie peinlich, andere sind aber von Anbeginn einfach schön ...

Liebe Grüße, Caro

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:blume: Grüsse, Caro

Avatar: Amelia Darcy (1754-1784)

Für 1 Jahr säe einen Samen, für 10 Jahre pflanze einen Baum, für 100 Jahre erziehe einen Menschen. chin. Weisheit


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BeitragVerfasst: Donnerstag 13. Juli 2006, 19:13 
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Administratorin im Ruhestand und Tom-Lefroy-Expertin
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Julia hat geschrieben:
Jane Austen selbst hat an ihre literarisch ambitionierte Nichte Fanny Knight, die ihr Manuskripte zu lesen schickte, geschrieben, sie wünschte, sie selbst hätte in ihrer Jugendzeit mehr gelesen als geschrieben.
Überhaupt sind die Briefe an Fanny diesbezüglich sehr erhellend...


Bezüglich dieser Briefe. :gruebel: Ich habe in meiner Ausgabe "Jane Austen's letters" von Deirdre Le Faye (die meiner Ansicht nach die komplette ist!!) alle Briefe von Jane an Fanny gelesen, aber keinen einzigen Tipp bezüglich dem Schreiben von Romanen erhalten. :nein:

Dafür weiß ich nun bestens Bescheid darüber, wie man sich Jane's Ansicht nach einem jungen Mann gegenüber verhalten sollte, der deutliches Interesse an dir zeigt, den du aber nicht gedenkst zu ehelichen... :wink: Kann auch nie schaden... :hearts:

Kann mir vielleicht jemand die Nummern der Briefe sagen, in denen sie sich über das Schreiben auslässt, für den Fall dass ich etwas überlesen haben?

(Und könnte es nicht endlich wieder so kalt werden, dass so ein lustiger Geselle draußen im Garten mehrere Tage lang überleben könnte::snowman:???)

Alethea

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(Verfasser (mir) unbekannt --- Angelika meint, es sei Mark Twain... :biggrin: )


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BeitragVerfasst: Donnerstag 13. Juli 2006, 20:58 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Ohje, sorry, da hab ich mich wohl vertan - Anna Lefroy war die literarische Nichte.
Hier die Nummern der Briefe: 103, 104, 107, 108, 113


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BeitragVerfasst: Freitag 14. Juli 2006, 07:19 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Registriert: Mittwoch 28. Juni 2006, 11:57
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@Alethea,
meinst Du das jetzt ersnst mit der Schweinskälte und dem Schnee ...?
Ich liebe den Sommer, aber Temperaturen zwiscxhen 20 und 25 Grad finde ich ideal. Kälter soll's net sein, wärmer aber auch nicht ....

Liebe Grüße, Caro

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:blume: Grüsse, Caro

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BeitragVerfasst: Freitag 14. Juli 2006, 17:31 
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@Julia: Danke für die Nummern der Briefe! Da werde ich es mal mit denen versuchen! Die anderen waren aber auch sehr interessant und schön geschrieben... :ja:

@Caro: Nein, ich bin nicht gerade ein Winterfan (obwohl ich einem verschneiten Winterabend mit einer Tasse Tee und einem guten Buch oder Film nicht abgeneigt bin...), und mag den Sommer auch! Aber als es gestern Abend bei uns an die vierzig Grad im Schatten waren, sehnte ich mich spontan nach ein paar winterlicheren Temperaturen :lach: !

Alethea

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BeitragVerfasst: Sonntag 23. Juli 2006, 19:16 
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:freude: Für alle, die sich das Geld für eine Ausgabe von Jane Austen's Briefen sparen wollen... :wink:

Hier habe ich eine Seite entdeckt, wo (soweit ich weiß) alle oder zumindest die wichtigsten abgedruckt sind...außerdem einen Link zu den besten Zitaten aus den Briefen!

Viel Spaß bei Lachen! :lach:

Alethea

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BeitragVerfasst: Sonntag 23. Juli 2006, 19:26 
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Archivarius

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Alethea hat geschrieben:
:freude: Für alle, die sich das Geld für eine Ausgabe von Jane Austen's Briefen sparen wollen... :wink: ...

Ja, pemberley.com ist immer ne gute Adresse... Soweit ich weiß, sind in der Brabourne Sammlung aber nicht alle Briefe? Ist aber brauchbar, wenn man es sich runtergelden hat, was zu suchen...

Ansonsten haben sie da z.B. auch eine Datenbank, in der alle Personen, die in Jane Austens Romanen, Juvenilia und Gedichten auftauchen getreulich aufgelistet wurden... Kuckst Du hier!

Bruki :cool:

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"There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard Kipling, The Janeites)


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BeitragVerfasst: Sonntag 23. Juli 2006, 19:31 
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Administratorin im Ruhestand und Tom-Lefroy-Expertin
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Bruki hat geschrieben:
Ja, pemberley.com ist immer ne gute Adresse... Soweit ich weiß, sind in der Brabourne Sammlung aber nicht alle Briefe? Ist aber brauchbar, wenn man es sich runtergelden hat, was zu suchen...

Ansonsten haben sie da z.B. auch eine Datenbank, in der alle Personen, die in Jane Austens Romanen, Juvenilia und Gedichten auftauchen getreulich aufgelistet wurden...


Ja, ich war mir auch nicht sicher, ob in der Brabourne Sammlung wirklich alle enthalten sind... :)
Soweit ich weiß, ist nur die von Deirdre Le Faye vollständig...und selbst da tauchen vielleicht in den nächsten Jahrzehnten noch welche auf, die Madame Le Faye nicht aufstöbern konnte... :wink:

Die Datenbank ist klasse! Da können wir ja gleich mal nach Mrs. Hill suchen, was Bruki...? :wink: :freude: :idee: :zwinker: :mrgreen: :lupe:

Alethea

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BeitragVerfasst: Sonntag 23. Juli 2006, 19:34 
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Administratorin im Ruhestand und Tom-Lefroy-Expertin
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Registriert: Mittwoch 14. Juni 2006, 20:11
Beiträge: 3007
Hab's gleich gemacht. Guck' mal hier! Ein bisschen nach unten scrollen...

Du hattest Recht, Bruki! Kannst dir das Zitate-Suchen sparen, :wink: :wink: :wink: :gnade:

Alethea

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BeitragVerfasst: Montag 24. Juli 2006, 07:32 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Beiträge: 4781
Noch was zur Brabourne-Edition. Icch weiß nicht, was es da genau für Ausgaben gibt, aber meines Wissens ist sie nicht nur unvollständig, sondern die Briefe sind auch noch gekürzt, teilweise. Zumindest war es in der ursprünglichen Ausgabe so, kann sein, dass die später revidiert wurden.
Hat jemand die Brabourne-Edition? Dann könnte man ja mal direkt nachschauen, zum Beispiel nach dem Brief vom 8. November 1800:
Dort heißt es zu Anfang "Having just finished the first volume of les Veillees du Chateau, I think it a good oppurtunity for beginning a letter to you while my mind is stored with ideas worth transmitting. - I thank you for so speedy a return to my two last (...)" In der ersten Ausgabe der Brabourne-Edition fehlte der erste Teil. Ebenso wie die Anspielung auf die Flöhe, im Brief vom 2. März 1814: "Give my love to little Cassandra, I hope she found my bed comfortable last night and has not filled it with fleas."


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BeitragVerfasst: Montag 24. Juli 2006, 08:16 
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Archivarius

Registriert: Mittwoch 19. Oktober 2005, 08:04
Beiträge: 2744
Wohnort: Brandenburg
Diese beiden Briefe sind in einer Art "Anlage" im von der obigen Seite herunterladbaren Text der Brabourne-Briefe... Dort steht auch was zur Entstehungsgeschichte (auf der von Alethea genannten Website nach oben scrollen)...

Das hier steht über der Anlage im Text:

[Letters from Austen-Leigh's _Memoir_.]
[The following letters are taken from James Edward Austen-Leigh's 1870
_Memoir of Jane Austen_, and were not included in the 1884 Brabourne
edition of Jane Austen's letters.]


Das erste Zitat ist gekürzt, ohne das "les Veillees du Chateau" (der Brief scheint gekürzt von Austen-Leigh übernommen zu sein?)... das zweite Zitat, die Geschichte mit den Flöhen, ist jedoch im Text drin...

Bruki :cool:

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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Samstag 13. November 2010, 12:38 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Registriert: Mittwoch 9. April 2008, 15:07
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Ich bin neulich auf ein paar Hinweise sozusagen zur Werkgeschichte und Bedeutung der Briefe von JA gestoßen, die ich ganz interessant finde.
Es ist ja bekannt, dass offenbar relativ viele Briefe von JA von ihrer Schwester Cassandra vernichtet wurden - über die Gründe kann man spekulieren, wahrscheinlich war der Inhalt zu persönlich oder konnte ein vielleicht negatives Licht auf JA werfen. Jedenfalls könnte Cassandra gedacht haben, dass es dem Ansehen ihrer Schwester schaden könnte. Wie auch immer: Die Briefe sind leider weg. Jetzt gibt es noch ungefähr 160, die jedenfalls auf den ersten Blick oft nicht sonderlich interessant zu sein scheinen. Ich kenne nur die wenigen, die immer mal wieder zitiert werden, woraus ich schließe, dass die anderen sich mit eher weniger spannenden Gegebenheiten befassen. Ich hab auch die Ausgabe von Deirdre LeFaye, die hier ja schon lobend erwähnt wurde - aber ich finde die Briefe auch eher schwierig zu lesen...

Wenn ich das richtig verstanden habe, hat erstmals Edward Austen-Leigh 1870 in seiner kurzen Austen-Biografie einige Briefe von JA veröffentlicht. Oder hat er nur aus ihnen zitiert? Weiß das jemand?
1884 hat dann Lord Brabourne, der Sohn von Fanny Knatchbull, die erste kleine Sammlung von Briefen herausgegeben - und sie dabei redigiert (auf die Streichungen ist hier im Thread ja auch schon hingewiesen worden). Erst 1932 hat Robert Chapman in seiner Austen-Werkausgabe auch alle Briefe sauber editiert herausgegeben - das ist die Ausgabe, die dann LeFaye noch mal überarbeitet und 1995 neu veröffentlicht hat.

Worauf ich eigentlich hinaus will, ist die offenbar große Wirkung, die die Veröffentlichung der Briefe hatte. Edward Austen-Leigh hat mit seiner Biografie die bis dahin fast vergessene Jane Austen ja ungemein populär gemacht, es brach eine Begeisterungswelle los - die vor allem davon getragen wurde, dass man JA als herzensgute freundliche Tante vom Lande sah, die "echt" und "natürlich" über die so schönen alltäglichen Dinge des Lebens schreiben konnte. Austen-Leigh hat dieses Bild geprägt, der Zeitgeist hat es begierig aufgenommen, so wurde Jane Austen verklärt. Da waren die unzensierten Briefe ein Schock. JA zeigte ein anderes Gesicht: Klatschen, tratschen, spitze, gemeine und manchmal richtig böse Bemerkungen über Menschen und ihr Leid. Das passte so gar nicht in das heile-Welt-Jane-Austen-Bild. In gewisser Weise gab das wohl auch einen Anstoß für die ernsthafte Literaturkritik, sich mit Austen mal anders zu befassen.

Was ich mich frage: Welchen Wert haben die Briefe für das Verständnis von Jane Austens Charakter und für das Verständnis ihres Werkes? Die Sache ist ja die: Wenn ich 300 Briefe schreibe, 150 "nette" und 150 "böse", am Ende aber fast nur die "netten" übrig bleiben, verzerrt das nicht das Bild mehr, als dass es zur Aufklärung beiträgt? Das wohl nicht, aber es besteht wohl die Gefahr, dass die Interpretation Schlagseite bekommt. Und was die Romane betrifft, ist ja überhaupt die Frage, inwieweit man Briefe zur Textinterpretation heranziehen darf/soll, da streiten sich wahrscheinlich die Theoretiker.


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Samstag 13. November 2010, 13:19 
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Austenbegeistert
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Registriert: Freitag 15. Januar 2010, 23:46
Beiträge: 232
Wohnort: Nordhessen
Ich denke, reale Briefe und fiktive Romane kann man nicht in einen Topf werfen. Zwar mögen sie sich in gewisser Weise stilistisch überschneiden, weil sie aus der Feder ein und der derselben Person stammen, dennoch ist der Beweggrund des Schreibens sowohl eines Briefes als eines Romanes nicht vergleichbar.
Gerade, wenn Jahrzehnte/Jahrhunderte uns von einem Autor trennen, neigt man leicht zu Heldenverklärung. Jane Austen war sicher ein Mensch wie jeder von uns, mit guten und schlechten Seiten, die insgesamt erst eine Persönlichkeit ausmachen.

Dazu fällt mir eine Episode aus Star Trek Classic ein, wo Captain Kirk durch eine Fehlfunktion des Transporters in zwei Individuen aufgespalten wird, der eine grundsätzlich gut und mitfühlend, der andere böse und egoistisch. Keiner von beiden ist in der Lage, das Kommando für ein Raumschiff und dessen Besatzung zu übernehmen. Erst die Mischung dieser Charakterfacetten macht den entscheidungsstarken und Verantwortung tragenden Captain aus.

Genau so ist es mit jedem von uns, die Vielfalt unserer Eigenschaften und Erfahrungen macht uns zu dem, was wir sind. Deshalb ist sicher Jane Austen auch jemand mit Stärken und Schwächen gewesen, die durchaus auch Spaß an oberflächlichen Dingen gehabt haben mag. Warum sollte man das nicht zugeben?

Die fehlenden Briefe machen natürlich neugierig, wobei ich daran denke, das Cassandra nur die Schriftstücke aus bestimmten Abschnitten aus dem Leben Janes vernichtete, weil darin vielleicht für die damalige Zeit kompromittierende Dinge enthalten waren, die offiziell einer ledigen Frau nicht zustanden.
Zweifelsohne tragen diese fehlenden Briefe zur Heldenverklärung bei, weil sie eben viel Raum für Spekulationen bieten.

Außerdem sollte man nicht außer Acht lassen, dass ein Roman etliche Überarbeitungen erfährt, während ein Brief meist im Affekt geschrieben und dann abgeschickt wurde. Von daher weiß ich nicht, ob man beides überhaupt vergleichen sollte.

P.S. Gerade gestern habe ich mein Päckchen vom Jane Austen Centre erhalten, wo ich auch die neue Ausgabe der Jane Austen Briefe von Deidre Le Faye bestellt hatte. Auf das Schmökern freue ich mich schon. Zwar wollte ich den Link einfügen, aber das hat leider nicht in schön geklappt... Link

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JANE AUSTEN changes my life. Thank you, dear lady.


Zuletzt geändert von Kerstin am Samstag 13. November 2010, 14:58, insgesamt 1-mal geändert.
Üben, üben, üben! ;)


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Samstag 13. November 2010, 15:55 
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Begeistertes Missionierungsopfer
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Registriert: Samstag 27. Januar 2007, 02:03
Beiträge: 1755
Eigentlich passen die veröffentlichten Briefe doch recht genau zu ihrem Stil in den Romanen! :ja:
Eher war das Bild einer "herzensguten" Jane Austen doch schöngeredet, oder?
Ohne die vielfältigen Seitenhiebe wären ihre Werke für mich wesentlich uninteressanter! :fies_sei:

_________________
~ Der Weg ist das Ziel ~


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Samstag 13. November 2010, 21:02 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Registriert: Mittwoch 19. Oktober 2005, 20:13
Beiträge: 4781
Miranda hat geschrieben:
Eher war das Bild einer "herzensguten" Jane Austen doch schöngeredet, oder?


Das meine ich auch. Eher waren doch wenn dann diejenigen "geschockt" (Kannst Du da was Konkreteres sagen, Udo? Ich kann mich da an nichts erinnern ...), die die veröffentlichten Romane nicht so genau angeschaut haben. :wink:
Gerade S&S ist doch in manchen Kommentaren knallhart (bzgl. Fanny und John Dashwood z.B.). Oder auch in Persuasion die Dick-Musgrove-Episode ...

Ich sehe da nicht viel Unterschied zu den Briefen - abgesehen davon, dass man beides wie Arianrhod schon schrieb nicht sinnvoll vergleichen kann, weil der Entstehungshintergrund und das "Publikum" ein völlig anderer/s ist.
JA schrieb ihre Briefe nicht mit einem Seitenblick auf die Nachwelt, wie z.B. Goethe oder Thomas Mann. Bei derartig privatem Verkehr - noch dazu in der Hauptsache der erhaltenen Briefe mit ihrer Schwester, mit der sie sich über als wirklich Bewegende mündlich viel besser und "sicherer" austauschen konnte ... kein Wunder, dass die Briefe (zumindest auf den ersten Blick) so "langweilig" sind.


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Sonntag 14. November 2010, 16:16 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Registriert: Mittwoch 9. April 2008, 15:07
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Arianrhod hat geschrieben:
Dazu fällt mir eine Episode aus Star Trek Classic ein, wo Captain Kirk durch eine Fehlfunktion des Transporters in zwei Individuen aufgespalten wird...

Du meinst "Kirk : 2 = ?", wie der dt. Titel etwas seltsam lautet? Eine der besseren Folgen, keine Frage! :wink:

Arianrhod hat geschrieben:
Ich denke, reale Briefe und fiktive Romane kann man nicht in einen Topf werfen. Zwar mögen sie sich in gewisser Weise stilistisch überschneiden, weil sie aus der Feder ein und der derselben Person stammen, dennoch ist der Beweggrund des Schreibens sowohl eines Briefes als eines Romanes nicht vergleichbar.

Das finde ich auch. Ich meinte auch nicht, dass man Briefe und Romane inhaltlich oder stilistisch vergleichen sollte, sozusagen als literarische Werke. Meine Frage ist, welchen Wert die Briefe für das Verständnis der Romane haben könnten. Die "bösen" Stellen helfen doch auf jeden Fall, das Bild der sonnigen, liebevollen und heimeligen Tante Jane, das ja immer noch herumgeistert, in Frage zu stellen. Und da ist dann die Stelle, auf die Julia hingewiesen hat, nämlich die eher zynische Bemerkung über eine Totgeburt und die im Ton fast ähnliche Passage in Persuasion, doch ganz interessant. Andererseits finde ich es, wie gesagt, etwas problematisch, die Briefe als Interpretationshilfe zu nutzen, eben weil möglicherweise viele (wie viele, weiß man nicht, oder?), und vielleicht gar die aussagekräftigsten Briefe, vernichtet wurden. Das ist halt das Dilemma mit Jane Austen, dass man so wenig darüber weiß, was sie wirklich gedacht und gemeint hat. Das hat irgendwie zur Folge, dass sich jeder sein eigenes Bild von ihr basteln kann - und durchaus in der Lage ist, seine Deutung zu belegen. Austen entzieht sich irgendwie einer eindeutigen Interpretation (was ja eher für sie spricht).

Julia hat geschrieben:
Eher waren doch wenn dann diejenigen "geschockt" (Kannst Du da was Konkreteres sagen, Udo? Ich kann mich da an nichts erinnern ...), die die veröffentlichten Romane nicht so genau angeschaut haben.

Bis 1932, als Chapman die Briefe ungekürzt und unverfälscht herausgegeben hat, waren offenbar maximal 99 bekannt, die von ihren Biografen (alles Verwandte von JA) benutzt wurden, um in zensierter Form das Bild der wunderbaren, gläubigen und herzensguten Autorin zu reproduzieren. Offenber hat auch Chapmans verdienstvolles Werk nicht sofort dazu geführt, dass der spätviktorianische Austen-Kult ins Wanken geriet. Aber in den folgenden Jahren haben dann tatsächlich auch erklärte Janeiten die "bösen" Briefstellen zitiert und für ihre Biografien oder Interpretationen genutzt - und ihr strahlend-reines Bild entsprechend korrigiert. Ein Beispiel dafür ist die Biografie der großen Austen-Verehrerin (Austen verehren ist ja nix Schlimmes :wink: , nur verklären ist halt nicht so gut) Elizabeth Jenkins, die 1938 erschienen ist.
Ich schreibe zu dem Thema demnächst noch ein paar Zeilen mehr - wenn ich "Jane Austen" von Reimer Jehmlich durch habe. Dort bin ich nämlich auf die Rolle der Briefe gestoßen (die ansonsten in dem Buch aber keine große Bedeutung haben).


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Freitag 19. November 2010, 11:27 
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Austenexperte

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Zitat:
Worauf ich eigentlich hinaus will, ist die offenbar große Wirkung, die die Veröffentlichung der Briefe hatte. Edward Austen-Leigh hat mit seiner Biografie die bis dahin fast vergessene Jane Austen ja ungemein populär gemacht, es brach eine Begeisterungswelle los - die vor allem davon getragen wurde, dass man JA als herzensgute freundliche Tante vom Lande sah, die "echt" und "natürlich" über die so schönen alltäglichen Dinge des Lebens schreiben konnte. Austen-Leigh hat dieses Bild geprägt, der Zeitgeist hat es begierig aufgenommen, so wurde Jane Austen verklärt. Da waren die unzensierten Briefe ein Schock. JA zeigte ein anderes Gesicht: Klatschen, tratschen, spitze, gemeine und manchmal richtig böse Bemerkungen über Menschen und ihr Leid. Das passte so gar nicht in das heile-Welt-Jane-Austen-Bild. In gewisser Weise gab das wohl auch einen Anstoß für die ernsthafte Literaturkritik, sich mit Austen mal anders zu befassen.


War die Veröffentlichung ihrer Briefe wirklich so schockierend? Ich kann mir das auch nicht so richtig vorstellen, da sie in ihren Werken ja auch nicht immer nett gewesen ist.

Mich wundert es eigentlich, dass Cassandra nicht alle Briefe vernichtet hat, sie hätte sie doch einfach ins Feuer werfen können. Warum sind einige "böse" Briefe erhalten geblieben? Und vielleicht waren die nicht mehr existierenden Briefe gar nicht so böse, vielleicht waren sie einfach nur langweilig oder einfach nicht lesbar (unleserlich). Warum ist der Brief(e) über Lefroy erhalten geblieben? Schließlich lebte er doch noch, als Cassandra starb.


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Freitag 19. November 2010, 13:28 
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Das Problem der Interpretation hat man doch mit jeder Kunst, wozu ich auch die Literatur zähle, zumal wenn der Künstler verstorben ist.

Aber auch bei lebenden Künstlern denke ich, dass sie im Falle eines Skandals z.B. bei der Frage nach der Interpretation des Werkes nicht ganz ehrlich sein werden, ausser sie legten es bewusst auf ein bestimmtes Echo z.B. "schwares Schaf" und negativen Ruhm an.

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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Samstag 20. November 2010, 19:38 
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Registriert: Mittwoch 9. April 2008, 15:07
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meli hat geschrieben:
War die Veröffentlichung ihrer Briefe wirklich so schockierend? Ich kann mir das auch nicht so richtig vorstellen, da sie in ihren Werken ja auch nicht immer nett gewesen ist.

Das hatte ich ja schon etwas relativiert. Man darf sich das nicht so vorstellen, dass die JA-Fans reihenweise in Ohnmacht fielen, als sie die Briefe lasen.... :wink: Aber wer sie mit Verstand gelesen hat, musste die vorherrschende Meinung über JA einfach korrigieren. Denn dass sie auch in ihren Werken "nicht immer nett gewesen ist", ist wirklich eine sehr späte Erkenntnis. Die Viktorianer haben sie geliebt, weil sie so nett und lieb und natürlich und heiter geschrieben hat, weil sie immer häuslich und bescheiden und moralisch und christlich war, weil sie niemandem weh tat und einen wundervollen Einblick in das schöne Leben der Gentry auf dem Lande gab. Und am Ende gab es immer dieses herzallerliebste Happy End.... Lustigerweise haben sie ihre Kritiker (etwa Twain oder Bronte) genau wegen der Aspekte kritisiert, die ihre Fans am meisten mochten... Die Briefe haben das Bild von JA langsam aber sicher verändert.

Zitat:
Mich wundert es eigentlich, dass Cassandra nicht alle Briefe vernichtet hat, sie hätte sie doch einfach ins Feuer werfen können. Warum sind einige "böse" Briefe erhalten geblieben? Und vielleicht waren die nicht mehr existierenden Briefe gar nicht so böse, vielleicht waren sie einfach nur langweilig oder einfach nicht lesbar (unleserlich). Warum ist der Brief(e) über Lefroy erhalten geblieben? Schließlich lebte er doch noch, als Cassandra starb.

Dass sie nicht alle vernichtet hat, verstehe ich gut: Wer würde von einem geliebten Menschen einfach alle Briefe ins Feuer werfen? Aber nach welchen Kriterien sie aussortiert hat, würde ich auch sehr gerne wissen. Waren es die "politischen" Briefe? Oder die zu persönlichen, in denen sie ihr (Liebes-)Leid ganz offen geklagt hat? In denen sie manche Menschen ganz übel beschimpft hat? In denen sie ihr Schicksal heftig beklagt hat? Sich über die Enge und Perspektivlosigkeit ihres Lebens beschwert hat? Den lieben Gott in Frage gestellt hat?
Vielleicht hat Cassandra gar nicht systematisch aussortiert, sondern nur schnell geguckt, in welchen die ihrer Meinung nach schlimmsten Sachen standen - und so einiges übersehen?

Weiß man eigentlich, wann sie die Briefe vernichtet hat? Gleich nach JAs Tod oder erst, als sie selbst dem Tode nahe war?


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Freitag 26. November 2010, 13:47 
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Registriert: Mittwoch 9. April 2008, 15:07
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Hat eigentlich jemand schon alle Briefe von JA gelesen?
Ich hab mal im Index der gesammelten Briefe nachgesehen, ob da irgendwo der Name Napoleon oder Bonaparte auftaucht - tut er nicht. Schon erstaunlich: Da versinkt halb Europa im Krieg, zum ersten Mal müssen die Briten eine Invasion befürchten, das Ende des Empire, viele Jahre lang tobt der Krieg mit wechselndem Erfolg - und JA erwähnt den Bösewicht mit keinem Wort? Oder schreibt sie öfter über ihn, straft ihn aber gerade durch Nichterwähnung des Namens (so wie bei HP, "Du weißt schon wer" :wink: )? Weiß das jemand?
Oder war es "unfein", in Briefen über politische Dinge zu schreiben?


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Freitag 26. November 2010, 13:50 
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Piratensüchtige Administratorin, ebenfalls Seriensuchti mit Mittelalterpräferenz und spätes Girlie
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Ich kann mir eigentlich kaum vorstellen, dass sie nicht darüber informiert war und geredet hat, denn ihre Brüder waren z.T. ja bei der Marine. Vielleicht sind das die Briefe, die verbrannt wurden?

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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Freitag 26. November 2010, 14:00 
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Darüber informiert war sie ganz sicher. Es muss sie eben wg ihrer Brüder auch sehr beschäftigt haben. Man sollte erwarten, dass sie ihrer Schwester von Neuigkeiten ihrer Brüder schreibt. Oder dass sie sich Sorgen macht. Vielleicht tut sie das alles ja? Ich glaube, ich werde jetzt mal die Briefe in dt. Übersetzung lesen, es gibt da ja die wenig anprechende Ausgabe "My dear Cassandra!" von Ullstein - fürs Erste muss das reichen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Freitag 26. November 2010, 14:04 
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Udo hat geschrieben:
Hat eigentlich jemand schon alle Briefe von JA gelesen?
Ich hab mal im Index der gesammelten Briefe nachgesehen, ob da irgendwo der Name Napoleon oder Bonaparte auftaucht - tut er nicht. Schon erstaunlich: Da versinkt halb Europa im Krieg, zum ersten Mal müssen die Briten eine Invasion befürchten, das Ende des Empire, viele Jahre lang tobt der Krieg mit wechselndem Erfolg - und JA erwähnt den Bösewicht mit keinem Wort? Oder schreibt sie öfter über ihn, straft ihn aber gerade durch Nichterwähnung des Namens (so wie bei HP, "Du weißt schon wer" :wink: )? Weiß das jemand?
Oder war es "unfein", in Briefen über politische Dinge zu schreiben?

Falsche Frage ...? :wink:
Die Frage ist, mit Wem hat/hätte sich Jane möglicherweise politisch ausgetauscht. Mit Cassandra, möglich oder wahrscheinlich?

Sollen wir wirklich glauben, dass sich Jane Austen nur mit ihrer Verwandtschaft schrieb? Diese Briefe, die nun bekanntermassen nur ein ganz kleiner Abriss aller Texte aus ihrer Feder /ihren Gedanken war können uns deshalb auch nur eine kleinen Teil ihrer Gedankenwelt verdeutlichen.

Weitaus interessanter fände ich überdies echte Gespräche, Dialoge und Diskussionen, die ja nun kaum überliefert sind. Jeder Biograph zeichnet ein bestimmtes Bild von Jane Austen, je nachdem wie er ihre Bücher und die wenigen bekannten übrigen Texte/Briefe interpretiert und alle mitsamt können damit völlig falsch liegen.

Wirklich spanned fände ich Notizen, Vorarbeiten zu Büchern etc. um zu sehen, was sie sich vielleicht aufschrieb und notierte und dann wieder verwarf. Es muss doch mehr gegeben haben, als die Texte die unter "Juvenilia" vertrieben werden.

Ich kann mir nicht vollstellen, dass in ihren Schubläden nicht noch reichlich Gedanken, Notizen und angefangene Bücher schlummerten, die sie dann wieder verwarf, dass sie im Gegenteil all ihre Gedankenstützen und Erinnerungen vernichtete? Nein, ihre Familie, respektive Cassandra, scheint nur erhalten zu haben, was ihr sinnvoll erschien. War das hier nur Selektion des Hochwertigen, sozusagen Druckwertigen, oder bewußte Zensur?

Kerstin hat geschrieben:
Ich kann mir eigentlich kaum vorstellen, dass sie nicht darüber informiert war und geredet hat, denn ihre Brüder waren z.T. ja bei der Marine. Vielleicht sind das die Briefe, die verbrannt wurden?

Wobei nun gerade Persuasion bzw. ihre Erzählungen über Mrs. Croft und den Admiral nicht wirklich realistisch war. Frauen die wirklich mit ihren Männern über See fuhren, haben das Leben weit weniger rosig beschrieben und empfunden.

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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Freitag 26. November 2010, 14:15 
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Caro hat geschrieben:
Sollen wir wirklich glauben, dass sich Jane Austen nur mit ihrer Verwandtschaft schrieb?

Sie hat sicher auch anderen Leuten Briefe geschrieben - und einige sind ja auch in der Gesamtausgabe drin. Aber warum sollte sie ausgerechnet ihrer Schwester nicht von den weltbewegenden Dinge schreiben?


Zitat:
Wobei nun gerade Persuasion bzw. ihre Erzählungen über Mrs. Croft und den Admiral nicht wirklich realistisch war.

Das stimmt. Fragt sich, ob sie das Leben auf See bewusst idealisiert hat. Oder ob sie einfach naiv war, was schwer vorstellbar ist. Aber egal: Sie wird gewusst haben, dass ihre Brüder in ständiger Lebensgefahr waren - und zumindest im Zusammenhang mit Napoleon scheint das in den erhaltenen Briefen keine Rolle zu spielen. Oder?


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Freitag 26. November 2010, 14:43 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Udo hat geschrieben:
Caro hat geschrieben:
Sollen wir wirklich glauben, dass sich Jane Austen nur mit ihrer Verwandtschaft schrieb?

Sie hat sicher auch anderen Leuten Briefe geschrieben - und einige sind ja auch in der Gesamtausgabe drin. Aber warum sollte sie ausgerechnet ihrer Schwester nicht von den weltbewegenden Dinge schreiben?

Ich weiß nicht, ob Cassandra jetzt die Frau war, die sich einerseits für "Politik" interessierte und sich andererseits damit auseinander setzte. Frauen gab es ja in der Politik nicht (jaaa Königinnen mal außen vor gelassen). Ich weiß nicht, ob es in ihrem Umfeld eine Freundin gab, mit der sie darüber ehrlich sprechen konnte, nicht einmal, ob ihre Brüder sie als gleichwertige Gesprächspartnerin anerkannten. hat sie sich mit ihren Brüdern schriftlich ausgetauscht, konnte sie offen mit ihnen reden?

Das Problem ist dennoch, dass ihre Familie, ob nun wirklich Cassandra oder jemand anders bleibt sich in der Konsequenz gleich, sich redliche Mühe gegeben hat, ein bestimmtes Porträt von Jane und ihrem Verhältnis zur Familie zu schaffen und zu erhalten. Nur, wieviel von diesem Bild entspricht der Wahrheit?

Selbst Janes Romane scheinen auf den ersten Blick "nett" und "romantisch" zu sein, bis man sich eingehend damit auseindersetzt und vielleicht auch mal zwischen den Zeilen liest. Ich muß nicht laut schimpfen, um Gesellscjaftskritik zu üben, es reicht dass ich den Finger auf die Wunde lege und sage "schaut hin", es reicht dass ich einen alternden, verzweifelten Baronet beschreibe, der es selbst zu nichts gebracht hat, aber an der glorreichen Zeit seiner Vorfahren nachhängt und an den alten Zöpfen, durch die er sich den Peers verbunden fühlt; ebenso wie es reicht als Gegenwart und eigentlich Zukunft, quasi ihm als Gegenspieler den jungen Mann, der es schafft sich hochzuarbeiten (ob ihm Croft nun mehr oder weniger Hilfe zuteil werden liess) und als gemachter Mann in die Heimat zurückzukehren. Ja, im Grunde genommen hat Anne ja nun auf einmal Rivalinnen um seine Gunst.

Was sollte mehr Zündstoff bieten, in der beschaulichen Welt der Gentry und des niedrigen Adels, wo man sich ja lieber nach oben streckt, als nach unten fällt. Aber, Jane Austen hat es geschafft, dass viele ihre Romane wegen einer gewissen Art von Leichtigkeit eher als "Komödien" angesehen werden. Und seine wir einmal ehrlich: worüber wir lachen können, das verärgert uns nicht!

Oh, da ich das so schreibe, fällt mir tatsächlich ein guter Grund ein, warum ein Großteil von Jane Briefen und Texten vernichtet wurde: vermutlich war sie darin nicht humorig-ironisch, sondern vielleicht wirklich sehr ehrlich, treffend, vielleicht sogar böse? Was hätte das für einen Aufschrei und Theater gegeben, wären diese in Umlauf gekommen, gar eben zu Janes Lebenszeit. Man hätte ihre Bücher vernichtet!

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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Freitag 26. November 2010, 15:29 
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Caro hat geschrieben:
Ich weiß nicht, ob Cassandra jetzt die Frau war, die sich einerseits für "Politik" interessierte und sich andererseits damit auseinander setzte. Frauen gab es ja in der Politik nicht

Klingt ja so, als würde sich eine Frau wie Cassandra nur für Politik interessieren, wenn diese (unter anderem auch) von Frauen betrieben wird ;)
Dass es an Frauen in der Politik mangelte, dürfte wohl einen ähnlichen Grund gehabt haben, wie die Tatsache, dass es auch mit dem Frauenwahlrecht noch nicht so recht klappen wollte, und der war bestimmt nicht Desinteresse...

Ich könnte mir eher vorstellen, dass es einfach nicht als besonders "weiblich" galt, sich mit Politik auseinander zu setzen. Also taten manche Frauen es gar nicht erst oder aber nur hinter vorgehaltener Hand. Vielleicht wurden Briefe mit solchen Inhalt ja gerade deswegen nicht aufbewahrt? Ok, jetzt wird es zu spekulativ, gell?

Wieauchimmer, ich glaube nicht, dass JA für solche Dinge rein gar kein Interesse hatte, aber vielleicht hat sie sich tatsächlich nicht in ihren Briefen darüber ausgetauscht. Ich meine, ich maile auch gerade mit einem Freund, den ich längere Zeit nicht sehen werde und wir schreiben uns nichts über aktuelles Weltgeschehen (ok, es steht auch gerade nichts derart brissantes wie eine Invasion durch Napoleon bevor...). Würden wir uns aber tatsächlich treffen können, käme sicher das ein oder andere politische Thema auf. Vielleicht hat JA auch eher darüber geredet als geschrieben?

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Diesen Beitrag widme ich Geralt


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Freitag 26. November 2010, 17:20 
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Ich hab jetzt mal das Nachwort von "My dear Cassandra!" gelesen (manchmal ist es doch nützlich, hinten mit dem Lesen anzufangen... :wink: ). Ingrid von Rosenberg schreibt darin zum Thema Politik, dass es tatsächlich nur eine Stelle gibt, in der sich JA zu politischen oder kriegerischen Dingen äußert. Über die Schlacht von Albuera heißt es in einem Brief: "Wie grauenhaft es ist, dass so viele Menschen getötet wurden! Und was für ein Segen, dass einem keiner von ihnen etwas bedeutet!"
Ansonsten hat von Rosenberg zwei Erklärungen, warum es so wenig um diese Dinge geht in JAs Briefen. Erstens habe die Reaktion Einzug gehalten in das politische Tagesgeschäft, die Gesellschaftskritik der Jahrhundertwende sei praktisch verstummt (nicht zuletzt unter dem Eindruck der französischen Revolution). Zweitens halte sich JA offenbar an dieselbe Maxime, die auch für ihre Romane gelte: Sich grundsätzlich auf das zu beschränken, wovon man etwas versteht (der bekannte Satz mit den 3-4 Familien auf dem Lande usw., über die allein man schreiben solle). Also habe JA wohl gedacht, sie verstehe zu wenig von den politischen und sozialen Problemen ihrer Zeit, um darüber wo auch immer zu schreiben. Soweit von Rosenberg.
Ich denke aber auch wie Miss Hamilton, dass ein Brief an die Schwester, in der es um die Dinge des alltäglichen Lebens geht, nicht unbedingt der Platz ist, um die großen Weltprobleme zu erörtern. Vielleicht auch deshalb, wie Caro nahe legt, weil sich Cassandra dafür nicht interessiert hat.
Mich wundert aber doch, dass JA im Zusammenhang mit ihren kriegerischen Brüdern nicht ab und zu etwas dazu geschrieben hat - falls sie nichts dazu geschrieben hat.

Ansonsten bemerkt übrigens auch von Rosenberg (noch deutlicher als Jehmlich), dass die Veröffentlichung der Briefe heftige Reaktionen unter den Austen-Verehrern ausgelöst habe. Man habe manche Äußerungen "schockierend grob, frivol oder sogar bissig" gefunden. An anderer Stelle heißt es, die Leserschaft habe "geradezu verbittert" reagiert.

Übrigens habe ich auch die Antwort auf meine Frage gefunden, wann Cassandra die Briefe vernichtet hat: Kurz vor ihrem eigenen Tod (falls das außer mich noch jemanden interessiert :wink: ).


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Freitag 26. November 2010, 17:43 
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^Mich! :wink:

Ich denke auch, es ist vorallem das: Die erhaltenen Briefe stellen nur einen Bruchteil ihrer Korrespondenz dar.
Ich kann mir zudem nicht vorstellen, dass JA mit drei Brüdern auf See kein Interesse am Verlauf der Napoleonischen Kriege hatte. Sie erwähnt in den erhaltenen Briefen zwar keine großen Persönlichkeiten oder breitet ihre Ansichten aus (wieso auch? von Cassandra war sie ja so gut wie nie getrennt... ), aber sie erwähnt beispielsweise an meheren Stellen gelesene Bücher mit eindeutig politischer Thematik. Sogar Henry Austen, der alte Zuckergussverteiler erwähnt in seinem Vorwort zu NA und Persuasion, dass JA "in jungen Jahren" sehr genaue/starke Meinungen zu politischen Themen hatte.

"Unweiblich" war es definitiv, sich in die Politik einzumischen - die galt generell als Männersache: Siehe u.a. "Northanger Abbey", wo Henry Tilney das Gespräch mittels Politik zu einem Ende bringt - "and from politics it was an easy step to silence".
Wenn es also Briefe in dieser Richtung gegeben hat, dann lag es wohl sehr nahe, sie zu vernichten - erst recht im weiteren Verlauf des 19. Jhd., wo man in England immer konservativer wurde.

Abgesehen davon: Wieviel unserer heutigen eMail-Korrespondenz dreht(e) sich denn um tagespolitische Themen, den Irak-/Afghanistan-/Bosnien-Krieg?
Bei mir so gut wie nicht, trotzdem würde ich mich nicht als desinteressiert bezeichnen. Über derartige Themen tausche ich mich wenn da mündlich aus.


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 Betreff des Beitrags: Re: Briefe
BeitragVerfasst: Freitag 26. November 2010, 23:31 
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Registriert: Mittwoch 9. April 2008, 15:07
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Julia hat geschrieben:
Abgesehen davon: Wieviel unserer heutigen eMail-Korrespondenz dreht(e) sich denn um tagespolitische Themen, den Irak-/Afghanistan-/Bosnien-Krieg?
Bei mir so gut wie nicht, trotzdem würde ich mich nicht als desinteressiert bezeichnen. Über derartige Themen tausche ich mich wenn da mündlich aus.

Das stimmt. Heutzutage schreibt man ja keine Briefe mehr, aber früher habe ich ganz viele geschrieben - und um politische Dinge ging es da auch fast nie. Das war irgendwie.... zu unpersönlich. Also von daher ist es vielleicht tatsächlich überhaupt nicht verwunderlich, dass JA nicht politisiert. Aber es ist ja auch kein politisieren, wenn man schreibt, dass man sich Sorgen macht, weil Bruder Charles oder Frank gerade im Meer xy ist, wo der Franzmann sein Unwesen treibt... Na ja, ich geb Bescheid, wenn ich solche Stellen in einem Brief finde... :wink:


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