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BeitragVerfasst: Montag 2. Juni 2014, 21:44 
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Austenbegeistert
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Ja, das trifft es genau! Und mit Sir William wird auch wieder jemand sympathisch beschrieben, dem zwar sein Status und Ansehen wichtig ist (und der dies sogar in der Benennung seines Anwesens ausdrückt), der aber zu ALLEN freundlich ist und niemanden den ev. Standesunterschied spüren lässt.
Lady Lucas dagegen wird nur in einem kurzen Satz erwähnt - sie scheint also nichts Besonderes zu sein (vor allem nicht besonders intelligent, oder?).

Herrlich finde ich die Stelle, wo Mrs. Bennet im Gespräch so tut, als wüsste sie nicht mehr den genauen Wortlaut des Kompliments für Jane - in der offensichtlichen Hoffnung, dieses noch einmal von jemand anderem zu hören. :rolleyes:

Das Ende des Kapitels gefällt mir auch sehr: nach Marys ausschweifenden Ausführungen kommt der jüngere Bruder von Charlotte hereingestürmt und Mrs. Bennet regt sich sich schon wieder unnötig auf :wink: Ich finde, das unterstreicht noch einmal Marys übertriebene Ernsthaftigkeit und gibt dem Kapitel einen leichten, augenzwinkernden Abschluss.


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Montag 2. Juni 2014, 21:44 


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BeitragVerfasst: Dienstag 3. Juni 2014, 07:08 
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Austenbegeistert
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Edda hat geschrieben:
Das Ende des Kapitels gefällt mir auch sehr: nach Marys ausschweifenden Ausführungen kommt der jüngere Bruder von Charlotte hereingestürmt


und er sagt etwas Provozierendes, nämlich in dem Sinne, dass ein bestimmtes mangelhaftes Benehmen oder Verhalten anders bewertet wird, wenn derjenige über genug Geld verfügt.

Leider ist das auch heutzutage nur allzu wahr.


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BeitragVerfasst: Dienstag 3. Juni 2014, 10:32 
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Ja, hier kommen schon ganz verschiedene Sicht- und Umgangsweisen von und mit "Stolz" zutage. Ich finde, dass besonders Charlotte hier positiv rüber kommt. Sie ist wirklich vernünftig - während Elizabeth halt doch auch ein wenig eitel ist (und es zeigt sich schon hier, dass die Zuordnung von Stolz zu Mr. Darcy und Vorurteil zu Elizabeth nicht so einfach funktioniert). Bei der Gelegenheit würde ich auch Mary loben: Klar redet sie altklug daher - aber hat sie im Grunde nicht völlig recht? Ich fand die Unterscheidung von Stolz und Eitelkeit jedenfalls immer schön prägnant.


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BeitragVerfasst: Dienstag 3. Juni 2014, 12:53 
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Austenexperte

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Zitat:
Klar redet sie altklug daher - aber hat sie im Grunde nicht völlig recht? Ich fand die Unterscheidung von Stolz und Eitelkeit jedenfalls immer schön prägnant.


Hat Mary oder das Buch (naja, eigentlich der Autor), aus welchem sie zitiert, recht? Hat Mary eine eigene Meinung oder ist sie nicht eigentlich nur ein Papagei, der alles nachplappert? Ihr Klavierspiel ist ja so ähnlich dargestellt. Es fehlt das Eigene.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 4. Juni 2014, 09:05 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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6. Kapitel

Charlotte und Elizabeth sprechen über Jane und Mr Bingley. Bei einer Abendgesellschaft sprechen Elizabeth und Mr Darcy erstmals miteinander - wieder geht's ums Tanzen.




Charlotte äußert sich über die Ehe bzw. den Weg dahin ähnlich "pragmatisch" wie Mrs Bennet - und wird sich ja bald auch entsprechend verhalten. Noch nimmt Elizabeth sie hier aber nicht wirklich ernst & kann darüber lachen.
Wie ich in den Anmerkungen lese, entspricht deren Freude über Janes diskretes Verhalten ziemlich genau den Verhaltensregeln der konservativen Benimmliteratur dieser Zeit. (Die geht sogar noch weiter und verlangt, eine Frau solle sich idealerweise selbst auch erst ihrer eigenen Zuneigung bewusst werden, wenn der Mann seine erklärt ... ) Im Zusammenhang mit Elizabeths Ablehnung der Bingley-Damen steht in den Anmerkungen auch der recht interessante Hinweis, dass Elizabeths Urteil nicht immer zu trauen sei. Weil sie so sympathisch dargestellt wird, würde man als Leser dazu neigen, sie als moralischen Kompass im Roman misszuverstehen bzw. oft fälschlich auf ihrer Seite zu sein und ihre Einschätzungen zu übernehmen. Ich werde mal darauf achten.

Sir Lucas mag zwar geadelt sein, aber zur "guten" Gesellschaft gehört er zumindest in den Augen von Miss Bingley wohl nicht. Seine eitle Selbstdarstellung zeigt ihn nach der positiven Einführung im vorangegangenen in diesem Kapitel auch als eher albernen Charakter.

Und Marys Aussehen wird hier explizit als "plain" (unscheinbar) erwähnt - wir hatten das Thema auf der letzten Seite, glaube ich. Das sei auch ihre Motivation, in anderen Bereichen zu glänzen. So falsch liegen die Verfilmungen also nicht - auch wenns da teilweise etwas auf die Spitze getrieben wird.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 4. Juni 2014, 10:02 
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Austenexperte

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Zitat:
Weil sie so sympathisch dargestellt wird, würde man als Leser dazu neigen, sie als moralischen Kompass im Roman misszuverstehen bzw. oft fälschlich auf ihrer Seite zu sein und ihre Einschätzungen zu übernehmen


:) Das ist ja gerade das Interessante an Austen. Ich finde es klasse, wie sie es schafft den eigentlich unbeteiligten Leser/Zuschauer zu "manipulieren".


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BeitragVerfasst: Mittwoch 4. Juni 2014, 12:31 
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Julia hat geschrieben:
Wie ich in den Anmerkungen lese, entspricht deren Freude über Janes diskretes Verhalten ziemlich genau den Verhaltensregeln der konservativen Benimmliteratur dieser Zeit. (Die geht sogar noch weiter und verlangt, eine Frau solle sich idealerweise selbst auch erst ihrer eigenen Zuneigung bewusst werden, wenn der Mann seine erklärt ... ) Im Zusammenhang mit Elizabeths Ablehnung der Bingley-Damen steht in den Anmerkungen auch der recht interessante Hinweis, dass Elizabeths Urteil nicht immer zu trauen sei. Weil sie so sympathisch dargestellt wird, würde man als Leser dazu neigen, sie als moralischen Kompass im Roman misszuverstehen bzw. oft fälschlich auf ihrer Seite zu sein und ihre Einschätzungen zu übernehmen. Ich werde mal darauf achten.

Ich frage mich, wie weit sich da die Ansichten Jane Austens zu diesen Verhaltensregeln in Elizabeth Vorstellungen widerspiegeln. Denn im Grunde verlieben sich die Heldinnen im Endeffekt ja doch in die Männer, keine von ihnen geht eine Vernunftsehe ein und die Damen sind sich alle vorher über ihre Gefühle klar. Vor allem werden sämtliche explizit genannten Vernunftsehen in den Romanen eher als unglücklich beschrieben. Ich denke, da kommt trifft eine neue Denkweise auf traditionelle Vorstellungen. Erst die Heirat, dann die Liebe ( oder auch nicht) war vielleicht schon zu diesem Zeitpunkt eine etwas veraltete Vorstellung und Elizabeth denkt in diesem Fall eventuell etwas moderner. Das man seinen Partner vorher wenigstens so weit kennenlernen sollte, dass man nicht völlig ins Blaue heiratet.
Wir können uns natürlich eher mit Elizabeths Sichtweise anfreunden, weil sie doch der heutigen Zeit entspricht. Die Frage ist, wie sahen das die Leser im 19. Jahrhundert? War diese Ansicht "skandalös" oder gab es schon den Gedanken, dass eine Heirat durchaus auch was mit Sympathien zu tun hat?
Grüße
Kerstin

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BeitragVerfasst: Mittwoch 4. Juni 2014, 15:33 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Kerstin hat geschrieben:
Wir können uns natürlich eher mit Elizabeths Sichtweise anfreunden, weil sie doch der heutigen Zeit entspricht. Die Frage ist, wie sahen das die Leser im 19. Jahrhundert? War diese Ansicht "skandalös" oder gab es schon den Gedanken, dass eine Heirat durchaus auch was mit Sympathien zu tun hat?


Grundsätzlich war das bestimmt nicht skandalös, sondern ein durchaus zeitgemäßer Gedanke und auch Praxis. Aber ich denke, man muss immer sehen, wer sich diesen "Luxus" wie weit leisten konnte. Die Bennet-Mädchen nur bedingt ...


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BeitragVerfasst: Mittwoch 4. Juni 2014, 17:08 
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Austenbegeistert
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Julia hat geschrieben:
Charlotte äußert sich über die Ehe bzw. den Weg dahin ähnlich "pragmatisch" wie Mrs Bennet - und wird sich ja bald auch entsprechend verhalten. Noch nimmt Elizabeth sie hier aber nicht wirklich ernst & kann darüber lachen.
Wie ich in den Anmerkungen lese, entspricht deren Freude über Janes diskretes Verhalten ziemlich genau den Verhaltensregeln der konservativen Benimmliteratur dieser Zeit.


Gerade die Schilderung, wie unterschiedlich Janes Verhalten von Charlotte einerseits und Elisabeth andererseits aufgenommen wird, ist für mich eine Schlüsselszene für die spätere Glaubwürdigkeit der Entwicklung des Romans und damit genial vorausschauend von JA "komponiert":
Bei der Ablehnung des Heiratsantrags macht Elisabeth Darcy ja zwei gravierende Vorwürfe (mal abgesehen von dem "wenn Sie mir mehr wie ein gentleman begegnet wären"): 1.) sein Verhalten ggü. Wickham und 2.) dass er Bingley und ihre Schwester auseinandergebracht hat. Während Darcy in seinem Brief den ersten Vorwurf relativ leicht ausräumen kann, wirkten seine Erklärungen zum zweiten Vorwurf (nämlich er hätte Jane nicht für wirklich verliebt gehalten) auf mich beim ersten Lesen eher wie Ausflüchte und ich hatte Zweifel daran, dass Elisabeth sich wirklich davon hat umstimmen lassen. Da aber Charlotte in ihrer Beobachtung von Jane zur gleichen Einschätzung gelangt war wie Darcy ist dies für Elisabeth sicherlich eher nachzuvollziehen und macht für sie die Verhaltensweise von Darcy eher glaubwürdig. Sie selbst wußte und erkannte zwar, wie Jane ggü. Bingley fühlte, sie wußte aber aus der Schilderung von Charlotte, dass Janes Verhalten auf außenstehende Dritte reservierter wirkte. Also konnte sie ihm eher auch diesen Punkt verzeihen.


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BeitragVerfasst: Donnerstag 5. Juni 2014, 16:30 
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Austenexperte
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Julia hat geschrieben:
Charlotte und Elizabeth sprechen über Jane und Mr Bingley.

Ich finde gerade dieses Kapitel gewinnt besonders beim mehrmaligen Lesen (des gesamten Buches natürlich) Gerade wenn man im Hinterkopf das weitere Verhalten von Beiden hat, sind die Ansichten die hier gegeneinander gesetzt werden, aufschlussreich. Eigentlich kann sich Elizabeth diese Gedanken bzw. die Handlungsweise ja nicht leisten sondern ist genauso wie Charlotte auf einen möglichst vermögenden Verehrer angewiesen. Auch wenn Charlotte ja die vernünftig Handelnde ist, steht man als Leser natürlich auf Elizabeths Seite. Ich denke sie ist uns aus heutiger Sicht auch sowieso etwas näher als die pragmatische Charlotte. Zwei Dinge fänd' interessant zu überlegen: 1. sahen das die Leserinnen damals genauso und 2. wie wäre es wenn JA Charlotte als Hauptfigur unserer Betrachtung zugeführt hätte.
Irgendwie kann ich mir nicht vorstellen, daß der Roman, trotz der selben Figuren diese Spritzigkeit gefunden hätte, eher wäre er unvollendet geblieben, weil sie irgendwann festgestellt hätte, daß sie in der "falschen Tonlage" angefangen hat.
Soweit erstmal,

Elanor

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[During the 1960s] I think there was more sex in those old films than in all that thrashing around today. I'm tired of sex scenes.
Claudette Colbert

sadly enough, this is more than true in our times


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BeitragVerfasst: Freitag 6. Juni 2014, 10:32 
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Julia hat geschrieben:
Im Zusammenhang mit Elizabeths Ablehnung der Bingley-Damen steht in den Anmerkungen auch der recht interessante Hinweis, dass Elizabeths Urteil nicht immer zu trauen sei.


Das heißt, dass die Bingley-Schwestern nicht ganz so schlimm sein könnten?
Im Grunde passiert ihr ja noch eine Fehleinschätzug: Sie glaubt, dass die Schwestern nett zu Jane sind, weil ihr Bruder sie mag. Könnte sein. Aber tatsächlich bemühen sich die beiden ja später sehr, das Paar voneinander fern zu halten, als klar ist, wie weit die Sympathie tatsächlich geht. Überhaupt kann man hier schon ahnen, dass Elizabeths Urteilsvermögen nicht so gut ist, wie sie denkt. So merkt sie ja auch gar nichts von Mr. Darcys wachsender Sympathie - obwohl sie vorher noch groß geredet hat, dass man(n) es doch selbstverständlich merken müsse, wenn jemand in jemanden verliebt sei. Sie deutet Darcys Verhalten hier gar nicht oder falsch. Und sie behauptet auch, dass Jane und Bingley sich noch gar nicht kennen könnten - dabei neigt sie doch sehr dazu, sich sehr schnell ein Urteil zu bilden. Übrigens interessant, dass die beiden sich in 14 Tagen sechs mal gesehen haben - das scheint mir ziemlich viel zu sein.

Ich finde das Gespräch zw. Elizabeth und Charlotte auch sehr interessant. Auch, weil ich mich frage, welches Ehe- oder Liebesmodell dahinter steckt. Eigentlich plädiert Charlotte ja für eine nicht-romantische Eheanbahnung - das passt ja irgendwie auch zu Austens Sicht der Dinge. Und dass sich eine Liebesbeziehung erst im Laufe der Zeit entwickeln kann, dürfte sie auch nicht für völlig abwegig halten. Aber klar: Liebe sollte eigentlich schon dabei sein. Charlotte übertreibt hier so eindeutig, dass ich mich frage, ob sie vielleicht gar nicht so bierernst daherredet, sondern scherzt. Im Kern denkt sie vielleicht so, aber warum soll sie mit ihrer Freundin nicht scherzen, indem sie ihre Position total übertreibt?

Ansonsten gibt es hier ja das erste Gespräch (und Elizabeths erste Zurückweisung!) zwischen Darcy und Elizabeth - und wenn man sich die Begegnung so ansieht, scheint es in Austens Liebeswelt tatsächlich so etwas wie Liebe auf den zweiten Blick zu geben. Das immerhin ist ein bisschen romantisch, oder? Zumal Darcy, für mich leicht überraschend, schon jetzt gegenüber Miss Bingley recht freimütig bekennt, dass Elizabeth ihn erwischt hat. Da hätte ich mehr Zurückhaltung erwartet. Aber er ist halt doch auch nur ein Mensch.


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BeitragVerfasst: Freitag 6. Juni 2014, 18:49 
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Charlotte erwartet aber nicht unbedingt, dass sich doch noch Liebe entwickeln könnte. Elizabeth ist mehr für vorherige Sympathie und zumindest ansatzweise der Erkenntnis, ob man denn zusammenpassen könnte.
Grüße
Kerstin

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BeitragVerfasst: Sonntag 8. Juni 2014, 08:16 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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7. Kapitel

Die Miliz wird über den Winter in Meryton stationiert und Kitty & Lydia sind überglücklich. Jane erhält eine Einladung nach Netherfield, erkältet sich und muss bleiben. Elizabeth besucht sie dort und bleibt ebenfalls.


In einer sehr langen Anmerkung zur Einführung der Miliz wird in meiner Ausgabe ausführlich ausgebreitet, dass die Miliz - abgesehen von den Offizieren - zum einen ein Sammelbecken für "Randfiguren" der guten Gesellschaft war, und zum anderem sehr schnell den Ruf weg hatte, weniger aus kampfbereiten Patrioten, sondern vielmehr aus galanten jungen Herren in schicker Uniform zu bestehen, die ihre Hauptaufgabe darin sahen, den Damen schöne Augen zu machen und diese zu (wozu auch immer) zu "verführen". Die gesellschaftliche & soziale Position, die Chance auf eine gute Ehe, etc. war weitaus gewichtiger als die der - wie ursprünglich gedacht - Verteidigung im Falle einer Invasion durch die Franzosen (die nie stattfand).
Diesbezüglich finde ich die Parallele zur Situation der Frauen ganz interessant und auch wichtig für den Roman: Beide hatten nicht wirklich was zu tun, keine Aufgabe und kein Ziel, abgesehen davon ihre gesellschaftliche Position zu pflegen und wo möglich zu verbessern.

In einer zweiten Anmerkung heißt es, dass die Netherfield-Episode, also Jane und Elizabeth allein in einem Haus mit zwei relativ fremden unverheirateten Männern und ohne nennenswerten Anstandswauwau schon beim Erscheinen des Romans als wenig realitätsnah & stimmig eingeschätzt wurde. Letztendlich finde ich unterstreicht es aber doch vor allem, wie sorglos Mr & Mrs Bennet bzgl. dem guten Ruf ihrer Töchter sind. Genauso lässt sich ja auch die Gleichgültigkeit gegenüber Kittys & Lydias Flirtereien mit den Offizieren sehen. Mrs Bennet denkt nur an eine gute Ehe (egal mit welchem Beigeschmack) und Mr Bennet ist alles egal.


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BeitragVerfasst: Sonntag 8. Juni 2014, 11:46 
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Udo hat geschrieben:
Julia hat geschrieben:
Im Zusammenhang mit Elizabeths Ablehnung der Bingley-Damen steht in den Anmerkungen auch der recht interessante Hinweis, dass Elizabeths Urteil nicht immer zu trauen sei.


Das heißt, dass die Bingley-Schwestern nicht ganz so schlimm sein könnten?
Im Grunde passiert ihr ja noch eine Fehleinschätzug: Sie glaubt, dass die Schwestern nett zu Jane sind, weil ihr Bruder sie mag. Könnte sein. Aber tatsächlich bemühen sich die beiden ja später sehr, das Paar voneinander fern zu halten, als klar ist, wie weit die Sympathie tatsächlich geht. Überhaupt kann man hier schon ahnen, dass Elizabeths Urteilsvermögen nicht so gut ist, wie sie denkt. So merkt sie ja auch gar nichts von Mr. Darcys wachsender Sympathie - obwohl sie vorher noch groß geredet hat, dass man(n) es doch selbstverständlich merken müsse, wenn jemand in jemanden verliebt sei. Sie deutet Darcys Verhalten hier gar nicht oder falsch. Und sie behauptet auch, dass Jane und Bingley sich noch gar nicht kennen könnten - dabei neigt sie doch sehr dazu, sich sehr schnell ein Urteil zu bilden. Übrigens interessant, dass die beiden sich in 14 Tagen sechs mal gesehen haben - das scheint mir ziemlich viel zu sein.

Ich halte die Bingleyschwestern für ziemliche Lästermäuler, besonders nach ihren spitzzüngigen Bemerkungen über Elizabeths Auftauchen in Netherfield. Da wird gar nicht auf die schwesterliche Zuneigung eingegangen, sondern dass die Arme halt ein wenig zerrupft aussieht nach ihrem Marsch über die Felder.

Für so sorglos halte ich die Bennets dann doch nicht. Die Herren waren "außer Haus", Jane sollte nur mit den Schwestern speisen, daher war es sicher kein Problem, dass sie allein dort hinreitet. Das sie krank wird, war nicht eingeplant, höchstens, dass sie über wegen des Wetters. Vielleicht sah man "auf dem Lande" solche Dinge ein wenig lockerer, denn man kann nicht einfach mal eben schnell wieder nach Hause.
Beide Bennetmädchen sind zudem schon über 20, vielleicht nahm man es da auch nicht mehr so genau, weil man davon ausging, dass man in diesem Alter schon etwas vernünftiger ist.
Allerdings ist Mrs Hurst eine verheiratete Frau, reicht das nicht als Anstandswauwau? ;)

Das Elizabeth gegenüber Darcy blind ist, überrascht mich wenig. Er hat es sich bei ihrer ersten Begegnung restlos mit ihr verscherzt und so sieht sie alle seine Bemerkungen im Kontext dieses Satzes, dass er sie nur halbwegs passabel findet. In ihren Augen ist er ein arroganter Snob, der ihr sich bei jeder bietenden Gelegenheit mitteilen will, dass er sie für eine Landpomeranze hält. Seinen Sinneswandel hat sie nicht mitbekommen, weil sein Bild bei ihr feststeht. Klarer Fall von "es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck". :wink:
Darcy kommt ja gar nicht in den Sinn, dass er sie mit diesem Satz so beleidigt hat, dass er nun anstellen kann, was er will. Das ist er auch nicht gewohnt, weil die anderen Damen ja quasi an seinen Lippen hängen und ihm ungezogenes Verhalten schnell verzeihen. Vermutlich hat er den Satz auf dem Ball schon längst vergessen, aber bei ihr hängt sein Unwillen, halbwegs höflich zu sein, doch sehr lange nach.
Ich glaube kaum, dass es viele Frauen gibt, die nach so einer Bemerkung und dem restlichen Verhalten, dass er an dem Abend gezeigt hat ( er hat ja nicht nur nicht mit ihr getanzt, er war auch ansonsten wenig aufgeschlossen), ein plötzliches Liebeswerben als solches erkennen.
Er ist aber auch ziemlich blind, sonst würde er merken, dass er bei ihr nicht sonderlich hoch im Kurs steht. Ihre Antworten sind immer ziemlich spitz, besonders die mit den gebildeten Damen. :D
Grüße
Kerstin

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BeitragVerfasst: Sonntag 8. Juni 2014, 16:53 
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Registriert: Mittwoch 9. April 2008, 15:07
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War nicht Austens Bruder Henry auch zeitweise bei der Miliz? Oder wollte er nur hin? Stimmt schon, einen besonders kriegerischen Eindruck machen die Herren nicht. Dass sie geradezu auf Damenfang waren, ergibt sich wohl von allein aus ihrer Situation - zumal wenn so viele Lydias um sie herumschwirren.

Stimmt, wenn man darüber nachdenkt, könnte es wirklich etwas befremdlich sein, dass die beiden da gleich übernachten. Ich finde zwar Kerstins Hinweis auf die anderen Sitten auf dem Land plausibel, aber tatsächlich zeigt niemand (auch Elizabeth und Jane nicht) auch nur die geringsten Skrupel, dort zu übernachten. Ich könnte mir denken, dass die Nachbarschaft sich ne Menge denkt, wenn sie das erfährt - ich jedenfalls würde mir sogar heute meinen Teil denken. Darüber steht im Roman auch später aber nichts, soweit ich mich erinnere. (Wobei ich mich schlecht erinnere, siehe Marys Attraktivität...).

@Kerstin: Ich denke auch, dass man Lizzys Blindheit gut erklären kann - aber blind ist sie trotzdem (und ja, Darcy auch). Beide bilden sich sicher viel ein auf ihr Urteilsvermögen, auf ihre Menschenkenntnis, beide sind nicht nur stolz, sondern schon hier auch Opfer ihrer Vorurteile. Im Grunde ist Darcy einen Schritt weiter: Er fängt schon rapide an, seine Vorurteile über Bord zu werfen....

Kerstin hat geschrieben:
Seinen Sinneswandel hat sie nicht mitbekommen, weil sein Bild bei ihr feststeht. Klarer Fall von "es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck". :wink:

Irgendwie erinnert mich das an den Satz: Wer meine gute Meinung einmal verloren hat, hat sie für immer verloren.... Wer sagt das doch gleich? ;-)


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BeitragVerfasst: Sonntag 8. Juni 2014, 18:23 
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Udo hat geschrieben:

Kerstin hat geschrieben:
Seinen Sinneswandel hat sie nicht mitbekommen, weil sein Bild bei ihr feststeht. Klarer Fall von "es gibt keine zweite Chance für einen ersten Eindruck". :wink:

Irgendwie erinnert mich das an den Satz: Wer meine gute Meinung einmal verloren hat, hat sie für immer verloren.... Wer sagt das doch gleich? ;-)

Genau das meine ich. :D Darcy bemüht sich um Konversation und Annäherung, aber er beißt bei Elizabeth auf Granit. ;)
In ihren Augen und geprägt durch den negativen ersten Eindruck haben alle seine Unterhaltungen mit ihr nur einen Zweck, nämlich ihre mangelnde Anziehung auf ihn zu unterstreichen. Das sie das genaue Gegenteil bezwecken, hat sie in ihrer vorgefestigten Meinung natürlich nicht bemerkt.
Siehe die Unterhaltung über die gebildeten Damen. Elizabeth liest gerne und das wiederum bemerkt Darcy. Aber seine Ansprüche an die Damenwelt sind nicht zu erreichen, auch für Elizabeth nicht. Sie hört nur heraus, dass er von Damen erwartet, dass sie nicht nur schön, geschickt und gut erzogen sind, sondern dass sie auch noch unerhört gebildet sein müssen. Das ist sie nicht, kann sie als Tochter eines Landjunkers ja auch gar nicht und vermittelt ihr so das Gefühl, er setzt sie wieder herab.
Ich weiß nicht, ob ein direktes Kompliment bei ihr gewirkt hätte, aber Darcys etwas unbeholfene Versuche, mit ihr ein Gespräch zu führen, sind wirklich nicht dazu angetan, ihre Meinung über ihn zu ändern. Zumindest so lange nicht, wie der erste Eindruck, den er in ihrem Kopf hinterlassen hat, vorherrschend bleibt. Sie will ihre Meinung zu ihm aber auch nicht ändern. Da entspricht sie wirklich Darcys Pramisse...
Übrigens ist der Satz in einem Gespräch mit ihr denkbar ungünstig, aber das weiß er ja nicht. Wieder ein kleines Puzzleteilchen, um sein negatives Bild in ihrem Kopf zu festigen. :rolleyes:
Wie war noch gleich seine erste Bemerkung über sie? Tolerable, but not handsome enough to tempt me.

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BeitragVerfasst: Montag 9. Juni 2014, 08:11 
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@Udo: Ja, Henry Austen war zeitweise bei der Miliz und das passt ja auch in das Bild, dass die meisten Biografien von ihm vermitteln - lebenslustig, unterhaltsam, umtriebig und auch ein bißchen waghalsig.
Ich kann mich an keine Stelle im Buch erinnern, wo der Netherfield-Besuch der beiden Bennet-Schwestern irgendwie negativ gewertet wird.

@Kerstin: Die spitzen Kommentare der Bingley-Schwestern zu Elizabeths Aufzug kommen erst noch. Hier in diesem Kapitel heißt es, sie wäre trotz der ausgelösten Verwunderung sehr höflich ("very politely") von ihnen empfangen worden. Das fiel mir direkt auf, nach dem Hinweis auf Elizabeths manchmal trügerisches Urteil. Genauso wie die ehrlich besorgte Anteilnahme an Janes Gesundheit. In Elizabeths Anwesenheit wissen sie sich also offenbar (jedenfalls noch) zu benehmen. Und nur weil sie hintenrum lästern, müssen sie ja keine durch und durch schlechten Menschen sein. :wink: Ohne sie jetzt unnötig verteidigen zu wollen, aber ich glaube das ist auch so ein Fall, wo die Verfilmungen vielleicht zu sehr übertreiben.


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BeitragVerfasst: Montag 9. Juni 2014, 08:44 
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Es wird ja sogar erwähnt, dass Elisabeth beginnt, die beiden sympathisch zu finden...

Amüsant fand ich noch Mrs. Bennets Anmerkung über die Anziehungskraft des Militärs - wunderbar, wie sie sich innerhalb von zwei Sätzen widerspricht: Mr. Bennet könne nicht erwarten, dass seine Töchter bereits so vernünftig wie die Eltern seinen und gleichzeitig zugeben, dass sie nach wie vor eine Schwäche für die "Redcoats" hat :D


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BeitragVerfasst: Montag 9. Juni 2014, 11:45 
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Die Bingley-Schwestern benehmen sich anfangs recht fürsorglich ggü. Jane und freundlich ggü. Elisabeth. Der Umschwung kommt dann nach meinem Empfinden in dem Moment, als man merkt, dass Darcy etwas für Elisabeth empfinden könnte. Nun sieht Caroline offenbar ihre Felle wegschwimmen und stänkert ggü. Elisabeth.

In den Filmen wird das alles etwas verkürzt dargestellt. Da sind die Bingley-Schwestern von Anfang an mißgünstig, lästern über Elisabeths Kleidung und Aussehen.


Zuletzt geändert von MiRiBo am Montag 9. Juni 2014, 15:11, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Montag 9. Juni 2014, 11:55 
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Julia hat geschrieben:

@Kerstin: Die spitzen Kommentare der Bingley-Schwestern zu Elizabeths Aufzug kommen erst noch. Hier in diesem Kapitel heißt es, sie wäre trotz der ausgelösten Verwunderung sehr höflich ("very politely") von ihnen empfangen worden. Das fiel mir direkt auf, nach dem Hinweis auf Elizabeths manchmal trügerisches Urteil. Genauso wie die ehrlich besorgte Anteilnahme an Janes Gesundheit. In Elizabeths Anwesenheit wissen sie sich also offenbar (jedenfalls noch) zu benehmen. Und nur weil sie hintenrum lästern, müssen sie ja keine durch und durch schlechten Menschen sein. :wink: Ohne sie jetzt unnötig verteidigen zu wollen, aber ich glaube das ist auch so ein Fall, wo die Verfilmungen vielleicht zu sehr übertreiben.

Ich weiß halt nicht, ob die beiden Damen nicht "katzenfreundlich" sind. Es ist anhand der Beschreibungen schwer zu beurteilen. Es ist ja nicht so, als ob wir nicht alle gerne lästern ( nun ja, die meisten. ;) ), aber ich kann nicht einschätzen, ob die Bingleydamen Jane wirklich mögen oder ob sie sie einfach nur ausgesucht haben, weil sie unter den Bauerntrampeln die Erträglichste war. Von der Intelligenz her hätten sie sicher in Elizabeth die interessantere Gesprächspartnerin, aber Jane entspricht halt voll und ganz einer angenehmen Person. Hübsch, einigermaßen gebildet, intelligent, ohne zu intelligent zu sein und somit adäquat.

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BeitragVerfasst: Dienstag 10. Juni 2014, 07:50 
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Edda hat geschrieben:
Amüsant fand ich noch Mrs. Bennets Anmerkung über die Anziehungskraft des Militärs - wunderbar, wie sie sich innerhalb von zwei Sätzen widerspricht: Mr. Bennet könne nicht erwarten, dass seine Töchter bereits so vernünftig wie die Eltern seinen und gleichzeitig zugeben, dass sie nach wie vor eine Schwäche für die "Redcoats" hat :D


Ja, das kann Jane Austen sehr gut - die Charaktere für sich selbst sprechen lassen. Eine Art Leser-Autor-Allianz (so der literaturwiss. Fachbegriff), ein unausgesprochenes Einvernehmen darüber, dass beide verstehen was Sache ist - ohne das es explizit erklärt wird. :)


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BeitragVerfasst: Dienstag 10. Juni 2014, 16:48 
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Julia hat geschrieben:
Edda hat geschrieben:
Amüsant fand ich noch Mrs. Bennets Anmerkung über die Anziehungskraft des Militärs - wunderbar, wie sie sich innerhalb von zwei Sätzen widerspricht: Mr. Bennet könne nicht erwarten, dass seine Töchter bereits so vernünftig wie die Eltern seinen und gleichzeitig zugeben, dass sie nach wie vor eine Schwäche für die "Redcoats" hat :D


Ja, das kann Jane Austen sehr gut - die Charaktere für sich selbst sprechen lassen. Eine Art Leser-Autor-Allianz (so der literaturwiss. Fachbegriff), ein unausgesprochenes Einvernehmen darüber, dass beide verstehen was Sache ist - ohne das es explizit erklärt wird. :)


Was ich zu dieser Stelle noch anmerken möchte:
Es zeigt auch die Unbekümmertheit in der Erziehung (falls man das Verhalten der Eltern Bennet als solche werten möchte) in Gegenwart der Töchter solche Äußerungen zu machen. Gerade die jüngeren Beiden wissen solche Bemerkungen sicher nicht richtig einzuordnen, das sollte zumindest Mr. Bennet bewusst sein.

Elanor

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[During the 1960s] I think there was more sex in those old films than in all that thrashing around today. I'm tired of sex scenes.
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BeitragVerfasst: Dienstag 10. Juni 2014, 16:57 
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Zweiter Nachtrag:
Mrs Bennet:
" Man stirbt nicht an so einem bisschen Erkältung. Sie wird in guter Pflege sein"
Nun Marianne wäre an sowas fast gestorben und die war mit Sicherheit auch in guter Pflege; und obwohl ich weiß, daß man die beiden nicht wirklich vergleichen kann, zu georgianischen Zeiten hätte ich nicht wirklich krank werden wollen. Die Landärzte und Apotheker waren damals nicht unbedingt das Bollwerk des medizinischen Wissens. Und wieviele von zu Beginn harmlosen Erkältungen dahingerafft worden sind, who know?
Sie ist schon ganz schön unbekümmert :/

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BeitragVerfasst: Dienstag 10. Juni 2014, 17:53 
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Ich finde auch, das spricht - wie so vieles - dafür, dass die Bennet-Eltern nicht gerade überbesorgt sind. Beschreibt es Elizabeth nicht auch später - wenn auch vielleicht zum Teil in provozierender Absicht - gg. Lady Catherine so, dass sie alle mehr oder weniger sich selbst überlassen waren?


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BeitragVerfasst: Dienstag 10. Juni 2014, 20:07 
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Elanor hat geschrieben:
Zweiter Nachtrag:
Mrs Bennet:
" Man stirbt nicht an so einem bisschen Erkältung. Sie wird in guter Pflege sein"
Nun Marianne wäre an sowas fast gestorben und die war mit Sicherheit auch in guter Pflege; und obwohl ich weiß, daß man die beiden nicht wirklich vergleichen kann, zu georgianischen Zeiten hätte ich nicht wirklich krank werden wollen. Die Landärzte und Apotheker waren damals nicht unbedingt das Bollwerk des medizinischen Wissens. Und wieviele von zu Beginn harmlosen Erkältungen dahingerafft worden sind, who know?
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Vor allem, wenn man bedenkt, was für ein Hypochonder Mrs Bennet ist. :D

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BeitragVerfasst: Mittwoch 11. Juni 2014, 09:43 
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So, ich bin wieder zurück und habe erstmal alles gelesen, was Ihr alles geschrieben habt bisher. Ich finde es sehr spanndend, welche unterschiedlichen Aspekte und Feinheiten des Textes hier diskutiert werden. Ich hätte nicht gedacht, dass es noch soviel Neues bei P&P zu entdecken gibt!

Zu der Sache, dass Mrs Bennet Jane zu Pferd nach Netherfield schickt: ich finde das auch sehr nachlässig, und ich ärgere mich hier auch immer über Mr Bennet, der das einfach so zulässt und sich von Lizzy noch die Bestätigung abnötigen lässt, die Pferde würden anderweitig gebraucht. Ein bisschen später, als Lizzy dann beschließt, Jane in Netherfield aufzusuchen, bietet er ihr die Pferde an.

Zu den Bingley Schwestern: am Ende des 4. Kapitels, als sich Darcy, Bingley, Caroline und Mrs Hurst über den Ball und Jane austauschen, fällt der Satz: "Miss Bennet was therefore established as a sweet girl, and their brother felt authorized by such commendation to think of her as he chose." Dieses "was established" scheint mir sehr kennzeichnend. Jane ist für die Schwestern ein Objekt, das man schön findet, aber eben ein Objekt. Sie wird nicht als gleichberechtigte Freundin oder Bekanntschaft gesehen, sondern eher wie ein hübsches Spielzeug. Elizabeth ist zu ironisch und spitzzüngig, um auch in dieser Art gemocht zu werden.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 11. Juni 2014, 21:12 
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Mrs Tilney hat geschrieben:
... und sich von Lizzy noch die Bestätigung abnötigen lässt, die Pferde würden anderweitig gebraucht.


Darüber bin ich im Text gestolpert. Demnach unterstützt Lizzy ja das Manöver ihrer Mutter?!



8. Kapitel

Die Bingley-Schwestern ketzen gegen Elizabeth. Mr. Darcy bleibt unbeeindruckt. Mr. Bingley hält zu Jane. Debatte über den notwendigen Bildungsgrad von Damen.


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BeitragVerfasst: Donnerstag 12. Juni 2014, 07:26 
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Ich hab die Formulierung immer so verstanden, dass Elizabeth bemüht ist, das Geplänkel zwischen ihren Eltern und Jane zu beenden und Fakten zu schaffen. Der Rest klingt nämlich eigentlich nicht danach, als würde sie den Plan gut heißen.

Zu Kapitel 8:

Hier lassen die Bingley-Schwestern also die Masken fallen. In den negativen Kommentaren zu Elizabeth, aber auch zu Janes Heiratschancen schwingt in meinen Augen aber vor allem auch ein deutliches Bemühen mit, die beiden für Mr Bingley und Mr Darcy schlecht zu reden. Dass Mr Darcy den Wink als solchen versteht, zeigt ja z.B. sein Kommentar über die weiblichen Tricks am Ende des Kapitels, der Miss Bingley sofort zum Schweigen bringt.
Interessant fand ich aber auch, dass Miss Bingley in Bezug auf Elizabeth das Wort "Stolz" ("pride") benutzt.

Dann noch eine Frage an die Modeexperten: In den Anmerkungen habe ich gelesen, dass der "petticoat", den Elizabeth mit ihrem Kleid verdeckt, sowohl Unterwäsche (in den 1780/90er Jahren) als auch ein Unterrock im moderneren Sinn (1810er Jahre) sein kann. Die Tatsache, dass Elizabeth ihr Kleid herunterlassen kann um den Schmutz zu verdecken, verweise aber auf eine Mode (der 1790er Jahre), die zur Zeit der Veröffentlichung des Romans schon veraltet war. Kann das jemand bestätigen? Entweder Elizabeth wird somit als eher ländlich-altmodisch dargestellt, oder Austen hat bei der Überarbeitung ihrer ersten Romanfassung was übersehen.
Hier gibt es übrigens einen ganzen Artikel über die symbolische Bedeutungsebene des Petticoats in dieser Szene. :wink:


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BeitragVerfasst: Samstag 14. Juni 2014, 09:49 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Ja, hier offenbaren sich die Charaktere.... Ein wenig erstaunlich, dass die Bingley-Schwestern so massiv ablästern - das zeigt, wie wenig klug oder raffiniert sie sind. Was mich gleich fragen lässt, wieso Darcy ihre Gesellschaft ansonsten zu schätzen scheint.

Der redet ja auch ganz schön gestelzt daher: In Zeiten wie diesen braucht man eine Bibliothek mit mind 10 000 Büchern oder so. Und das Gerede über die Bildung von Damen ist ja auch nicht ohne Überheblichkeit und wirkt sehr gekünstelt. Die Bingley-Schwestern scheinen allerdings kein Problem damit zu haben, dass sie den Anforderungen nicht genügen?!
Insgesamt ein hübsches Kapitel, finde ich.
Über Petticoats weiß ich leider nichts. Aber ich dachte mir schon, dass schmutzige Unterröcke irgendwas bedeuten können - in diesem Fall, denke ich, steht er dafür, dass Elizabeth eine naturverbundene, ungekünstelte Frau ist. Die Affektiertheit der anderen (selbst Bingley ein wenig: Lass mich Pemberley doch einfach kaufen....) macht das durch den Kontrast noch deutlicher. Gerade der Gegensatz zwischen Darcy und Lizzy wird hier auch betont, denke ich. Aber er wackelt ja schon...


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BeitragVerfasst: Samstag 14. Juni 2014, 15:16 
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Julia hat geschrieben:
Dann noch eine Frage an die Modeexperten: In den Anmerkungen habe ich gelesen, dass der "petticoat", den Elizabeth mit ihrem Kleid verdeckt, sowohl Unterwäsche (in den 1780/90er Jahren) als auch ein Unterrock im moderneren Sinn (1810er Jahre) sein kann. Die Tatsache, dass Elizabeth ihr Kleid herunterlassen kann um den Schmutz zu verdecken, verweise aber auf eine Mode (der 1790er Jahre), die zur Zeit der Veröffentlichung des Romans schon veraltet war. Kann das jemand bestätigen? Entweder Elizabeth wird somit als eher ländlich-altmodisch dargestellt, oder Austen hat bei der Überarbeitung ihrer ersten Romanfassung was übersehen.

Ich weiß jetzt nicht so ganz, wo darin der Unterschied sein soll. :gruebel: Beide Teile sollte man eigentlich nicht sehen, sofern der Rock des Kleides nicht hochgerafft wird. Um 1800 war es halt kein separater Rock, sondern eine Art Unterkleid mit u.U. verstärktem Saum, während um 1790 der Unterrock aus einem einzelnen Teil bestand. Da die Damen Bennet, vor allem die jüngeren Schwestern, als sehr modebegeistert beschrieben werden ( die Spitzen... die Bänder für die Hüte etc. ), denke ich, dass sie doch eher "modern" gekleidet waren.
Aber eigentlich war das Kleid darüber immer länger und der Unterrock nicht sichtbar. Und egal, welche Art von Kleid sie darüber trug, sie konnte das Kleid immer raffen. Allerdings hat sie es dann wohl hochgehalten, damit es nicht vom schmutzigen Unterrock was abbekommt, sonst hätten es die Bingleyschwestern nicht gesehen.
Grüße
Kerstin

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