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BeitragVerfasst: Montag 27. Februar 2006, 20:48 
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Archivarius

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... ich hab gerade noch etwas aus Boswells "Leben Sam. Johnsons" gefunden...

Es geht um eine Sache aus dem Jahr 1784:

Er (Samuel Johnson) war wirklich gesellig. Er kritisierte scharf, was in England unter Standespersonen zu sehr verbreitet ist, nämlich völliges Schweigen zu bewahren, wenn man einander unbekannt ist, wenn man zum Beispiel bei Gelegenheit zusammen in ein Zimmer geführt wird, bevor der Herr oder die Herrin des Hauses erschienen ist. »Sir, das ist so unzivilisiert, als wenn man die allgemeinen Menschenrechte nicht versteht.« (S. 456)

Womöglich ist das der Ursprung und die Initialzündung des Romans? :wink: ... oder wenigstens der Gestalt eines gewissen Herrn Darcy? :eek:

Bruki :cool:

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"There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was."
(Rudyard Kipling, The Janeites)


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Verfasst: Montag 27. Februar 2006, 20:48 


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BeitragVerfasst: Montag 27. Februar 2006, 21:11 
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Nun ja, Darcy hatte reichlich Zeit sich eine Strategie zu überlegen. Er ist sich seiner Gefühle sicher und entschlossen Elizabeth zu erobern. Nur sie hat noch nicht zu tieferen, positiven Gefühlen ihm gegenüber gefunden. Aber auch bei ihr setzt ein Umdenken ein. Sein Verhalten ihren Verwandten gegenüber ist so grundverschieden zu dem am Beginn ihrer Bekanntschaft, da kann sie gar nicht anders als ihre Vorurteile zu überdenken. (Außerdem hat sie in der Zwischenzeit Pemberley besichtigt :D )

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One Ring To Find Them...


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BeitragVerfasst: Dienstag 28. Februar 2006, 16:07 
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@Bruki

Naja - Darcy hat ja auch geschwiegen, als die Gastgeber schon anwesend waren, und er vorgestellt war.....und hat, wenn dann doch, auch nur widerwillig gesprochen.
Und sogar Mr. Johnson ( mir leider noch nicht bekannt ) meint das sei unzivilisiert. Und Gentleman verhielten sich doch im Allgemeinen eher zivilisiert. :ja:

Zitat:
Nun ja, Darcy hatte reichlich Zeit sich eine Strategie zu überlegen. Er ist sich seiner Gefühle sicher und entschlossen Elizabeth zu erobern.


Sicher ist er auf jeden Fall, und sie versteht den Wink mit dem Zaunpfahl!
Es ist eher verwunderlich das Darcy sich noch Hoffnung macht nach dieser schroffen Abfuhr in Kent.
"Und wenn sie der letzte Mann auf Erden wären....."

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Anscheinend lebe ich in einem Zustand tiefer Hypnose, und jedes Mal, wenn ich eine Postkarte abschicke, könnte ich Euphorie als Absender angeben.....Helene Hanff


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BeitragVerfasst: Dienstag 28. Februar 2006, 16:27 
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Austenexperte
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Na, ich denke mal nicht, dass Darcy sich noch ernsthafte hoffnungen gemacht, er wollte wohl nur nett sein, um ihr zu beweisen, dass er nicht so schlecht war, wie Elisabeth es ihm in Hunsford vorgehalten hatte. Ich denke, nicht, dass er sich wirklich Hoffnungen gemacht hat. er hat es sich vielleicht gewünscht, ihre Meinung ändern zu können, aber nicht wirklich dran geglaubt. Doch er gibt nicht auf, das muss man ihm zugute halten. Sie ist für ihn verloren, so glaubt er, aber er will sich wenigstens wie der perfekte Gentleman verhalten.
Ach, so, was auch schön ist, wie Austen hier ganz ironisch Elisabeths Herzenswandlung beschreibt, wie wir kleine Hinweise auf ihre wachsende Zuneigung zu Darcy erfahren ohne dass ausgesprochen wird, was genau sie fühlt. Und das sogar bevor er schließlich auftaucht:
Elizabeth walked on in quest of the only face whose features would be known to her. At last it arrested her -- and she beheld a striking resemblance of Mr. Darcy, with such a smile over the face as she remembered to have sometimes seen when he looked at her. She stood several minutes before the picture in earnest contemplation, and returned to it again before they quitted the gallery.[...] There was certainly at this moment, in Elizabeth's mind, a more gentle sensation towards the original than she had ever felt in the height of their acquaintance.
Und dann nachdem sie ihm begegnet sind:
...she distinguished no part of the scene. Her thoughts were all fixed on that one spot of Pemberley House, whichever it might be, where Mr. Darcy then was. She longed to know what at that moment was passing in his mind -- in what manner he thought of her, and whether, in defiance of everything, she was still dear to him. Perhaps he had been civil only because he felt himself at ease; yet there had been that in his voice which was not like ease. Whether he had felt more of pain or of pleasure in seeing her she could not tell, but he certainly had not seen her with composure.
Und wie sie sich dann fragt, ob er sich wegen ihr geändert hat, echt süß! :love: Und schon hat sie nichts anderes mehr im Kopf, den ganzen Tag lan! :smilingplanet:
The occurrences of the day were too full of interest to leave Elizabeth much attention for any of these new friends; and she could do nothing but think, and think with wonder, of Mr. Darcy's civility, and above all, of his wishing her to be acquainted with his sister.

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BeitragVerfasst: Mittwoch 1. März 2006, 19:47 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Claudia hat geschrieben:
Zitat:
Nun ja, Darcy hatte reichlich Zeit sich eine Strategie zu überlegen. Er ist sich seiner Gefühle sicher und entschlossen Elizabeth zu erobern.


Sicher ist er auf jeden Fall, und sie versteht den Wink mit dem Zaunpfahl!
Es ist eher verwunderlich das Darcy sich noch Hoffnung macht nach dieser schroffen Abfuhr in Kent.
"Und wenn sie der letzte Mann auf Erden wären....."


Ich weiß nicht, ob Darcy in Pemberley wirklich so vordergründig darauf aus ist, Lizzy zu "erobern". Ich denke eher, er versucht ihr zu zeigen, dass sie sich in ihm getäuscht hat. Ihre Ablehnung war ja vor allem auf falsche Eindrücke und falsche Informationen begründet. Nachdem er diese in seinem Brief wiederlegt hat, ist er jetzt darauf aus, ihr zu zeigen, dass er NICHT stolz und egoistisch und gefühllos anderen gegenüber ist.
Er sagt ja später auch, Lady Catherine's Bericht von ihrem Besuch in Longbourn (bzw. Lizzys Äußerungen dort), hätte ihm erst wirklichen Anlass zur Hoffnung gegeben.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 1. März 2006, 22:05 
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Ich glaube auch, dass er zu diesem Zeitpunkt noch nicht daran glaubt, eine Chance bei Lizzy zu haben. Er möchte sich eben von seiner besten Seite zeigen, um sie zu überzeugen, dass sie ihn falsch eingeschätzt hat. Er kann den Gedanken nicht ertragen, dass sie schlecht von ihm denkt.
Und wie Julia schon meinte, wagt er erst wieder zu hoffen, als er von seiner Tante unterrichtet wird, was Elizabeth gesagt hat.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 1. März 2006, 22:44 
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Archivarius

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julemaus hat geschrieben:
... Und wie Julia schon meinte, wagt er erst wieder zu hoffen, als er von seiner Tante unterrichtet wird, was Elizabeth gesagt hat.


Das seh ich anders... Warum sollte er sonst so sehr darauf bedacht sein, seine Hilfe bei der Rettung Lydias vor Elizabeth geheim zu halten? ... Nein nein, er geht schnurstracks auf sein Ziel zu... Und seine Tante kann da auch nicht mehr viel zutun oder verhindern...

Wie weit sind wir eigentlich im Buch?

Bruki

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BeitragVerfasst: Mittwoch 1. März 2006, 22:51 
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mhmm, ich denke er hält es geheim, weil er sich eben nicht sicher ist, ob er nochmals eine Chance bei ihr hat.
Natürlich hat er auf Pemberley immer noch das Ziel Lizzy zu gefallen, weil er sie liebt, ich denke aber trotzdem, dass er sich letztendlich erst zum zweiten Antrag durchringen kann, als er von seiner Tante erfährt, was Elizabeth über ihn gesagt hat.

Gute, Frage, ich weiß auch nicht mehr wo wir offiziell sind...


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BeitragVerfasst: Mittwoch 1. März 2006, 22:56 
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Piratensüchtige Administratorin, ebenfalls Seriensuchti mit Mittelalterpräferenz und spätes Girlie
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Vermutlich sind wir mal wieder zu weit... :D
Noch waren wir doch auf Pemberley und nicht bei der Rettung von Lydia?
Ist die schon durchgebrannt?

Ich denke, er will sich auf "heimischen Terrain" von seiner besten Seite zeigen. Ohne Elizabeth Hinweis aus sein Verhalten wäre er sicher nicht auf die Idee gekommen, ihrem Onkel seine Fischgründe zu zeigen. :)
Er wäre vielleicht ein wenig netter gewesen, aber nun überschlägt er sich ja förmlich!
Auch das er sie unbedingt seiner Schwester vorstellen will...
Vielleicht hat er nicht vordergründig die Hoffnung, dass sie sich nun doch für ihn erwärmt, aber er will sie sicherlich beeindrucken!
Grüße,
Kerstin

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"I think that we like those kind of entertainment just to have the opportunity to become a child again during 42 minutes."


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BeitragVerfasst: Mittwoch 1. März 2006, 23:19 
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Archivarius

Registriert: Mittwoch 19. Oktober 2005, 08:04
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Wohnort: Brandenburg
Kerstin hat geschrieben:
...Ich denke, er will sich auf "heimischen Terrain" von seiner besten Seite zeigen. Ohne Elizabeth Hinweis aus sein Verhalten wäre er sicher nicht auf die Idee gekommen, ihrem Onkel seine Fischgründe zu zeigen. :)
Er wäre vielleicht ein wenig netter gewesen, aber nun überschlägt er sich ja förmlich!
Auch das er sie unbedingt seiner Schwester vorstellen will...


Hm, ich sehe das, wie ja allgemein bekannt ist, so: Wir bekommen hier erstmalig unverstellt sein wahres Wesen zu sehen (nicht mehr durch die Brille Elizabeth). Und Elizabeth' Verwunderung über seine freundliche Ansprache an Onkel Gardiner zeigt uns, dass sie immer noch nicht so ganz begriffen hat, wie Mr. Darcy wirklich ist (sie hält ihn immer noch für adelsstolz und hochmütig, was er nun genau nicht ist... und es uns hier auf feinster Austenscher Art vorführt. Er schwätzt halt nicht herum wie andere junge Männer, weswegen er oft, von Leuten, die ihn nicht kennen, für hochmütig und stolz gehalten wird :wink: ).

Seine Einladung zur Vorstellung der Schwester kann man - und Elizabeth tat das ja auch - eindeutig als erneute Einleitung der Braut-Werbung ansehen. Jetzt bringt er sein bestes Geschütz in Stellung: Seine Schwester :ja: ! (Ein liebes, freundliches, aber schüchternes Mädchen... das von Fremden für verschlossen und überheblich gehalten wird! :wink: )

Er hat jetzt freie Bahn: keine Vorurteile (oder bei Elizabeth kaum noch vorhandene :wink: ) stehen zwischen ihm und seiner Angebeten... Und nun kann er zur Hochform auflaufen und sein Wesen entfalten... Mr. Darcy, wie er immer war und nun bei näherer Bekanntschaft seines Wesens auch besser verstanden wird...

Bruki

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BeitragVerfasst: Mittwoch 1. März 2006, 23:29 
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Ganz am Anfang war er sicher nicht so vermessen, zu glauben er hätte noch eine Chance. Aber er versucht es definitiv noch mal. Er besucht Elisabeth bereits am Morgen nach ihrem Zusammentreffen mit seiner Schwester, lässt also nichts anbrennen, wie es so schön heißt! :wink:

Onkel und Tante sind ganz aus dem Häuschen vor Verwunderung, und schließen ganz richtig daraus, das Mr. Darcy wohl ein Auge auf ihre Nichte geworfen hat. Allen Beteiligten ist klar, was diese Geste zu bedeuten hat, und besonders Mr. Darcy ist sich darüber im Klaren, das alle Anwesenden wissen, was er im Sinn hat. Das ist nicht bloße Freundlichkeit, er wirbt quasi öffentlich um sie!
Auch während des Besuches kann man sein Verhalten nicht anders deuten. Die aufmerksamen, einfühlsamen Gardiners jedenfalls, erklären sich das auch nicht anders.

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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 08:08 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Bruki hat geschrieben:
julemaus hat geschrieben:
... Und wie Julia schon meinte, wagt er erst wieder zu hoffen, als er von seiner Tante unterrichtet wird, was Elizabeth gesagt hat.


Das seh ich anders... Warum sollte er sonst so sehr darauf bedacht sein, seine Hilfe bei der Rettung Lydias vor Elizabeth geheim zu halten? ... Nein nein, er geht schnurstracks auf sein Ziel zu...


so dramatisch-romantisch sehe ich es nicht. er sagt ja selbst, dass er lydia "rettet", weil er die schuld bei sich sucht und gefunden hat, dass wickhams whrer charakter nicht weitläufig bekannt ist. sicher will er auch lizzy gutes tun, aber das ist nicht der einzige grund.

in pemberly merken zwar alle beteiligten (und auch lizzy langsam), das darcy sie liebt, aber als "brautwerbung" würde ich sein verhalten nicht sehen. der mann wurde gerade erst äußerst harsch abgewiesen!! ich denke, jeder mann ist stolz genug, in so einer situation nicht einfach weiterzumachen wie bisher. und darcy erst recht. ihm liegt immernoch etwas an elisabeth, er zeigt sich um ihretwillen von seiner besten seite, ja. aber viel mehr doch wohl (noch) nicht.
wie claudia sagt: vielleicht wird er mutiger, weil er spürt, dass lizzy ihm gegenüber wohlwollender ist. sie bewegen sich beide aufeinander zu.


Zitat:
Er hat jetzt freie Bahn: keine Vorurteile (oder bei Elizabeth kaum noch vorhandene ) stehen zwischen ihm und seiner Angebeten... Und nun kann er zur Hochform auflaufen und sein Wesen entfalten... Mr. Darcy, wie er immer war und nun bei näherer Bekanntschaft seines Wesens auch besser verstanden wird...


selbst die geballte forumsmannschaft wird dich wahrscheinlich nie davon überzeugen können, dass auch darcy eine wandlung durchmacht und es nicht nur lizzy ist, die aus ihren fehlern zu lernen hat, oder?? :wink:
ganz zu schweigen davon, dass auch noch die literaturwissenschaft dagegen steht. (was sagt ashton dennis? ;D )

meine argumente haben wahrscheinlich keinen effekt, aber ich versuchs trotzdem mal: zu deinem ersten satz - darcy war sich gar nicht bewusst, dass lizzy ihm gegenüber vorurteile hegt, er lebte in dem bewusstsein, dass sie seine avancen beggrüßt (wie er selbst sagt!), sonst hätte er ihr wohl kaum den antrag gemacht.
lizzys abneigungen sind zwar einerseits unter falschen annahmen entstanden (wickham), aber sie macht auch sehr deutlich, dass es sein allgemeines verhalten war, was ihr gegen den strich ging. so einen vorwurf hört er zum ersten mal - er sagt ja später selbst, wie grausam, weil an einer empfindlichen stelle sie ihn getroffen hat - "had you behaved in a more gentlemanlike manner".
und genau dieses fehlverhalten ändert er im laufe des buches. warte, bis wir zur zweiten antragsszene kommen, da werde ich dich dann gerne mit der nase draufstoßen. er sagt es dort nämlich sehr explizit.


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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 08:42 
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Archivarius

Registriert: Mittwoch 19. Oktober 2005, 08:04
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Julia hat geschrieben:
Bruki hat geschrieben:
...Das seh ich anders... Warum sollte er sonst so sehr darauf bedacht sein, seine Hilfe bei der Rettung Lydias vor Elizabeth geheim zu halten? ... Nein nein, er geht schnurstracks auf sein Ziel zu...


so dramatisch-romantisch sehe ich es nicht. er sagt ja selbst, dass er lydia "rettet", weil er die schuld bei sich sucht und gefunden hat, dass wickhams wahrer charakter nicht weitläufig bekannt ist. sicher will er auch lizzy gutes tun, aber das ist nicht der einzige grund. ...


Ja, schon klar, er fühlt sich verantwortlich für das, was den Bennets zustößt (wie im übrigen auch Elizabeth: Im Gespräch in Lambton gibt sie ja in ihrem Schmerz sich selbst die Schuld an Lydias Flucht, was er natürlich sofort auch auf sich bezieht... denn eigentlich ist er ja die Ursache dafür, dass Wickhams wahrer Charakter vor der Öffentlichkeit verborgen blieb)... Und auch Elizabeth Selbstanklagen bezgl. der ruinösen Wirkungen des skandalösen Verhaltens Lydias auf ihre Familie lasten sicher schwer auf ihn, hat sich doch einst seine Schwester Georgiana selbst ähnlich verhalten, was nur im letzten Moment - und eher zufällig - verhindert werden konnte, was Elizabeth wohl in ihrer begreiflichen Verwirrung nicht bedachte...

Aber das ist nicht der Punkt, auf den ich hinauswollte... Die Frage ist, warum es ihm so wichtig ist, dass niemand der Bennets (und vor allem nicht Elizabeth) erfährt, dass er der rettende Engel der Familie ist? ... Das ist der Punkt: Er will nicht, dass Elizabeth seine Werbung (auf die er zuarbeitet) aus einem Gefühl der Dankbarkeit erwidert, er will nicht, dass sie sich ihm verpflichtet fühlt... Wie Elizabeth möchte er "nur aus einem tiefen Gefühl der Liebe heraus" heiraten... Übrigens anders als Henry Crawford in MP, der Fanny vor seinem Antrag wissen ließ, was er für ihren Bruder tat...

Mr. Darcy ist ein ehrenwerter Mann, der nur auf geradem Weg zum Ziel kommen will... na ja, einen kleinen Schlenker :wink: erlaubt er sich in Longbourn doch noch, womit er jedem männlichen Lesers ein diebisches Vergnügen bereitet (Strafe muss sein, liebe Elizabeth :ja: )...

Bruki

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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 09:39 
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Archivarius

Registriert: Mittwoch 19. Oktober 2005, 08:04
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Julia hat geschrieben:
... selbst die geballte forumsmannschaft wird dich wahrscheinlich nie davon überzeugen können, dass auch darcy eine wandlung durchmacht und es nicht nur lizzy ist, die aus ihren fehlern zu lernen hat, oder?? :wink:
ganz zu schweigen davon, dass auch noch die literaturwissenschaft dagegen steht. (was sagt ashton dennis? ;D )

... darcy war sich gar nicht bewusst, dass lizzy ihm gegenüber vorurteile hegt, ... sonst hätte er ihr wohl kaum den antrag gemacht.
lizzys ... macht auch sehr deutlich, dass es sein allgemeines verhalten war, was ihr gegen den strich ging. so einen vorwurf hört er zum ersten mal - er sagt ja später selbst, wie grausam, weil an einer empfindlichen stelle sie ihn getroffen hat - "had you behaved in a more gentlemanlike manner".
und genau dieses fehlverhalten ändert er im laufe des buches. warte, bis wir zur zweiten antragsszene kommen, da werde ich dich dann gerne mit der nase draufstoßen. er sagt es dort nämlich sehr explizit.


hallooooo, irgendwie verlängert sich wohl Dein Posting während ich die Antwort schreibe! :wink:

Hallo Julia,

1. Literaturwissenschaft? Äh bäh :tot: , was wissen diese studierten Laffen schon :aetsch: ? Ich war lange genug an Universitäten um zu wissen, dass die auch nur mit Wasser kochen... es ist noch gar nicht so lange ehr, da war die Scheibenform der Erde wissenschaftlich bewiesen, und erst vor kurzem kam heraus, dass ein berühmter Wissenschaftler die meisten seiner Experimente getürkt hatte... Im echten Leben solltest Du Dir den Marxschen Wahlspruch "An allem ist zu zweifeln!" zu eigen machen... Das hilft beim selberdenken...

2. Mr. Ashton Dennis ist ganz meiner Meinung - äh, genau gesagt: es ist umgekehrt! :wink:

3. Wenn es stimmte, dass Mr. Darcy nicht gemerkt haben sollte, wie Elizabeth über ihn denkt, muss er ein einfältiger Tropf und Elizabeth' nicht würdig gewesen sein, was er aber eindeutig nicht ist... Er ist kein Mr. Collins... Klar hat er gewusst, dass Elizabeth ihn aus irgendeinem Grund nicht leiden kann, aber er ahnte höchstens, warum das so war...

4. Sein Antrag ist ja ein "Verzweiflungsschlag" aus tiefempfundener Liebe, der sicher auch die "verfahrene Lage" zwischen den beiden "klären" sollte... "Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir." Sicher ist er nicht in den Salon getreten mit der festen Überzeugung, er würde abgewiesen, welcher Mann würde sich sowas antun und in Herzensangelegenheiten schon vor der Offenbarung alle Hoffnungen fahren lassen?! So gesehen, wäre er hinterher immer schlauer, als vorher, egal wie's ausgeht... Und nach seinem Antrag hatte er sogar den totalen Durchblick! Nun konnte er gegen realen Widerstände kämpfen und nicht mehr gegen Schimären...

5. Dass Elizabeth ihn in dem Gespräch so beleidigt ("Sie verhalten sich nicht wie ein Gentleman!"), hat ihn - als stolzen und ehrenhaften Mann - natürlich tief getroffen... (Sie wusste, wo sie hinschlagen musste, um ihm wehzutun... Und ich glaube, sie bereute diese Worte später genauso sehr, wie sie ihm schmerzten.)

6. Mr. Darcy ändert sich, das hab ich nie bestitten: Er ändert seine Manieren, aber nicht sein Wesen. Er lernt, auf die Wirkungen seines Verhalten auf andere zu achten und "er geruht, seinem gewöhnlichen Stil etwas Höflichkeit hinzuzufügen"... Sein Jugendfreund Wickham (und die geläuterte Elizabeth) haben ihn schon richtig eingeschätzt :wink: : Mr. Darcy hat sich "in seinem innersten Wesen" nicht "gebessert", sondern "man versteht seine Veranlagung besser, wenn man ihn besser kennen lernt"...

7. Ich weiß nicht, ob einer Deiner Freunde Dir bei einer Liebeserklärung schon mal gesagt hat, wie unwürdig er Deiner strahlenden Erscheinung und deinem tiefgründigen Wesen sei? :lach: - Nehmen wir mal an, Mr. Darcy befindet sich in einer ähnlichen Gefühlslage, wenn er seiner angebeteten Elizabeth, die gerade nach langem Kampf seinem Antrag zustimmte, gegenübersteht... Da kann ein Mann schon mal im Überschwang der Gefühle zur Übertreibung und Dramatisierung neigen... :wink:

Bruki

PS: Was die "geballte Forumschaft" angeht, sehe ich einige kleine und größere Rissen seit der letzten Diskussion dieses Themas vor einem Jahr... :wink: - So geballt, wie sie Dir erscheint, kam sie mir nie vor... :lach: Im übrigen hatte ich nie viel Respekt vor bloßer Masse... :cool:

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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 12:20 
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Bruki hat geschrieben:
3. Wenn es stimmte, dass Mr. Darcy nicht gemerkt haben sollte, wie Elizabeth über ihn denkt, muss er ein einfältiger Tropf und Elizabeth' nicht würdig gewesen sein, was er aber eindeutig nicht ist... Er ist kein Mr. Collins... Klar hat er gewusst, dass Elizabeth ihn aus irgendeinem Grund nicht leiden kann, aber er ahnte höchstens, warum das so war...

Er war verliebt, da ist man nicht immer rational und alles an seinem Verhalten deutet darauf hin, dass er eben nicht wusste, was Elisabeth von ihm hält

Bruki hat geschrieben:
4. Sein Antrag ist ja ein "Verzweiflungsschlag" aus tiefempfundener Liebe, der sicher auch die "verfahrene Lage" zwischen den beiden "klären" sollte... "Hier stehe ich, ich kann nicht anders, Gott helfe mir." Sicher ist er nicht in den Salon getreten mit der festen Überzeugung, er würde abgewiesen, welcher Mann würde sich sowas antun und in Herzensangelegenheiten schon vor der Offenbarung alle Hoffnungen fahren lassen?! So gesehen, wäre er hinterher immer schlauer, als vorher, egal wie's ausgeht... Und nach seinem Antrag hatte er sogar den totalen Durchblick! Nun konnte er gegen realen Widerstände kämpfen und nicht mehr gegen Schimären...

Ganz sicher nicht. Jane Austen schreibt selbst, wie sicher er sich war angenommen zu werden. kann das auch mit Textstellen belegen, falls du mir nicht glaubst.

Bruki hat geschrieben:
5. Dass Elizabeth ihn in dem Gespräch so beleidigt ("Sie verhalten sich nicht wie ein Gentleman!"), hat ihn - als stolzen und ehrenhaften Mann - natürlich tief getroffen... (Sie wusste, wo sie hinschlagen musste, um ihm wehzutun... Und ich glaube, sie bereute diese Worte später genauso sehr, wie sie ihm schmerzten.)

Natürlich hat sie ihre Worte nachher bereut, denn so schlimm wie sie es darstellt ist er nicht, das erkennt sie, aber sie hat auch Recht und trifft genau ins Schwarze. Hätte Darcy ihre Anschuldigungen einfach von sich weisen können, wären sie wohl nicht so schmerzhaft gewesen, oder?

Bruki hat geschrieben:
7. Ich weiß nicht, ob einer Deiner Freunde Dir bei einer Liebeserklärung schon mal gesagt hat, wie unwürdig er Deiner strahlenden Erscheinung und deinem tiefgründigen Wesen sei? :lach: - Nehmen wir mal an, Mr. Darcy befindet sich in einer ähnlichen Gefühlslage, wenn er seiner angebeteten Elizabeth, die gerade nach langem Kampf seinem Antrag zustimmte, gegenübersteht... Da kann ein Mann schon mal im Überschwang der Gefühle zur Übertreibung und Dramatisierung neigen... :wink:

Natürlich, natürlich, aber er würde es sicher nicht sagen, wenn er es nicht glauben würde, nicht. Schließlich hat er auch in seinem ersten Antrag kein Blatt vor den Mund genommen. Er ist zwar nicht ganz soo schlecht wie er sich in dieser Situation darstellt, aber ganz so positiv wie Elisabeth ihn jetzt gefärbt durch die rosarote Brille der Liebe sieht, ist er auch nicht. Außerdem würde ich es als zimelich negativ empfinden anzunehmen, dass Darcy diese Worte nur sagt um Elisabeth Honig um den Mund zu schmieren. Dazu ist er einerseits nicht der Typ und andererseits würde das meine Meinung von ihm mehr schmälern, als wenn ich annehme, dass er sich wirklich von arrogant zu freundlich verwandelt hat. :ja:
Naja, egal, ich würde dir aber zustimmen, dass Darcy im tiefsten Innersten von Anfang an ein netter und ehrenhafter Kerl ist, aber sich meiner Meinung nach darauf ein bisschen zu viel einbildet. Er weiß, dass er gut aussieht, Geld und Verbindungen hat und außerdem noch ehrenhaft, anständig und der Traum jeder Schwiegermutter ist, und das macht ihn hochmütig. Er muss nicht gefallen, da alle sich um ihn bemühen. Und die Lektion, dass man sich wahren Respekt und wirkliche Zuneigung verdienen muss, die lehrt ihn Elisabeth. Soweit was ich dazu denke. Nun noch was zu deinem vorigen Post
Bruki hat geschrieben:
Aber das ist nicht der Punkt, auf den ich hinauswollte... Die Frage ist, warum es ihm so wichtig ist, dass niemand der Bennets (und vor allem nicht Elizabeth) erfährt, dass er der rettende Engel der Familie ist? ... Das ist der Punkt: Er will nicht, dass Elizabeth seine Werbung (auf die er zuarbeitet) aus einem Gefühl der Dankbarkeit erwidert, er will nicht, dass sie sich ihm verpflichtet fühlt... Wie Elizabeth möchte er "nur aus einem tiefen Gefühl der Liebe heraus" heiraten... Übrigens anders als Henry Crawford in MP, der Fanny vor seinem Antrag wissen ließ, was er für ihren Bruder tat...

Ja, ich denke schon, er will sie umwerben und möchte deshalb nicht, dass Elisabeth von seiner Hilfsaktion erfährt, aber ich glaube nicht, dass er so schnurgerade aufs Ziel zugeht, wie du behauptest. Er weiß, er will sie heiraten, weiß, er will ihr einen zweiten Antrag machen, aber er ist sich noch nicht sicher, wann und wie. ER wartet auf ein klares Zeichen von ihr, was er dann durch ihr Gespräch mit Lady Catherine bekommt. Ja, er hätte wohl auch ohne dieses irgendwann den Mut gefunden ihr noch einmal seine Liebe zu gestehen, aber wann das gewesen wäre, keine Ahnung...
Wieso er so zögerlich ist, kann man mit Elisabeths harschen Abweisung erklären und mit der ganzen Sache mit Lydia. Er vermutet zwar, dass Elisabeth ihn nicht mehr hasst, aber würde sie ihn annehmen? Da kann er sich nichgt sicher sein und er weiß, dass sein herz und sein Stolz eine zweite Abweisung nicht ertragen könnten. Er kann nicht noch ein drittes Mal ihr den Hof machen, das weiß er, deshlab muss jetzt alles gut laufen.
Und dann passiert auch noch das mit Lydia. Nun hat Elisabeth, so denkt er, einen Grund ihn zu hassen. Denn sie bereut ja selbst ihrer Familie nichts von Wickham erzählt zu haben und sie konnte ihrer Familie nichts erzählen, weil darcy sie zur Verschwiegenheit verpflichtet hat. Also, so meint er, ist er schuld daran, dass Wickham mit Lydia durchbrennen konnte. Auch hätte er Wickham schon vorher öffentlich anprangern müssen, aber das hat sein Stolz und seine gedanken bezüglich der Familienehre (Sache mit Georgiana) verhindert.
Nun hat er zwar eine Möglichkeit ihr seine Liebe zu beweisen, aber er will nicht, dass sie davon erfährt, weil er Liebe und keine Dankbarkeit will. Wenn er zu diesem Zeitpunkt schon an Lizzies Zuneigung glauben würde, wäre diese Verschwiegenheit sinnlos, oder?
Also können wir davon ausgehen, dass er zu diesem zeitpunkt zwar weiß, dass er sie liebt und immer noch heiraten möchte, aber er rechnet nicht damit, dass sie ihn annehmen könnte. Ich denke, er ist ständig hin und hergerissen und als er zurück nach Longbourn kommt, verhält er sich ja auch nicht wie ein Mann, der einer Frau den Hof machen will, oder? Also kann man hier keineswegs davon sprechen, dass er einen geraden Weg der Brautrwerbung beschreitet. Ja, in Pemberley geht er aus sich raus, er versucht gut zu machen, was gutzumachen ist und hofft, dass er vielleicht irgendwann einmal die Möglichkeit hat, seine Elisabeth zu gewinnen. Zunächst einmal will er ihr beweisen, dass er kein soo schlechter Mensch ist, wie sie denkt. Er will zwar schon mehr, aber er wagt nicht einmal zu hoffen, dass er jemals die Möglichkeit haben wird, sie die seine zu nennen. Er tut zwar alles, damit sie ihn mag, aber er macht nicht gleich einen zweiten Antrag oder so. Und auch wenn er höflich und freundlich ist, sucht er nicht eine Möglichkeit mit Elisabeth allein zu sein, was ein mann, der einer Frau den Hof machen will ja wohl tun würde.
Okay, das war jetzt eher lang und auch sehr verwirrend, hoffe ihr versteht, was ich sagen wollte.

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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 13:17 
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Wo ist der Unterschied zwischen den beiden Meinungen?


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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 13:21 
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Ah ja, das war jetzt sehr aussagekräftig :D

Also anders: Wenn Bruki schreibt, daß Darcy sicher nicht mit der Überzeugung in den Salon gegangen ist, daß sein Antrag abgelehnt wird und Becci mit Verweis auf Austen schreibt, daß er sicher war, daß sein Antrag angenommen wird, seid Ihr doch irgendwie nicht weit voneinander weg oder habe ich gerade ein Black Out?


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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 13:33 
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Ich denke, hier wird immer Wesen mit Verhalten gleichgesetzt.
Anscheinend ist das für einige ein und dasselbe.
Sein anfängliches VERHALTEN war hochgradig unhöflich, zeugte von einer gewissen Arroganz und wirkte auf Elizabeth abschreckend.
Sie nahm allerdings auch an, dass sein WESEN entsprechend seines Auftretens war.
Ich glaube kaum, dass er sich der Ablehnung von ihr bewußt war, geschweige denn, dass er eine Sekunde Zeit damit verschwendet hat, über ihre Haltung zu ihm nachzudenken, bevor er ihr den Antrag macht.
Zu seiner Überraschung wollte Elizabeth nun rein gar nichts von ihm und hatte auch noch die Stirn, ihn auf sein VERHALTEN aufmerksam zu machen.
In seinem Brief erkennt sie dann sein WESEN....
Auf Pemberley hat er sein VERHALTEN geändert, er ist freundlicher und aufgeschlossener. Sein Wesen hat sich da nicht geändert, aber er hatte darüber nachgedacht, wie er auf andere wirkt.
Und genau das beschreibt Jane Austen doch? Er sagt es ja selbst am Ende des Buches, dass sein Verhalten falsch war und erst die Worte Elizabeth ihm die Augen geöffnet haben ( und wenn du das jetzt als "Liebesgesäusel" bezeichnen solltest, Bruki, dann widerlegst du dich selber. Damit wären seine anderen Worte nämlich auch nichts anderes als das Geschwafel eines verliebten Mannes.).
Grüße,
Kerstin

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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 13:36 
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Ulli hat geschrieben:
Ah ja, das war jetzt sehr aussagekräftig :D

Also anders: Wenn Bruki schreibt, daß Darcy sicher nicht mit der Überzeugung in den Salon gegangen ist, daß sein Antrag abgelehnt wird und Becci mit Verweis auf Austen schreibt, daß er sicher war, daß sein Antrag angenommen wird, seid Ihr doch irgendwie nicht weit voneinander weg oder habe ich gerade ein Black Out?

Naja... Bruki meinte aber, er hätte gewußt oder geahnt, dass Elizabeth ihn nicht mag. Und Becci hat gesagt, dass er sich gar nicht im Klarem darüber war, dass sie ihn unmöglich findet, da er dank seines Vermögens und seiner Stellung wohl vermutlich bei den meisten Frauen Begeisterungsstürme ausgelöst hätte mit seinem Antrag! ;)

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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 14:46 
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Becci hat geschrieben:
Bruki hat geschrieben:
3. Wenn es stimmte, dass Mr. Darcy nicht gemerkt haben sollte, wie Elizabeth über ihn denkt, muss er ein einfältiger Tropf und Elizabeth' nicht würdig gewesen sein, was er aber eindeutig nicht ist... Er ist kein Mr. Collins... Klar hat er gewusst, dass Elizabeth ihn aus irgendeinem Grund nicht leiden kann, aber er ahnte höchstens, warum das so war...

Er war verliebt, da ist man nicht immer rational und alles an seinem Verhalten deutet darauf hin, dass er eben nicht wusste, was Elisabeth von ihm hält ...


Tut mir leid, Becci, dass Du so wenig von Mr. Darcys Verstand hältst :wink: ... Klar ist er verliebt, aber doch nicht blöde: Er hat sehr wohl bemerkt, wie Elizabeth bei jeder Gelegenheit, die sich ihr bot, versuchte, ihn herabzusetzen und anzugreifen. Denke bitte daran, dass Miss Austen ihn als einen Mann einführt, der seinen Freunden aufgrund seiner Erfahrung in der Welt mit Rat und Tat zur Seite steht... Er kann sich sehr wohl einen Reim auf die Elizabeth Injurien machen und ich bin fast sicher, er wusste auch, aus welcher Richtung der kalte Wind in Meryton kam – nämlich von seinem Intimfeind Wickham... und sein kurzes Zögern bei der Antwort auf die Frage, ob er Jane Bennet in London gesehen habe, kann schon auf ein kneifendes Gewissen bezüglich der Jane-Bingley-Affäre zurückzuführen sein (da er sich einer ihm unwürdigen Intrige bedient hatte, um seinem Freund zu helfen)...

Becci hat geschrieben:
Bruki hat geschrieben:
4. ... Sicher ist er nicht in den Salon getreten mit der festen Überzeugung, er würde abgewiesen, welcher Mann würde sich sowas antun und in Herzensangelegenheiten schon vor der Offenbarung alle Hoffnungen fahren lassen?! So gesehen, wäre er hinterher immer schlauer, als vorher, egal wie's ausgeht... Und nach seinem Antrag ... konnte er gegen realen Widerstände kämpfen und nicht mehr gegen Schimären...

Ganz sicher nicht. Jane Austen schreibt selbst, wie sicher er sich war angenommen zu werden. kann das auch mit Textstellen belegen, falls du mir nicht glaubst. ...


Natürlich ging er davon aus. So sehe ich das auch - keine Textstellen notwendig, die sind mir geläufig... :wink: - Doch denke mal daran, wie unterschiedlich heute und damals die Ehe angesehen wurde. Eine Heirat war damals durchaus eine "geschäftliche Angelegenheit" – auch und vor allem für die Frauen. Da spielte die Liebe "fast" keine Rolle... Und auch bei Jane Austen kommen bei allen den Roman-Ehen, die sie stiftet, immer die finanziellen Verhältnisse zur Sprache... (Hast Du Dich schon mal gefragt, warum sich keine ihrer Gentry-Heroinen in einen Dienstboten oder Fleischermeister verliebt und diesen heiratet?) – So gesehen hat Mr. Darcy Elizabeth ein geschäftliches Angebot unterbreitet... und bei rationaler Betrachtung der Angelegenheit, wurde ihr ein Angebot gemacht, „das sie nicht ausschlagen kann!“ (um mal Don Corleone ins Spiel zu bringen... :lach: ) Was soll da Mr. Darcy schon zweifeln... wenn man, wie hieß es so schön, die Ehe "in a prudential light" betrachtet?!

Becci hat geschrieben:
Bruki hat geschrieben:
5. Dass Elizabeth ihn in dem Gespräch so beleidigt ("Sie verhalten sich nicht wie ein Gentleman!"), hat ihn - als stolzen und ehrenhaften Mann - natürlich tief getroffen... (Sie wusste, wo sie hinschlagen musste, um ihm wehzutun... Und ich glaube, sie bereute diese Worte später genauso sehr, wie sie ihm schmerzten.)

Natürlich hat sie ihre Worte nachher bereut, denn so schlimm wie sie es darstellt ist er nicht, das erkennt sie, aber sie hat auch Recht und trifft genau ins Schwarze. Hätte Darcy ihre Anschuldigungen einfach von sich weisen können, wären sie wohl nicht so schmerzhaft gewesen, oder?


Was willst Du damit sagen? Meinst Du unberechtigte Anwürfe schmerzen weniger, als berechtigte? :wink:

Während seines ersten Antrages schlagen die emotionalen Wellen hoch, und da reden beide sich etwas in Rage... Aber seine Ehrenhaftigkeit anzugreifen, ist schon sehr starker Tobak und Elizabeth tut dies nur, weil sie davon überzeugt ist, in Mr. Darcy einen niederträchtigen Verräter an ihren Liebling Wickham und den böswilligen Verursacher der Leiden ihrer Lieblings-Schwester Jane vor sich zu haben. Beides kann er im folgenden Brief klarstellen bzw. relativieren... Und wenn Elizabeth später darüber nachdenkt, wird ihr auch klar, dass Mr. Darcy bei der Verbindung der beiden so unterschiedlichen Familien auch einige Widerstände zu überwinden hat, auf die er sie in dem Antrag versucht hinzuweisen – zugegeben sehr ungeschickt: Lady deBuggs Empörung am Ende der Geschichte kommt ja nicht von ungefähr und ihre fürchterliche Durchschlagkraft anerkennt sogar die unerschrockene Elizabeth...

Becci hat geschrieben:
Bruki hat geschrieben:
7. ... Da kann ein Mann schon mal im Überschwang der Gefühle zur Übertreibung und Dramatisierung neigen... :wink:

Natürlich, natürlich, aber er würde es sicher nicht sagen, wenn er es nicht glauben würde ... die rosarote Brille der Liebe ... um Elisabeth Honig um den Mund zu schmieren. ... im tiefsten Innersten von Anfang an ein netter und ehrenhafter Kerl ... darauf ein bisschen zu viel einbildet. Er weiß, dass er gut aussieht, Geld und Verbindungen hat und außerdem noch ehrenhaft, anständig und der Traum jeder Schwiegermutter ist, und das macht ihn hochmütig. Er muss nicht gefallen, da alle sich um ihn bemühen. Und die Lektion, dass man sich wahren Respekt und wirkliche Zuneigung verdienen muss, die lehrt ihn Elisabeth...


Nun, ich hätte Übertreibung und Dramatisierung in Anführungsstriche setzen sollen :wink: . - Natürlich glaubt der verliebte Darcy, dem eben ein Stein vom Herzen fiel, an die Wahrheit seiner Worte... Ein Lügner oder Schönredner ist er ja nicht. Er schmiert auch keinem Honig ums Maul...

Doch ich glaube andererseits nicht, dass er sich von Anfang an als ein "Objekt der Begierde" sah... Eher, war es ihm gleichgültig, wie andere (also, ihm Unbekannte) ihn sahen (sonst würde man ihm auch noch neben seiner natürlichen Zurückhaltung "Eitelkeit" unterstellen). Ich meine auch mich zu erinnern, er bezieht sich in seiner abschließenden "Beichte" nicht auf Geld, Verbindungen, gutes Aussehen, sondern auf mehr substantielle Eigenschaften und Grundsätze, die einen wahrhaften Gentleman ausmachen (analog zu den vorher im Roman aufgeführten Eigenschaften einer wahrhaft vollkommenen Dame)... Ich denke, er lernt eher sich gegenüber Fremden etwas mehr zu öffnen und seinem gewöhnlichen Stil etwas mehr Höflichkeit hinzuzufügen... Das bringt ihm seine verpatzte erste Werbung schon ins Bewusstsein... Respekt (Mrs. Reynolds u.a.) und Zuneigung (Bingley, Fitzwilliam, Georgiana u.a.) hat er, denk ich, vorher auch schon genossen...

Bruki

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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 15:22 
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@Bruki
Ich zweifle nicht an Mr. Darcys Verstand, aber ich denke, dass er Elisabeths Art eher als Flirten ansah, er denkt, sie zieht ihn ein bisschen mit seinen Schwächen auf, weiß aber im Grunde genommen um seine guten Eigenschaften. Das ist aber nun gar nicht der Fall.
Außerdem gebe ich zu bedenken, dass in der Liebe die Klügsten ganz dumm aussehen können und bei Jane hat sich Darcy ja auch voll geirrt. Wieso sollte er Elisabeth da besser einschätzen können???
Und wenn er nachher aus Liebe und nicht aus Dankbarkeit angenommen werden will, wieso soll es ihm bei seinem ersten Antrag egal gewesen sein, weswegen Elisabeth Ja sagt oder halt nicht. das passt doch net zusammen.
Und ja, berechtigte Kritik tut mehr weh, denn unberechtigte Kritik kann man von sich wegschieben, berechtigte Kritik ist da fieser. man sieht, dass die betreffende Person nicht unrecht hat und man selbst fehlbar ist. Die Wut über die Kritik richtet sich dann gegen sich selbst und nicht gegen den anderen und ist somit schmerzhafter. Und hätte Elisabeth ihn ohne Grund kritisiert, hätte er sich wohl kaum geändert, geschweige denn sie weiterhin geliebt. Er erkennt, dass sie (jedenfalls zum Teil) Recht hat. Dadurch steigt seine achtung für sie, während sein Stolz einen Dämpfer erhält.
Und er wusste sehr wohl, wie sein Verhalten auf Fremde wirkt. Wieso hat er denn sonst nicht mit Elisabeth getanzt, wenn ihm nicht bewusst war, dass er damit schon gleich als möglicher Bräutigam gesehen würde und dass er durch unhöfliches, ja grobes Verhalten genau da sicher verhindern könnte? Er war doch eindeutig unfreundlich, um zu verhindern, dass sich alle Mädchen samt Schwiegermüttern auf ihn stürzen, die zudem noch ungebildet, dumm und hässlich sind, so seine Meinung, und dann auch wie du sagtest weil es ihm völlig egal war, ob er unfreundlich und unhöflich wirkte oder nicht. Schließlich, so dachte er, hinge von der Meinung dieser "Dorftrottel" nichts ab. Er brauchte niemandem zu gefallen, weil alle ja versuchten ihm zu gefallen. Damit hatte er sich nur dann geirr, denn eine Person vergab ihm die Herabwürdigung ihrer Freunde und Bekannten nicht so einfach....
J, klar hat er vorher schon respekt und Zuneigung genossen, aber er bekam sie geschenkt, von Bingley, der jeden Menschen mag, von seiner Schwester, die zu ihm emporschaut und von einer Angestellten. Aber er war nicht mehr daran gewöhnt etwas dafür tun zu müssen gemocht zu werden. Und das kritisiere ich an ihm.

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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 17:09 
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Becci hat geschrieben:
... Er tut zwar alles, damit sie ihn mag, aber er macht nicht gleich einen zweiten Antrag oder so. Und auch wenn er höflich und freundlich ist, sucht er nicht eine Möglichkeit mit Elisabeth allein zu sein, was ein Mann, der einer Frau den Hof machen will ja wohl tun würde. ...


Das ist etwas heutig gedacht :wink: ... Damals war das so eine Sache mit dem „allein sein“... Eher ungehörig und unerzogen... also ein Fehler, den er bei Elizabeth nicht machen sollte ;D ... Nein, Mr. Darcy geht zielstrebig und systematisch vor - spätestens seit der unerwarteten Begegnung auf Pemberley. Wobei er ja nicht wieder gleich mit der Tür ins Haus fallen wird, wie beim ersten Antrag... Also, geht er langsam vor...

Dann kommen ihm (und Elizabeth) die Entführung/Flucht Lydias dazwischen... Mr. Darcy rettet Lydia, weil er sich verantwortlich fühlt UND weil er Elizabeth liebt und ihr helfen will (ich kann nicht verstehen, was Dich darauf brachte, er vermute Miss Elizabeth Bennet würde ihn „hassen“ wegen Lydia? ... Das glaubt vielleicht Elizabeth in ihren nächtlichen Alpträumen, aber so ist es nicht (sie ist wohl immer noch nicht so recht mit dem Wesen Mr. Darcys vertraut, und traut ihm Sachen zu... kopfschüttel).

Becci hat geschrieben:
... Ja, in Pemberley geht er aus sich raus, er versucht gut zu machen, was gutzumachen ist und hofft, dass er vielleicht irgendwann einmal die Möglichkeit hat, seine Elisabeth zu gewinnen. Zunächst einmal will er ihr beweisen, dass er kein soo schlechter Mensch ist, wie sie denkt. ...


Muss er das wirklich? :nein: Hat er nicht schon in seinem Brief alles zur vollsten Zufriedenheit erklärt? :wink:

Becci hat geschrieben:
... Wenn er zu diesem Zeitpunkt schon an Lizzies Zuneigung glauben würde, wäre diese Verschwiegenheit sinnlos, oder?


Kapier ich nicht! Was hat der Zeitpunkt damit zu tun? :rolleyes: Er weiß, dass er erneut um sie werben wird, nur damit hat es zu tun... Sonst wäre es ihm doch gleich, was Elizabeth oder die andern Bennets von ihm denken mögen...

Becci hat geschrieben:
... und als er zurück nach Longbourn kommt, verhält er sich ja auch nicht wie ein Mann, der einer Frau den Hof machen will, oder? Also kann man hier keineswegs davon sprechen, dass er einen geraden Weg der Brautwerbung beschreitet.


Das kommt jetzt etwas dem Groupread vorauseilend... deshalb nur kurz angerissen:

Na ja, das meinte ich mit „dem Streicheln der Seele der männlichen Leser“ :wink: ... Jetzt bekommt nämlich Miss Elizabeth Bennet auch ihr Fett weg :ja: . Da muss sie nun durch, durch die Zweifel und Selbstvorwürfe und die Up-and-Downs der unerwiderten Liebe...

Jedem außer Elizabeth ist ja klar, warum er nach seiner Londoner Rettungsaktion mit seinem Kumpel Bingley in Longbourn aufkreuzt: Da werden die Angaben Elizabeth’ bezüglich der Gefühle Janes geprüft und dann seinem Freund die Bahn freigemacht...

Doch was ist mit Mr. Darcy? Schwups, kaum ist Mr. Bingley unter der Haube ist Mr. Darcy nach London entfleucht... Und Elizabeth platzt der Kopf – nichtmal angesehen hat er sie... ach und weh, sie wird als einsame alte Jungfer sterben, ihre Leiche von den Hunden angefressen... Doch dabei ist in allen Gegenden außerhalb Longbourns schon lange klar, "wohin der Hase läuft" (Mr. Collins Brief, Tante Gardiners Brief, Lady Catherines überstürzte Rettungsmission...). Und Lady C. tut zwar so, als würde es sich bei der bevorstehenden Vermählung Mr. Darcys um ein Gerücht handeln, aber daran glaubt sie wahrscheinlich selbst nicht (wie Elizabeth in dem Kampf mit der Polarbärin scharfsinnig anmerkt :wink: )...

Bruki

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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 17:51 
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Naja, okay, das allein sein, wäre ungehörig, aber er redet auch kaum mit ihr, oder? Er unterstützt es, dass sie und seine Schwester miteinander reden, was man vielleicht in der Richtung verstehen könnte, aber ansonsten? Ja, er ist in sie verliebt und jeder sieht es, aber er umwirbt sie noch lange nicht so wie Bingley Jane, was wohl auch nicht zu ihm passen würde.
Und im Gegensatz zu dir denke ich schon, dass er Angst hat, Elisabeth würde ihn wegen Lydia hassen. Wieso sonst sagt er, dass sie schon lange seine Abwesenheit wünschen muss, wenn er nicht glaubt, dass sie ihn einfach nur aus den Augen haben will? Wieso geht er so schnell, wenn er ihr Trost spenden könnte? Nee, nee, Lizzie ist nicht die Einzige, die hier mit Ängsten zu kämpfen hat. :nein:
Und ich denke auch, dass es nicht nur Elisabeth ist, die sich nach dem ersten Besuch auf Longbourn unsicher ist. Und keine von Longbourn hat es vermutet. Mr. Bennet fällt aus allen Wolken, als Darcy seinen Antrag gemacht hat, sonst hätte er wohl nicht noch einmal extra nachgefragt, ob Lizzie Darcy auch wirklich heiraten will. Und er war sicher ein guter Beobachter von Menschen und hat nichts bemerkt, naja, da kann Mr. Darcys Werbung in Longbourn ja nicht sooo offensichtlich gewesen sein, oder? Und wieso haut er erst wieder nach London ab, wenn er doch ach so zielstrebig in Bezug auf die Werbung um Elisabeth ist? Wäre es nicht besser erst um ihre Hand anzuhalten und dann nach London zu reisen? Da wäre sie sicher die Seine? Aber er reist nach London, meines Erachtens ein Zeichen dafür, dass er zwar weiß, dass er sie liebt, sich ihrer Gefühle aber immer noch nicht sicher ist und nicht genau weiß, was er tun soll. Er geht erstmal auf Abstand, um über die Situation nachzudenken, wenig zielstrebig...
Und wegen dem zeitpunkt: ich meinte: Wenn Darcy sich schon auf Pemberley gewiss gewesen wäre, dass Lizzie seine Zuneigung erwidert, hätte er es nicht verheimlichen müssen, was er für Lydia getan hat. Denn dann hätte er um ihre Liebe gewusst und ihre Dankbarkeit hätte nicht der Grund für ihre Annahme seines Heiratsantrages sein können, sondern hätte sie nur in ihrer Liebe zu ihm bestärkt. Dann wäre Geheimhaltung sinnlos, aber er hält es geheim, weil er sich nämlich genau wie Elisabeth in Bezug auf ihn noch nicht ihrer Zuneigung gewiss ist, und befürchtet, dass eine Annahme seines Antrags nur aus Dankbarkeit geschehen könnte. Klingt jetzt kompliziert, ist aber ganz einfach: Weiß ich, dass Jemand was für mich empfindet, kann ich auch Dinge für ihn tun ohne dass ich es verheimlichen muss, denn seine Dankbarkeit wird nur seine Zuneigung vertiefen. Während wenn ich mir der Zuneigung eines Menschen nicht sicher bin, ich Angst haben muss, dass alle folgende Zuneigung nur auf Dankbarkeit beruht. Naja, soweit meine Gedanken. Das mit dem Hund ist übrigens von Bridget Jones, Lizzie wäre wohl eher Gouvernante geworden als von Hunden gefressen zu werden.
;D
Naja, vielleicht beenden wir jetzt mal diese Situation und machen mit den nächsten Kapiteln weiter? Was hälste davon? Lydias Flucht/Entführung haben wir ja sowieso schon zum Teil auseinander genommen :wink:

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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 19:34 
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Warum sollte man davon ausgehen, dass Darcy Elizabeth nach Lydias Rettung heiratet?
Mal ehrlich, wer möchte schon der Schwager seines Intimfeindes werden? Wickham hätte fast den Ruf von Darcys Schwester ruiniert, verjubelte das Geld, was Darcys Vater ihm hinterließ, sorgte dafür, dass er in einem schlechten Licht dasteht, entführt ein weiteres Mädchen... das ist nun wirklich nicht der Mann, den man sich "anheiraten" will.

Ich fürchte, Darcy war in seiner Liebe schon blind. Er ging sicher davon aus, dass sein Interesse auch ein Gefühl in ihr geweckt hat.
Formell gesehen hat er mit ihr geflirtet, versucht, sie in ein Gespräch zu ziehen, mit ihr getanzt... aber er hat dabei völlig übersehen, dass sie nicht wirklich darauf einging.
Darum will er ja auch so vehement wissen, warum sie NEIN sagt. Wenn es ein rein geschäftliches Angebot war, dann hätte ein Nein genügt. Er ist ja nicht so beschränkt wie Mr. Collins, der das für Koketterie hält. :D
Aber er will unbedingt wissen, warum sie ihn nicht will. Und dabei führt er nicht an, welch' wunderbares Geschäft er ihr anbietet! ;)
In seinem Wechsel von Anziehung und Ablehung hat er leider ihre Gefühle ein wenig übersehen. Im Roman steht doch öfters, er zog sich zurück, damit sie nicht auf die Idee käme, er würde sie bevorzugen. Dann sucht er wieder ihre Nähe.. dann sucht er das Weite... wie sollte er da bemerken, dass sie ihn gar nicht wirklich mag?

Darcy weiß doch auch gar nicht, wie sein Brief von ihr aufgenommen wurde. Hat sie ihm geglaubt? Teilt sie jetzt seine Ansichten?
Das kann er doch gar nicht wissen, dass ihre Gefühle ihm gegenüber deutlich wohlwollender sind. Also zeigt er ihr auf Pemberley seine höfliche Seite. Das er den armen Mr. Gardiner quasi zum Fischen zwingt, ist allerdings schon sehr offensichtlich! :lol:
Die hatten doch eigentlich nur einen kurzen Aufenthalt dort geplant und wollten erst gar nicht nach Pemberley und er "überredet" Onkel und Tante ganz dezent, :rolleyes: ruhig noch was zu bleiben. Er weiß ja, dass er dann mehr von Elizabeth hat und er ihre Gefühle dann vielleicht doch besser einschätzen kann.

Verschweigt er seine Rolle bei Wickham nicht auch einfach nur, damit sie ihn am Ende nicht aus lauter Dankbarkeit heiratet? Quasi als Schuldschein ihres Vaters, weil er ihre Familie gerettet hat?
Wenn schon, will er sie jetzt doch, weil sie ihn wirklich liebt.

Zitat:
Ja, klar hat er vorher schon respekt und Zuneigung genossen, aber er bekam sie geschenkt, von Bingley, der jeden Menschen mag, von seiner Schwester, die zu ihm emporschaut und von einer Angestellten. Aber er war nicht mehr daran gewöhnt etwas dafür tun zu müssen gemocht zu werden. Und das kritisiere ich an ihm.

:bravo: Guter Gedanke!
Grüße,
Kerstin

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BeitragVerfasst: Donnerstag 2. März 2006, 21:53 
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^oh ja!!

wow, hier gings ja richtig rund... :) :)

eigentlich wurde alles schon gesagt, ich möchte nur noch kurz auf kerstins "wesen vs. verhalten" eingehen: natürlich ist das ein unterschied und ich wollte ungemäßes verhalten auch nicht als groben charakterfehler hinstellen. aber ein fehler ist es schon - zumindest dann, wenn das verhalten so schlecht ist, dass man mühe hat das gute wesen darunter zu erkennen. genau das passiert darcy und ich finde, mann kann dafür nicht allein elizabeth die schuld in die schuhe schieben. zum "falsch einschätzen" gehören immer zwei!
weder lizzy noch darcy (noch sonst irgendein/e austen-held/in) ändern sich grundsätzlich in ihrem charakter - das wäre ja auch unrealistisch, in dieser kurzen zeitspanne.
ich wollte nur sagen, dass darcy genausoviel zu lernen und zu korrigieren hatte wie alle anderen, genausoviel wie lizzy.

davon abgesehen, hatte das "verhalten" (manners) denke ich in der damaligen zeit einen viel größeren stellenwert, den wir heute vielleicht viel zu sehr außer acht lassen oder unwichtig(er) finden. jane austen beschreibt eigentlich bei jedem ihrer charaktere das verhalten, "easy unaffected manners", "gentle manners", "reserved manners", "studied manners", etc. etc. und ich finde man merkt, dass sie für sie genauso charakteristisch(!) für einen menschen sind, wie seine anderen persönlichen eigenschaften.
insofern darf man hier vielleicht gar keinen so großen unterschied zwischen "wesen" und "verhalten" machen, bzw. letzteres soviel niedriger bewerten.


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BeitragVerfasst: Freitag 3. März 2006, 00:03 
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Ich wollte es ja auch nicht niedriger bewerten, aber ich hatte den Eindruck, dass es immer mit seinem Wesen gleichgesetzt wurde.
Natürlich ist er der großzügige Bruder, gerechte Gutsherr und gute Freund, das sind Wesensmerkmale.
Leider ist sein Benehmen nicht immer entsprechend. Das hat er vielleicht nie bemerkt. Man wirkt auf Fremde oft anders, als man es glauben kann.
Jemand, der den Panzer aus Stolz und Herablassung überwunden hat, entdeckt den wahren Darcy! ;)
Und Elizabeth hat mit ihrem "gentlemanlike manner" den wunden Punkt getroffen.
Grüße,
Kerstin

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BeitragVerfasst: Freitag 3. März 2006, 21:51 
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Vielleicht hätte er ja in Derbyshire noch einen Antrag gemacht, wenn Lydia nicht dazwischen gekommen wäre. Da war ja noch mindestens ein gemeinsames Dinner ausständig, da kann man viel zum beiderseitigen Verständnis klären.
Klar war er freundlich und zuvorkommend, um ihr zu zeigen das er nicht so ist wie sie ihn sich vorgestellt hat, aber er hat ein ganz bestimmtes Ziel vor Augen, sonst würde er sich nicht so offensichtlich um sie bemühen. Alle Augen sind auf Darcy gerichtet, als Tante Gardiner und Elisabeth ihren morgendlichen Besuch bei Giorgiana machen. Es ist allen bewusst, was da vor sich geht, vor allem auch Elisabeth, darum ist auch so aus der Bahn geworfen. ( Ok - ich glaube ich wiederhole mich...aber was soll´s :wink: )

Als Miss Bingley indirekt Wickham erwähnt, sieht Darcy Elisabeth sehr ernst an. Weil er glaubt, ihr durch seine Offenbarungen Schmerz zugefügt zu haben? Weil er glaubt sie wäre sehr an ihm gehangen?

Sehr schön finde ich auch, wie Tante und Nichte, auf der Heimfahrt den Besuch, und alle Anwesenden noch mal durchsprechen, nur eine Person wird von keinem der Beiden erwähnt. Dabei würden sie doch soo gerne drüber sprechen.... :D Tja…Keine Antwort (Frage) ist auch eine Antwort!
:ja:

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Anscheinend lebe ich in einem Zustand tiefer Hypnose, und jedes Mal, wenn ich eine Postkarte abschicke, könnte ich Euphorie als Absender angeben.....Helene Hanff


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BeitragVerfasst: Samstag 4. März 2006, 09:59 
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Ja, diese Stelle fande ich auch sehr schön. Man kann sich die "angespannte" Situation richtig vorstellen...beide wollen so gerne darüber sprechen, aber keine traut sich. Elizabeth ist sich unsicher, ihre Tante möchte sie nicht drängen :wink:
Aber so bleibt es wenigstens auch für Mrs Gardiner spannend :wink:


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BeitragVerfasst: Samstag 4. März 2006, 11:09 
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Beim Lesen befiel mich der Gedanke, ihr verteidigt hier mit allem Enthusiasmus und Konsequenz einen weiblichen Mythos...

Meine Sicht auf die Sache ist die: Wir sehen Mr. Darcy im Roman vor allem durch die Augen Elizabeth Bennets.

In der ersten Hälfte des Romans sehen wir (und die witzige Elizabeth) ihn vordergründig als einen stolzen, auf seine gesellschaftliche Stellung eingebildeten, hochnäsigen und böswilligen Menschen, der aus Eifersucht seinen Jugendfreund ins Elend stößt, einer liebenswürdigen jungen Dame das Herz bricht und ihre Hoffnung auf eine gute Ehe vernichtet. Er ist umgeben von Speichelleckern (wie den Bingleys), hat arrogante und dumme Verwandte wie die de Bourghs, eine hochnäsige und eingebildete Schwester und soll eine blaublütige, aber blutarme Cousine heiraten... Er ist zwar ein gutaussehender und für die Verhältnisse der Leute um Meryton herum unendlich reicher Mann, aber sonst ist nicht viel Substanzielles an ihm dran... Ein reiches, eingebildetes Charakterschwein vom Feinsten...

Aber ist es so? Ist das Bild, das Elizabeth (und die Autorin) uns da zeichnen der echte Mr. Darcy? Die Autorin sagt uns: „Nein, da hab ich euch ‚dummen Trolle’ mit diesem Bild gefoppt und aufs Glatteis geführt!“ ... Wenn ihr genau hinseht, ist Mr. Darcy gar kein so adelsstolzer Wicht, wie Elizabeth ihn sieht: Er hat sich mit genau den Leuten umgeben, von denen Elizabeth annimmt, dass er sich ihnen überlegen dünkt: Den Abkömmlingen eines Krämers... Er ist kein stoffliger Gesellschafter, er kann eloquent plaudern, ist gebildet, witzig und belesen (wie uns anlässlich der Gespräche in Netherfield während Elizabeth’ Besuch dort klar wird)... Er hat Geschmack und kümmert sich um die ihm anvertrauten Untergebenen und seine engen Freunde (siehe Elizabeth’ Besuch auf Pemberley, seine Fürsorge für seinen guten Freund Mr. Bingley). Er genießt Gesellschaften im familiären Rahmen mit geistreichen Gesprächen und Musik (z.B. die Abendgesellschaft auf Lucas Lodge und den Musikabend auf Pemberley). Er ist ein fürsorglicher Bruder, ein dankbarer Sohn und ein treuer Freund – von seinen sonstigen Vorzügen ganz zu schweigen... :wink:

Ja, das alles ist er... Aber es gibt auch Defizite in seinem Verhalten (und seinem Wesen). Er ist verschlossen, stolz auf seinen guten Ruf und seine Vorzüge. Er möchte nicht, dass seine privaten Angelegenheiten öffentlich verhandelt werden... Gegenüber ihm fremden Menschen fühlt er sich unwohl und er kann aus sich heraus nicht auf sie zugehen... Er „kompensiert“ dieses Gefühl durch eine stolze Haltung und durch Schweigsamkeit... Er fühlt sich dann in Gesellschaft von Leuten, die er nicht kennt, unbehaglich und gehemmt... Bisher war dieser "Mangel" für ihn nie ein Problem. Aufgrund seines hohen Ranges in der Gesellschaft, seiner Intelligenz und Welterfahrung, war er es zu dem an aufblickte, nach dem man sich richtete, er, der seinen Willen durchzusetzten gewöhnt war... So sah er dieses, sein Defizit, eigentlich nie als ein solches an. Im Gegenteil: Er war stolz auf seine "Unverblümtheit", auf seine "Direktheit", auf seine "Ehrlichkeit". Anders als Elizabeth, die sich in der hohen Kunst der Diplomatie üben musste, da auf ihre Meinung nie besonders viel gegeben wurde (außer von ihrem Papa und ihrer Schwester Jane natürlich :wink: ), war er nicht gezwungen, die Wirkungen seiner Worte oder seiner Handlungen auf andere abzuwägen... Das ist sein Defekt und den erkennt und korrigiert er im Verlaufe des Romans... Ach ja, ich vergaß noch einen seiner schlimmsten Fehler zu erwähnen: Er tanzt nicht gern mit einer ihm unbekannten Partnerin :nein: – für Frauen wie Kerstin und Elizabeth ist das ja ein „Kapitalverbrechen“! :lach:

Elizabeth hat auch nach seinem erklärenden Brief nicht vollständig von ihren Vorurteilen bezüglich Mr. Darcys Charakter gelassen. Auf Pemberley wird das deutlich, wenn sie sich in Gedanken darüber wundert, wie freundlich diese „steife und unleidliche“ Mr. Darcy plötzlich ist, oder wenn sie darüber sinniert, dass sie ihre „unwürdigen“ Verwandten, die Gardiners, nicht mehr hätte sehen dürfen, wenn sie „Herrin diese Hause geworden wäre“. Sie ist immer noch nicht aus ihrer Haut heraus, aber sie lernt schnell, ebenso schnell wie Mr. Darcy :wink: ... Und wir können diesen Lernprozess aus nächster Nähe verfolgen...

Bei Mr. Darcy Charakter sind wir immer noch zum Teil auf Elizabeth Beobachtungen angewiesen, diese werden jedoch durch die schmerzliche Erfahrung, die sie kürzlich machen musste, erhellt...

Wie Elizabeth, die nach dem misslungenen ersten Antrag und dem Brief Mr. Darcys ihre Fehleinschätzung und deren schmerzliche Auswirkungen am eigenen Leibe erfährt und lernt Mr. Darcy neu zu sehen, begeben wir uns in der zweiten Hälfte des Romans auf eine Entdeckungsreise und lassen wir uns mit einem der schönsten männlichen Charaktere bekannt machen, den Jane Austen geschaffen hat.

Jane Austen schrieb mal in einem Brief an ihre Nichte Anna: “… wisdom is better than wit, and in the long run will certainly have the laugh on her side…” Also, lasst uns jetzt zum amüsanten Teil Romans kommen und lasst uns herzlich lachen über den Witz Elizabeth Bennets und ihre Bemühungen mehr Weißheit zu erlangen... ;D

Bruki

PS: Ich denke, der Grundtenor des Romans ist die Frage, nach dem Wesen und dem Verhalten eines Menschen... Was sehen wir, was ist der Mensch? Wie ist das Verhältnis zwischen dem, „was er darstellt“ und dem „was er ist“... Jane Austen nannte den Roman in der ersten Fassung „First Impressions“ – leider hat sie den besser passenden Titel in der Veröffentlichung ändern müssen...

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(Rudyard Kipling, The Janeites)


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BeitragVerfasst: Samstag 4. März 2006, 14:22 
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Zitat:
In der ersten Hälfte des Romans sehen wir (und die witzige Elizabeth) ihn vordergründig als einen stolzen, auf seine gesellschaftliche Stellung eingebildeten, hochnäsigen und böswilligen Menschen, der aus Eifersucht seinen Jugendfreund ins Elend stößt, einer liebenswürdigen jungen Dame das Herz bricht und ihre Hoffnung auf eine gute Ehe vernichtet.
Hä? Von böswillig haben wir nie etwas gesagt. Er bleibt seinen Prinzipien treu, leider nur in falscher Richtung, indem er GLAUBT, er würde Bingley retten, wenn er ihn von Jane trennt. Die Annahme, immer zu wissen, was für andere gut ist, beinhaltet eine gewisse Arroganz. Und den Gedanken, dass andere dümmer sind.
Und er hat damit sicher zwei Menschen unglücklich gemacht, denn Bingley hat ja Jane mitnichten vergessen.

Und höre bitte mit dem Unsinn vom Kapitalverbrechen des Nicht-Tanzens auf.
Ich habe lediglich MEHRFACH gesagt, dass es wohl ein für damalige Zeit höchst ungehöriges und unverständliches Benehmen war. Er WURDE den Bennets vorgestellt, das reichte vollkommen aus. Wie sollte man sonst auf offiziellen Bällen denn einen Partner finden?
Ich vergleiche das noch immer gerne mit heute, wenn man eine Party besucht. Ein Besucher, der reinkommt, als erstes an der Musik rummäkelt, dann das Essen mit scheelem Blick ansieht und sich dann in eine Schmollecke zurückzieht, der wird auch heute noch als "Spassbremse" bezeichnet und vom ruinierten ersten Eindruck will ich hier gar nicht reden.
Und dabei sind wir was Etikette angeht schon 200 Jahre von Jane Austen weg.

Und die Frage ist auch, hat nicht auch Darcy in Elizabeth erst die falsche Person gesehen? Er hatte ja wohl auch angenommen, dass aus so einem "Stall" keine besonders interessante Person kommen kann.
Ich habe beim Lesen des Romanes manchmal den Eindruck, sie kommt ihm vor wie ein exotisches Tier... intelligent, wandert gerne, gibt ihm Kontra. Das ist ein gewisser Reiz, ähnlich wie Henry Crawfort ja unbedingt die scheue Fanny erobern will.

Grüße,
Kerstin

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