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BeitragVerfasst: Dienstag 21. Februar 2012, 16:23 
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Austenfrischling
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Noch mal zu Oberst Brandon:
Julia hat geschrieben:
... bzw. Colonel Brandon zu einem entschieden "guten" weil irgendwie schicksalsgebeutelten und tapferen Charakter zu machen. ...

Dem kann ich nicht zustimmen:
Brandon mag ja "schicksalsgebeutelt" sein, wenn man nur die unglückliche Liebe zu Eliza betrachtet.
Nur: alles andere hat er ja zu einem grossen Teil selbst zu verantworten.
Nach der Entdeckung der Fluchtpläne stellt er sich nicht etwa seinem Vater, er macht nicht einmal den Versuch dazu.
Statt dessen flüchtet er in die Armee und nach Indien.
Nachdem er von Elizas Scheidung erfahren hat, bleibt er noch mal 1 Jahr dort, statt zurückzukehren. Ihm müsste doch klar sein, dass eine geschiedene Frau in der damaligen Gesellschaft ohne männliche Unterstützung die grössten Schwierigkeiten haben wird.
Nach seiner Rückkehr sucht er sie verzweifelt - klar nach so langer Zeit kann er sie nur durch Zufall finden.

Und was ist denn die Geschichte mit Elizas Tochter?
Sie wird in Bath verführt und gerät an Willoughby. Statt Sie zu unterstützen (evtl. ihr einen Mann zu suchen, oder sie gar selbst zu heiraten - sie sind ja nicht verwandt) schickt er sie aufs Land - "Aus den Augen, aus dem Sinn".
Aber natürlich: SEINE Ehre muss er in einem Duell mit W. verteidigen.

Das alles ist weder gut, noch schicksalhaft, noch besonders tapfer oder ehrenwert, selbst wenn es den gesellschaftlichen Konventionen der damaligen Zeit voll entspricht. Aber eben menschlich und so ist Brandon für mich eher ein Mensch in seinem Widerspruch und daher eben doch irgendwie sympathisch in seinen Versuchen und Handlungen damit klar zu kommen und sich zu verbessern.


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Verfasst: Dienstag 21. Februar 2012, 16:23 


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BeitragVerfasst: Dienstag 21. Februar 2012, 18:41 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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pauli hat geschrieben:
Das alles ist weder gut, noch schicksalhaft, noch besonders tapfer oder ehrenwert, selbst wenn es den gesellschaftlichen Konventionen der damaligen Zeit voll entspricht.


Eben deshalb steht mein "gut" auch in Anführungszeichen. Aus heutiger Sicht ist er das nämlich wahrscheinlich nicht, im Kontext des Romans aber eben schon, denke ich.


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BeitragVerfasst: Dienstag 21. Februar 2012, 22:44 
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Austenexperte

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Vielleicht ist das ja die Ironie...

Interessant finde ich, dass Brandon die Tochter seiner Cousine als entfernte Verwandte (dabei ist sie ja eine Verwandte von ihm),ausgeben muss. Er hat doch eigentlich nichts zu befürchten: Vater und Bruder leben nicht mehr und eine Ehefrau hat er auch nicht. Die arme Tochter von Eliza kann einem nur leid tun.
Hat Willoughby das Mädchen in Brandons Haus bzw. bei Tanzveranstaltungen in der Umgebung kennengelernt oder erst in Bath? Wenn es erst in Bath geschehen ist, dann ist das doch ein großer Zufall, oder?


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BeitragVerfasst: Mittwoch 22. Februar 2012, 14:13 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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meli hat geschrieben:
Interessant finde ich, dass Brandon die Tochter seiner Cousine als entfernte Verwandte (dabei ist sie ja eine Verwandte von ihm),ausgeben muss. Er hat doch eigentlich nichts zu befürchten: Vater und Bruder leben nicht mehr und eine Ehefrau hat er auch nicht. Die arme Tochter von Eliza kann einem nur leid tun.
Hat Willoughby das Mädchen in Brandons Haus bzw. bei Tanzveranstaltungen in der Umgebung kennengelernt oder erst in Bath? Wenn es erst in Bath geschehen ist, dann ist das doch ein großer Zufall, oder?

Ich weiß, es ist schwer verständlich, aber hierbei geht es wohl um zweierlei Problematiken/Themen
1. Familienehre, denn Eliza gilt ja als gefallenes Mädchen bzw. gefallene Frau
2. Indem er sie als entferntere Verwandte ausgibt, möchte er eine engere Verbindung zu ihm ausschliessen, bzw. den Verdacht ausräumen (der im Film ja genannt wird) das Kind, also Elizas Tochter wäre von ihm

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BeitragVerfasst: Mittwoch 22. Februar 2012, 14:47 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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meli hat geschrieben:
Hat Willoughby das Mädchen in Brandons Haus bzw. bei Tanzveranstaltungen in der Umgebung kennengelernt oder erst in Bath? Wenn es erst in Bath geschehen ist, dann ist das doch ein großer Zufall, oder?

Ich lese das so, dass er sie tatsächlich erst in Bath kennen lernt - ausdrücklich gesagt wird es aber nicht. So ein großer Zufall ist das gar nicht, vermute ich. Aus Northanger Abbey wissen wir ja, wie die jungen Damen und Herren um Bekanntschaften buhlten - und dass es dafür ganz bestimmte Veranstaltungen gab, eben die Bälle in den oberen und unteren Gesellschaftsräumen.


Pauli hat geschrieben:
Brandon mag ja "schicksalsgebeutelt" sein, wenn man nur die unglückliche Liebe zu Eliza betrachtet.
Nur: alles andere hat er ja zu einem grossen Teil selbst zu verantworten.


Also im Buch (und damit wohl auch in JAs Sicht) kommt das für mich so rüber, dass Brandon tatsächlich alles gut und richtig gemacht hat, er ist schon der gute Held mit tragischem Touch, was ihm eigentlich genau das gewisse Etwas geben könnte, worauf romantische Damen wie Marianne eigentlich stehen sollten, wenn sie es denn bemerken würden. Die einzige Kritik an Brandon scheint mir, wie gesagt, zu sein, dass er sich unbedingt duellieren musste. Da das damals schon streng verboten war, war JA/Elinor in der Hinsicht aber auch nicht besonders fortschrittlich.
Was ich aber auch finde, beim nochmaligen Drüberblättern: Brandon kommt schon ein wenig selbstgerecht rüber, er zeigt zwar viel Verständnis für das Verhalten seiner Liebsten, seine Rolle betrachtet er aber tatsächlich nicht sehr selbstkritisch. Wobei man bedenken kann, dass er 17 war, als sie getrennt wurden, da war das, zumal als Zweitältester, sicher nicht so leicht mit dem Widerstand gegen den Vater. Einen Fluchtplan immerhin gab es aber ja.

Auf die Idee, dass er am Ende Elizas Tochter einfach hätte heiraten können, bin ich noch gar nicht gekommen. Aber warum auch sollte er das tun? Abgesehen davon, dass diese Verbindung gesellschaftlich schwierig gewesen wäre, war er ja nicht mal in sie verliebt - und heiraten aus Mitleid, das kann eigentlich nicht gutgehen.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 22. Februar 2012, 15:22 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Udo hat geschrieben:
...Was ich aber auch finde, beim nochmaligen Drüberblättern: Brandon kommt schon ein wenig selbstgerecht rüber, er zeigt zwar viel Verständnis für das Verhalten seiner Liebsten, seine Rolle betrachtet er aber tatsächlich nicht sehr selbstkritisch. Wobei man bedenken kann, dass er 17 war, als sie getrennt wurden, da war das, zumal als Zweitältester, sicher nicht so leicht mit dem Widerstand gegen den Vater. Einen Fluchtplan immerhin gab es aber ja.

Auf die Idee, dass er am Ende Elizas Tochter einfach hätte heiraten können, bin ich noch gar nicht gekommen. Aber warum auch sollte er das tun? Abgesehen davon, dass diese Verbindung gesellschaftlich schwierig gewesen wäre, war er ja nicht mal in sie verliebt - und heiraten aus Mitleid, das kann eigentlich nicht gutgehen.

Zumal für die Familie nun einmal feststand, dass Eliza (wegen der Mitgift etc) mit dem ersten Sohn verheiratet wurde. Eliza hatte kaum eine Möglichkeit sich dagegen zu wehren und Brandon keine ernsthafte die Heirat zu verhindern. Die mißglückte Flucht gab es ja. Man könnte Brandon nur vorwerfen, er habe zu schnell klein beigegeben, aber er war ja ausgesprochen wohlerzogen, vor allem aber jung, wie Udo schreibt, und dann beugte man sich am Ende halt doch.

Zu Elizas Tochter: Ich sehe wie Udo nicht, warum Brandon, wenn er die Mutter nicht haben konnte/durfte die Tochter heiraten sollte, die sein Kind hätte sein können, in seinen Augen vielleicht sollen.

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BeitragVerfasst: Freitag 24. Februar 2012, 19:21 
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Austenfrischling
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Etwas Psychologie nach Jane Austen in Kap. 31 Absatz 4:
Zitat:
Like half the rest of the world, if more than half there be that are clever and good, Marianne, with excellent abilities and an excellent disposition, was neither reasonable nor candid. She expected from other people the same opinions and feelings as her own, and she judged of their motives by the immediate effect of their actions on herself.

In meiner Ausgabe (Uebersetzung Ursula und Christian Grawe, Heyne 2004) ist das übertragen als:
Zitat:
Wie die meisten Menschen - wenn überhaupt die Mehrzahl der Menschen klug und gut ist - war Marianne bei all ihren ausgezeichneten Fähigkeiten und ausgezeichneten Anlagen weder vernünftig noch ehrlich. Sie erwartete, daß andere Leute die gleichen Meinungen und Gefühle hatten wie sie selbst, und sie urteilte über deren Beweggründe nach der unmittelbaren Wirkung ihrer Handlungen auf sich selbst.

Diese Aussage ist doch ziemlich erstaunlich: Sie liess mich stolpern, ohne dass mir genau klar ist, woran das liegt... Zunächst meinte ich, dass das nur eine Charakterisierung von Marianne ist. Aber das fand ich unbefriedigend.

Vielleicht ist es ja auch eine Haltung der Autorin über die Personen ihrer Erzählung oder ihre persönliche Einstellung, die sie hier äussert..


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BeitragVerfasst: Samstag 25. Februar 2012, 19:08 
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Piratensüchtige Administratorin, ebenfalls Seriensuchti mit Mittelalterpräferenz und spätes Girlie
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Udo hat geschrieben:

Auf die Idee, dass er am Ende Elizas Tochter einfach hätte heiraten können, bin ich noch gar nicht gekommen. Aber warum auch sollte er das tun? Abgesehen davon, dass diese Verbindung gesellschaftlich schwierig gewesen wäre, war er ja nicht mal in sie verliebt - und heiraten aus Mitleid, das kann eigentlich nicht gutgehen.

Schwierig ist aber sehr dezent formuliert. Die uneheliche Tochter einer gesellschaftlich Ausgestoßenen? Damit würde er quasi Selbstmord begehen. Das dürfte in dieser Zeit völlig unmöglich gewesen sein. Selbst vor ihrer Schwangerschaft war Elizas Tochter schon ein "No name", ähnlich wie Harriet Smith. Brandon hat sich wohl anscheinend um sie gekümmert ( ihr eventuell ihren Lebensunterhalt finanziert, so genau wird das ja nicht beschrieben), aber jetzt hat sie auch noch ein uneheliches Kind, damit ist sie für jeden Mann, der irgendeine Position in der Gesellschaft hat, unheiratbar.
So heroisch dürfte wohl kaum ein Mann gewesen sein.
Grüße
Kerstin

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BeitragVerfasst: Mittwoch 29. Februar 2012, 17:16 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Kerstin hat geschrieben:
Schwierig ist aber sehr dezent formuliert. Die uneheliche Tochter einer gesellschaftlich Ausgestoßenen? Damit würde er quasi Selbstmord begehen. Das dürfte in dieser Zeit völlig unmöglich gewesen sein. Selbst vor ihrer Schwangerschaft war Elizas Tochter schon ein "No name", ähnlich wie Harriet Smith. Brandon hat sich wohl anscheinend um sie gekümmert ( ihr eventuell ihren Lebensunterhalt finanziert, so genau wird das ja nicht beschrieben), aber jetzt hat sie auch noch ein uneheliches Kind, damit ist sie für jeden Mann, der irgendeine Position in der Gesellschaft hat, unheiratbar.
So heroisch dürfte wohl kaum ein Mann gewesen sein.
Grüße
Kerstin

Das ist schon klar, aber noch einmal: warum sollte er die Tochter der Frau heiraten, die er einst liebte, die überdies rein theoretisch sein Kind hätte sein können? :gruebel:
Abgesehen von dem neumodernen Usus von der Mutter zur Tochter zu springen, und wieder zurück oder umgekehrt ... :tot:

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