Kerstin hat geschrieben:
Ich halte es schon für "gentlemanlike manner".
Man kann Gentleman über Kleidung definieren, Ansehen, etc. Ich definiere ihn über sein Verhalten und das sollte höflich sein, ohne anbiedernd oder schleimig zu wirken. Ein echter Gentleman hält einem die Tür auf, hilft einem in den Mantel oder läßt einem den Vortritt, OHNE das man das Gefühl hat, es wird aufgedrängt. Er macht es einfach selbstverständlich.
Ich definiere einen Gentleman in der heutigen Zeit als jemand, dessen ganze Lebenshaltung von "gentleness" also Freundlichkeit, Liebenswürdigkeit und Sanftmut durchwoben ist. Man ist nicht zwingend ein Gentleman, weil man sich zu benehmen weiss, aber kein wahrer Gentleman lässt es in dieser Beziehung an Etikette fehlen. Ein Gentleman, wie ich das Wort in der heutigen Zeit definiere, ist jemand der grundsätzlich Menschen mit Achtung und Respekt begegnet, egal welchen Hintergrund die Person aufweist, denn er macht seinen Lebensstil nicht davon abhängig, ob seine Umgebung ihm mit derselben Achtung und Anstand entgegen kommt, er tut es, weil er sich sonst selbst nicht mehr im Spiegel ansehen könnte.
William Lyon Phelps drückte es einmal so aus:
"Den Gentleman erkennt man daran, dass er nett ist zu Leuten, von denen er keinen Nutzen hat."In der ganzen Diskussion finde ich aber auch den weiblichen Anteil an der Thematik von einiger Tragweite. Man fühlt sich ja, durch Erziehung und Kultur, wie auch gelebte Wertvorstellungen, immer zu einer gewissen Gruppe von Menschen hingezogen. Durch Sprache, Benehmen, Kleidung, Vorlieben und Hobbys und einiges mehr, definieren wir unsere Gruppenzugehörigkeit und ziehen damit logischerweise einen gewissen Menschenschlag an. Frösche, ziehen eben Frösche an und Prinzessinnen Prinzen. Und wer sich quer durch die Froschwelt küsst (um es mal etwas übertrieben blumig auszudrücken), in der Hoffnung vielleicht irgendwann auf einen verwunschenen Prinzen zu stossen, wird womöglich eher selbst zum Frosch.
Miss Hamilton hat geschrieben:
Wie, du kennst das nicht?
Ich wäre eher überrascht, wenn einer das nicht tun würde! Also, das heisst, es kommt natürlich auf die Situation an: wenns eher ungezwungen zu und her geht, ists wohl weniger üblich (obwohl man bei einer "Küsschen-Begrüssung" ja eh aufstehen muss) aber normalerweise stehen die Herren auf. Und die Damen ja eigentlich auch, zumindest kommts mir so vor, dass ich eigentlich von gar niemandem sitzend begrüsst werde
Ich muss sagen, diesbezüglich darf man glaube ich die Schweizer (ich hoffe man verzeiht mir hier die Eigenwerbung
) und die Briten durchaus in denselben Topf werfen.
Ich erlebe es als Selbstverständlichkeit, dass in der Strassenbahn jüngere Leute diskussionslos aufstehen und den eigenen Sitzplatz anbieten wenn jemand älteres den Wagon betritt . Ebenso selbstverständlich entschuldigt man sich dafür, wenn man sich an jemanden stösst, selbst dann, wenn eigentlich der andere einem auf die Pelle gerückt ist. Schliesslich könnte man ja auch dem anderen im Weg gestanden sein.
Dies und einiges mehr an Anstandsregeln, wird bei uns aber auch schon von klein auf den Kindern eingeschärft. Es wird zur zweiten Natur über die man sich keine Gedanken mehr machen muss, die einfach selbstverständlich ist. Darin wird aber auch das Grundproblem sichtbar, denn dadurch wird es zur Gesellschaftsnorm, hat aber mit innerer Überzeugung und Anständigkeit unter Umständen gar nichts zu tun.
Jedenfalls finde ich es durchaus erstrebenswert, seine eigene "gentleness", ob nun als Mann oder Frau, im Alltag immer wieder mal zu überprüfen.
Vielleicht mit einem liebenswürdigen Augenzwinkern und einem verschmitzten Lächeln im Gesicht hat Peter Ustinov den Gentleman einmal so beschrieben:
"Ein Gentleman ist, wer etwas tut, was ein Gentleman niemals tun darf, es aber so tut, wie es nur ein Gentleman zu tun versteht."