Sooo, ich hab mir die DVD jetzt auch angeschaut (nur englische Untertitel, Johanna, sonst nix. Nicht mal ein Zettel geschweige Heftchen drin.).
Die vielen Veränderungen gegenüber dem Buch haben mich erstaunlicherweise eher wenig gestört. Oder besser: Ich habe den Film beim Sehen nicht eine Minute mit dem Buch verglichen, weil er von Anfang an so komplett anders war, als meine Vorstellung des Romans. Da das im Vorfeld schon klar war, war ich auch nicht enttäuscht oder ärgerlich darüber. Das ist wahrscheinlich eine gute Vorraussetzung für diese Verfilmung, denn sonst kann man ihn eigentlich gleich wieder abschalten vor Ärger und Enttäuschung.
Oder braucht gar nicht erst anfangen.
Fanny ist lebhaft, kommunikativ und offen, auch ihre Anflüge von Unsicherheit und Schüchternheit wirken nicht wirklich tiefergehend.
Die Geschichte funktioniert trotzdem. Es ist trotzdem klar, welche Position sie in Mansfield inne hat und auf welch wackligen Beinen ihre Existenz steht. Zumindest bis zur Hälfte des Films.
Gut fand ich, dass die "emotionale Erpressung" (Stichwort Dankbarkeit) angedeutet wird, unter der Fanny zu leiden hat, das ist ja auch im Buch ein großes Thema.
Die notwendigen Kürzungen (Mr Yates fällt weg und die Grants auch) fügen sich einigermaßen gut ein, die Grants habe ich mehr vermisst als Mr Yates. Mary und Henry Crawford wandern ständig in Mansfield herum, kommen und gehen und man weiß nicht so richtig, woher und wohin eigentlich. Man hätte die Grants oder ihre Bleibe zumindest erwähnen können. So könnte man fast meinen, sie zelten hinter irgendeiner Hecke im Park.
Überhaupt hätte dem Film eine halbe Stunde mehr (er ist nur 90 min lang) sehr gut getan. Die Szenen wirkten oft sehr kurz angeschnitten und gehetzt. Sir Thomas' Antigua-Aufenthalt wirkt zum Beispiel hier eher wie ein dreiwöchiger Urlaub. Auch Henrys wachsendes Interesse an Fanny hätten ein, zwei Szenen mehr um einiges glaubwürdiger und intensiver gemacht.
Und das ist das große Manko an dem Film für mich: Er bleibt extrem an der Oberfläche. Nur ganz ganz selten hat man das Gefühl, dass menschliche Charaktere und Beziehungen sich entwickeln, vertiefen, verändern. Alle Personen sind am Ende des Films genauso wie am Anfang. Man spürt nichts von Mary's innerem Kampf bzgl. ihrer Zuneigung zu Edmund, nichts von Henrys Liebe zu Fanny außer ein paar intensiven Blicken. Nichts von Fannys Dilemma nach Henrys Antrag. Sir Thomas putzt sie herunter, sie weint ein bißchen und in der nächsten Szene wirkt sie schon wieder genauso wie zuvor.
Das alles hätte man mit wenigen Mitteln und Minuten vertiefen können, meiner Meinung nach. Denn das die Regie Sinn fürs Subtile hat/hätte, das hat man gemerkt. Oft reichten ein paar Blicke, eine hochgezogene Augenbraue - und es war klar, was gemeint ist. Damit hätte man meiner Meinung nach noch viel weiter gehen können.
Eher schwach fand ich auch das Drehbuch. Die Dialoge waren viel zu oft nur angeschnitten und durchgehetzt. Wenn man das Buch nicht kennt, versteht man an vielen Stellen nicht so richtig, um was es (emotional) geht, glaube ich.
Die "wacklige" Kamera hat gut zu dem Ganzen gepasst, es wirkte sehr lebendig und frisch, und das war auch wohl ein Hauptanliegen des Films.
Es gab einige wirklich orginelle Einstellungen und Ideen, diesbezüglich.
Die Schauspieler haben mich persönlich nicht so vom Hocker gerissen. Sie waren nicht schlecht, aber bei mir ist bei keinem der Funke übergesprungen, ich habe bei keinem wirklich das Gefühl gehabt, er
lebt diese Rolle. Was aber natürlich auch an der Hektik des Films liegen könnte - das eine am anderen oder umgekehrt.
Mary ist mir positiv aufgefallen, weil sie eine Mary war, bei der man nachvollziehen kann, dass ein Edmund sich in sie verliebt. Ging mir bei der 99er Version nicht so.
Mrs Norris wurde sehr verweichlicht, sie ist meilenweit entfernt von der garstigen, hassenswerten Frau des Buches. Sie ist ein bißchen nervig und unverschämt. Aber viel mehr nicht. Fanny hat eigentlich nicht wirklich unter ihr zu leiden, hatte ich das Gefühl.
Aber auch das kommt vielleicht daher, dass man da nur an der Oberfläche gekratzt hat.
Lady Bertram ist viel viel lebendiger und eigenständiger, sie widerspricht Sir Thomas an einigen Stellen und ist überhaupt recht kommunikativ. Relativ.
Etwas peinlich und unfreiwillig komisch fand ich den Schluss. Edmund's Verlieben in Fanny. Alle sitzen im Wohnzimmer, Fanny empfiehlt Lady Bertram den purpurnen statt den brauen Faden für ihre Stickerei und von einer Sekunde auf die andere schaut Edmund völlig verklärt und steht zwei Minuten später verlegen stammelnd in Fannys Schlafzimmer. Ein Treffen am nächsten Morgen, ein "I love you. I was blind. I'm sorry." und alles ist in Sack und Tüten.
Sehr lächerlich und lieblos, fand ich.
Ich könnte noch viele Dinge aufzählen, die nicht gepasst haben, aber selbst die haben keinen großen Eindruck hinterlassen. Es ist ein netter, harmloser Film in meinen Augen, der nichts mit dem Buch und nur sehr wenig mit Jane Austen zu tun hat. Aber was solls, daran hab ich mich mittlerweile auch gewöhnt und es ist selten, dass diese Oberflächlichkeit und Missachtung der Vorlage so wenig wehtut. Ich wunder mich über mich selbst.
Ach ja, zu den Kostümen und Frisuren kann ich nicht viel sagen. Teilweise erscheinen sie mir sehr falsch, aber das ist mir bei einer Austen-Verfilmung ehrlich gesagt noch nie so wichtig gewesen. Das sollen andere beurteilen und sich darüber ärgern.
Nur Fannys penetrant ungekämmtes Haar fand ich überflüssig. Zumal alle anderen halbwegs ordentlich frisiert waren. Keine Ahnung, was das sollte. Spätestens, als sie dann "eingeführt" war, hätte man ihr ja mal einen Dutt verpassen können?? (Und wenn man ihr schon die Haare färbt, dann doch auch bitte die Augenbrauen...)
Aber Billie Piper wirkte sowieso so un-Austen-haft und so modern fehl am Platz von Anfang an, dass ich mich daran jetzt auch nicht wirklich aufhängen kann. Völlig fehlbesetzt, meiner Meinung nach. Aber was solls.