Julia hat geschrieben:
Über eine Formulierung am Ende des Kapitels bin ich gestolpert, weil sie meiner Meinung nach recht charakteristisch ist für Fanny und ihre Beziehung zu Edmund:
"I like to hear your enthusiasm, Fanny. It is a lovely night, and they are much to be pitied who have not been taught to feel, in some degree, as you do; who have not, at least, been given a taste for Nature in early life. They lose a great deal."
"You taught me to think and feel on the subject, cousin."
"I had a very apt scholar. (...)"
Fannys Gefühle stehen also auch unter Edmunds "lehrendem" Einfluss. Schwer zu sagen, ob das nun positiv oder negativ zu sehen ist (wahrscheinlich irgendwas dazwischen), ich finde es ist zumindest ein wichtiger Baustein für Fannys Persönlichkeit und die Beziehung zwischen den beiden.
Ja, in gewisser Hinsicht ähnelt es der Beziehung zwischen Emma und Mr. Knightley. ER als der Ältere, als Lehrer und Respektsperson und Sie als Schülerin, selbst Emma, die sich ihm freiwillig unterordnet, was man eben daran erkennt, dass er weiterhin "Mr. Knightley" genannt wird. Damit stellt auch Emma ihn über sich. Fanny ist genauso. Sie erkennt und geniesst seine höhere Bildung und lässt sich leiten.
Erstaunlich finde ich hier nur, dass es Edmund ist, der Fanny die Schönheit der Natur und Romantik nahebringt. Für einen Mann eher ungewöhnlich. Daß Fanny mit solcherlei Gefühlen und Wissen um Kunst und Schönheit nicht aufgewachsen ist, mag bei der Familiengeschichte nicht verwundern. In ihrem Elternhaus hatte niemand den Nerv oder die Zeit dafür.
Tina, was soll daran falsch sein? Lieber dumm und ungebildet bleiben, aber auf sich selbst beharren? Stärke äussert sich auch darin, dass man Talente, Fähigkeiten und Wissen der Anderen anerkennen und selbst an ihnen partizipieren kann. Das ist die Basis jeder Erziehung und vor allem Wissensbildung.
Edmund sieht Fanny als Rohdiamant, der nur geschliffen werden muss. Erst wenn er perfekt geschliffen ist, kommt der Diamant richtig zur Geltung. Mit einem falschen oder unsauberen Schliff, wird mehr zerstört, als gewonnen; aber soll man ihn deshalb im Rohzustand belassen? Obwohl auch das manchmal sinnvoll erscheint ...
Bedenken sollte man dabei auch, dass die Jungen einfach eine bessere Ausbildung (Wissen) bekamen, als die Mädchen, die schon enormes Glück hatten, wenn sie mit ihren Brüdern den Unterricht gemeinsam geniessen durften. Vielfach wurde den Mädchen und Frauen noch jeder höhere Verstand abgesprochen, weshalb eine Frau bei der Heirat GESETZLICH von der Pflegschaft des Vaters in die Pflegschaft des Gatten überstellt wurde!!!
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Grüsse, Caro
Avatar: Amelia Darcy (1754-1784)
Für 1 Jahr säe einen Samen, für 10 Jahre pflanze einen Baum, für 100 Jahre erziehe einen Menschen. chin. Weisheit