Solange der Eindruck noch frisch ist, hier eine erste "Wasserstandsmeldung": Eine sehr gelungene, lustige(!) und originelle Verfilmung!! Was zu bekritteln würde sich bestimmt leicht finden, aber der im Anschluss der Premiere anwesende Regisseur hat mich restlos um den Finger gewickelt, dehalb bleibts jetzt bei diesem positiven Resumée.
Das Drehbuch hat sich einige Freiheiten mit der Vorlage herausgenommen, die ich persönlich allerdings sehr passend und stimmig fand. Viele kleine und größere Szenen die so nicht im Buch stehen, sich aber wunderbar einfügen. So bekommen beispielsweise Sir James Martins Dummheiten, von denen im Buch ja nur oberflächlich berichtet wird, eine recht prominente Bühne. Überhaupt war die Übertragung der Handlung aus einem Briefroman in eine Dialogform sehr selten spürbar - zangsläufig musste da ja viel umgeschrieben werden. Hat gut funktioniert. Am überraschensten fand ich, dass Jane Austens nachgeschobene Zusammenfassung der weiteren Ereignisse hier ziemlich viel Raum bekommt, ich würde sagen mindestens ein Drittel des Films. Also das Zerwürfnis zwischen Lady Susan und Sir Reginald und die folgenden Ereignisse bis zu ihrer Heirat mit Sir James Martin und Fredericas mit Reginald.
Das (große) Kino war so gut wie ausverkauft, das (schön gemischte) Publikum ziemlich begeistert. Im Anschluss gabs noch eine Fragerunde, die wie so oft etwas schleppend anlief, dann aber doch noch in Schwung kam, auch weil Moderator & Regisseur sehr charmant und sympathisch waren. Whit Stillman hat erstmal eine Umfrage (mit Handzeichen) gestartet, wer welchen Austen-Roman am liebsten hat - auch das war ertaunlich gemischt: Jedenfalls war ich bei weitem nicht die einzige, die sich bei "Emma" und "Mansfield Park" gemeldet hat
... ("Ah, the professors and critics" war Stillmans Kommentar dazu.)
Das Gespräch drehte sich auch um andere Austen-Verfilmungen, von denen Stillman glaube ich nicht allzu viel hält (abgesehen von der Ang Lee/Emma Thompson-Produktion, die er in den Himmel gehoben hat) - zu viel "weddings, ribbons and romance", zu wenig Humor. Jedenfalls war ihm daran gelegen, mit seiner Verfilmung die komödiantische Seite Austens zu zeigen, was auch wirklich gelungen ist, fand ich. Er hat "Lady Susan" mit einem Oscar-Wilde-Stück verglichen, was in seiner Adaption definitiv zu spüren ist.
Ich hab mich dann doch nicht getraut eine Frage zu stellen, so kann ich auch Udos Frage nur indirekt beantworten: Laut Stillman stammt der Titel "Lady Susan" nicht von Jane Austen selbst, deshalb fühlte er sich auch nicht verpflichtet den zu benutzen.
Meine Begleitung, die "Lady Susan" nicht kannte, hatte zuerst etwas Probleme der Handlung zu folgen bzw. zu verstehen wer wer ist, denn es geht ziemlich direkt los, ohne langes Erklären und wiederholtes Einführen. Aber ist ja auch nicht schlecht, wenn man als Zuschauer ein bißchen gefordert wird & mitdenken darf. Zumal sich den Film wahrscheinlich doch hauptsächlich ein "Fachpublikum" anschauen wird, schätze ich.
Laut Moderator startet der Film in Deutschland am 29. Dezember offiziell in den Kinos und Whit Stillman hat zum Schluss noch ganz stolz berichtet, dass er schon jetzt seine Produktionskosten mit Profit für die Investoren eingespielt hat. Ich hoffe sehr der Film wird nicht in irgendeiner Nische verschwinden oder als schlecht synchronisierte DVD enden.