Woessel hat geschrieben:
Ich hab auch gerade mit Anna Karenina angefangen, nachdem es mich so lange angelacht hat.
Ich bin zwar noch nciht so weit wie du, aber mich hat das Buch auch jetzt schon gefesselt.
Ich liebe russische Literatur, die ist irgendwie so ganz anders...
Was für ein netter Zufall...
Ich lese diese vielgerühmte Neuübersetzung aus dem Hanser-Verlag.
Die gefällt mit zwar seeehr gut, hatte aber auch ihren Preis (39,90 Euro)
Egal, die Investition scheint sich gelohnt zu haben. Die Anmerkungen sind sehr ausführlich, ohne einen alle zwei Seiten mit irgendeinem Hinweis, den die Welt nicht braucht zu nerven. Übersetzungen der französischen und englischen Satzteile findet als Fußnote auf der betreffenden Seite statt und erfordert somit kein mühseliges Umblätter zum Ende des Buches.
Der Stil erscheint sehr gefällig und lässt sich wie ein echter Seitenfresser konsumieren.
Das Buch selbst gefällt mir immer besser. Bin jetzt auf Seite 481 und Tolstoi kreiert hier ein Drama, das in seiner Ausweglosigkeit einen schon recht schmerzlich berührt. Gerade diese unausweichliche Verdichtung des Unglücks ohne das man irgendeinem der handelnden Personen einen wirklich bösartigen Vorsatz unterstellen kann ist beispiellos!
Das Tolstoi sowohl Anna Karenina, als auch Wronski gerecht zu werden versucht, ist in dieser Detailliertheit einmalig für mich und lässt sich allenfalls noch mit Passagen aus "Middlemarch" von George Eliot vergleichen.
Dieses Einfühlen in einen weiblichen Charakter hätte ich Tolstoi- vor allem nach seiner berühmten "
Kreutzersonate"- nicht zugetraut.
Was die russischen Erzähler betrifft, so kann ich Dir nur zustimmen.
Ich habe von Tolstoi bisher "
Krieg und Frieden" gelesen und von seiner Frau "
Eine Frage der Schuld" (ein ganz besonderes Buch, übrigens).
Auch Dostojewskis "
Brüder Karamasov" fand ich unglaublich beeindruckend und ich halte es bis heute für einen der besten Romane, den ich je gelesen habe.
Es ist ein so ganz anderer Stil, als der der anderen europäischen Schriftsteller des 19. Jahrhunderts.
Kaum zu vergleichen mit Austen,Eliot,den Bronte-Schwestern,Trollope oder eben auch den Franzosen Balzac,Hugo,Zola oder Maupassant.
Im Vergleich zu diesen Schwergewichten der Literatur, fallen die eher trockenen Deutschen ohnehin kaum auf.
Fast scheint es mir manchmal so, als würden die russischen Autoren quasi das Beste all der anderen europäischen Schriftsteller aufgreifen und zu einer Art Quintessenz veredeln.