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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Sonntag 3. Juni 2012, 10:53 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Registriert: Mittwoch 9. April 2008, 15:07
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Sicher ist es eine Frage der subjektiven Wahrnehmung, ob man etwas romantisch findet oder nicht. Laut Wiki nennen wir im heutigen Sprachgebrauch "die Eigenschaft einer Sache oder eines Ereignisses, Menschen mit Liebe und Sehnsucht zu erfüllen" romantisch. Eine Liebeserklärung bei einem Spaziergang kann man daher ebenso romantisch finden wie eine schöne Szene im Morgennebel. Mir geht es zum einen darum, dass Austen das "romantische Potenzial", wenn ich das mal so nennen darf, in der Antragsszene nicht ausgeschöpft hat. Auch die von Euch zitierte Stelle:

Had Elizabeth been able to encounter his eye, she might have seen how well the expression of heartfelt delight, diffused over his face, became him; but, though she could not look, she could listen, and he told her of feelings, which, in proving of what importance she was to him, made his affection every moment more valuable.

... ist ja wieder nur ein Liebesschwur, der von Austen erzählt wird. Vielleicht ist das egal, aber mir scheint, dass sie die emotionale Wucht dieser Szene deutlich zurücknimmt. Wäre es nicht viel naheliegender gewesen, Darcy in direkter Rede heiße Liebesschwüre sagen zu lassen? Er hat sie ja offenbar ausgesprochen: "he told her of feelings"! Und ich sage auch nicht, dass die Szene ironisch gemeint ist. Nur der Nachsatz "as a man violently in love can be supposed to do" klingt für mich eher heiter, ich empfinde das als lustig - und damit wird die romantische Stimmung ein wenig auf den Boden des dreckigen Feldwegs heruntergeholt. Aber vielleicht ist das auch Haarspalterei.

Ich finde übrigens, dass die romantischste Szene oder Handlung des Buches die ist, in der Darcy sich für Elizabeth in die Niederungen des Londoner kriminellen Milieus begibt, um Lydia zu retten.

Wentworth´ Brief habe ich mir gerade auch noch mal durchgelesen. Und ja, ihr habt Recht, da geht der Mann in die Vollen. Die ganze Szene fand ich dagegen wieder nicht so romantisch. Versetzt euch mal in seine Lage: An einem kleinen Schreibtisch hockend, vor vielen Leuten und unter enormem Zeitdruck muss er da in höchster Not was schreiben - das ist Stress, nicht Romantik. :wink: Aber ich finde auch, dass da sehr viel an unterdrückten Emotionen rüberkommt - das wäre eine der Szenen gewesen, die wir im Chat hätten diskutieren können, wenn sich mein Vorschlag durchgesetzt hätte, über die Erotik in Austens Romanen zu reden. :wink:

Aber worum es mir eigentlich geht: Wir müssten eigentlich scharf unterscheiden, was wir heute romantisch finden - und was zu Austens Zeit als romantisch galt. Austen schrieb in einer literarischen Epoche, die wir heute Romantik nennen. Aber dabei ging es nicht (nur) um mehr oder weniger kitschige Liebesromane, sondern in der Literatur einerseits um Empfindsamkeit, andererseits um ein ganzes Weltbild, um eine grundlegende Haltung zum Leben. Da gibt es einige Kriterien, etwa die Kritik an den herrschenden Konventionen (Romantik ist Sozialkritik) oder die Naturbegeisterung (Rousseau lässt grüßen), die Vorstellung, dass eine über den Dingen stehende Idee das Leben mit Glück erfüllt, dass Gefühle die Welt heilen können....
Und da würde ich sagen, dass Austen sich davon massiv distanziert. Nicht nur, weil ihre romanischen Heldinnen (Marianne vor allem) dramatisch scheitern, sondern vor allem, weil sie durch und durch realistisch ist. Gefühle sind total wichtig, aber sie sind oft albern und dumm, wenn sie nicht mit Vernunft gepaart sind. Hier im Forum hat das mal jemand die "vernünftige Liebe" genannt - das trifft es ganz gut. Siehe Marianne und Brandon: Die totale Romantikerin scheitert - und landet, weil sie geläutert ist, zur Belohnung am Ende bei dem Mann, den viele Leser als den wahren Romantiker wahrnehmen, der aber zugleich total vernünftig ist. Und vielleicht nicht zufällig "kriegen" sich die beiden total unromantisch, wie Julia erwähnt.


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Sonntag 3. Juni 2012, 10:53 


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Sonntag 3. Juni 2012, 14:22 
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Austenfan
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Registriert: Donnerstag 10. Mai 2012, 13:15
Beiträge: 43
Für mich sind die JA-Romane auch deshalb so besonders, als dass sie das "Happy End" für mein Empfinden sehr rational, wenn auch doch mit Gefühl, abhandelt. Dafür benutzt sie die Erzählform, was es für mich auch weniger romantisch macht (im positiven Sinne). Nach einem Lernprozess "kriegen" sich die Heldinnen/Helden.

In NA beispielsweise, was sie ungefähr mit 20 Jahren geschrieben hat, kommt das sehr deutlich zum Ausdruck. NA hat natürlich nochmal eine Sonderstellung, da es die "Gothic Novels" parodiert. Aber ich kann mir vorstellen, dass dort schon in gewisser Weise der Grundstein diesbezüglich gelegt wurde. Henry Tilney´s Intention, Catherine Morland zu ehelichen, basierte erst einmal nur auf Dankbarkeit wegen ihrer Zuneigung zu ihm.


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Sonntag 3. Juni 2012, 18:47 
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Piratensüchtige Administratorin, ebenfalls Seriensuchti mit Mittelalterpräferenz und spätes Girlie
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Wohnort: Wo die Messer und Schwerter herkommen
Julia hat geschrieben:
Es klingt so, als hättet Ihr sehr unterschiedliche Auffassungen von "romantisch". Nebel und Morgentau sind da für mich auch nicht die entscheidenden Faktoren. :wink:

Leider warst du nicht im Chat, denn wir haben genau das festgestellt. Romantik wird immer mit diesem "Rosamunde Pilcher Kitsch" gleichgesetzt. Das hat etwas sehr negatives. Aber Jane Austen Romane sind durchaus romantisch, weil der "Held" Dinge aus Liebe tut und stellenweise als Ritter mit weißem Pferd auftaucht ( auch wenn der Vergleich wieder in die Ritterromantik rutscht. ;) )
Ich persönlich fand den zweiten Antrag in der Verfilmung von 2005 auch zu überfrachtet. Das hatte mit der romantischen Situation im Buch nichts mehr zu tun und vor allem war auch noch der Inhalt verdreht worden. Im Buch fragt Darcy schließlich erst mal nach, ob ein zweiter Antrag vielleicht doch Gnade finden würde. Da war die 1995er Version deutlich näher am Buch, so ganz ohne den Nebel.

Bei Brandon hat man wenigstens einen Vorlauf, er verliebt sich in Marianne, aber als er merkt, dass sie einen anderen bevorzugt, zieht er sich zurück. Aber damit gibt er wohl seine Gefühle nicht auf, das merkt man, als sie krank wird und er, weil er nicht so richtig weiß, wie er helfen soll, sich anbietet, ihre Mutter zu holen.
In Mansfield Park hatte ich immer das Gefühl "es ergibt sich halt so". Wobei es eigentlich die gleiche Konstellation ist wie in S&S. Eine Person liebt eine andere, kann es ihr aber nicht gestehen. Diese Person verliebt sich in jemand Unpassenden und irgendwann merken sie, ach, das ist der/die Falsche, schauen wir uns also mal in der Umgebung um und siehe da, da ist jemand, der uns liebt. Vielleicht liegt es an Fannys Passivität ( die ja als Frau ohnehin deutlich beschränkter ist in ihren Möglichkeiten), dass man Brandon etwas positiver sieht.

Zitat:
Wentworth´ Brief habe ich mir gerade auch noch mal durchgelesen. Und ja, ihr habt Recht, da geht der Mann in die Vollen. Die ganze Szene fand ich dagegen wieder nicht so romantisch. Versetzt euch mal in seine Lage: An einem kleinen Schreibtisch hockend, vor vielen Leuten und unter enormem Zeitdruck muss er da in höchster Not was schreiben - das ist Stress, nicht Romantik. Aber ich finde auch, dass da sehr viel an unterdrückten Emotionen rüberkommt - das wäre eine der Szenen gewesen, die wir im Chat hätten diskutieren können, wenn sich mein Vorschlag durchgesetzt hätte, über die Erotik in Austens Romanen zu reden.

Das können wir ja noch nachholen! :D
Dafür, dass er wenig Zeit hatte, war er aber sehr blumig bei seiner Wortwahl. ;) Ich hatte eher den Eindruck, er hatte bemerkt, dass ihm die Frau, die er noch immer liebt, schon wieder abhanden kommt. Und das er sich endlich den Ruck gibt, ihr das zu sagen, was er ihr schon viel länger sagen wollte. Bei manchen Männern geht das wohl nur unter Druck! :lol:
Ich frage mich, wie stürmisch die Liebe vor sieben Jahren war, denn augenscheinlich ist Wentworth ein sehr leidenschaftlicher Mensch. So, wie er Anne erst liebte, hat er sie verachtet, weil sie nicht wagte, mit ihm zu gehen. Das er das nach sieben Jahren noch immer nicht verwunden hat, ist schon ein wenig überraschend. Genug Ablenkung sollte er doch gehabt haben.

_________________
Bild
"I think that we like those kind of entertainment just to have the opportunity to become a child again during 42 minutes."


Zuletzt geändert von Kerstin am Sonntag 3. Juni 2012, 21:07, insgesamt 1-mal geändert.
Noch etwas ergänzt.


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Montag 11. Juni 2012, 11:06 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Kerstin hat geschrieben:
Ich bin mir nicht sicher, ob das "füglich" jetzt ironisch gemeint ist oder nur seltsam übersetzt. Das Original lautet The happiness which this reply produced, was such as he had probably never felt before; and he expressed himself on the occasion as sensibly and as warmly as a man violently in love can be supposed to do. Man kann das auch als "wie nur ein heftig verliebter Mann es können sollte" übersetzen. Mal von der Übersetzung abgesehen, steht im zweiten Satz nämlich rein gar nichts ironisches, sondern eher eine Bestätigung, dass es durchaus ernst gemeint ist.
Had Elizabeth been able to encounter his eye, she might have seen how well the expression of heartfelt delight, diffused over his face, became him; but, though she could not look, she could listen, and he told her of feelings, which, in proving of what importance she was to him, made his affection every moment more valuable.
Sprich, der gute Mann redet nicht nur von Liebe, er strahlt auch noch vor lauter Glück.
Nebenbei bemerkt hatte ich das Buch WEIT vor der Verfilmung von 2005 gelesen ( nämlich 1995, als die BBC Verfilmung das erste Mal lief ;D ) und ich fand den zweiten Antrag auch da schon recht romantisch, ohne einen Sonnenaufgang mit Tauglitzer und Morgennebel im Hinterkopf zu haben. Man konnte sich im Kopf vorstellen, wie dieser Spaziergang von statten ging.

Genau. Beide sind heftig verliebt und selbst Lizzie ist in dem Moment so voll mit ihren gefühlen, dass sie sich nicht wagt geradeaus in seine Augen zu blicken. Was ist romantischer als ein Mann, der kein Dampfplauderer ist, vielmehr zu den eher Schweigsamen gehört, die nur dann reden, wenn sie auch wirklich etwas vernünftoges zu sagen haben und dem dann das Herz übergeht, und der bestrebt ist ihr auch deutlich zu machen, wie er sich fühlt?
Und auch dies wieder im Gegensatz zu sonst eher Plaudertaschen, zumindest aber redegewandten Männern, die meinen sie würden sich was abbrechen, wenn sie über Gefühle redeten oder einer Frau sagten, sie liebten sie, denn das sollte sie ja spüren. :wink:

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:blume: Grüsse, Caro

Avatar: Amelia Darcy (1754-1784)

Für 1 Jahr säe einen Samen, für 10 Jahre pflanze einen Baum, für 100 Jahre erziehe einen Menschen. chin. Weisheit


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Mittwoch 1. Oktober 2014, 18:18 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Hier passt es vielleicht am Besten hin ...

Ich habe gerade nach Jahren (unserem letzten GroupRead?) wieder mal "Persuasion" gelesen - passend zum Herbst. Dieses Mal in Form dieser kommentierten Ausgabe, die wie die anderen aus dieser Reihe sehr gelungen scheint. Ich freu mich schon sehr auf "Mansfield Park" 2015. :wink:

Weil wir ja hier und anderswo im Forum immer mal wieder das Thema "Liebe und/aus Dankbarkeit" hatten, ist mir eine der Anmerkungen besonders aufgefallen - ich tippe sie mal teilweise ab, Übersetzung/Zusammenfassung folgt unten:

"Gratitude" was a loaded word in the heated early nineteenth-century debate about love and gender. In his immensely influential conduct book "A Father's Legacy to His Daughters (1774) John Gregory insisted that what women "commonly called love is rather gratitude", and then detailed the key role it played in the development of a romantic attachment. "Some agreeable qualities recommend a gentleman to your common good liking and friendship. In the course of his acquaintance, he contracts an attachment to you. When you perceive it, it excites your gratitude; this gratitude rises into a preference; and this preference perhaps at last advances to some degree of attachment (...)."
In expressing gratitude to the hero for his kindness and assistence, and then confessing that these emotions have led to deeper feelings of love for him, heroines in the novels of Austen and many of her female contemporaries follow the path marked out for them by Gregory.


(Die Anmerkung verweist auf ein "Benimmbuch" von John Gregory, das sich u.a. detailliert über den Ursprung weiblicher Liebe auslässt. Dankbarkeit spielt nach Gegory eine Schlüsselrolle, sie ist seiner Vorstellung nach der einzige "wahre" Auslöser für weibliche Zuneigung - eine Vorstellung die sich bei Austen und vielen ihrer Zeitgenossen widerspiegelt. Dankbarkeit für die vom zunächste rein rational geschätzten Mann entgegengebrachte Zuneigung, aus der sich dann ein liebesähnliches, tieferes Gefühl entwickelt.)

Es folgen Beispiele aus den anderen JA-Romanen und der Hinweis darauf, dass man "Persuasion" diesbezüglich als kleine "Revolution", zumindest in Austens Romanwelt sehen kann. "Dankbarkeit" spielt in der Beziehung von Wentworth und Anne erstmals bei JA gar keine Rolle, erwähnt wird sie in diesem Roman nur in Bezug auf Louisas und Benwicks Beziehung. Eine Schlussfolgerung, die man daraus ziehen kann wäre die, dass "Persuasion" der einzige wirklich "romantische" Roman von Jane Austen ist. Der erste - und letzte - in der die "romantische" Liebe im Mittelpunkt steht und nicht nur eine kritikwürdige Nebenrolle spielt (wie bei Marianne & Willoughby, Lydia & Wickham oder Maria Bertram & Henry Crawford, die nichts mit derartiger Rationalität und korrektem weiblichen Fühlen und Verhalten am Hut haben). "Romantisch" meint hier die Epoche bzw. die Liebeskonzeption der Epoche, weniger das was wir heute darunter verstehen.

Weil ich diesen Zusammenhang mit der von Gregory (und anderen, folgenden Autoren) propagierten weiblichen Liebe so konkret noch nirgends gelesen habe - bzw. mich nicht detailliert daran erinnere - hab ich interessehalber mal per Volltextsuche verglichen, wie oft "gratitude" oder "grateful" in diesem Kontext bei Austen vorkommen:

Sense and Sensibility: 3 mal (alle bezogen auf Marriane & Colonel Brandon), sonst in anderen Zusammenhängen.

Pride and Prejudice: 9 mal (diese nur in Bezug auf Elizabeths & Darcys Beziehung bzw Elizabeths Gefühle für ihn!)

Northanger Abbey: 1 mal (bzgl. Catherine & Henry), in anderen Zusammenhängen ein paar mal.

Mansfield Park: 4 mal (im Zusammenhang mit Edmund/Fanne und Henry/Fanny - sonst mehr als doppelt soviel und fast immer in Bezug auf Fanny - auch nicht überraschend)

Emma: insgesamt am häufigsten! Meistens in Bezug auf Harriet (und Mr Martin/Elton/Knightley) - die wir ja schon an anderer Stelle als klassisches weibliches Idealbild der Zeit identifiziert haben. Aber immerhin auch 3 mal im Zusammenhang mit der Beziehung zwischen Emma und Knightley.

Persuasion: wie oben gesagt, nur einmal in Bezug auf Louisa und Benwick, sonst in anderen Kontexten.


Mir ist klar, dass diese "Wortklauberei" nicht allein aussagekräftig ist, u.a. weil sich "Dankbarkeit" als Inhalt ja nicht nur über die Wortwahl ausdrücken kann. So tauchen z.B. Edward und Elinor in dieser "Statistik" gar nicht auf, obwohl ich diese Beziehung als eine der konservativsten bei Austen sehe. Trotzdem fand ich den Verleich in diesem Zusammenhang interessant. Sehr überrascht hat mich die hohe Zahl in "Pride & Prejudice", also in Bezug auf Elizabeth und Darcy. Gerade weil viele diese Liebesgeschichte im heutigen Sinn als "romantischste" von allen bei JA verstehen.


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Donnerstag 2. Oktober 2014, 10:14 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Registriert: Mittwoch 9. April 2008, 15:07
Beiträge: 3093
Julia hat geschrieben:
Dankbarkeit spielt nach Gegory eine Schlüsselrolle, sie ist seiner Vorstellung nach der einzige "wahre" Auslöser für weibliche Zuneigung - eine Vorstellung die sich bei Austen und vielen ihrer Zeitgenossen widerspiegelt. Dankbarkeit für die vom zunächste rein rational geschätzten Mann entgegengebrachte Zuneigung, aus der sich dann ein liebesähnliches, tieferes Gefühl entwickelt.)
(...)
"Dankbarkeit" spielt in der Beziehung von Wentworth und Anne erstmals bei JA gar keine Rolle, erwähnt wird sie in diesem Roman nur in Bezug auf Louisas und Benwicks Beziehung. Eine Schlussfolgerung, die man daraus ziehen kann wäre die, dass "Persuasion" der einzige wirklich "romantische" Roman von Jane Austen ist.
(...)
"Romantisch" meint hier die Epoche bzw. die Liebeskonzeption der Epoche, weniger das was wir heute darunter verstehen.


Das ist sehr interessant! Ich wusste nicht, dass Dankbarkeit eine so große Rolle für die Liebe spielte (oder spielen sollte). Wobei ich nicht ganz sicher bin, ob ich das richtig verstehe. Heißt das, dass zur romantischen Vorstellung der Liebe damals die Dankbarkeit dazugehörte? Oder meinte Gregory genau das nicht? Wenn Du sagst, Persuasion sei romantisch, weil Anne nicht dankbar ist, dann gehörte Dankbarkeit wohl nicht zur Romantik.

Mir fällt zum Thema Dankbarkeit in Persuasion zuerst die Stelle ein, als Wentworth Anne den schweren Jungen vom Rücken nimmt. Da ist sie ihm sicher auch dankbar, dass er ihr hilft, aber in erster Linie wertet sie seine Hilfe bzw. seine Aufmerksamkeit wohl als Zeichen, dass er noch etwas für sie empfindet. Ob sie dafür dankbar ist, weiß ich nicht, sicher freut es sie.
Wieso meinst du, dass die Romantik in Persuasion nicht unbedingt in dem Sinne gemeint ist, wie wir sie heute verstehen? Weil Anne trotz aller Gefühle stets "vernünftig" bleibt? Weil sie sich also nicht allein von ihren Gefühlen leiten lässt? Man könnte ja nämlich auch sagen, dass Annes Liebe zu Wentworth durchaus auch nach unseren Maßstäben romantisch/unvernünftig ist: Immerhin währt sie viele Jahre lang, Anne hat offenbar nie aufgehört, ihn zu lieben, trotz der großen Distanz und anderer widriger Umstände. Mir scheint, dass sie sich in Bezug auf Wentworth doch etwas unvernünftig verhält...

Zitat:
Sehr überrascht hat mich die hohe Zahl in "Pride & Prejudice", also in Bezug auf Elizabeth und Darcy. Gerade weil viele diese Liebesgeschichte im heutigen Sinn als "romantischste" von allen bei JA verstehen.


Ja, in P&P spielt die Dankbarkeit sicher eine große Rolle für Elizabeths Gefühle. Wobei das in dem Fall ziemlich konkret ist: Immerhin hilft er Lydia aus der Patsche und rettet damit die Familie Bennet. Das hat sicher geholfen, Elizabeth endgültig die Augen zu öffnen - wobei sie ja schon vorher auf dem besten Weg ist, ihre Gefühle für ihn neu zu ordnen. In Bezug auf Darcy stellt sich das ja übrigens anders da: Was er tut, ist extrem romantisch - auch nach unseren Maßstäben (glaube ich).

Ich denke auch, dass sich Liebe (übrigens nicht nur weibliche) aus einem Gefühl der Dankbarkeit heraus entwickeln kann. Heute wie damals. So wie es Gregory beschreibt, wirkt es aber natürlich schon so, als ob die Frau dankbar sein müsse, erwählt zu werden, worauf sie sich froh verliebt. Passte das zum damaligen Frauenbild?


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Samstag 4. Oktober 2014, 09:33 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Registriert: Mittwoch 19. Oktober 2005, 20:13
Beiträge: 4781
Anne ist Wentworth in den der von Dir erwähnten Situation sicher dankbar, aber das ist nicht das, was ich meine. In der von Gregory (und sicher nicht nur von ihm) propagierten Sicht, entsteht weibliche Zuneigung aufgrund von Dankbarkeit für die vom Mann entgegengebrachte Zuneigung. D.h. einer "anständigen" Frau wird mehr oder weniger abgesprochen, sich aus eigenem Antrieb oder meinetwegen "Leidenschaft" zu verlieben. Sie bleibt passiv und reagiert, statt selbst (in ihrer Gefühlswelt) aktiv zu werden. Hier muss man natürlich unterscheiden zwischen dem, was moralisch ambitionierte Publizisten oder Autoren von "Benimmliteratur" für richtig hielten und dem, was der jeweiligen Lebenswirklichkeit entsprach. Auch Jane Austen macht sich ja z.B. in "Northanger Abbey" auch genau über diese Konventionen lustig, z.B. hier:

Zitat:
Whether she thought of him so much, while she drank her warm wine and water, and prepared herself for bed, as to dream of him when there, cannot be ascertained; but I hope it was no more than in a slight slumber, or a morning doze at most; for if it be true, as a celebrated writer has maintained, that no young lady can be justified in falling in love before the gentleman's love is declared, it must be very improper that a young lady should dream of a gentleman before the gentleman is first known to have dreamt of her.


(Kapitel 3 - hier bezieht sich JA mit "a celebrated writer" auf Samuel Richardson)

Aber auch wenn JA diese Konventionen sicher kritisch oder zumindest ironisch behandelt, lässt sich eben die meisten ihrer Heldinnen das Muster von Dankbarkeit/Liebe durchleben. Außer in "Persuasion".

Bzgl. "romantische Liebe" meinte ich, dass sich im frühen 19. Jahrhundert diese oben beschriebene Vorstellung von Liebe zu wandeln begann, bzw. vor allem auch die Art wie diese z.B. literarisch dargestellt wurde. Nach und nach wurde der spontane, leidenschaftliche Aspekt des Verliebens auch dem weiblichen Gefühlsleben zugestanden. Oder ganz allgemein gesprochen: Die Liebe wird aus dem bürgerlich-moralischen Kontext herausgelöst und bekommt einen individuellen - eben "romantischen" - Charakter. Das gemeinsame, in der Liebe zueinander gefundene Glück legitimiert die Liebenden, nicht mehr der soziale oder gesellschaftliche Kontext. Im Gegenteil: die familiären oder gesellschaftlichen Motivationen zur Ehe werden eher verachtet - es zählt nur noch die Zuneigung zueinander und die steht weit über allen anderen Überlegungen. Also: Die "wahre" Liebe siegt - oder muss zumindest literarisch siegen, entgegen alle äußeren, "oberflächlichen" Widerstände.
Ansätze dazu kann man in "Persuasion" bzw. in der Darstellung der Beziehung von Anne und Wentworth nachvollziehen - u.a. eben in dem Verschwinden des Faktors "Dankbarkeit" als Initiation, aber sicher auch in der von Dir erwähnten "Unvernunft" Annes, ihrem hoffnungslosen Festhalten an der verflossenen Liebe. Oder in der Ablehnung der als überholt und herzlos dargestellten aristokratischen Welt ihres Vaters. Oder auch in der Darstellung der erfolgreichen Ehe der Crofts, die sich auf Gleichberechtigung, Exklusivität und Unabhängigkeit von äußeren Regeln oder Einflüssen gründet.

Das meinte ich auch damit, dass man das was wir heute unter Romantik verstehen (wobei man darüber ja auch unterschiedlicher Ansicht sein wird!) nicht mit dem verwechseln darf, was die Epoche der Romantik bedeutet. Bzw. beide Begriffe trennen muss. Denn wie Du sagst - was z.B. Darcy für Elizabeth tut empfinden wir heute vermutlich als hochromantisch, in dem Kontext der Literatur der Zeit hat es aber eben eher wenig (oder gar nichts?) mit "Romantik" zu tun.
Sicher kann man JAs Romane nicht so einfach in zwei Gruppen teilen - die "romantischen" und die "unromantischen - und ich würde behaupten, dass man auch in den anderen Romanen Anhaltspunkte dafür finden kann, dass sie in einer Kultur des Umbruchs entstanden sind. (Das könnte man vielleicht mal detailliert unter die Lupe nehmen?) Aber den Gedanken, das "Persuasion" sozusagen auf der anderen Seite dieses Umbruchs steht, finde ich jedenfalls sehr schlüssig & offensichtlich.


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Samstag 4. Oktober 2014, 22:40 
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Julia hat geschrieben:
Aber den Gedanken, das "Persuasion" sozusagen auf der anderen Seite dieses Umbruchs steht, finde ich jedenfalls sehr schlüssig & offensichtlich.

Wirklich sehr interessante Denkanstöße.
Ich habe gleich auf der Seite des Umbruchs weitergedacht und "Sanditon" hervorgekramt. Leider endet es ja genau an der Stelle, an der die Heldin den begehrenswerten Junggesellen trifft.
Aber ich meine mich zu erinnern, daß die eine vollendete Fassung, die ich mal gelesen hab, ein wenig in diese Richtung tendiert. Obwohl das ja sowieso schwierig ist, da eine in der heutigen Zeit geschriebene Fassung keinen zurückdatierten Blick auf diese Dinge haben kann.
Zumindest ist die Heldin eine gedanklich selbstbewusste, ihre Umwelt wach beobachtende junge Dame. Ich frage mich schon, wie JA die Entwicklung des Romans weiter geplant hatte.
Ob die Geschichte in dieser Richtung weitergegangen wäre oder andere Aspekte mehr in den Vordergrund getreten wären, wir hatten im Groupread damals glaub ich auch über eine Entwicklung nachgedacht, die ganz ohne Pärchenbildung der Helden hätte enden können, das wäre ja nun total unromatisch :thud:

Elanor

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[During the 1960s] I think there was more sex in those old films than in all that thrashing around today. I'm tired of sex scenes.
Claudette Colbert

sadly enough, this is more than true in our times


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Sonntag 5. Oktober 2014, 12:29 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Registriert: Mittwoch 9. April 2008, 15:07
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Julia hat geschrieben:
In der von Gregory (und sicher nicht nur von ihm) propagierten Sicht, entsteht weibliche Zuneigung aufgrund von Dankbarkeit für die vom Mann entgegengebrachte Zuneigung. D.h. einer "anständigen" Frau wird mehr oder weniger abgesprochen, sich aus eigenem Antrieb oder meinetwegen "Leidenschaft" zu verlieben. Sie bleibt passiv und reagiert, statt selbst (in ihrer Gefühlswelt) aktiv zu werden.


Hab mal ein wenig quergelesen zum Thema Dankbarkeit. Gleich vorne bei Wiki findet man den Hinweis auf die Moralphilosophen des 18. Jh., insbesondere Adam Smith. Wie schon mal erwähnt, scheinen die Thesen dieser Philosophen bei Austen durchaus eine Rolle zu spielen. Interessant finde ich den Hinweis auf die religiöse Bedeutung der Dankbarkeit: Dass man Gott dankbar ist für Leben und Sein, dass dies eine Quelle der Liebe zu Gott ist. Ohne Männer vergöttlichen zu wollen, fällt schon irgendwie die Parallele auf: die Frau soll sich ja offenbar auch aus Dankbarkeit für die Erwählung durch den Mann in ihn verlieben - wie der Mensch von Gott erwählt wurde? Damals war die Religion in der Philosophie und Moraltheorie ja noch wesentlich präsenter als heute, trotz Aufklärung.

Also wenn ich Dich recht verstehe, geht das bei Austen ein wenig hin und her. Denn einerseits macht sie sich in NA über diese Vorstellung lustig, andererseits folgt sie dem Schema bei mehreren ihrer Heldinnen?

Zitat:
Aber auch wenn JA diese Konventionen sicher kritisch oder zumindest ironisch behandelt, lässt sich eben die meisten ihrer Heldinnen das Muster von Dankbarkeit/Liebe durchleben.


Die Frage ist, warum sie das tut? Weil ihre Distanz zu dieser Idee doch noch nicht so groß ist? Wäre das zu romantisch? Oder zu feministisch? Wir hatten ja bisher oft vermutet, dass Austens Ideal die "vernünftige Liebe" ist. Das stimmt wohl auch, denke ich. Die Frage ist also, wie diese "vernünftige Liebe" ausgelöst wird: durch Dankbarkeit oder durch aktives Tun.

Zitat:
"Dankbarkeit" spielt in der Beziehung von Wentworth und Anne erstmals bei JA gar keine Rolle, erwähnt wird sie in diesem Roman nur in Bezug auf Louisas und Benwicks Beziehung. Eine Schlussfolgerung, die man daraus ziehen kann wäre die, dass "Persuasion" der einzige wirklich "romantische" Roman von Jane Austen ist. Der erste - und letzte - in der die "romantische" Liebe im Mittelpunkt steht und nicht nur eine kritikwürdige Nebenrolle spielt.


Wenn ich so darüber nachdenke, klingt das schon plausibel. Vielleicht wird das in Persuasion am konsequentesten durchgezogen? Meinst Du das? Denn andererseits habe ich schon den Eindruck, dass auch in den anderen Romanen Liebesbeziehungen der Hauptpersonen ohne viel Dankbarkeit auskommen. Bei Emma habe ich mal Deine Wortsuche nachvollzogen: Obwohl Dankbarkeit oder dankbar oft vorkommen, auch in Bezug auf Emma und Knightley, hatte ich beim kurzen Nachschauen doch nicht den Eindruck, dass Emmas Liebe dadurch ausgelöst wird, dass sie für Knightleys Gefühle dankbar ist. Ebenso bei Elinor Dashwood und Edward Ferrars - bei ihnen wird, glaube ich mich zu erinnern, auch die Dankbarkeit nicht erwähnt. Allerdings, da hast Du recht, ganz klar bei Marianne und Brandon. Bei Catherine Morland und Henry Tilney ja auch nicht, wie von Dir erwähnt.
Aber, da würde ich Dir zustimmen: Es könnte durchaus sein, dass in Persuasion tatsächlich die "romantische Liebe" im positven Sinn im Mittelpunkt steht. Bei Catherine und Fanny Price geht es auch fast von Anfang an um die Liebe der Hauptfigur, aber unter ganz anderen Vorzeichen. Vielleicht ist das der Grund, warum Persuasion irgendwie von allen Austen-Romanen am anrührendsten wirkt (jedenfalls, wenn man es nicht schafft, mit Fanny Price mitzuleiden...)?

Und die Idee mit der "anderen Seite des Umbruchs" finde ich auch interessant. Das könnte man auf jeden Fall mal unter die Lupe nehmen - sogar ohne Groupread. ;-)


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Sonntag 5. Oktober 2014, 14:48 
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@Eleanor: Ja, an "Sanditon" habe ich auch gedacht ... schwer zu sagen, was sich dadiesbezüglich wie entwickelt hätte. So ganz ohne zentrale Liebesgeschichte wäre es bestimmt nicht abgelaufen, aber an den Anfangskapiteln spürt man schon sehr deutlich, dass diese nicht so wichtig ist, wie in den anderen Romanen. Immerwieder ein Jammer, dass es nur ein Fragment geblieben ist. :/

Udo hat geschrieben:
Also wenn ich Dich recht verstehe, geht das bei Austen ein wenig hin und her. Denn einerseits macht sie sich in NA über diese Vorstellung lustig, andererseits folgt sie dem Schema bei mehreren ihrer Heldinnen?
Die Frage ist, warum sie das tut? Weil ihre Distanz zu dieser Idee doch noch nicht so groß ist? Wäre das zu romantisch? Oder zu feministisch?


Tja, es gibt zwar haufenweise Schubladen aber wohl nur sehr wenige Menschen (und Autoren) die so 100% in eine einzige passen. Wie so oft komme ich persönlich auch hier zu dem Schluß, dass JA viele vielleicht aus heutiger Sicht widersprüchliche Aspekte in ihren Romanen vereint. Ist sie nun konservativ oder progressiv? Auch darüber ist man sich ja bis heute nicht einig und es lassen sich Belege für beide Extreme finden. Wie so oft ist es auch hier nicht schwarz oder weiß, sondern ein bißchen von beidem. Das macht es ja auch erst interessant bzw. menschlich.

Interessant, dass Du auf Adam Smith gestoßen bist - hat meli den nicht auch mal als "Quelle" bzw. Bezugspunkt für Austen genannt? Oder einige Parallelen gefunden? Ich kann mich nicht erinnern (sie hats glaube ich auch nicht näher erläutert), nur daran, dass ich mich endlich mal mit dem Herrn auseinander setzen sollte, der mir auch im Studium immer wieder am Rande begegnet.

Udo hat geschrieben:
Bei Emma habe ich mal Deine Wortsuche nachvollzogen: Obwohl Dankbarkeit oder dankbar oft vorkommen, auch in Bezug auf Emma und Knightley, hatte ich beim kurzen Nachschauen doch nicht den Eindruck, dass Emmas Liebe dadurch ausgelöst wird, dass sie für Knightleys Gefühle dankbar ist.


Nein, den habe ich aus der Erinnerung auch nicht. Alledings wird sie sich ihrer Gefühle für ihn auch erst bewusst, als er ihrer Meinung nach kurz davor ist, Harriet zu heiraten. Und die "Erleuchtung klingt schon recht "unromantisch":

How long had Mr. Knightley been so dear to her, as every feeling declared him now to be? When had his influence, such influence begun?--When had he succeeded to that place in her affection, which Frank Churchill had once, for a short period, occupied?--She looked back; she compared the two--compared them, as they had always stood in her estimation, from the time of the latter's becoming known to her--and as they must at any time have been compared by her, had it--oh! had it, by any blessed felicity, occurred to her, to institute the comparison.--She saw that there never had been a time when she did not consider Mr. Knightley as infinitely the superior, or when his regard for her had not been infinitely the most dear. (Kapitel 47)

Es geht um Mr Knightleys "überlegenen Charakter" und den Wert den "seine Zuneigung zu ihr" hat. Marianne Dashwood würde sich im Grabe umdrehen, zumindest die Pre-Willoughby-Marianne. :wink:

Till now that she was threatened with its loss, Emma had never known how much of her happiness depended on being first with Mr. Knightley, first in interest and affection.--Satisfied that it was so, and feeling it her due, she had enjoyed it without reflection; and only in the dread of being supplanted, found how inexpressibly important it had been.--Long, very long, she felt she had been first; for, having no female connexions of his own, (...). She had herself been first with him for many years past. (...) In spite of all her faults, she knew she was dear to him; might she not say, very dear? (Kapitel 48)

Und auch hier (und in dem darauf folgenden Absatz zu Beginn des Kapitels) dreht sich sehr viel - um nicht zu sagen: alles - um Mr Knightleys Zuneigung zu Emma, deren sie sich bewusst wird. Das scheint der zentrale Punkt in ihrer "Selbstentdeckung" zu sein.

Auch wenn hier nirgends das Wort "Dankbarkeit" steht, schwingt es doch recht deutlich mit, finde ich. Ein Beleg für meine Vermutung, dass die obige Wortzählerei nicht allzu ernst zu nehmen ist bzw. nicht als einziges Indiz gelten kann. Das betrifft auch das von Dir genannte Beispiel Elinor/Edward. Da müsste man mal an den entsprechenden Stellen im Buch nachlesen ...


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Sonntag 5. Oktober 2014, 18:52 
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Julia hat geschrieben:
Ist sie nun konservativ oder progressiv? Auch darüber ist man sich ja bis heute nicht einig und es lassen sich Belege für beide Extreme finden. Wie so oft ist es auch hier nicht schwarz oder weiß, sondern ein bißchen von beidem. Das macht es ja auch erst interessant bzw. menschlich.

Das stimmt - und ist zugleich die positive, wohlwollende Deutung dieses Zustands. ;-) Man könnte dagegen halten, dass Austen zu sehr im Ungefähren bleibt. Vielleicht sogar, weil sie es nicht besser kann. Vielleicht, weil sie die Dinge, über die sie schreibt, nicht genügend reflektiert, durchdrungen hat. Vielleicht, weil sie intellektuell dazu nicht in der Lage war. Da wären wir bei der lieben alten Tante vom Lande, die einfach nur schreibt, was ihr vor die Feder kommt - allerdings wäre dies nicht positiv gemeint, sondern negativ. Aber ich neige auch eher zu Deiner Deutung.

Über Adam Smith haben wir uns auch in meiner Erinnerung nur ansatzweise unterhalten. Wie überhaupt über den moralphilosophischen Hintergrund. Im Frage- und Antwort-Spiel kam das auch mal vor. Wäre spannend, wenn sich jemand damit auskennen würde.

Zitat:
Es geht um Mr Knightleys "überlegenen Charakter" und den Wert den "seine Zuneigung zu ihr" hat.


Stimmt schon, es ist bei Emma vielleicht durchaus mehr, als nur die Erkenntnis, dass sie ihn liebt, auch wenn da direkt von Dankbarkeit keine Rede ist. Aus ihrer Sicht ist das sicher nicht romantisch - umgekehrt aber wieder durchaus aus seiner Sicht. Er verhält sich zwar (zu) oft wie ein Oberlehrer, finde ich (obwohl Emma es schon nötig hat...), aber romantisch ist das auch, wie er allen Unbilden zum Trotz an seiner Liebe zu ihr festhält, schließlich fast verzweifelt, dann doch die Kurve kriegt. Romantischere Seelen als ich könnten da doch durchaus ins Schwärmen kommen, oder? ;-)
Bemerkenswert finde ich übrigens mal wieder die Sache mit dem "überlegenen Charakter" des Mannes. Das taucht ja nun auch öfter bei Austen auf: Mr. Darcy, Edmund Bertram (ok, beide nicht charakterlich, aber intellektuell offenbar), Mr. Tilney, Oberst Brandon. Das ist vielleicht auch ein großer Unterschied bei Persuasion: Anne ist ihrem Liebsten in keiner Hinsicht unterlegen, im Gegenteil, sie ist ihm, soweit ich mich erinnere, in jeder Hinsicht überlegen (nur so weit gereist ist sie nicht). So gesehen ist Anne vielleicht die modernste Austen-Heldin?


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Sonntag 5. Oktober 2014, 19:38 
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Udo hat geschrieben:
Man könnte dagegen halten, dass Austen zu sehr im Ungefähren bleibt. Vielleicht sogar, weil sie es nicht besser kann. Vielleicht, weil sie die Dinge, über die sie schreibt, nicht genügend reflektiert, durchdrungen hat. Vielleicht, weil sie intellektuell dazu nicht in der Lage war. Da wären wir bei der lieben alten Tante vom Lande, die einfach nur schreibt, was ihr vor die Feder kommt - allerdings wäre dies nicht positiv gemeint, sondern negativ.


Klar, so hat man es ja - auch Dank des von der Familie vermittelten Bildes - sehr lange dargestellt. Allerdings ist man zumindest in der Literaturwissenschaft sehr weit davon entfernt, jedenfalls traut sich das seit den 1950er Jahren eigentlich niemand mehr zu sagen. :wink:
Was das "Ungefähre" betrifft: Das findet man nicht nur bei Austen sondern auch bei allen anderen "großen" Autoren. Denn die haben nicht für die Literaturgeschichtsschreibung (oder Periodisierungs-Fetischisten) geschrieben sondern aus ganz verschiedenen Antrieben, mit vielfältigen Motivationen und differenzierten Anliegen. Da kommt dann halt kein Abziehbild raus. Beispiel Goethe, den man neben "Sturm und Drang" und "Weimarer Klassik" durchaus auch in der "Romantik" finden kann, obwohl er selbst es weit von sich gewiesen hat. (OK, schlechtes Beispiel, denn der gute Goethe hatte ja sehr wohl die akademische Nachwelt im Blick. Aber sagen wir: Georg Büchner oder Heinrich Heine - um in Deutschland zu bleiben. Selbst über Shakespeare zerbricht man sich noch den Kopf, weil es da so viel Widersprüchliches und Unausgegorenes gibt.) Diese Kategorien entstehen ja erst viele Jahre später und sind nie definitiv, sondern immer nur als Hilfsmittel gedacht, um sich über bestimmte Aspekte verständigen zu können. Das "Ungefähre" ist also kein qualitativer Mangel per se, und schon gar kein Austen-spezifischer, finde ich.

Sorry fürs :schlaumeier:, aber beim "Austen-Kleinreden" gehe ich immer etwas die Wand hoch (was hauptsächlich an diesem diesbezüglich sehr erhellenden/deprimierenden Buch liegt) - auch wenn ich natürlich weiß, dass Du es nicht so meinst!! :danke:


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Donnerstag 9. Oktober 2014, 12:53 
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Julia hat geschrieben:
Was das "Ungefähre" betrifft: Das findet man nicht nur bei Austen sondern auch bei allen anderen "großen" Autoren. (...) Diese Kategorien entstehen ja erst viele Jahre später und sind nie definitiv, sondern immer nur als Hilfsmittel gedacht, um sich über bestimmte Aspekte verständigen zu können. Das "Ungefähre" ist also kein qualitativer Mangel per se, und schon gar kein Austen-spezifischer, finde ich.


Nein, ich halte das auch nicht für einen qualitativen Mangel. :) Es ist wohl ein falscher Ansatz, in Romanen immer nach einer bestimmten Absicht zu suchen. Oder sie in Schubladen packen zu wollen. Interessant ist dabei, dass (soweit ich weiß) nicht wenige Autoren in Austens Zeit sehr wohl konkrete Absichten mit ihren Büchern verfolgten, z.B. pädagogische. War Austen also schon einige Schritte weiter, auch in dieser Hinsicht?
Trotzdem darf man, denke ich, nach Zeitbezügen und Intentionen suchen, man darf deuten, interpretieren, analysieren, versuchen, das Buch zu verstehen. Macht das nicht die Literaturkritik, sofern sie sich nicht auf Formalien beschränkt? Soweit sind wir uns bestimmt halbwegs einig. :wink:
Bei Austen ist es so, wie ich Dir ja auch schon gesagt habe, dass mich manchmal das leicht unangenehme Gefühl beschleicht, ich könnte sie ziemlich missverstehen. Sie war sicher nicht die liebe Tante vom Lande, aber vielleicht war sie in der Gedankenwelt ihrer Zeit doch etwas stärker verhaftet, als mir lieb sein könnte. Wie erwähnt hat mich da Park Honans Buch There is happiness! ein wenig ins Trudeln gebracht. Wenn er recht hat, ist Austen eine reichlich christliche und konservative Autorin - was selbstverständlich nicht heißt, dass sie nicht großartige Romane schreibt. Man müsste sie hier und da aber vielleicht doch ein wenig anders bewerten oder beleuchten. Emily Auerbach hält ja kräftig dagegen. Honan zeigt aber, dass die Austen-Deutung noch nicht am Ende ist.

Zitat:
Sorry fürs :schlaumeier:, aber beim "Austen-Kleinreden" gehe ich immer etwas die Wand hoch

Deshalb würde ich es auch nie wagen, sowas zu tun. :wink:


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Freitag 10. Oktober 2014, 17:40 
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Ist ein wenig offtopic - aber sollten wir nicht mal Sanditon gemeinsam lesen?
Auch wenn es ein Fagment ist - ich meine mich erinnern zu könnmen, dass die Liebe ( einer Frau ) dort etwas anders geschildert wird?

P&P ist halt mehrfach besprochen worden, und wenn ich dann solche Experten wie Udo oder Julia oder ..oder.. lese, dann ist schon alles gesagt was ich auch bereits sagen wollte. ^^
Sanditon wär mal neu, oder?
Nur ein Vorschlag - für den nächsten Groupread, wann auch immer.

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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Freitag 10. Oktober 2014, 20:08 
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Das mit Sanditon fände ich auch mal ne gute Idee :)

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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Freitag 10. Oktober 2014, 22:41 
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Klar könnte man Sanditon lesen - aber das haben wir auch schon gemacht: Der Groupread endete im Juni 2010, ist also in Groupreaddimensionen noch gar nicht soo lange her. :wink:


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Samstag 11. Oktober 2014, 21:12 
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@Miranda: "Sanditon" hört doch auf, bevor sich irgendeine Liebesgeschichte auch nur annähernd anbahnt?! Abgesehen von Miss Lambes dubiosem Tête-à-Tête - dachtest Du daran?

Udo hat geschrieben:
Bei Austen ist es so, wie ich Dir ja auch schon gesagt habe, dass mich manchmal das leicht unangenehme Gefühl beschleicht, ich könnte sie ziemlich missverstehen. Sie war sicher nicht die liebe Tante vom Lande, aber vielleicht war sie in der Gedankenwelt ihrer Zeit doch etwas stärker verhaftet, als mir lieb sein könnte. Wie erwähnt hat mich da Park Honans Buch There is happiness! ein wenig ins Trudeln gebracht. Wenn er recht hat, ist Austen eine reichlich christliche und konservative Autorin - was selbstverständlich nicht heißt, dass sie nicht großartige Romane schreibt. Man müsste sie hier und da aber vielleicht doch ein wenig anders bewerten oder beleuchten. Emily Auerbach hält ja kräftig dagegen. Honan zeigt aber, dass die Austen-Deutung noch nicht am Ende ist.


Das denke ich auch. Mag sein, dass man bei Autoren die man sehr schätzt bestimmte Aspekte die nicht ins geliebte Bild passen gern ausblendet und dann wenig objektiv urteilt. Sicher geht das auch zum Teil den Literaturwissenschaftlern so. :wink: Wie sonst gäbe es eine solche Bandbreite an Deutungen & Perspektiven ... und so hitzige Auseinandersetzungen. So sind sich ja Deidre Le Faye und Paula Byrne in dieser Doku zu JAs vermeintlichem Porträt auch fast an die Gurgel gegangen. :wink:

Bzgl. christlich/konservativ fällt mir noch eine Sache ein, die ich selbst noch nicht detailliert nachvollzogen habe, die mir aber immer mal wieder am Rande begegnet: Nämlich dass sich (vor allem) die Abolitionsbewegung wie auch die Frauenbewegung(!) des mittleren 19. Jahrhunderts gerade auch aus den Reihen der Evangelikalen - zu denen Honan ja auch zumindest die ältere Jane Austen zählt, soweit ich mich erinnere - rekrutiert hat. Etwas, was uns heute als fortschrittlich erscheint hat also auch Wurzeln in einer aus heutiger Sicht eher als "konservativ" verstandenen Ecke. Sicher nicht ausschließlich dort, aber es gab viele prominente Wortführer die aus diesem Austen'schen Milieu stammten: gebildete, aber niedere oder verarmte (und deshalb wohl sensibel für soziale Probleme?) Gentry mit stark klerikalem Hintergrund.
Obwohl es zeitlich nicht so ganz passt - William Wilberforce wäre auch ein Beispiel für diese vermeintliche Widersprüchlichkeit (-> streng gläubig & trotzdem politisch engagiert und rebellisch veranlagt als radikaler Kämpfer für die Abschaffung der Sklaverei).


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Samstag 11. Oktober 2014, 22:16 
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Sorry, Julia,

ich war mit meinen Gedanken gestern etwas abgelenkt. :/
Eigentlich wollte ich "Lady Susan" vorschlagen. Als unkonventionelles Beispiel. :fies_sei:
Aber noch läuft ja P&P. :)

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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Sonntag 12. Oktober 2014, 09:44 
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Wenn es schon bei "P&P" so zäh vorangeht, habe ich für "Lady Susan" wenig Hoffnung, dass sich da eine Diskussion entwickelt. Dieser Groupread hat ja schon zu den Zeiten nicht geklappt, wo es hier im Forum wesentlich lebendiger zuging als derzeit. Aber warum nicht ...
"Unkonventionell" ist es auf jeden Fall, auch wenn das Thema Liebe in dem Roman ja sehr sarkastisch, wenn nicht sogar zynisch angegangen wird. Für die Lady ist Liebe vor allem ein Machtmittel, und da wir ihre Tochter vor allem aus ihren Augen kennenlernen wirken auch deren "edlere" Gefühle irgendwie albern.


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Sonntag 12. Oktober 2014, 19:35 
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Julia hat geschrieben:
Nämlich dass sich (vor allem) die Abolitionsbewegung wie auch die Frauenbewegung(!) des mittleren 19. Jahrhunderts gerade auch aus den Reihen der Evangelikalen - zu denen Honan ja auch zumindest die ältere Jane Austen zählt, soweit ich mich erinnere - rekrutiert hat. Etwas, was uns heute als fortschrittlich erscheint hat also auch Wurzeln in einer aus heutiger Sicht eher als "konservativ" verstandenen Ecke.


Das ist ein vielleicht trostreicher Gedanke...;-) Nein, stimmt schon, man darf da nicht mit heutigen Maßstäben rangehen. Ich denke auch nicht, dass man keine zukunftsweisenden Gedanken/Ideen entwickeln kann, wenn man zutiefst christlich ist. Oder konservative Wertvorstellungen hat. Es würde aber vielleicht helfen, Austens Welt besser zu verstehen, wenn man wüsste, wie sie über einige Dinge im wirklichen Leben gedacht hat. Da vermisst man einmal mehr ihre Briefe.... Und es könnte einen auch vor Überinterpretationen bewahren.


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Sonntag 12. Oktober 2014, 20:39 
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Udo hat geschrieben:
Das ist ein vielleicht trostreicher Gedanke...;-) Nein, stimmt schon, man darf da nicht mit heutigen Maßstäben rangehen. Ich denke auch nicht, dass man keine zukunftsweisenden Gedanken/Ideen entwickeln kann, wenn man zutiefst christlich ist. Oder konservative Wertvorstellungen hat.

/ironie an/ Da bin ich ja beruhigt, ich hatte schon befürchtet, hier nicht mehr hinzupassen :D /ironie aus/
hatte bloß vor dem Chorwochenende keine Zeit mehr, um dir meine Meinung zu "geigen" :vuvu:
denn ich bin a) recht konservativ, b) zutiefst christlich, wie du es ausdrückst und trotzdem c) fortschrittlichen Gedanken nicht abgeneigt
kann aber durchaus sein, daß mir deswegen Elinor Dashwood am Liebsten ist erstaunlicherweise dicht gefolgt von Lizzy und Anne Elliot gleichauf.
Auch mir fällt es oft schwer Fanny Price zu verstehen, obwohl mir Einiges an ihrer Haltung durchaus nachvollziehbar ist.

Elanor

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[During the 1960s] I think there was more sex in those old films than in all that thrashing around today. I'm tired of sex scenes.
Claudette Colbert

sadly enough, this is more than true in our times


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Sonntag 12. Oktober 2014, 22:44 
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Wieso meinst du, du könntest hier nicht mehr hinpassen? Meine Selbstzweifel, wenn ich das mal so nennen darf (Austenzweifel klingt komisch), hängen eher damit zusammen, dass ich mich gelegentlich frage, ob ich hier richtig bin. :wink:
Sorry, falls du dich irgendwie durch einen konstruierten Zusammenhang christlich/konservativ = nicht fortschrittlich angepinkelt fühlen solltest. Julia hat das ja schon ins rechte historische Licht gerückt. Ist ja letztlich vieles eine Definitionssache und eine Frage des Standpunkts des Betrachters.
Mir geht es auch um die Rezeptionsgeschichte der Austen-Romane. Da fällt auf, dass z.B. auch Marxisten und linke Feministinnen versucht haben, Austen zu vereinnahmen (oder in ihrem Sinne zu deuten). Das zumindest könnte man sehr zweifelhaft finden, wenn man Belege fände, dass Austen ein christlich-konservatives Weltbild hegte.
Aber es stimmt sicher auch, was Julia schreibt, dass man sich gerne seine Lieblingsautoren ein wenig zurechtschnitzt - und ausblendet, was man selbst nicht so ganz nachvollziehen kann.


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 Betreff des Beitrags: Re: Liebe in Jane Austens Romanen
BeitragVerfasst: Montag 13. Oktober 2014, 12:06 
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Austenexperte
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Lieber Udo,
hast du den Ironiemodus übersehen :wink:
ich bin eigentlich nicht so schnell beleidigt.
Und du bist hier definitiv richtig. Ab und an ein maskuliner Blickwinkel tut uns vielen Weibern doch ganz gut. Im Ernst, du bist eine Bereicherung.

Elanor

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