Caro hat geschrieben:
Jane Bennet z.B. hätte nicht gezögert Collins zu heiraten, hätte die Mutter das verlangt.
Dieser Gedanke ist aber sehr gewagt (und interessant!!) ...
Was macht Dich da so sicher?
Caro hat geschrieben:
Ich habe weiter oben ja geschrieben, es gibt auch die moralisch einwandfreien und integren Charaktere in den Familien. Wenn ich davon ausgehe, dass alle Mädchen bei den Bennets, Dashwoods und Bertrams gleich erzogen wurden, wie kommt es dann zu den Ausbrüchen?
Wenn man davon absieht, dass nicht automatisch alle Kinder einer Familie "gleich erzogen" werden, finde ich in diesen so unterschiedlichen Charakteren innerhalb einer Familie bei Jane Austen auch teilweise einen Widerspruch.
Einen, über den sich sich vielleicht selbst nicht klar war (weil das Thema innerhalb der Romane so inkonsequent gehandhabt wird) oder der einfach nur die zeitgenössische Diskussion widerspiegelt, nämlich: Wieviel an einem Menschen ist "Erziehung" und wieviel "natürliche Veranlagung"? Im Zuge der Aufklärung war man ja mit Rousseau der Meinung, der Mensch müsse zu seinen von Natur aus guten Wurzeln zurückkehren und favorisierte eine möglichst (nach damaliger Vorstellung) "freie" Erziehung, um dem Guten freie Entfaltung ermöglichen zu können. Zu Jane Austens Zeit hatte sich das Thema allerdings soweit differenziert, dass mehrere frühe "Erziehungswissenschaftler" mit ihren verschiedenen Ansätzen auf den Plan traten, die eifrig diskutiert wurden. Weil man gemerkt hatte, dass der Rousseau'sche Ansatz auch kein allgemeines Heilsversprechen war.
So spricht Austen einerseits oft über den "Einfluss der Erziehung", der z.B. aus Wickham, Willoughby, Maria & Julia Rushworth und auch Darcy die Charaktere gemacht hat, die sie sind. Gleichzeitig gibt es Charaktere wie Mrs Norris, Mr Elliot oder im aktuellen Fall von "Persuasion" Dick Musgrove, die geradezu als von Natur aus fehlgeleitet oder schlicht "böse" vermittelt werden.
So ganz einig scheint sich da Jane Austen auch nicht zu sein, finde ich. Und das ist ja auch nur menschlich - sie vermittelt keine starren Moralkonzepte oder statische Wertvorstellungen, weil sie diese selbst gar nicht hat. Es geht immer um den Einzelfall und im Fall eines Romans ja sowieso vielmehr um die Funktion einer Figur für die Geschichte selbst als um ein soziologisch wasserdichtes Abbild.