Caro hat geschrieben:
Reue würde ja eine Schuld voraussetzen. (...)Okay, darcy muss ihr da unter die Arme greifen, aber Lydia kriegt doch, was sie von Anfang an wollte.
Das ist auch mein Eindruck den ich aus dem Zusammenhang von Ereignissen, sowie gezeichneten Charakteren herauslese.
Dabei schätze ich eigentlich sehr, dass JA keinerlei Bedürfnis empfand Lydia einem gängigen, aus meiner Sicht heute am besten vergleichbar mit dem amerikanischen Modell von Moral, zu "belasten". Aus unserer Sicht stellen Bingley, und vorallem Darcy, gute, in manchem Auge vielleicht sogar ideale Ehemänner dar: Integer, ehrlich, gut situiert und ihren Frauen in Liebe verbunden. Diese Attribute mögen aus Sicht des Ethikers absolut notwendig sein um vollkommenes Glück in der Ehe erfahren zu dürfen. Man darf aber nicht vergessen, dass dieser Anspruch doppelläufig ist. Das heißt, beide Partner müssen diesem Anspruch gerecht werden.
Lydia hingegen weist selbst viele Defizite in dieser Beziehung auf. Auch scheint ihr Naturell insgesamt eher oberflächlicher Art zu sein. Ähnlich wie ihre Mutter, ist ihr in erster Linie der äussere Anschein wichtig und dann wahrscheinlich auch ihre persönliche Lustbefriedigung.
Man könnte innerhalb dieses Gedankengangs auch die Situation einmal umkehren und sich fragen, wie denkt Wickham eigentlich über seine Frau? Wenn ich einem von den Beiden Reue zutraue, dann wohl am ehesten ihm, da er mit dieser Verbindung auf Dauer sich nicht das Leben ermöglichte wie er sich das wohl wünschte. Da ist Willoughby wesentlich rationaler und strategischer in seinen Absichten indem er auf Marianne verzichtet und Miss Sophia Grey heiratet die einem Lebemann und Spieler wie ihm den finanziellen Hintergrund der dazu notwendig ist ermöglicht.
Und noch als Anmerkung zum Ganzen: Ein Gefühl von Reue ist noch lange kein Garant für ein wirkliches Erkennen von Schuld, Versagen oder Verlust in einem ethisch moralischen Kontext. Als krasses Beispiel dafür kann ein Mörder auch Reue darüber empfinden, sein Opfer um Haaresbreite verfehlt zu haben.
Ich muss sagen, ich finde Uli hat es diesbezüglich wunderbar auf den Punkt gebracht:
Ulli hat geschrieben:
Ich halte Lydia für ein viel zu glückliches Gemüt, als daß sie Reue überhaupt kennt. Ist die Liebe zu ihrem Wickham vorbei, wird sie dafür die Aufenthalte bei ihren wohlhabenen Schwestern sehr genießen und sich immer sicher fühlen, daß egal was passiert, eine von beiden notfalls schon einspringen wird. Selbstzweifel und Selbstreflektion gehören - wie bei ihrer Mutter - nicht zu ihren Charaktereigenschaften. Die Realität wird immer so sein, wie Lydia sie sich zurechtlegt.