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Archivarius |
Registriert: Mittwoch 19. Oktober 2005, 08:04 Beiträge: 2744 Wohnort: Brandenburg
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Hier ist noch ein Auszug aus dem Buchvon Johanna Schopenhauer "Reise nach England", wo die beiden Tanzsäle in Bath beschrieben werden (aus dem Jahr 1803):
Die neuen oder oberen Assembleesäle sind die besuchtesten, sowohl ihrer Größe und glänzenden Einrichtung wegen, als weil sie nahe am Cirkus, im Mittelpunkte des elegantesten Teils der Stadt liegen. Sie bestehen aus einem großen schönen Tanzsaale und zwei Spielzimmern. In einem derselben prangt das Porträt eines verstorbenen Zeremonienmeisters, des Hauptmanns Wade, im anderen das des gegenwärtigen Mr. Tyson. So ehrt man hier Verdienste und erhält ihr Andenken der Nachwelt. Herren abonnieren sich mit 10 Schilling, Damen mit der Hälfte für die ganze Saison. Dafür haben sie freie Entree zu jeder geziemenden Stunde und die Freiheit, die Spielzimmer zu benutzen.
“Neue Assembleesäle
Nur die Subskribenten zu den Bals pares haben eine Stimme bei der Einrichtung und Dirigierung der Lustbarkeiten in diesen Sälen. Diese wechseln in folgender Ordnung:
Montag: Bal pare (1) Dienstagabend: Karten-Assemblee Mittwochabend: Konzert Donnerstag: Fancy-Ball (2)
NB. Die Zimmer stehen den Subskribenten alle Tage zum Kartenspiel offen, sonntags ausgenommen; doch ist einen Sonntagabend um den andern die Promenade in denselben erlaubt.
Wer zu dem Bal pare eine Guinee subskribiert, erhält zu jedem ein Billett für sich und zwei für Damen. Für eine halbe Guinee hat man nur ein Billett für sich. Junge Herren und Damen können während der Schulferien Zutritt erhalten, wenn ein Mitglied der Gesellschaft sie einführt.
Zu den Fancy-Bällen subskribiert man eine halbe Guinee und erhält nur für seine Person Eintritt. Die Bälle fangen um 7 Uhr an und hören mit dem Glockenschlag 11 auf, wäre es auch mitten im Tanze. Zwischen den Menuetts und den englischen Tänzen wird eine Pause gemacht, damit Damen, denen der Vorrang gebührt, ihre Plätze nehmen können. Die, welche nach dem Anfange des Tanzes erst aufstehen, verlieren für dieses Mal ihr Vorrecht und stellen sich unten hin.
Keine Dame, die schon ihren Platz in der Kolonne genommen hat, erlaubt einer anderen, sich über sie zu stellen.
Damen, welche Menuetts tanzen wollen, tragen Lappets (3). Man bittet sie auch, ihren übrigen Anzug dieser Auszeichnung gemäß einzurichten, soviel es die Mode erlaubt. Die Herren werden ebenfalls gebeten, in Gala zu erscheinen.
Die drei vordern Reihen Sitze, am obern Ende des Saales, werden für die Gemahlinnen der Pairs von Großbritannien und Irland und für Damen, die diesen an Range gleich sind, freigelassen.
Nur Subskribenten haben in diesen Sälen Zutritt. Auf Bällen, Konzerten und Kartenassembleen darf niemand in Stiefeln oder Halbstiefeln erscheinen. Bei Bal pares hat niemand Zutritt ohne Billett; bei den Fancy-Bällen haben die Subskribenten zur Promenade in den Spielzimmern Zutritt.
Die Inhaber der Säle machen sich anheischig, sechsundzwanzig Bals pares und dreißig Fancy-Bälle zu geben, jedoch sind sie nicht verpflichtet, von der gehabten Einnahme Rechenschaft abzulegen. Das Orchester besteht aus zwölf Instrumenten, eine Harfe, ein Flagelot und ein Tamburin mit eingeschlossen. Ohne Ausnahme sind alle Hazardspiele hier verboten, wie auch sonntags alles Kartenspiel.
Bei der sich täglich mehrenden Vergrößerung dieser Stadt ist es dem Zeremonienmeister unmöglich, die Ankunft jedes Badegastes gleich zu erfahren. Er hofft deshalb, sie werden es nachsichtig verzeihen, wenn er wider Willen versäumen sollte, seine Visite zu machen, und bittet hiermit öffentlich, jedermann möge bei der Ankunft Namen und Wohnung in dem zu diesem Zwecke im Brunnensaale liegenden Buche einzeichnen lassen; dadurch wird er in den Stand gesetzt werden, seinen eigenen Wünschen und den Erwartungen des Publikums zu genügen.
Da es ungemein wünschenswert ist, daß alle unschickliche Gesellschaft fern von diesen Sälen bleibe, so bittet er ebenfalls alle fremde Herren und Damen, ihm Gelegenheit zu geben, ihre Bekanntschaft zu machen, ehe sie sich zu der Achtung und Aufmerksamkeit berechtigt glauben, welche er ihnen immer gern und aufs eifrigste zu beweisen streben wird.
Richard Tyson, Zeremonienmeister”
------------------ (1) Ball pare: Solch ein Ball ist eine gar wichtige und ernste Sache. Menuetts fangen ihn an; nur Damen vom höchsten Range oder die sich sonst sehr auszeichnen, tanzen diese, und es ist des Zeremonienmeisters heiligste Pflicht, ihnen ihrem Range angemessene Tänzer dazu zu verschaffen. Gewalzt wird nie, nach den Menuetts folgen die englischen und schottischen Tänze. Zu diesen ist jeder Tänzer für den ganzen Abend an seine Tänzerin gefesselt; er tanzt oder ruht, wie sie es will, und sorgt den ganzen Ball hindurch unermüdlich für ihre Bequemlichkeit und Unterhaltung.
(2) Fancy-Ball: Ein unübersetzbares Wort. Es bedeutet, daß man es auf diesen Bällen mit Rang, Etikette und Kleidung weniger strenge nimmt. Die Gesellschaft ist etwas gemischter, Damen dürfen es wagen, mit einem artigen Hütchen zu erscheinen, was sonst überall hoch verpönt ist, wo man sich im Glanze zeigen muß, zum Beispiele in der Oper und auf den vorderen Reihen in den Logen im Theater. ...
(3) Lappets, unter dem Namen von Barben oder Flügel unsern Großmüttern wohlbekannt. Zwei, etwa vier Finger breite, gewöhnlich unten abgerundete, 3/4 Ellen lange Streifen von Spitzen, Points oder dergleichen, die hinten vom Kopfputze herabflattern, bisweilen auch aufgesteckt sind und in London ein unentbehrliches Stück der Hoftracht der Damen ausmachen. ------------------
Die unteren Assembleesäle sind diesen an Größe und inneren Einrichtung sehr ähnlich. Fast gleichlautende, mit dem Namen des dortigen Zeremonienmeisters James King unterzeichnete Gesetze sind darin angeschlagen und werden heilig gehalten. Mr. King ist wegen seiner ausgezeichneten Verdienste und Talente auch Zeremonienmeister in Cheltenham, dort verwaltet er sein Amt im Sommer, wenn in Bath alles öde und leer ist.
Beide Könige von Bath teilen in brüderlichem Verein die Sorge fürs Publikum. Die Vergnügungen wechseln in beiden Sälen, besonders die Bälle, welche montags und donnerstags im obern, dienstags und freitags im untern Saale statthaben. Die tanzlustige Welt findet in Bath ihre Rechnung, wie man sieht. Zu den Konzerten im obern Saale wird mit drei Guineen subskribiert. Gewöhnlich werden die Saison hindurch deren zwölfe gegeben. Unter ihnen sind, in der Adventszeit, drei geistliche. Ein Herr Rauzzini dirigiert sie. Weiter läßt sich nichts Besonderes davon sagen.
Für das Vergnügen wäre also in Bath hinlänglich und eben nicht zu kostspielig gesorgt. Mag es sein, daß Langeweile und steife Etikette hier oft den Vorsitz führen. Der wirklich für die Freude empfängliche Teil der Gesellschaft wird sich schon ihrem lähmenden Einflusse zu entziehen wissen. Die übrigen trösten sich damit, daß sie sich auf die anständigste und modigste Weise von der Welt ennuyieren.
Wie man sehen kann, hat Jane Austen sich sehr genau an die Geflogenheiten in Bath gehalten, als sie die Bälle in den Assembleesälen in NA schilderte: Mo im oberen Saal, wo der "Ball pare" stattfindet, zu dem Catherine zu spät erscheint und so keinen Tänzer mehr abbekommt... Fr im unteren Saal, wo ihr der Zeremonienmeister James King den Tänzer ihres Lebens zuführt ...
_________________ "There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was." (Rudyard Kipling, The Janeites)
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