Miss Hamilton hat geschrieben:
Ich sag auch gar nicht, wie er sich hätte verhalten sollen, sondern lediglich, dass man mal völlig vergessen sollte, wer Darcy ist und nur das auf sich wikren lassen, was man in den ersten Kapiteln über ihn erfährt. Was bleibt übrig? Jedenfalls kein netter Kerl! Hinterher versuchen immer alle zu verteidigen, warum er sich Lizzy gegenüber unhöflich verhalten hatte (aber man verteidigt ihn ja nur, weil man ihn am Ende des Buches mag) Er war halt schlecht gelaunt, weil er auf den Ball mitgeschleppt wurde, so hat er es doch gar nicht gemeint, er hat sie sicher gar nicht richtig angeschaut etc... Alles was ich sage ist, dass sein Verhalten nicht (nur) eine Frage seiner üblen Laune war, sondern auch seines damaligen Charakters. Auch ohne schlechte Laune und mit richtigem Hinsehen wäre er nicht viel höflicher gewesen, denn es war ihm schlichtweg egal, ob er Lizzy beleidigt und ob sie ihn dabei hört. Am Anfang von P&P ist Darcy einfach noch kein Traummann!
Okay, wenn man nicht weiss, woher Darcy kommt und seine Wurzeln nicht kennt, reduziert sich seine Aussage auf Überheblichkeit und Arroganz. Nur in einem Punkt muss ich heftig widersprechen: Es war Darcy nicht egal, ob Lizzy zuhört und er war sich dessen sicher nicht bewusst.
Es war ohnehin mehr eine verärgerte Reaktion auf Bingleys überschwengliche Art und vor allem seinen Versuch ihn zu verkuppeln. Er sagt, sie ist apart, aber nicht schön genug, ihn zu reizen. Nun, hier geht es um seinen Geschmack und den sollte man im ersten Moment einfach so stehen lassen. Ich denke, hier fühlt sich noch mehr der Leser beleidigt, als Lizzy selbst. Sie hat es auch nicht sehr persönlich genommen, sonst wäre sie damit nicht so "fröhlich" hausieren gegangen. Aber ihre Erzählung hat bewirkt, dass er in der Achtung der Anderen sinkt. Wobei ich mir sicher bin, dass ihn dennoch jede Mutter nur allzu gern als Schwiegersohn begrüsst hätte.
Weitaus interessanter finde ich hier den verletzten Mutterstolz. Lizzy ist zwar nicht ihr Liebling, aber sie kämpft, zumindest verbal, wie eine Löwin. JA schildert sozusagen den Prototyp eines Muttertieres und zur damaligen Zeit war die Heirat einer Tochter alles, bedeutete Schutz, Sicherheit, Versorgung.
Man belächelt sie, weil das ihr einziger Lebenszweck war, weil sich ihre Gedanken nur um das eine Thema drehten, aber sie machte darin keinen Unterschied zwischen ihren Töchtern, was widerum ihre Liebe zeigt. Was hätte sie für eine Mutter sein können, wenn sie sich in anderen Belangen, wie eben Benimm und Sorgfalt mehr gekümmert hätte und nicht die Dinge hätte laufen lassen. Ich weiß, die Eine oder Andere wird beleidigt sein, aber ich habe in einem anderen Buch einen Vergleich gelesen, der auch auf die Bennets, speziell die beiden Jüngsten passt: Sie waren aufgewachsen, wie junge Welpen, frei und ungestüm, und genauso gebärdeten sie sich.
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Grüsse, Caro
Avatar: Amelia Darcy (1754-1784)
Für 1 Jahr säe einen Samen, für 10 Jahre pflanze einen Baum, für 100 Jahre erziehe einen Menschen. chin. Weisheit