So, in
"Austen's Unbecoming Conjunctions" gibts auch ein schönes Kapitel zu "Pride and Prejudice" ... vielleicht interessiert Euch das ja ebenso, wie das zu
S&S:
Die Autorin liest das Buch durch die Brille "körperliche Bewegung", Bewegung und Körperlichkeit ansich.
Und beobachtet in erster Linie Elisabeth und Lydia aus diesem Blickwinkel, die beide als sehr energiegeladen beschrieben werden: sie "laufen", "lachen", machen sich "schmutzig", usw. ... Wörter, die in erster Linie in Zusammenhang mit den Beiden gebraucht werden.
Auch Charlotte kriegt ihr Fett weg.
Ich picke mal Lydia raus, aus der Fülle der Assoziationen (eigentlich müsste man das ganze Kapitel abtippen, um ihnen gerecht zu werden).
Zum Ersten wäre da die von Lydia erwähnte Episode, dass sie ein Mitglied des Soldatencorps als Frau verkleidet haben und die anderen Männer es nicht merkten (erst als die Mädels sich durch Lachen verrieten).
Schon früher bringt die Autorin das Thema Homosexualität ins Spiel - wenn Lydia und Kitty beiläufig berichten, einer der Soldaten wäre ausgepeitscht/verprügelt worden - in der Armee damals vorallem eine Strafe für Sodomie.
Mary Wollstonecraft wird zitiert, mit einem Vergleich zwischen höhergestellten (gentry) Frauen und dem stehenden Heer, dem die Soldaten in Meryton angehörten: Beides Gruppen, die keine wirkliche Aufgabe haben und sich hauptsächlich mit sich selbst beschäftigen (müssen). (Das stehende Heer kam ja während des Krieges mit Frankreich nie zum Einsatz, wurde nur ein paar mal hin- und herverlegt.) Die Uniform des Soldaten fungiert ebenso als eine Art "Verkleidung" - er "zieht sich an", mit ähnlicher Wichtigkeit, wie die Frauen damals (und heute wohl auch noch).
Der Soldat, der verkleidet wird, heißt "Chamberlayne" - und ein "chamberlain" ist ein Kammerdiener, also der intimste Diener des Hausherrn, der beim An- und Auskleiden hilft. Diese Namensgebung (die mir nie aufgefallen ist!), ist sicher kein Zufall.
Laut der Autorin wird diese Episode hauptsächlich erzählt, um Lydias lockere sexuelle Moral anzudeuten bzw. zu verdeutlichen. Die damaligen gesellschaftlichen Grenzen zählen für sie nicht, oder kaum. Was dann spätestens bei ihrer Flucht mit Wickham klar wird.
In ihrem Abschiedsbrief an ihre Freundin schreibt sie:
"I wish you would tell Sally to mend a great slit in my worked muslin gown before they are packed up."
Der "Riss" in ihrem Kleid ist ein symbolischer Hinweis darauf, dass Lydia zu diesem Zeitpunkt bereits ihre Jungfräulichkeit verloren hat, die sie mit einer Hochzeit mit Wickham wieder zu "reparieren" hofft.
"a bit of muslin" war zu JA's Zeit ein vulgärer Ausdruck für "Mädchen" ... "
worked muslin" übersetzt Grawe gar nicht, sehe ich gerade, bzw. nur mit "Musselinkleid". Naja, die Doppeldeutigkeit kann man sich ja selbst zusammenreimen.
Die Nachbarschaft hofft um des guten Klatsches willen, dass Lydia "in der Gosse landet" - so übersetzt es Grawe. Die Originalformulierung lautet "coming upon the town" und ist etwas deutlicher: eine Prostituierte werden.
Mrs Younge hat ihr Haus, durch dessen Vermietung sie sich über Wasser hält in Edward St. Zu JA Zeit eine Gegend, in der mit die meisten Bordelle Londons zu Hause waren, nämlich 21.
Sehr gelacht habe ich über eine Stelle, in der es um Caroline Bingley und Darcy geht. Denn ich hatte diese Assoziation auch schon - zum Glück bin also nicht nur ich so "versaut", und habe jetzt sozusagen akademische Rückendeckung
:
Es geht um die Szene, in der Caroline um Darcy herumschwirrt, während dieser einen Brief an Georgiana schreibt. Sie bewundert seine schöne Schrift, wie schnell er schreibt usw. Als all das nichts fruchtet, bietet sie ihm an, seinen Federkiel zu spitzen (was sie besonders gut zu können vorgibt):
"I am afraid you do not like your pen. Let me mend it for you. I mend pens remarkably well."
Die Autorin zitiert wieder Shakespeare und andere Literatur (auch aus JA's Zeit), in der "pen", also eine Schreibfeder, oder besser der Federkiel, der "Stift" als Phallussymbol verulkt wird.
"Thank you -- but I always mend my own."
*hust* ... Darcy als Autoerotiker - warum nicht.