amy hat geschrieben:
(Amy) will nicht mehr aus Eigensinn reich heiraten, sondern als einziges Mittel, ein gutes Leben führen zu können - plötzlich überaus vernünftig und emotionslos. Die Figur Amy macht in Europa eine Wandlung durch - ich mochte immer nicht, dass Kirsten Dunst dann von einer ganz anderen Schauspielerin abgelöst wird - trotzdem erscheint diese Wandlung plausibel und diese Amy hält Laurie nicht lange mütterliche Vorträge, sondern ist selbst ein bißchen unsicher und schlüpft in Europa nur in die Rolle der feinen erwachsenen Dame. Beim wiederholten Anschauen der 94er Fassung hat diese Amy für mich wirklich viel besser funktioniert, als die neue Amy, die für mich erwachsener, als Meg, Jo und Betty zusammen vielleicht sogar als die Mutter wirkt... ich kann die vielen positiven Stimmen absolut nicht nachvollziehen. Für mich war der Charakter aber auch niemals negativ besetzt, wie man es wohl aufgrund meiner Namenswahl bereits vermuten mag.
Negativ vielleicht nicht wirklich, aber in der 94er-Version kommt sie schon ziemlich nörgelig, verwöhnt und v.a. oberflächlich rüber, finde ich. Und auch im Buch ist ihre künstlerische Neigung ihr einzig wirklich positiver/interessanter Charakterzug. Weder im Buch noch in der 94er-Version finde ich zudem Lauries Wandlung bzw. die Ehe der beiden plausibel dargestellt. Gerwig hat nun Amy als Charkter mehr Raum gegeben, das macht diese Entwicklung nachvollziehbar, fand ich. Und dass Amy Laurie ebenbürtig ist bzw. ihm auch ein paar Takte erzählen darf statt nur "Mädchen" zu sein ist ja vermutlich auch eine zeitgemäße Interpretation der Geschichte bzw. der Beziehung der beiden.
Leider "muss" es wohl in jedem historischen Film eine Figur geben, die indirekt dem unbescholtenen, modernen Zuschauer die damaligen Geschlechterverhältnisse erklärt. Hier ist es dann eben Amy, die Laurie über ihre beschränkte Rolle als Frau "aufklärt", wobei es hier (im Gegensatz z.B. zu Elinors Vortrag für Edward in der 95er Version von S&S) noch halbwegs schlüssig ist, weil Laurie ja tatsächlich ziemlich naiv & frech über Amys Zukunftspläne mit ihr spricht.
Zitat:
Zur Sterbeszene muss ich auch noch etwas anmerken. Gerwig arbeitet mit Zeitsprüngen und kann somit auch die beiden Krankheitsverläufe in engen Zusammenhang setzen. Da Betty ohnehin am Anfang des Films fehlt, wird überhaupt nicht mit Spannung oder gar Emotionen gearbeitet. Betty ist eben eine Schwester, also muss sie irgendwie schnell im Film vorkommen - so kam es mir vor. Aber wie kann Jo am Grab stehen, alleingelassen und in ärgster Trauer und dann... an die Hochzeit von Meg denken und wie sie Meg überreden wollte, mit ihr von dort wegzugehen?!?
Das Betty stirbt ist vermutlich soweit bekannt, dass man hier vieleicht nur schwer mit Spannung arbeiten kann - zumindest vermute ich, dass das ein Grund dafür sein könnte, warum Gerwig diesem Aspekt nicht soviel Raum bzw. Emotion zugesteht. Das war in der 94er-Version tatsächlich deutlich bewegender ... auch weil Claire Danes Unterlippe so schön beben kann und sie offenbar einfach immer hervorragend stirbt.

Mich persönlich hat es nicht gestört, dass dieses Potential in der neuen Version nicht voll und ganz ausgeschöpft wird. Überrascht war ich hier übrigens bei der erneuten Lektüre des Buches: Da ist die Sterbeszene selbst zwar ordentlich rührselig, direkt danach geht es aber im wahrsten Sinn "weiter im Text" und es wird kein weiterer Gedanke an Beth "verschwendet".