Ich habe mir vor etwa zwei Wochen also den BBC-Vierteiler (englisch mit holl. UTs, super!) reingezogen. Dazu möchte ich als erstes anmerken, dass ich die Buchvorlage nicht kenne. Ich maße mir also kein Urteil über die Authentizität an.
Allerdings finde ich die Kostüme wirklich gut und absolut zeitgemäß gemacht, also Kompliment dahin.
Als durchweg gut besetzt empfand ich die Rollen der einzelnen Personen. Schön zu sehen, dass Miranda Otto damals schon einmal mit MM zusammenspielte (wie sie das ja auch in IMFD getan haben). Deren Rolle als Mrs. Hurtle fand ich übrigens mit am faszinierendsten.
Ein Wiedersehen gab es auch mit dem Darsteller (Name, oh Gott! Moment... David Bradley) der in Harry Potter den kauzigen Mr. Filch gibt. Cousin Roger Carbury ist ebenfalls ein sehr bekannter britischer Schauspieler, den ich gerne sehe (aber der Name, ja ich weiß... Moment... Douglas Hodge). Leider bleibt der ein bisschen blass, sicher aber auch, weil die Rolle das so fordert.
Die Melmottes sind sehr gut gezeichnet, lediglich für Madame Melmotte hätte ich mir ein noch etwas bizarreres Bild gewünscht. Sie war eindeutig die unauffälligste Person, obwohl es doch anscheinend eher so gedacht ist, dass die Melmottes allesamt total aus dem Rahmen fallen. Nur die recht üblen Tischmanieren zeugten von der "Parvenue-Abteilung-Melmotte".
Marie Melmotte wird von Shirley Henderson gespielt, die "Maulende Myrte" in Harry Potter. Nun, sie ist sehr sehr klein (petite würden die Engländer sagen) und hat allerdings auch da die - ähm - aufdringliche Stimme der Myrte. Ich kann mich nicht ganz mit der Stimme anfreunden, aber da dies offensichtlich Teil der überzogenen Darstellung der Melmotte-Familie sein soll, bitte. Wenn diese Genöle dem armen MM nicht auf den Wecker gegangen ist...., nun ja. Und beim Küssen hatte er auch seine liebe Not, seine 1,89 m auf ihre 1,60 m herunterzuschrauben. Ging böse aufs Kreuz!
Eine Offenbarung der junge Cillian Murphy als Paul Montague. Man hätte diese Rolle kaum besser besetzen können, er erfüllt die Voraussetzungen sowohl eines englischen Gentleman als auch eines Abenteurers in den wilden, weiten Prärien des neuen Kontinents perfekt. Wenn er in England weilt und von Amerika erzählt, kann man das Land dort förmlich spüren und wenn er dann in den Weiten des Westens ist und nach England Sehnsucht hat, ist auch dies total nachvollziehbar. Wundervoll!
Lady Carbury hätte ich mir ein bisschen anders vorgestellt, nicht ganz so matronenhaft vielleicht. Hetta Carbury ist gut getroffen, wie fast alle im Cast.
Bleibt mir nur noch eines - alle wissen, was jetzt kommt, das Beste immer zum Schluss - MM als Sir Felix Carbury.
Ich weiß, dass einige denken, er ist kein Typ für einen Kostümfilm, bzw. Period Drama. Dass ich darüber anders denke, dürfte auch klar sein, aber logisch, bei meiner Befangenheit bei diesem Thema. Also, ich kenne ihn ja nun doch schon in einigen Filmen, bzw. Verfilmungen. Natürlich ist er in modernen Dramen mehr als einzigartig, das ist ihm nicht abzusprechen. IMFD ist das allerbeste Beispiel dafür, im Prinzip ist das (und das ist nicht übertrieben, das können die bestätigen, die den Film auch gesehen haben) in der Tat oscarreif.
Aber er hat wirklich ein nicht zu unterschätzendes komisches Potential, und ich kann euch aus Erfahrung sagen, komische Rollen sind manchmal sehr viel schwerer zu spielen, als diese hintersinnigen.
Sir Felix ist eine mehrschichtige Rolle und von daher denke ich, dass man sie mit MM eben doch recht gut besetzt hat. Erstens all das, was dem Zuschauer zuerst an ihm auffällt: Ein verzogenes Muttersöhnchen, ein notorischer Spieler und Frauenverführer, der qualmt, säuft, hurt, zockt und sich bis zum Gehtnichtmehr verschuldet hat. Mit einer gehörigen Portion Doppelmoral versehen, die typisch für die damalige Zeit ist (er nimmt sich alle Freiheiten heraus und untersagt seiner Schwester aber so ziemlich alles, weil er sich als Familienoberhaupt sieht).
Im Prinzip sind er und Melmotte sich sogar sehr ähnlich, nur die Herkunft (nobel der eine, Emporkömmling der andere) unterscheidet sie, denn beide winden sich lange Zeit immer wieder aus komplizierten Situationen heraus, ohne groß Schaden zu nehmen, bis dann endlich der große "Bäng" kommt.
Zweitens all das, was der Zuschauer nicht gleich mitbekommt (was aber im Film einmal sehr nett angedeutet wird, als er nämlich diesen Alptraum hat): Eine Verantwortung, die sich als kaum tragbar erweist, für Mutter und Schwester, ein Erbe, das ihm nicht gesichert ist, ein Mensch, der Halt, Trost und Liebe sucht, dies aber nicht findet. Und Chancen, die er leichtfertig vergibt, weil er sie durch seine Spiel- und Anerkennungssucht nicht erkennt.
Diese Figur ist wirklich ein bisschen tragisch-komisch und das bringt er schon gut rüber. Auch die komischen Aspekte (er liegt mit einem schweren Kater zu Bett und behauptet der Mutter und Schwester mit großen Gesten gegenüber, es hätten ihn sechs bis acht starke Männer verprügelt, beim nächsten Mal hat er dann wirklich Prügel von einem einzigen Typen bezogen, schmückt dies in seiner Pein natürlich wieder dementsprechend aus und wundert sich, warum ihm keiner mehr glaubt) sind rund und absolut umwerfend gespielt. Gleiches gilt für die "Bettpositionen" im Zuge des Alptraums. Das ist wirklich zum Lachen.
Ich mag die Verfilmung als solche, weil ich wie gesagt nichts zur Adaption des Buches sagen kann, finde die Dinge wie sie sich mir darstellten, im Großen und Ganzen gelungen auf Kamera gebannt. Es ist auf alle Fälle ein Reinschauen wert.
Wer noch mehr wissen möchte, stehe jederzeit gerne zur Verfügung!
Bild folgt!
Edit: Bild ist da - Ruby und Sir Felix bei einer "Freiluftnummer"