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BeitragVerfasst: Sonntag 8. September 2013, 13:37 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Schön, dass Du wieder dabei bist, Edda! :)

Udo hat geschrieben:
Seht ihr das auch so, dass sich Austen über die ganze Szene sehr lustig macht? Die Panik, die Todesangst der Damen, die heillose Flucht der einen, die Ohnmacht der anderen jungen Frau, der strahlende Retter, der die Mädels vor ein paar Kindern und einer anderen Frau retten muss. Das klingt für mich eher heiter. Aber vielleicht waren die Damen damals wirklich so, dass sie so ein Ereignis in Panik versetzen konnte? Wobei: Mr. Woodhouse ist ja auch bis ins Mark erschüttert...


DAS ist vielleicht der letzte Hinweis, dass diese Szene nicht ganz ernsthaft erzählt wird. Ich verstehe das auch etwas ironisch. Klar, jemand wie Harriet und ihre Freundin sind leicht zu erschüttern und zu verunsichern (zumindest Harriet verkörpert ja fast schon klischeehaft den konventionellen Frauentyp dieser Zeit) - aber ich bin mir sicher, Emma (oder auch Elinor Dashwood, Anne Eliot oder Elizabeth Bennet) hätte in der Situation souveräner reagiert und keinen "Retter" nötig gehabt.

Edda hat geschrieben:
Udo hat geschrieben:
Und ich habe den Eindruck, dass die beiden zum ersten Mal tanzen.

Darüber habe ich mich sehr gewundert - wo die beiden sich doch schon so lange kennen und es bestimmt schon viele gemeinsame Tanzveranstaltungen gab...


Es passt aber zu der früheren Erwähnung, dass Emma selten Gelegenheit zum Tanzen hat und auch zu Franks Führung durch Highbury, wo die praktisch nicht stattfindenden Bälle beklagt werden.

Apropos Frank. Auch hier wieder eine schöne Entdeckung, wenn man die Geschichte schon kennt: Er leiht sich während des Balls von Miss Bates eine Schere, die er "vergisst" zurückzugeben - also "muss" er vor seiner Abreise nochmal bei ihr vorbei (und begegnet deshalb Harriet).

Das Ball-Kapitel ist auch eins meiner liebsten in "Emma", weil sich hier wieder soviel von dem verdichtet was ich an Jane Austen mag. Ähnlich wie in dem Klavierbesichtigungs-Kapitel und später dann noch das spontane Teekränzchen mit dem Buchstabenspiel. Und natürlich das Donwell-Kapitel. Undundund ... :wink: Ich kann Udo nur zustimmen - auch meiner Meinung nach wird "Emma" erst richtig gut, wenn man das Ende bzw. die ganze Geschichte kennt.


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Sonntag 8. September 2013, 13:37 


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BeitragVerfasst: Sonntag 8. September 2013, 22:47 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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@Julia: Was sagst du denn zu meiner Übersetzungsfrage? Du bist doch ziemlich Englisch-fit.

Hier im Kapitel muss ich Emma mal recht geben: Nach der Actionszene liegt es relativ nahe, dass zumindest Harriet sich in Frank verguckt - was ja nicht heißt, dass Emma richtig liegt, das tut sie ja fast nie. :wink: Nur ihre Argumentation finde ich nicht sehr realitätstüchtig: Frank will sich von Emma ablenken, Harriet sich von Mr. Elton - das sind ja tolle Aussichten für die Ersatz- und Ablenkungsbeziehung...


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BeitragVerfasst: Montag 9. September 2013, 15:30 
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Udo hat geschrieben:
Wieder was zur Übersetzung. Im Text heißt es, die Kinder seien: "...all clamorous, and impertinent in look, though not absolutely in word."
Ich würde annehmen, dass sie in Worten nichts Böses gesagt haben. Grawe schreibt, die Kinder hätten die Damen mit "zudringlichen Blicken, wenn nicht gar Worten belästigt." Scheint mir stärker, bedrohlicher als der Originaltext, oder?
(hab mal noch was dazugefügt, in blau, das macht die Stelle vollständiger)
bei Leisi steht
Zitat:
...alle schreiend und unverschämt in Gebärden, wenn auch nicht in Worten.

Im Inseltaschenbuch (Charlotte Gräfin von Klinckowstroem) steht
Zitat:
Sie lärmten und machten einen zudringlichen Eindruck, aber sie drohten ihr nicht.

Wortwörtlich könnte man das z.b. übersetzen: ...lärmend, frech/ unverschämt in der Erscheinung, jedoch nicht in Worten.
Hier geht der Übersetzungs- Award an die oft gescholtene Insel-Tb Übersetzung, die trifft es doch amBesten von Genauigkeit und Sprachfluß.
Gibt es noch andere Übersetzungen?

Elanor
P.S. Beeindruckend ist doch auch die Schilderung von Miss Bickertons Flucht :D Die junge Dame rast den Abhang hinauf und bricht durch die Hecke :applaus:

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BeitragVerfasst: Montag 9. September 2013, 18:33 
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Danke, Elanor! Also ist Grawe tatsächlich übers Ziel hinausgeschossen.

Hier macht Emma ja einen sehr guten Eindruck: Sie will absolut nichts tun, um die Ehe zwischen Frank und Harriet zu befördern! Andererseits: Sie ist sich ja so sicher, dass da was im Busche sein muss, dass sie es möglicherweise gar nicht für nötig hält, aktiv zu werden.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 11. September 2013, 15:07 
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Kapitel 40
Harriets confessions :D
Sie sieht endlich klar, was Familie Elton so drauf hat und ist trotzdem voller guter Wünsche:
Zitat:
I wish her no evil. No; let them be ever so happy together, it will not give me another moment's pang;

Eigentlich zeigt diese Episode, was für eine Jungmädchenschwärmerei die Liebe zu Mr Elton gewesen ist. Trotzdem tut das natürlich weh :patpat:
Zitat:
'I do remember it,' cried Emma; 'I perfectly remember it. Talking about spruce beer. Oh! yes. Mr. Knightley and I both saying we liked it, and Mr. Elton's seeming resolved to learn to like it too. I perfectly remember it.— Stop; Mr. Knightley was standing just here, was not he? I have an idea he was standing just here.'
'Ah! I do not know. I cannot recollect. It is very odd, but I cannot recollect. Mr. Elton was sitting here, I remember, much about where I am now.'

Wiedermal ein Aha für Mehrfachleser :wink:
Emma weiß genau wo Mr. Knightley stand jedoch nicht wo Mr Elton stand in diesem Raum hier, bei Harriet ist es genau anders herum. :brille:

Harriet offenbart Emma, daß sie einen neues Ziel zur Schwärmerei hat und Emma scheint nichtsahnend zufrieden, gibt ihr extra noch (vernünftige zwar) Verhaltensregeln
Zitat:
Consider what you are about. Perhaps it will be wisest in you to check your feelings while you can : at any rate do not let them carry you far, unless you are persuaded of his liking you. Be observant of him. Let his behaviour be the guide of your sensations. I give you this caution now, because I shall never speak to you again on the subject.
So gut das auch klingt, ist es ja trotzdem nicht wirklich hilfreich, denn Harriet
Spoiler: anzeigen
wird sein Verhalten trotzdem missverstehen, da der Grund für sein Verhalten ein anderer ist, als sie erwartet

Elanor

P.S. was genau ist court-plaister zumindestens http://dict.leo.org kennt es nicht, Leisi übersetzt es mit Heftpflaster. Gab es das so damals schon?

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BeitragVerfasst: Donnerstag 12. September 2013, 23:14 
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Grawe übersetzt auch Pflaster. Keine Ahnung, was das für welche waren.

Harriets Abschied von ihren Schätzen ist schon nett und bedeutungsschwanger. Mir gefällt aber noch mehr, wie perfekt die beiden hier aneinander vorbeireden. Selbst wenn Emma es mal gut meint und eigentlich richtig macht, macht sie es falsch.... Das hätte was von einer Tragödie, wenn es nicht so lustig wäre.


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BeitragVerfasst: Sonntag 15. September 2013, 20:48 
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Zum Pflaster heißt es in den Anmerkungen meiner Ausgabe:
"A sticking-plaster made of fabric (usually silk) coated in insinglass (fish gelatin)."

Da uns wegen der Board-Pause zwei Tage verloren gegangen sind, schlage ich vor, dass wir Mittwoch mit dem nächsten Kapitel weitermachen, okay?


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BeitragVerfasst: Sonntag 15. September 2013, 21:15 
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Udo hat geschrieben:

Da uns wegen der Board-Pause zwei Tage verloren gegangen sind, schlage ich vor, dass wir Mittwoch mit dem nächsten Kapitel weitermachen, okay?

Einverstanden, hatte am WE wegen Schulanfangsbesuch bei unserem Neffen eh keine Zeit.

Elanor

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BeitragVerfasst: Dienstag 17. September 2013, 16:51 
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Seltsam ist schon, dass Emma im Brustton der Überzeugung meint, sich nicht mehr einmischen zu wollen - und Harriet prompt wieder gute Ratschläge meint geben zu müssen. Und dass sie nicht wirklich kuriert ist, sieht man auch daran, dass sie immer noch glaubt, Harriet sei in Gefahr, sich "unter ihrem Stand nach einem Partner umzusehen". Als ob Frank Churchill ihrem Stand entsprechen oder wirklich für sie erreichbar wäre. Emmas Urteilsvermögen entwickelt sich sehr, sehr langsam.

Vermutlich ist es auch kein Zufall, dass Harriet hier zu derselben Haltung in Bezug auf das Heiraten kommt wie Emma: "Ich heirate niemals!" Nur sind die Voraussetzungen völlig anders. Das ändert aber nichts daran, dass diese Entscheidung bei beiden Frauen Unsinn ist. Harriet rückt von ihrer nur ein wenig schneller ab als Emma...


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BeitragVerfasst: Mittwoch 18. September 2013, 08:51 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Aus Emmas Tagträumereien muss man ihr ja nun wirklich keinen Strick drehen, oder? Sie verhält sich Harriet gegenüber korrekt und sichtbar "geläutert", das ist doch das Entscheidende. Was sie sich vorstellt und wünscht behält sie ja für sich.

Kapitel 41
Mr Knightleys Beobachtungen, das Buchstabenspiel und ein Versuch, Emma die Augen zu öffnen.


Das zweite Mal, dass die Perspektive zu Mr Knightley wechselt. Auch wenn es etwas die Einheit der Erzählung stört, mag ich das Kapitel sehr! Besonders am Ende, wenn Emma im Brustton der Überzeugung erklärt, sie(!) könne garantieren, dass Frank Churchill nicht an Jane Fairfax interessiert ist, fühle ich sehr mit Mr Knightley. Wohl gerade weil man das vorangegangene durch seine Augen erlebt. Und weil da soviel Unausgesprochenes mitschwingt in seiner Reaktion. Sehr schön und subtil gemacht.

Ein paar raffinierte Doppelbödigkeiten fallen mir auch immer wieder auf:
Franks Aufforderung zum Spiel "I want to puzzle you again." kann man auch sehr gut auf sein generelles Verwirrspiel beziehen, gerade weil die Formulierung kurz darauf nochmal erscheint - (...) forming words for each other, or for anybody else who would be puzzled.
Die Kutschengeschichte ist natürlich auch großartig (ich glaube, hier hätte auch Emma was gerochen, wenn sie dabei bzw. aufmerksamer gewesen wäre) - vor allem Miss Bates, die ja unbeabsichtigt eigentlich gleich alles verrät (I know I do sometimes pop out a thing before I am aware).

Etwas gewundert hat mich, dass in der kommentierten Ausgabe nicht steht, was fast überall sonst erwähnt wird - dass laut JAs mündlicher Ergänzung Franks letztes Wort für Jane (das sie ignoriert) "pardon" ist.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 18. September 2013, 11:13 
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Julia hat geschrieben:
Aus Emmas Tagträumereien muss man ihr ja nun wirklich keinen Strick drehen, oder? Sie verhält sich Harriet gegenüber korrekt und sichtbar "geläutert", das ist doch das Entscheidende. Was sie sich vorstellt und wünscht behält sie ja für sich.


Doch, gerade aus ihren Tagträumereien - ihre Tagträumerei bzw. ihre Fantasie ist es doch immer, die sie dazu verführt, unsinnige Initiativen zu starten. Und ich bezweifle gerade, dass sie wirklich geläutert ist. Gegenüber Mr. Knightley hat sie sich sehr, sehr einsichtig gezeigt, das stimmt. Und hier gibt sie sich auch irgendwie Mühe, das ist auch ein Fortschritt. Aber was ist die Quintessenz ihres Gesprächs mit Harriet? "Harriet küsste ihr in schweigender und ergebener Dankbarkeit die Hand." Also Harriet fühlt sich von Emma definitiv ermutigt, weiter von Mr. Knightley/Frank Churchill zu träumen! Emma gibt zudem schon wieder gute Ratschläge, wie Harriet mit ihrem Liebsten umgehen soll - das ist sooo weit nicht entfernt davon, hier und da hilfreich nachzuhelfen, indem man bestimmte Situationen herbeizuführen versucht. Aber ja: Es scheint, dass Emma zumindest dies, also Harriet Schützenhilfe zu geben, nicht mehr vorhat. Den Fortschritt würde ich anerkennen. Und wie gesagt: Es geht nicht darum, Emma einen Strick zu drehen, mich interessiert die Entwicklung der Romanfigur.

Übrigens wird der Eindruck, dass Emma noch in ihrem alten Denken verhaftet ist, gerade durch den Kontrast von Kapitel 40 und 41 noch verstärkt, finde ich. Wie sehr Emma daneben liegt, wird erst richtig deutlich, wenn man sich ansieht, wie aufmerksam, feinfühlig, sensibel und vor allem richtig Mr. Knightley die Beziehungen zwischen Frank, Jane und Emma beobachtet. Emma wird hier total vorgeführt, wenn sie sich schlapp lacht über Mr. Knightleys aus ihrer Sicht total abwegigen Vermutungen. Was zeigt deutlicher, dass Emma immer noch absolut gar nichts peilt? Ich vermute so langsam, dass es im Roman möglicherweise eher wenig um Emmas Entwicklung geht (anders als etwa bei Elizabeth Bennet in P&P), sofern sie zur Erleuchtung erst durch einen späten Knalleffekt kommt. Dann würde ich beim dritten Lesen wohl weniger auf die Hauptperson achten...

Die Geschichte mit der Kutsche finde ich auch kurios. Und dann wieder Mr. Perry: Hier steht im Text, dass die Männer miteinander redeten - der gute Perry darf aber selbst jetzt, wo er und seine Kutsche eine so gewichtige Rolle spielen, wieder kein einziges Wort selbst reden....


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BeitragVerfasst: Freitag 20. September 2013, 11:57 
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Mir fällt noch auf, wie sehr negativ Mr. Knightley Frank sieht. Klar ist er eifersüchtig. Aber "dieser kokette junge Mann, der anscheinend ohne echtes Empfinden liebte und sich ohne Anstand beliebt machen wollte" und immer nur falsch und hinterlistig seine eigene Spielchen treibt, ist schon hart. Ich frage mich da, wie lebenslustig eigentlich der gute Mr. Knightley ist, der am liebsten Zuhause oder bei Mr. Woodhouse im Sessel hockt, liest oder sich vorsingen lässt... Im Grunde kann es kein großes Vergnügen sein, mit Mr. Knightley verheiratet zu sein, sofern man seine Ablehnung Frank Churchills als Hinweis liest, dass er das Gegenteil von Frank Churchills Verhalten viel besser findet.
Nebenbei: Mr. Knightley liegt mit seinen Urteilen immer richtig - bei Frank überzieht er jedoch, das ist irgendwie auch ein sehr angenehmer Makel auf seiner sonst absolut (zu) blütenreinen Weste. Mr. Knightley ist der perfekteste Austen-Held (am nächsten kommt ihm wohl Oberst Brandon), da steht ihm so ein wenig Eifersucht ganz gut.

Ich wundere mich auch, dass ich in Kommentaren zu diesem Kapitel schon 2x gelesen habe, dass dies das erste Mal sei, dass wir die Dinge aus Mr. Knightleys Sicht sehen/lesen. Mir scheint auch wie Julia, dass es schon das zweite Mal ist nach dem Gespräch mit Mrs. Weston.

Das Rätselspiel mit all seinen Doppeldeutigkeiten finde ich auch sehr heiter. Ich wundere mich nur, dass Frank seine Jane mit dem Wort Dixon derart brüskiert. Und ich schließe aus ihrer Reaktion, dass sie weiß, dass Emma ihr eine Art Liebesverhältnis mit dem Herrn unterstellt. Das müsste Frank ihr erzählt/geschrieben haben (vermutlich hat er sich dabei köstlich über Emma amüsiert!), sonst ist doch ihr Ärger nicht zu erklären, oder?

Die Freude am Rätselspiel ist ja übrigens noch eine Parallele zwischen Frank und Emma. Die beiden haben auch einiges gemeinsam, scheint mir, wobei am Ende Emma doch den besseren Instinkt, mehr Anstand und Feingefühl hat als dieser liederliche Bursche.


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BeitragVerfasst: Sonntag 22. September 2013, 10:29 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Kapitel 42
Erdbeerenpflücken in Donwell

_______________________________________________________________

Langsam nähert man sich dem Ende - zumindest mir kommt es seit einigen Kapiteln so vor, als würde sich die Perspektive immer weiter von Emma entfernen und mehr Aufmerksamkeit für das Gesamtbild wecken (um dann am Schluss alle losen Enden miteinander zu verknüpfen). Hier zum Beispiel das Gespräch eingangs zwischen Mr Knightley und Mrs Elton.

Emmas Wertschätzung für Donwell Abbey lässt deutlich Elizabeth Bennets Begeisterung für Pemberley anklingen - auch wenn der Tenor wohl ein etwas anderer ist. Emma sieht und schätzt v.a. Traditionsbewusstsein & Herkunft der Familie, Ansehen, Respekt, etc. Wobei glaube ich auch Elizabeth v.a. Darcys gesellschaftliche und soziale Rolle an seinem Haus abliest. Vielleicht sind sie doch nicht so weit auseinander. Jedenfalls sagt in beiden Fällen das Haus viel über den Bewohner aus und bietet der Besucherin einen wichtigen Einblick in den Charakter des Hausherrn.

In den Anmerkungen steht, dass Frank Churchills Rastlosigkeit, Unruhe zu Reisen und "übersättigte" Unzufriedenheit mit England Lord Byrons aufsehenerregende Emigration anklingen lässt - gerade auch weil er Emma halb im Spaß Skizzen, Reiseberichte und Gedichte von Kontinent (konkret der Schweiz) versprochen hat. Interessante Parallele (die vielleicht auch viel über Frank aussagt/aussagen kann), die ich sehr gut nachvollziehen kann.

Sprachlich gibt es in diesem Kapitel ein echtes Highlight, auf dass mich erstmals die Grawes in ihrem Nachwort zur Reclam-Übersetzung hingewiesen haben. Mrs Eltons fragmentarischer Wortschwall in den Erdeerbeeten:
"The best fruit in England--every body's favourite--always wholesome.--These the finest beds and finest sorts.--Delightful to gather for one's self--the only way of really enjoying them.--Morning decidedly the best time--never tired--every sort good--hautboy infinitely superior--no comparison--the others hardly eatable--hautboys very scarce--Chili preferred--white wood finest flavour of all--price of strawberries in London--abundance about Bristol--Maple Grove--cultivation--beds when to be renewed--gardeners thinking exactly different--no general rule--gardeners never to be put out of their way--delicious fruit--only too rich to be eaten much of--inferior to cherries--currants more refreshing--only objection to gathering strawberries the stooping--glaring sun--tired to death--could bear it no longer--must go and sit in the shade."
Vielleicht kann nochmal jemand nachschauen (ich habe meine Reclamausgabe nicht mehr), aber ich meine mich zu erinnern, dass Grawe diese Passage als ähnlich modern & ungewöhnlich wie die Prosa von James Joyce (100 Jahre später) bezeichnet hat. Vielleicht wars auch in seiner Biografie - da muss ich nochmal nachschlagen.
So oder so, ein Aspekt der bei Austen häufig übersehen wird, weil man dazu neigt soviel über die bloße Handlung zu sprechen - die sprachliche Gestaltung bestimmter Szenen in "Emma" ist im Vergleich zu den anderen Romanen wirklich etwas Besonderes. Gerade was die Dialoge und Sprecher betrifft. Miss Bates hatten wir ja schon, aber Mrs Eltons Auftritt hier ist diesbezüglich ähnlich originell & innovativ.


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BeitragVerfasst: Sonntag 22. September 2013, 14:25 
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Julia hat geschrieben:
In den Anmerkungen steht, dass Frank Churchills Rastlosigkeit, Unruhe zu Reisen und "übersättigte" Unzufriedenheit mit England Lord Byrons aufsehenerregende Emigration anklingen lässt...

Dazu ein Detail: Der Emma-Verleger John Murray war auch Verleger von Lord Byron und Walter Scott.
Ich finde zu Franks anti-englischer Schwärmerei (angeblich steht ja Frank auch eher für den französischen Mann) den Gegensatz zu einer Passage weiter vorne im Kapitel interessant: "Englisches Grün, englische Landschaftskultur, englisches Behagen..." Das passt zu der These, dass in den Figuren Knightley und Churchill der Gegensatz von englisch und französisch anklingen soll.


Zitat:
Vielleicht kann nochmal jemand nachschauen (ich habe meine Reclamausgabe nicht mehr), aber ich meine mich zu erinnern, dass Grawe diese Passage als ähnlich modern & ungewöhnlich wie die Prosa von James Joyce (100 Jahre später) bezeichnet hat.

Grawe erwähnt hier Joyce nicht namentlich, aber den "inneren Monolog", den ja Joyce wohl auch maßgeblich mit eingesetzt hat. An den "inneren Monolog" oder "Bewusstseinsstrom" (die genauen Unterschiede sind mir nicht so ganz präsent) wird, wie wohl schon erwähnt, auch in Bezug auf Miss Bates erinnert. Austen setzt ihre Technik wohl bei mehreren Figuren ein. Bei Mr. Woodhouse kommt mir das manchmal auch so vor...

Mir ist bei dem Gespräch zw. Mr. Knightley und Mrs. Elton noch aufgefallen, dass er auch freundschaftlich von "Elton" spricht - vermutlich konnte er sich dem Sprachstil von Mrs. Elton nicht ganz entziehen, um nicht unhöflich zu wirken. Immerhin gibt er ihr noch eins mit, indem er sagt, seine Haushälterin würde jede Einmischung der Haushälterin von Mrs. Elton als Beleidigung empfinden - das dürfte wohl auch auf Mrs. Eltons Einmischung zutreffen.

Zu der Architektur/Landschaft: Ist es nicht öfter so bei Austen, dass man Rückschlüsse ziehen darf von Gebäuden und Parks auf den Charakter des Eigners? Das haben wir ja nicht nur in P&P und hier, sondern auch in Mansfield Park und in S&S, wo Marianne bitterlich das Abholzen schöner alter Bäume in Norwood beklagt - Mr. John Dashwood zeigt damit seinen beschränkten Geist.


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BeitragVerfasst: Sonntag 22. September 2013, 17:17 
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Apropos "englische Behaglichkeit" ... ich bin jetzt für eine Woche weg und erst nächsten Sonntag wieder hier. Passend zum derzeitigen Stand des Groupreads bringe ich dann vielleicht ein Foto von Box Hill mit. :wink:


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BeitragVerfasst: Montag 23. September 2013, 19:47 
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Julia hat geschrieben:
Passend zum derzeitigen Stand des Groupreads bringe ich dann vielleicht ein Foto von Box Hill mit. :wink:

Das ist eine hervorragende Aussicht, dein Angebot :wink: :D

Gute Reise und gutes Fotowetter
Elanor

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BeitragVerfasst: Montag 23. September 2013, 22:24 
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Schönen Urlaub, Julia!

Wollen wir dann eine Woche pausieren, Elanor?
Ich habe gerade auch viel um die Ohren.


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BeitragVerfasst: Montag 23. September 2013, 22:47 
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Ich weiß nicht so recht, wegen pausieren, ich wollte ja morgen endlich auch meinen Senf zum letzten Kapitel dazugeben.
Außerdem bin ich dann ab dem 5. Oktober für zwei Wochen im Urlaub und werde sicher nicht so oft die Gelegenheit zum surfen haben. Nicht überall gibt es wifi und auf den Fähren ist mir das zu teuer. Aber ich wer mich zwischendurch schon mal zu Wort melden.
Aber wir können ja mit einem Kapitel pro Woche langsamer weitermachen

Elanor

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BeitragVerfasst: Dienstag 24. September 2013, 00:00 
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Ok, machen wir es so!
Dann gehts also Samstag weiter mit dem nächsten Kapitel und bis dahin machen wir einfach weiter.


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BeitragVerfasst: Dienstag 24. September 2013, 18:59 
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Also Mrs Elton ist hier wirklich in Hochform, das ist schon ein Highlight, dieser Monolog. Obwohl mir das erst jetzt so bewußt wurde, daß es ein Monolog ist.

das wäre doch in England eine Werbetafel wert für "Erdbeeren zum Selberpflücken" :fies_sei:
Zitat:
Yet Mrs. Elton long ago knows it: Delightful to gather for one's self--the only way of really enjoying them
:D
Bezüglich Frank Churchill: Wenn man bedenkt, daß es die Herren bei heißem Wetter wohl etwas schwerer hatten, wenn sie denn korrekt gekleidet unterwegs waren, als die Damen mit luftigen Kleidern und Sonnenschirm, kann man ihn fast verstehen. Er hatte keinen Ententeich zum Abkühlen :D :wech:
Aber letzten Endes wird es wohl nicht vorrangig die Hitze sein, wie er Emma wissen lässt; sondern wohl eher seine Meinungsverschiedenheit mit Jane :beleidigt: die ihn unleidlich sein lässt
Witzig find ich auch solche Nebesätze, wie Mrs Weston ist extra den ganzen Weg zügig gelaufen, um ordentlich müde zu sein, um Mr Woodhaus Gesellschaft leisten zu können :top:
Gibt es eigentlich irgendwelche Erkenntnisse darüber, ob es konkrete Personen als teilweise Vorbilder für Mr. Woodhouse gibt? Also Personen in der Art von Mrs Elton oder auch Mss Bates kenne ich auch, aber jemand wie Mr. Woodhouse ist ziemlich einzigartig.

Elanor

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BeitragVerfasst: Mittwoch 25. September 2013, 18:45 
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Elanor hat geschrieben:
Also Mrs Elton ist hier wirklich in Hochform, das ist schon ein Highlight, dieser Monolog.

In den Anmerkungen wird noch darauf hingewiesen, dass der ganze Plan von Mrs. Elton, mit den Eseln, den Körbchen etc. offenbar angelehnt ist an den Spielchen, die Marie Antoinette in Versailles mit ihren Hofdamen zu spielen beliebte: Man verkleidete sich als Milchmädchen und Schafhüterinnen und tat ein Weilchen so, als lebte man höchst idyllisch wie das einfache Volk.

Sehr nett geschildert finde ich hier Emmas warme, freundschaftliche Empfindungen für Jane. Das erste Mal, dass sie wirklich mitfühlt mit Jane. Die beiden hätten vielleicht doch gute Freundinnen werden können.

Zitat:
Gibt es eigentlich irgendwelche Erkenntnisse darüber, ob es konkrete Personen als teilweise Vorbilder für Mr. Woodhouse gibt?


Nicht, dass ich wüsste.
Richtig gut kommt Mr. Woodhouse hier ja wieder nicht rüber. Er wirkt ja fast leicht senil.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 25. September 2013, 19:29 
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Udo hat geschrieben:
Richtig gut kommt Mr. Woodhouse hier ja wieder nicht rüber. Er wirkt ja fast leicht senil.

Naja, er ist ja scheinbar nie der Hellste gewesen und bei der Episode mit den Rätseln wirkte es ja auch so, als ob er sich nichts wirklich merken kann. So richtig aktive Beschäftigung für seinen Geist scheint er auch nicht wirklich zu haben, selbst beim Lesen trifft man ihn nie an und auch Kartenspiele scheint er immer nur die selben kleinen Spielchen zu machen. Etwas so Anspruchsvolles wie Bridge scheint er nicht zu beherrschen?
Und Alle nehmen viel Rücksicht auf ihn, von Niemandem wird er wirklich gefordert, alles wird "vorgekaut". Bequem scheint er auch zu sein. Da läßt die geistliche Spannkraft wohl auch etwas nach :(

Elanor

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BeitragVerfasst: Donnerstag 26. September 2013, 22:06 
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Es wird ja sogar im Text angedeutet, dass er sich mehr oder weniger wie ein Kind verhält. Die ganze Szene ist ja so: Er wird in die (Spiel-)Ecke gesetzt, bekommt eine Aufpasserin/Erzieherin zur Seite gesellt und außerdem bunte Münzen und Steinchen zum Spielen. Für seine Mitmenschen ist er auf Dauer wohl schwer zu ertragen - Mrs Weston braucht ja auch irgendwann dringend Ablösung.

Emma schlägt ja Frank vor, Madeira zu trinken. In den Anmerkungen dazu heißt es, dies sei vielleicht ein versteckter Hinweis auf die Sklaverei - weil Madeira ja aus Portugal stammt, Portugal damals aber eine Sklavenhaltergesellschaft war. Das finde ich mal wieder absurd. Zumal auch erwähnt wird, dass Madeira damals enorm populär war in England, es so ungewöhnlich also nicht ist, dass Emma Madeira vorschlägt. Und wenn schon, dann hätte Mrs. Elton Madeira trinken müssen, nicht aber Emma. Es sei denn, Mr. Woodhouse ist auch reich geworden durch Landbesitz in Übersee...


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BeitragVerfasst: Sonntag 29. September 2013, 14:52 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Ist der Madeira nicht von Mr Knightley? :wink:

Ich muss zwar noch das nächste Kapitel lesen, aber hier schonmal zwei Bilder von Box Hill. Einmal der Ausblick von oben und dann ein Bild vom Weg nach oben.

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Nicht im Bild: Die Völkerwanderung auf den diversen Rundwegen, die "Erlebnispfade" und die unzähligen Mountainbiker.


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BeitragVerfasst: Sonntag 29. September 2013, 20:40 
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Das sieht toll aus! Ist dss genau die Stelle, an der sie auch die letzte Verfilmung gedreht haben? Sieht fast so aus.
Und du scheinst tolles Wetter gehabt zu haben. Ich dachte zwischendurch schon, dass es in Südengland gerade ziemlich verregnet sein dürfte.


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BeitragVerfasst: Dienstag 1. Oktober 2013, 19:16 
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Kapitel 43

Der Ausflug nach Box Hill! Sicher einer der Höhepunkte des Romans. Vielleicht kann man hier zwei Sätze gegenüberstellen. Den ersten Satz des Romans:

"Schön, aufgeweckt und reich, (...) ohne jeden Anlass zu Kummer und Verdruss (...)."

Und einen aus diesem Kapitel:

"Noch nie in ihrem Leben hatte sie sich so aufgewühlt, so beschämt, so bekümmert gefühlt. Sie war bis ins Innerste erschüttert."

Die sorgenfreie Emma hat hier also ihren absoluten Tiefpunkt erreicht. Ab jetzt kann es nur noch aufwärts gehen. Vielleicht ist das so ein wenig die Katharsis, die manche Austen-Heldinnen durchmachen müssen, etwa Marianne Dashwood, die fast dem Fieber erliegt. Ist hier nicht so dramatisch, aber auch Emma muss erst von Mr. Knightley ordentlich eins übergebraten bekommen, bis sie zur Besinnung kommt.


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BeitragVerfasst: Dienstag 1. Oktober 2013, 20:36 
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Auch Frank hat hier seinen Tiefpunkt erreicht - was er Jane da indirekt um die Ohren haut ist wirklich verletzend und grausam in ihrer ohnehin schon mehr als unsicheren Lage. Und sie reagiert ja auch entsprechend, wie wir im nächsten Kapitel sehen.

Und dann noch der Wunsch nach einer "lebhaften" Frau mit "(haselnuss)braunen Augen"! Die hat von den anwesenden Damen nur Emma ... Hier sieht man sehr schön, dass die Personenbeschreibungen bei JA meist einen konkreten Zweck haben, denn man erfährt (ungewöhnlich für JA) im Laufe des Romans sowohl Harriets, als auch Janes und Emmas Augenfarbe.

Schön auch, jedenfalls vor dem Hintergrund der späteren Auflösung, wie Harriets schlechte Stimmung hier eingeflochten bzw. mehrmals erwähnt wird. Oberflächlich nur, denn Emma kann sie natürlich nicht wirklich zuordnen oder nimmt sie auch nur ansatzweise war. Aber ich denke, sie könnte einiges damit zu tun haben, dass sie mit Emma und Frank bleiben muss, während Mr Knightley sich um Jane und Miss Bates kümmert. :wink:

Und Mr Weston gibt sich hier mit seinem bemüht schmeichelnden "Witz" als Franks Vater zu erkennen - zumindest wenn man eher an eine genetische als eine erzieherische Übertragung von bestimmten Charakterzügen glaubt.
Das war jetzt nach dem Rätselgedicht und dem Buchstabenspiel glaube ich die dritte Szene des Romans in der Wortspiele eine tragende Rolle spielen.

____________

Bzgl. Box Hill: kann gut sein, hab mir den Teil gerade nochmal angesehen - zumindest in der Nähe. Die Sicht ist recht ähnlich, aber das Bild oben ist von einem relativ freien, baumlosen Hügel/Hang aus aufgenommen.
Ich finde, keine der Verfilmungen hat bisher den Ton dieser Szene bzw. die komplexe Stimmung zwischen Emma, Frank und Jane getroffen. Besonders Franks überdrehter Übermut und Emmas verzweifelte gute Laune ist wahrscheinlich schwer umzusetzen, auf mich wirkt diese Episode immer sehr aufgesetzt.


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BeitragVerfasst: Dienstag 1. Oktober 2013, 23:08 
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Ich finde dieses Kapitel sehr aufregend. Beeindruckend, wie JA diese Stimmung immer weiter entwickelt. Eigentlich hängen fast Alle irgendwie fest in Erwartungen, die sich nicht wie gedacht erfüllen. Emma hat sicher von einem tollen Ausflug geträumt, Frank vielleicht von einer Gelegenheit, sich mit Jane auszusprechen nach der Meinungsverschiedenheit des gestrigen Tages. Kaum einer ist mit denen zusammen, mit denen er zusammen sein möchte, irgendwie ist die Stimmung am Nullpunkt. Frank ist hier wirklich :flop: und er zieht Emma so richtig mit rein in sein launiges Verhalten. Klar ist Emma eigentlich selbst für ihr Verhalten verantwortlich, aber ich kann die Situation verstehen, es ist alles so verquer Frank legt ihr Dinge in den Mund und da alle die Unterhaltung hören kann sie sich nicht wirklich wehren. Eigentlich schusselt sie da so richtig rein. Ich finde es beeindruckend, wie JA das so absolut schlüssig schildert. Man kann es richtig nachempfinden.
Julia hat geschrieben:
Ich finde, keine der Verfilmungen hat bisher den Ton dieser Szene bzw. die komplexe Stimmung zwischen Emma, Frank und Jane getroffen. Besonders Franks überdrehter Übermut und Emmas verzweifelte gute Laune ist wahrscheinlich schwer umzusetzen, auf mich wirkt diese Episode immer sehr aufgesetzt.

Das finde ich auch. Gelesen ist es doch am Besten :top:

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[During the 1960s] I think there was more sex in those old films than in all that thrashing around today. I'm tired of sex scenes.
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BeitragVerfasst: Mittwoch 2. Oktober 2013, 13:23 
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Elanor hat geschrieben:
Frank legt ihr Dinge in den Mund und da alle die Unterhaltung hören kann sie sich nicht wirklich wehren. Eigentlich schusselt sie da so richtig rein.


Ich habe den Leseeindruck, dass Emma zwar insgesamt unzufrieden und enttäuscht ist, sich die Schmeicheleien von Frank aber allzu gern gefallen lässt...
Die Stelle, an der es heißt, dass Emma und Frank auf "skandalöse Weise miteinander geflirtet" haben, erinnert doch irgendwie an Austens Brief, in dem sie ihrer Schwester Cassandra berichtet, sie habe hemmungslos mit Tom Lefroy geflirtet, oder? Aber das dürfte im Vergleich zu dem, was Emma und Frank sich hier leisten, ziemlich harmlos gewesen sein.
Eigentlich müsste Emma die ganze Szene - Franks Schmeicheleien, Mr. Westons Wortspiel etc. - total peinlich sein. Denn Vater und Sohn verhalten sich ja ziemlich aufgesetzt/überdreht.
Man könnte die Reihe der Tiefpunkte vielleicht sogar noch erweitern: Emma und Frank, aber auch Jane (die selten so verletzt wurde, denke ich) und Miss Bates (die wohl noch nie so beleidigt wurde). Und Mr. Knightley war vielleicht noch nie so verärgert und eifersüchtig, für ihn muss die peinliche Flirterei eine Höllenqual gewesen sein. Sein Ärger entlädt sich dann ja auch gewaltig auf Emma. Vielleicht war auch Mrs. Elton kaum je so empört. Nur Harriet und Mr. Elton haben sicher schon Schlimmeres erlebt. Und Mr. Weston merkt sowieso nichts von den Dramen, die sich vor seinen Augen abspielen. Übrigens ja genauso wie Emma, die nicht mal stutzt, als sie das Wortduell zwischen Jane und Frank mit anhört, obwohl da ja praktisch die Fetzen fliegen.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 2. Oktober 2013, 15:37 
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Wenn ich so darüber nachdenke, ist reinschusseln auch nicht so die richtige Beschreibung, mir viel nur nichts besseres ein. Ich stimme dir schon zu, daß Emma die Aufmerksamkeit und die Flirterei in gewisser Weise genießt. Denn obwohl sie ja Rangmäßig ziemlich weit oben ist, so richtig was davon hat sie ja selten. Harriets Aufschauen ist auf die Dauer sicher nicht befriedigend. Ich glaube ungemütlich wird ihr erst, nachdem Fauxpas gegenüber Miss Bates, als ihr so langsam dämmert, daß doch nicht alles so gut läuft.
Ja spätestens bei dem Wortgefecht zwischen Frank und Jane hätte die clevere Emma doch mal aufmerken müssen, zumal sie ja schon einen Verdacht gehört hatte (wenn auch weit von sich gewiesen). Daß die Flirterei ja auch nur ein Ausnutzen durch Frank war, ist ihr sicher ebenso-wenig aufgefallen.
Was mich bei Frank wundert ist, daß er nachdem er Jane so aus der Reserve gelockt hat, auf ihre Antwort nichts erwidert und in seine lockere Art zurückkehrt.
Hier hat er Einiges an Porzellan zerschlagen, schätze ich. Bzw. JA hat es ihn tun lassen :wink:
Emma kann froh sein, daß sie Mr. Knightley hat, selbst wenn er oft schulmeisterlich tugendhaft daherkommt, ohne ihn würde sie sicher irgendwann eine Zweitausgabe von Lady CdB. Er staucht sie ja auch ordentlich zusammen, sonst wäre ihr ihr Verhalten sicher nicht so extrem bewusst geworden.

Elanor

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