Gerade lese ich einen englischen Roman, der zwar nicht in der Regency-Ära angesiedelt ist, jedoch einen Begriff enthält, der mir schon mehrmals in Büchern begegnet ist, die grob in diese Epoche fallen: der "retiring room", der immer wieder auftaucht, wenn es um die Schilderung von Bällen geht.
Offenbar handelt es sich um das, was heute wenig verhüllend als Damentoilette bezeichnet werden würde, allerdings mit Extras. So konnten sich Damen dorthin zurückziehen, um zu verschnaufen, sich frisch zu machen und bei Bedarf von einem Dienstmädchen kleine Ausbesserungen an ihrem Kleid vornehmen zu lassen. In manchen Romanen werden dort gar Getränke gereicht.
Ich frage mich, ob es für diese Mischung aus Aufenthaltsraum, Ruheraum, Toilette und Ausbesserungsschneiderei einen passenden deutschen Namen gibt? Wie hätte der "retiring room" auf einem deutschen Ball in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts geheißen? Hat jemand eine Idee?
Hallo Froufrou, das ist interessant! Bei Austen gibt es, glaube ich, nur Erholungsräume oder Plätze zum Hinsetzen, Tee trinken und Plaudern. Im Deutschen würde ich einfach vermuten (!), dass man solche Räume Erfrischungsräume oder so nennen würde - vielleicht kommt daher der Begriff "sich frisch machen" (oder umgekehrt)? Aber ich spekuliere nur, sorry.
Danke für die Antwort, Udo! "Erholungs-" oder auch "Erfrischungsraum" ist mir auch in den Sinn gekommen, ebenso wie die wörtliche Übersetzung "Rückzugs-" oder "Ruheraum". Allerdings spiegelt das den vielfältigen Zweck, wie ich finde, nicht so recht wider.
Vielleicht trifft es so etwas wie "Damen-Separee", ein abgeschiedener Ort nur für Damen, ohne dass die Nutzung auf eine bestimmte Tätigkeit beschränkt ist. Etwas Besseres ist mir bislang nicht eingefallen.
Möglicherweise war das so privat, dass es in Romanen kaum erwähnt wurde? Oder so selbstverständlich, dass es nicht erwähnt werden musste? Letzteres ist bei Austen ja oft der Fall. Jedenfalls: Habe kurz durch die Bücher über Austen geblättert, da ist auf die Schnelle auch nichts zu finden. Bei Deirdre Le Faye, Jane Austen und ihre Zeit, gibt es zwar einiges zum damaligen Alltagsleben, auch das Toilettenproblem wird da beschrieben - aber nicht im Zusammenhang mit Ruheräumen o.ä. Demnach kann man annehmen (!), dass es in gewöhnlichen Häusern zu Austens Zeit ein Glücksfall war, wenn es Räume mit Toiletten gab - erst recht, wenn es auch noch ein Wasserklo gab. Vermutlich gab es demnach in "besseren Häusern" Räume mit Schüsseln, die vom Personal geleert werden mussten. Aber zum Thema deutsche Bezeichnungen und wie das hier gehandhabt wurde, gibt es bei Le Faye offenbar nichts.
Ich denke auch, dass derlei profane und genierliche Dinge in jener etikettelastigen Zeit eher keine oder höchstens eine verbrämte Erwähnung fanden, weshalb es schwierig ist, realistische Einblicke zu erhalten. Vielleicht ist es angesichts der aus heutiger Sicht vermutlich eher zweifelhaften Hygieneverhältnisse auch besser, nicht allzu genau Bescheid zu wissen ...