Meine Geschichte, die nicht von Darcy und Lizzy handelt, sondern lediglich in deren Zeit spielt. Ich dachte, vielleicht haben noch andere solche oder änliche Geschichten geschrieben und möchten sie vielleicht auch posten.
Ich mach dann mal den Anfang:
Glück und Gegenteiliges
An einem schönen Sommertag im Juli war die junge Kaufmannstochter Marie-Anne auf dem Weg zu einem Hutgeschäft in der Innenstadt Baths um die neueingetroffenen Hauben zu begutachten. Sie hatte von ihrem großzügigen Vater eine hübsche Summe erhalten um sich eine schöne Kopfbedeckung zu kaufen. Frohen Mutes hüpfte sie durch die Straßen der Küstenstadt und träumte vor sich hin.
Durch diese Unachtsamkeit konnte es geschehen, dass sie über ihre eigenen Füße stolperte und rittlings hingefallen wäre, hätte nicht ein aufmerksamer Passant, in Gestalt eines jungen gutaussehenden Mannes, sie in letzter Sekunde mit seinen kräftigen Armen aufgefangen. Einen Moment lang wusste das Mädchen nicht wie ihm geschah, doch im nächsten Augenblick erfasste es seine Situation und blickte zu ihrem Retter auf, der es noch immer umarmt hielt. Ihre Blicke trafen sich. Retter und Errettete starrten sich an.
Marie-Anne war ein gefühlsbetontes Wesen, das sein gesamtes Leben lang in ihren romantischen Träumen auf seinen heldenhaften Prinzen gewartet hatte. Diesen Prinzen glaubte sie nun gefunden zu haben.
Sie blickte in diese wunderbaren, stahlblauen Augen ihres Gegenübers und ertrank geradezu darin. Sie spürte ihr Herz nicht mehr schlagen, denn sie hatte es in diesem ergreifenden Augenblick für immer verloren. Dem jungen Mann, in dessen Armen sie noch immer verharrte, ging es seinerseits kaum anders. Die lebhaften, braunen Augen der jungen Frau hielten ihn in ihrem Bann. Die Zeit machte eine Pause; sie stand still. Noch ehe Marie-Anne wusste was sie tat schlang sie ihre Arme um seinen Hals und küsste ihren Romeo auf den Mund. Dieser erwiderte den Kuss, als sei es das selbstverständlichste der Welt, mitten auf den belebten Straßen von Bath eine wildfremde Frau zu küssen. Die beiden verharrten in dieser Stellung. Alles um sie herum ging seinen gewohnten Gang doch das Paar nahm es nicht wahr.
Langsam löste der junge Mann nun seinen Mund von dem ihren und
fragte sie: „Willst du für immer an meiner Seite sein und meine Frau werden?“ Sie blickte ihn nur voll Liebe und nicht im mindesten überrascht an und beantwortete seine Frage mit einem schlichten „Ja“.
Nun kehrten die beiden langsam in die Gegenwart zurück und blickten sich um. Einige Leute um sie herum waren stehen geblieben und schauten sie kichernd an. Doch das frischverlobte Paar kümmerte sich nicht darum. Sie machten sich auf den Weg um ihre Hochzeit in die Wege zu leiten, denn sie gedachten sich so bald wie möglich zu vermählen.
Als erstes führte ihr Weg sie zu Marie-Annes Vater. Unterwegs tauschten sie ein paar wichtigere Kleinigkeiten über ihr Leben aus, wie Name, Alter und Familie. Dadurch erfuhr das Mädchen, dass der Name ihres Liebsten Edgar war, dass er zwei Jahre älter als sie, also 21, war und seine Eltern schon verloren hatte. Als die beiden bei Marie-Annes Zuhause ankamen, was nur ein kleines Haus am Rande der Innenstadt war, zeigte sich, dass keiner aus der Familie des Mädchens einer Heirat im Wege stand. Auf das drängende Bitten der Verlobten hin wurde die Trauung für einen der nächsten Tage festgelegt.
Die Hochzeit fand statt und es wurde ausgiebig gefeiert. Braut und Bräutigam verbrachten ihre Hochzeitsnacht im Haus des Brautvaters.
Edgars Vater war erst vor kurzer Zeit verschieden und hatte seinem Sohn ein hübsches Sümmchen hinterlassen. Ein Teil dieses Geldes wurde natürlich für die Hochzeit verbraucht, aber es blieb noch genug übrig, um das Leben in vollen Zügen genießen zu können.
Am nächsten Tag wurde in der Nachbarschaft ein Ball veranstaltet, zu dem das frisch vermählte Paar natürlich eingeladen war. Aufgeputzt und bester Stimmung betraten Marie-Anne und Edgar am Abend den festlich hergerichteten Ballsaal. Der Abend war für die Gastgeber ein voller Erfolg und es wurde spät, bis die ersten Gäste sich anschickten zu gehen. Unser junges Ehepaar war unter den letzten, die sich verabschiedeten.
Sie waren gerade dabei die Vortreppe des Hauses hinab zu steigen, als es sich zutrug, dass Edgar auf einer Bananenschale ausrutschte, die ein nachlässiger Diener fallengelassen hatte. Er stürzte die Treppe hinunter und auf die Straße, die nur spärlich beleuchtet war. Er wurde von der anfahrenden Kutsche eines anderen Gastes des Balls überrollt und von den vorgespannten Pferden niedergetrampelt. Von dem ehemals gutaussehenden jungen Mann blieb nichts Ansehnliches übrig und seine unschuldige Seele entschwebte gen Himmel.
Marie-Anne erlitt den Schock ihres Lebens und viel sogleich ihn Ohnmacht. Die gesamte Anwohnerschaft war in größter Aufruhr. Es wurde dafür gesorgt, dass die Überreste Edgars fortgeschafft wurden und Marie-Anne ein Gästezimmer im Hause des abendlichen Balls erhielt. Sie wurde von einem Hausmädchen mit Hilfe von Riechsalz und Ohrfeigen zur Besinnung gebracht und ins Bett gesteckt, wo die junge Witwe ermattet einschlief.
Marie-Anne blieb bei diesen netten Gastgebern, bis die Beerdigung ihres Ehemannes vollzogen war und sie dessen Vermögen in Händen hielt. Sie hatte der Beerdigung nicht beigewohnt, denn sie erkannte in den Überresten des Mannes nicht ihren geliebten Edgar und verdrängt damit erfolgreich seinen Tod. Er sei fortgegangen, dachte sie. Und er habe ihr Geld gegeben um ihn suchen zu können. Marie-Anne hatte sich eine Traumwelt aufgebaut, in der sie von nun an lebte.
Sie mietete sich eine Kutsche und machte sich auf nach London. Das verstörte Mädchen war überzeugt dort ihren Gatten zu finden. Mehrere Tage dauerte die Fahrt. Als Marie-Anne endlich die Stadt erreichte mietete sie sich in einem Gasthof ein Zimmer. Da es schon Abend war ging sie in den Speisesaal um sich ein Abendessen zu genehmigen.
Sie öffnete die Tür dieses Zimmers und stieß einen Freudenschrei aus. An einem der Tische saß tatsächlich ihr Edgar. Marie-Anne lief auf den verwirrt dreinblickenden Mann zu und umarmte ihn stürmisch. „Ich wusste, dass ich dich finden würde, Edgar! Alle wollten mir einreden, du seihst tot, doch nun kann ich ihnen beweisen, dass sie Unrecht hatten. Oh Edgar! Ich bin so glücklich dich wieder bei mir zu haben!“
Ein Schimmer der Erkenntnis breitete sich auf dem Gesicht des eben noch verwirrten Mannes aus. Der Zufall hatte es gewollt, dass er der Ehefrau seines Zwillingsbruders in die Arme gelaufen war. Freundlich lud er die junge Frau zu sich an den Tisch ein und bestelle ihr etwas zu Essen. Die beiden plauderten fröhlich über Belanglosigkeiten.
Später gingen sie zusammen in Marie-Annes Zimmer, wo sie aneinandergekuschelt einschliefen. Die junge Frau war immer noch glücklich in der Erkenntnis ihren Edgar wiedergefunden zu haben. Als das Mädchen am nächsten Morgen aufwachte war der vermeintliche Ehemann verschunden und mit ihm all des Geld, dass sie geerbt hatte. Sie fand aber auf dem Nachttisch einen Brief. Mit zitternden Händen öffnete sie ihn und las:
Meine liebe Marie-Anne,
ich bin nicht der für den du mich hältst. Mein Name ist Edward und ich bin der Zwillingsbruder Edgars. Ich habe von dessen Tod erfahren und möchte dir hiermit mein Beileid aussprechen. Da ich in einer finanziellen Notlage stecke habe ich dein Geld an mich genommen. Dafür danke ich dir.
Dein Bruder Edward
Der Brief glitt aus Marie-Annes schwachen Händen und fiel zu Boden. Das Mädchen ihrerseits fiel in Ohnmacht und da sie neben dem Bett stand landete sie in weichen Kissen. Ihre Traumwelt war in sich zusammengebrochen und nichts war davon übriggeblieben.
Als sie nach wenigen Minuten wieder aufwachte wusste sie, was sie tun wollte. Sie lief durch die Straßen Londons bis sie die Themse erreichte. Entschlossen, dass sie ihrem Leben ein Ende setzen wollte sprang sie hinein. Doch Marie-Anne hatte nicht damit gerechnet, dass sie von einem vorbeifahrenden Schiff gesehen werden konnte. Sie wurde an Bord eines großen Handelschiffes gezogen, verliebte sich in einen der Matrosen und fing mit ihm ein neues Leben an.
Finis
Ich hoffe auf eure ehrliche Meinung.
Magdalena