Pixie hat geschrieben:
Er schaltet ja seinen Verstand nicht aus, um Lizzy zu lieben.
Na ja, eben.
Weder vorher, noch nachher schaltet er seinen Verstand aus ...
Darauf wollte ich hinaus ...
Pixie hat geschrieben:
Sondern er liebt sie, auch wenn ihm sein Kopf sagt, dass das "falsch" ist. Und später merkt er, dass er sie sowohl vom Herzen als auch vom Kopf her liebt.
Hmmm, ich weiß nicht. Das Problem ist ja bei einem rationalen Mann wie Darcy, daß er nie seine Gefühle über seinen Willen/Kopf setzen würde, die Liebe irgendwann überwinden würde, wenn er sie als "falsch" erachtet. Er ist genau der Typ, der sich Sylvester seine Ziele steckt und die auch durchsetzt, komme was wolle. Gerade für ihn, den Denker käme eine ungeliebte Ehe nicht in Frage, weil er genau abwägt, welche Vor- und Nachteile das mit sich bringt und alle seine Aktionen bereits im Hinblick auf die Zukunft geplant sind. Sogar Mr. Bennet sagt, und es geht hier um die Zukunft seiner Tochter, die er noch von der Heirat abbringen will": Er ist ein Mann, dem ich nichts abschlagen würde, egal worum er mich bittet". Zu so einem Mann sagt man also tunlichst nicht "nein", auch wenn es das Glück der liebsten Tochter betrifft. Das sagt doch eine Menge aus!
Darcy hat sich schon beim ersten Antrag bewußt und mit dem Kopf entschieden, gerade weil er alles ins Feld führt, was gegen die Verbindung spricht. Er hat also sehr lange und bewußt darüber nachgedacht, auch wenn es auf den ersten Blick spontan und impulsiv aussieht (klar, er dachte ja, er würde sie nach Rosings nie wiedersehen und hätte nur diese eine Chance!). Im Gegenteil, hätte er weniger "Hirngesteuert" gehandelt, wäre der erste Antrag nicht so plump ausgefallen. Hätte er mehr sein Herz sprechen lassen, hätte er Lizzy vielleicht sogar überzeugen können, auch wenn sie zu diesem Zeitpunkt sagte, sie hätte ihre Ablehnung nur angemessener ausgedrückt.
Nur gerade überaus rationalen Menschen fällt es oft schwer die richtigen Worte zu finden, vor allem wenn sie gefühlsmässig involviert sind, was ihnen peinlich ist und unterdrückt wird. Das kommt beim Gegenüber halt oft kalt, berechnend und abgebrüht an, weil man weder weiß, noch sehen kann, wie sehr es innerlich brodelt.
Darcys Ausbruch bei dem Antrag hätte es Lizzy sagen sollen, aber sie hatte selbst wohl auch noch nie mit diesem Menschenschlag zu tun, und sie war vermutlich zu überrascht, weil sie dergleichen nicht erwartet hatte, nicht erwarten konnte. Ihr Fehler (abzulehnen) wird ihr dann aber ziemlich schnell bewußt, jedenfalls vor Pemberley.
Ich weiß, Darcy sagt zu Lizzy, er wäre zu Bingley gütiger gewesen als zu sich selbst, indem er eine mögliche Ehe mit Jane im Keim erstickte, aber ein Argument war ja, daß er glaubte, Jane wäre zu wenig beteiligt, sie habe nicht genügend für Charles empfunden. Er selbst macht Lizzy aber einen Antrag, denkt er also, dass sie ihn liebt, wo ihm Liebe/Zuneigung so wichtig für ein gemeinsames Leben erscheint? Das konnte er in diesem Moment noch nicht erwarten. Er denkt vermutlich ganz rational, dass sie eine solche Verbindung nie ausschlagen würde. Vermutlich hätte es (außer Lizzy) kaum eine getan. So eine Familie, solche Verbindungen, riesige Landgüter, Geld; natürlich hat er gedacht, sie würde den Antrag annehmen, sie wäre verrückt vor Freude! Und er muß ja denken (diese Meinung hegte man damals), daß die Voraussetzungen seinerseits so gut sind, dass sich die Liebe oder zumindest ausreichende Gefühle ihrerseits schon noch einstellen werden.
Ich weiß nicht, aber für mich sieht die ganze Aktion nach reiflicher Überlegung eben doch sehr durchdacht aus. Hätte er im anderen Fall nicht sogar eher dafür gesorgt, daß auch Charles das gleiche Glück, nämlich die Liebe findet, was er ja später tut, als er eben mehr sein Herz sprechen lässt, statt den Verstand? Er kann nicht hoffen (auch wenn er sich von seiner Schokoladenseite zeigt) Lizzy jemals zu gewinnen, also sollen wenigstens Charles und Jane glücklich sein!
Nein, im fortlauf seiner Liebe zu Lizzy gewinnt er sein Herz wieder, nicht seinen Verstand. Den hatte er eigentlich nie verloren.
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Grüsse, Caro
Avatar: Amelia Darcy (1754-1784)
Für 1 Jahr säe einen Samen, für 10 Jahre pflanze einen Baum, für 100 Jahre erziehe einen Menschen. chin. Weisheit