Julia hat geschrieben:
Ich mach mal weiter mit Kapitel 6:
(das, was Alethea als Kapitel 4 beschrieben hat, ist ja eigentlich Kapitel 5)
Du hast Recht! Hab' mich wohl vertippt, sorry!
Julia hat geschrieben:
In Kapitel 7 treffen die beiden Mädchen auf James Morland und John Thorpe, ihre jeweiligen Brüder.
Nun muss ich aber etwas einwerfen: Sind wir heute nicht erst bei Kapitel 6 angelangt?
Ich meine, mir kann es egal sein, denn ich kenne das Buch schon --- aber ich denke da an die Erstleser...
Am Samstag war das erste Kapitel dran, also müsste doch heute (Do) das 6. Kapitel an der Reihe sein, oder? Oder irre ich mich mal wieder, wie so häufig, im Wochentag?
Julia hat geschrieben:
Auch sie ist bemüht, zum Gespräch beizutragen, aber läuft gegen eine Wand:
"Udolpho! Oh, Lord! Not I; I never read novels; I have something else to do."Immerhin weiß er "Tom Jones" zu schätzen...
Witzig finde ich bei dem Gespräch mit dem großspurigen John Thorpe, dass er zwar angeblich niemals Romane liest, doch immerhin eine ganze Menge kennt!
Damit verweist JA ja wiederum auf das 5.Kapitel, als sie das damals übliche Verhalten gegenüber Romanen beschrieb...
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Doch ich will jetzt nicht vorgreifen, sondern noch etwas zu
Kapitel 6 sagen! Vieles deckt sich zwar mit dem, was Julia geschrieben hat, doch ich will es trotzdem noch loswerden...
Das 6. Kapitel dient ja vor allem der Charakterisierung Isabellas --- und zwar aus ihrem eigenen Mund!
Ich finde Isabella einfach nur schrecklich affig! Sie denkt und spricht in Ausrufezeichen und alles, was sie sagt, ist maßlos übertrieben!
„I have been waiting for you at least this age!“ und vier Zeilen weiter
“These ten ages at least!” (dabei waren es genau fünf Minuten!);
“I have a hundred things to say to you”;
“it looked very showery, and that would have thrown me into agonies!”;
“the prettiest hat you can imagine”;
“my dearest Catherine”;
“Dear creature”;
“Miss Andrews, a sweet girl, one of the sweetest creatures of the world”;
“the sweetest cloak you can conceive”;
“beautiful as an angel”;
“an amazing horrid book”;
“amazingly impertinent”;
“amazingly glad”;
“I am dying to show…” usw. usw.
Ich weiß nicht, wie es euch ergeht, aber mir geht ihr Getue unheimlich auf die Nerven!
Und das Schlimmste daran ist, dass Catherine dieses Gehabe von ihrer Freundin binnen weniger Tage in Ansätzen übernimmt:
„I am delighted with the book! I should like to spend my whole life in reading it. I assure you, if it had not been to meet you, I would not have come away from it for all the world.”
Es ist von JA auch sehr geschickt gemacht, dass man während des gesamten Gespräches Isabellas schrille Stimme im Ohr hat, während das bei Catherine eigentlich nicht der Fall ist! Zumindest mir erging es so! Dabei schreibt JA kein einziges Mal im ganzen Kapitel „cried Isabella“, obwohl es bestens passen würde…Allein durch die vielen Ausrufe und das, was Isabella sagt, wird dieser Eindruck vermittelt…
Jane Austen macht sich ja selbst über die beiden lustig, als sie schreibt:
„The following conversation, which took place between the two friends in the Pump-room one morning, after an acquaintance of eight or nine days, is gives as a specimen of their very warm attachment, and of the delicacy, discretion, originality of thought, and literary taste which marked the reasonableness of that attachment.” (Kap. 6)
Da ist doch jedes Wort ein kleiner, aber scharfer Biss! :schnapp:
Ich finde es auch sehr schön herausgearbeitet, wie Isabella durch ihr eigenes Geschwätz ihre Oberflächlichkeit enthüllt: Sie, deren Natur es angeblich nicht ist, einen Menschen nur halb zu lieben, deren Zuneigung immer
„excessively strong“ ist, findet zunächst, dass eine Miss Andrews
„a sweet girl, one of the sweetest girls of the world“, und
„beautiful as an angel“ ist --- und sie kann nicht verstehen, warum sie von den Männern nicht bewundert wird --- zwei Minuten später schon schreibt sie über dieselbe junge Dame:
„...you [Catherine] have so much animation, which is exactly what Miss Andrews wants, for I must confess there is something amazingly insipid about her.“ Sie hat ihre Meinung schnell zu Catherines Gunsten geändert, um ihr Honig ums Maul schmieren zu können…
Und im nächsten Kapitel erfährt man auch den Grund!
Was ich auch sehr auffällig fand, war, dass Catherine nur ungern mit ihrer lieben, neuen Freundin über Henry Tilney spricht! Sie wird rot, als Isabella die Rede auf ihn bringt, lässt sich nur wage über die Art von Männern aus, die ihr gefallen (
„I have never much thought about it. Something between both, I think“), und wechselt relativ rasch wieder das Thema zu „Udolpho“, wobei sie sicherlich das Buch
nicht mehr interessiert als Henry!
Wahrscheinlich spürt sie instinktiv, dass Welten zwischen den beiden Menschen liegen, die sie momentan am meisten beschäftigen…
Außerdem will ich noch anmerken, dass Isabellas Abneigung für „Charles Grandison“ auch zeigen könnte, dass sie nicht gerade Jane Austens Liebling war --- denn soweit mir bekannt ist, mochte JA selbst diesen Roman äußerst gerne…
Es wird doch höchste Zeit, dass Catherine in bessere Gesellschaft kommt und ein ordentliches und vernünftigeres Mädchen zur Freundin bekommt…!!!!
Alethea