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BeitragVerfasst: Sonntag 27. Oktober 2013, 09:19 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Dass sie Mr. Knightley erst heiraten kann, wenn ihr Vater tot ist. Das geht schneller....


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Sonntag 27. Oktober 2013, 09:19 


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BeitragVerfasst: Sonntag 27. Oktober 2013, 13:53 
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Naja, so falsch ist das Ergebnis aus der Sicht des normal Üblichen ja nicht. Da sie ihr bisheriges Heim im Falle einer Heirat verlassen würde, um bei ihrem Gatten zu wohnen; ist es ja allzu verständlich, daß sie diesen Schluß zieht, da sie ihren Vater nicht verlassen will.
Daß es Anders kommen wird, kann sie ja noch nicht wissen.
Ich finde es gut, daß sie Harriet gleich schreibt und es nicht erst vor sich herschiebt. Das würde es ja auch nicht einfacher machen.
Franks Brief ist schon ganz schön lang. Wenn ich ihn selbst lese kommt er mir immer etwas aufgesetzt vor, aber vorgelesen von Juliet Stevenson find ich ihn schon ziemlich mitreißend. Da kommen die Schwierigkeiten Franks gut zum Vorschein. Obwohl ich schon finde, daß er es sich etwas zu leicht macht, aber wahrscheinlich sieht er es in seiner plötzlich so sonnigen Lage auch einfach sehr leicht. Wenn man sich überlegt, daß in diesem Buch eigentlich ziemlich häufig der Gemütszustand Anderer falsch gedeutet wird, ist es ja ein Wunder, daß Frank in Emmas Fall richtig liegt. ;D

Elanor

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[During the 1960s] I think there was more sex in those old films than in all that thrashing around today. I'm tired of sex scenes.
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sadly enough, this is more than true in our times


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BeitragVerfasst: Sonntag 27. Oktober 2013, 20:36 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Naja, eher im Gegenteil, oder? Ich finde es jedenfalls immer wieder sehr bezeichnend, dass Frank der Meinung ist, Emma hätte ihn schnell durchschaut und wäre ja bestimmt so gar nicht überrascht von der letztendlichen Enthüllung gewesen. Oder wie auch er bestimmte Szenen und Dialoge missverstanden bzw. so verstanden hat, wie es für ihn am attraktivsten ist. Wieder ein sehr gutes Beispiel dafür, dass Emma nicht die Einzige im Roman mit Illusionen und falschen Schlüssen ist.


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BeitragVerfasst: Sonntag 27. Oktober 2013, 21:19 
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@Elanor: Ganz ernst meinte ich das nicht mit Emmas Fehlschluss. Du hast schon recht, sie konnte nicht unbedingt erwarten, dass Mr. Knightley zu ihr zieht. Aber dass es doch passiert, zeigt eben, dass ihre Schlussfolgerung, sie könne ggf. erst in Jahrzehnten heiraten, falsch ist.
Für mich zeigt diese Stelle vor allem noch einmal, wie anhänglich und selbstlos Emma tatsächlich ist, denn wer sonst würde schon für diesen nervigen Vater auf Mr. Knightley verzichten? ;-)

Ich weiß noch nicht, was ich von Franks Brief halten soll. Einerseits denke ich, dass er ganz gut geschrieben ist - was bei Austen ja stets ein Beweis auch charakterlicher Qualitäten ist. Aber es stimmt schon, dass er sich alles so zurechtdeutelt, dass es für ihn passt bzw. ihn gut aussehen lässt. Andererseits habe ich mich an einzelne Stellen, die er beschreibt, so erinnert, dass sie tatsächlich genau so zu verstehen gewesen sein können, wie er es schreibt. Vielleicht ist das nicht allein als Beleg für seine Selbstgefälligkeit zu deuten, sondern vor allem als Beleg dafür, wie raffiniert Austen diese Szenen konstruiert hat - nämlich so, dass tatsächlich zwei Leute sie komplett anders interpretieren konnten. Das passiert ja dauernd in diesem Buch, man denke zuletzt an Emmas und Harriets unterschiedliche Deutung ihres Gesprächs über Harriets neue Liebe. Also man müsste sich vielleicht mal jede Stelle, die Frank nennt, noch mal im Buch ansehen?
Aber auf jeden Fall denke ich auch, dass er sich was zurechtlügt, wenn er schreibt, er habe Emma sofort durchschaut. So schnell konnte er sich niemals so sicher sein, dass er es wagen konnte, derart unverfroren mit ihr zu flirten. Übrigens wieder ein Riesenpluspunkt für Emma, dass gerade sie eben nicht auf ihn reingefallen ist, auch das zeigt ja ihre Qualitäten.


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BeitragVerfasst: Sonntag 27. Oktober 2013, 21:45 
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Julia hat geschrieben:
Naja, eher im Gegenteil, oder? Ich finde es jedenfalls immer wieder sehr bezeichnend, dass Frank der Meinung ist, Emma hätte ihn schnell durchschaut und wäre ja bestimmt so gar nicht überrascht von der letztendlichen Enthüllung gewesen. Oder wie auch er bestimmte Szenen und Dialoge missverstanden bzw. so verstanden hat, wie es für ihn am attraktivsten ist. Wieder ein sehr gutes Beispiel dafür, dass Emma nicht die Einzige im Roman mit Illusionen und falschen Schlüssen ist.

Teils, teils. Einerseits liegt er richtig in der Beziehung, daß Emma sich nichts aus ihm macht. Andererseits meint er, sie hätte seine Beweggründe verstanden und etwas von den Hintergründen geahnt. Da lag er total falsch.
Stimmt, Emma ist ja nun wirklich nicht die Einzige, die falsche Schlüsse zieht aus dem Verhalten Anderer.
Udo hat geschrieben:
Für mich zeigt diese Stelle vor allem noch einmal, wie anhänglich und selbstlos Emma tatsächlich ist, denn wer sonst würde schon für diesen nervigen Vater auf Mr. Knightley verzichten? ;-)

Also das ist schon schwer vorstellbar heutzutage :D
Udo hat geschrieben:
Vielleicht ist das nicht allein als Beleg für seine Selbstgefälligkeit zu deuten, sondern vor allem als Beleg dafür, wie raffiniert Austen diese Szenen konstruiert hat - nämlich so, dass tatsächlich zwei Leute sie komplett anders interpretieren konnten.

Da gebe ich dir uneingeschränkt recht, sie ist da wirklich Spitze :top: :applaus: Das ganze Buch strotzt ja nur so vor falschen Fährten, heutzutage hätte sie sicher auch eine gute Krimiautorin sein können. Man wird als Leser doch ganz schön in die Irre geschickt. Zumindest als Erstleser gibt es viele Aha- Momente. Etwas entsinne ich mich noch daran. (Vergleichbar in etwa mit Agatha Christies "The Murder of Roger Ackroyd" hierzulande als "Alibi" bekannt)
Elanor

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BeitragVerfasst: Mittwoch 30. Oktober 2013, 16:58 
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Aus heutiger Sicht finde ich es ein wenig seltsam, dass Emma entscheidet, Harriet vorerst nicht mehr zu sehen. Heute würde man doch das Bedürfnis haben (und die Notwendigkeit empfinden), Harriet persönlich zu sagen, was passiert ist. Ich vermute mal, dass das Feingefühl damals andere Verhaltensweisen vorgab. Emma weiß ja sonst sehr wohl, was sich gehört.

Fast ein wenig Austen-unwürdig finde ich, dass das finale Drama zwischen Jane und Frank vor allem dadurch gesteigert wurde, dass Frank seinen Brief an sie aus Versehen nicht abgeschickt hat. Solche Zufälle braucht JA meistens ja nicht. Und wieder steht die gute Post gut da, beim ersten Mal lobpries Jane sie, jetzt bewährt sie sich bei Frank. Aber die beiden nutzen sie ja auch ausgiebig.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 30. Oktober 2013, 22:08 
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Kapitel 51

Mr. Knightley liest Franks Brief mit kritischem Blick. Anschließend beglückt er Emma mit dem Vorschlag, zu ihr und ihrem Vater zu ziehen - so können sie schon bald heiraten.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 30. Oktober 2013, 22:30 
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Noch mal schnell zurück:
Udo hat geschrieben:
Und wieder steht die gute Post gut da, beim ersten Mal lobpries Jane sie, jetzt bewährt sie sich bei Frank. Aber die beiden nutzen sie ja auch ausgiebig

Ich hab mich eigentlich immer gefragt, wie die beiden in so einem kleinen Ort wie Highbury es schaffen, unentdeckt zu bleiben. Gut Jane ist immer selbst und zeitig zum Postamt gegangen. Aber hätte wirklich niemand etwas gemerkt? So wie es beschrieben ist, muss es ja eine eifrige Korrespondenz gewesen sein. :schreib:

Elanor
P.S. Kap. 51 kommt morgen dran

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BeitragVerfasst: Freitag 1. November 2013, 14:04 
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Ja, der rege Postverkehr hat mich auch gewundert - zumal es ja eigentlich ungehörig war, wenn ein Mann einer Frau schrieb.

Ich hab ich gefragt, ob es für den Fortgang des Romans eigentlich nötig ist, dass Mr. Knightley hier noch mal Franks Brief seziert und uns erzählt, was warum gut oder schlecht war. Das klingt ein wenig so wie eine moralisch-pädagogische Nachhilfestunde für den Leser. Charmant ist das nur, weil es einen Kontrast dazu bildet, wie Emma den Brief aufgenommen hat. Aber andererseits müssen wir jetzt auch nicht mehr viel darüber erfahren, wie es den beiden so geht, denn der Antrag ist ja gemacht und angenommen worden. Will sagen: Die Luft ist raus...

Hübsch finde ich, wie Austen sich hier noch mal über Emma lustig macht, die sich freut, "Solch einen Gefährten in den vor ihr liegenden Zeiten der Angst und Trostlosigkeit bei sich zu haben!" Welche Angst? Welche Trostlosigkeit? Durch Mr. Knightley sind doch ihre zuvor genannten Sorgen vom Tisch.

Und noch einmal zu Harriet, die "in jeder Hinsicht die Verliererin" sein wird: Ist das wirklich nur Empfindsamkeit, wie Emma hier mit Harriet verfährt? Es heißt: "Emma empfand ihre künftige Abwesenheit nicht als Beeinträchtigung ihres eigenen Wohlbehagens. In einem solchen Kreis würde Harriet eher Ballast sein..." Das klingt alles etwas hart. Die Frage ist, denkt Emma das nur, weil sie eine potenzielle Nebenbuhlerin aus dem Weg schaffen will? Der Gedanke scheint jedenfalls auch eine Rolle bei ihr zu spielen. Oder will sie Harriet nur ersparen, Mr. Knightley anschmachten zu müssen? In jedem Fall ist es so: Emma entscheidet wieder einmal, was für Harriet das Beste ist, Harriet ist in Wahrheit keine Freundin (und war es wohl nie), sondern ein Objekt zum Spielen, eine Figur zum Herumschieben. Jetzt wird sie erst mal abgeschoben.


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BeitragVerfasst: Freitag 1. November 2013, 15:27 
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Udo hat geschrieben:
Ich hab ich gefragt, ob es für den Fortgang des Romans eigentlich nötig ist, dass Mr. Knightley hier noch mal Franks Brief seziert und uns erzählt, was warum gut oder schlecht war. Das klingt ein wenig so wie eine moralisch-pädagogische Nachhilfestunde für den Leser. Charmant ist das nur, weil es einen Kontrast dazu bildet, wie Emma den Brief aufgenommen hat. Aber andererseits müssen wir jetzt auch nicht mehr viel darüber erfahren, wie es den beiden so geht, denn der Antrag ist ja gemacht und angenommen worden. Will sagen: Die Luft ist raus...

Vielleicht ist ein bischen die Luft raus, mag sein. Aber das ist bei JA eigentlich immer so, daß nicht sofort nach dem Happy End Schluß ist. Und das ist etwas, was ich an ihr besonders mag.
Sicher könnte eigentlich Schluß sein, wenn sich Emma und ihr Mr. Knightley in den Armen liegen. (obwohl das uns ja vorallem die Filme suggerieren) Aber schön finde ich, wie Sie unsere Fantasie ein bischen weiter lenkt. Was kommen wird oder kommen könnte. Das mag ich, so hält dieses Hochgefühl, daß ja die glücklich verliebten haben, auch für den Leser noch etwas an :brille: (konnt' ich mir jetzt nicht verkneifen :D )
Ich finde, im Lesen und Reden über Frank und den Brief zeigt sich auch einmal mehr, wie sehr vertraut die Beiden miteinander sind. Auch in dem Antrag und er aufgenommen wird, zeigt sich das sehr gut. Die beiden sind wirklich ein schönes Paar.

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BeitragVerfasst: Freitag 1. November 2013, 15:44 
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Möglicherweise ist es auch ein kleines Zugeständnis an die Mode der Zeit, moralisierende Romane zu schreiben. Ein klitzekleines.

Wie vertraut die beiden sind, merkt man deutlich, das stimmt. Sie wirken schon fast wie ein altes Ehepaar... Ob sie ein schönes Paar sind, weiß ich nicht, ich hab im wirklichen Leben noch so meine Schwierigkeiten mit der Entstehungsgeschichte dieser Verbindung. Aber ich bin auch kein Freund der Ehe zwischen Oberst Brandon und Marianne, von daher... Und wenn Austens Roman festlegt, dass die alle glücklich und zufrieden sind, dann ist das natürlich so. ;-)

Was die Aussichten betrifft: Also Austen deutet ja schon an, dass Mr. Knightley in Hartfield kein leichtes Leben haben wird. Mit Schwiegereltern ist das so eine Sache, zumal mit diesem Schwiegervater. Mal sehen, ob seine Liebe zu Mr. Woodhouse so groß ist wie die von Emma zu ihrem Vater - denn man braucht sehr, sehr viel Liebe, um den Hypochonder auf Dauer zu ertragen, schätze ich. Und wenn Emma schwanger wird, geht die Hölle wahrscheinlich erst richtig los, weil er sich dann zu Tode sorgen wird. Auf der anderen Seite: Wenn Emma eines Tages nach Donwell zieht, ins dunkle Gemäuer, dann wird sie auch extrem viel zu tun haben, um Leben in die Bude zu bringen. Mr. Knightley ist nämlich in Wahrheit ein ziemlicher Langweiler, falls das noch niemand bemerkt haben sollte.... Ich erinnere mich, dass sein größtes Vergnügen darin besteht, zu lesen oder Damen beim Musizieren zuzuhören. :zzz: Ansonsten liebt er es, sich mit agrartechnischen und kommunalpolitischen Fragen zu befassen, wobei er gern elend lang mit seinem Verwalter diskutiert, ob die Hecke schon gestutzt werden muss oder ob es noch bis morgen geht. ;-)


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BeitragVerfasst: Freitag 1. November 2013, 17:58 
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Udo hat geschrieben:
Mr. Knightley ist nämlich in Wahrheit ein ziemlicher Langweiler, falls das noch niemand bemerkt haben sollte.... Ich erinnere mich, dass sein größtes Vergnügen darin besteht, zu lesen oder Damen beim Musizieren zuzuhören. :zzz:

Was hättest du denn lieber? Soll er mindestens einmal die Woche nach London reiten und die "Sau rauslassen" :fies_sei:
So wahnsinnig viel Entertainment gab es damals nicht. Lesen, Musizieren, dem Zuhören, Karten spielen... Ist doch eigentlich gut, daß er sich mit seinen Angelegenheiten befasst, da merkt er wenigstens, ob Alles i.O. ist, nicht so wie Sir Walter
Aber es ist wohl wirklich so, daß positive Figuren mit wenig Fehlern meist schwer zu beschreiben sind und auch oft langweilig wirken. Und ich glaub nicht, daß Mr. Knightley ein Langweiler ist. Lieber als Frank Churchill wäre er mir allemal, trotzdem geht nichts über Edward Ferrars, auch wenn der für dich auch ein Langweiler ist :gnade: :wech:

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BeitragVerfasst: Freitag 1. November 2013, 19:28 
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Also ich hätte ihn gar nicht lieber irgendwie anders - ich will ihn überhaupt nicht haben!
Aber warum ist es schwer, eine positive Figur ohne Fehler nicht langweilig erscheinen zu lassen? Machen nur Fehler eine Romanfigur interessant?

Edward Ferrars - weißt du nicht, dass ich den Burschen im Groupread wieder und wieder verteidigt habe?! Allerdings bist du die Erste, soweit ich mich erinnere, die für ihn zu schwärmen scheint....;-)


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BeitragVerfasst: Freitag 1. November 2013, 20:28 
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Naja, schwärmen ist zuviel. Da gibt es nur Einen und der ist echt und keine Romanfigur :wink:
Ich find ihn verkannt und eben nicht den blassen Langweiler aus verschiedenen Gründen, die hier natürlich off topic sind.
Aber was du gegen Mr. Knightley hast, kann ich nicht so ganz nachvollziehen.
Ja, er kommt manchmal etwas schulmeisterlich daher und dooferweise hat er ja auch recht, eigentlich wohl immer (oder gibt es was wo er nicht recht hat?) Aber er bohrt z.B. nicht nach, hätte er beim Box Hill Thema gekonnt oder auch bei Emmas Fehlern Mr. Elton betreffend.
Und die Zeitgestaltung damals mutet uns heute schon etwas gemächlich, um nicht zu sagen langweilig an. Aber die Whistabende in der "Krone" werden auch nicht gerade spannend gewesen sein.
Ich glaube das Leben in Highbury und Umgebung war wohl recht ereignisarm. In London gab es sicher mehr Abwechslung.
Wie müßte denn Mr. Knightley deiner Meinung nach sein, damit du ihn doch haben wölltest.
Udo hat geschrieben:
Machen nur Fehler eine Romanfigur interessant?
Natürlich nicht, aber es läßt sich wunderbar darüber schreiben und wenn es mit dem erhobenen Zeigefinger ist :fies_sei:
Das Problem wird wohl eher sein, daß es in Wirklichkeit keine so perfekten Menschen gibt und wir Leser das alle im Hinterkopf haben. Dadurch werden wir wohl so fast perfekte Typen immer etwas suspekt betrachten. Könnte es das sein?

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BeitragVerfasst: Samstag 2. November 2013, 14:21 
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Elanor hat geschrieben:
Aber was du gegen Mr. Knightley hast, kann ich nicht so ganz nachvollziehen.
Ja, er kommt manchmal etwas schulmeisterlich daher und dooferweise hat er ja auch recht, eigentlich wohl immer (oder gibt es was wo er nicht recht hat?)


Ich habe nichts gegen die Romanfigur Mr. Knightley, dass er ein Langweiler ist, war ein wenig provokativ gemeint - wobei ich tatsächlich denke, dass er von Austen sehr seriös und gesetzt geschildert wird, offenbar hält er ja noch nicht mal was vom Tanzen, es sei denn, er muss jemanden aus der Not erretten (oder wenn Emma ihn fragt).

Wenn man Mr. Knightley charakterisieren müsste, würde man vielleicht folgendes auflisten: Er ist sehr freundlich, aufmerksam, kommunikativ (ohne zu schwätzen), gemütlich, familiär, ein guter Verpächter (dem am Wohl seiner Pächter liegt), ein Kümmerer (in seiner Eigenschaft als Vorsteher der Gemeinde), hilfreich, rücksichtsvoll, einfühlsam (jedenfalls gegenüber Emma und Mr. Woodhouse), er trägt seine Gefühle nicht zur Schau (ist insofern auch reserviert), besitzt ein überragendes Urteilsvermögen mit feinstem Sinn dafür, was richtig und falsch ist, erweist Respekt, wem Respekt gebührt (unabhängig von Einkommen oder sozialem Status) und hat den Drang, Emma zu erziehen. Er verkörpert den guten, alten englischen Landbesitzer und Patriarch, der sogar gegenüber seiner Liebsten in bestem Englisch daherredet. Über den von Austen konstruierten Kontrast zum frankophilen Frank, den es mit Macht ins Ausland zieht (während Mr. Knightley am liebsten nur am Kamin in Donwell hocken würde, während Emma ihm vorsingt), haben wir ja schon geredet. Letztlich ist Mr. Knightley vielleicht ein Vorbild für alle Männer - an ihm sollten sich alle männlichen Leser messen. Insofern hat er sogar auch noch eine pädagogische Außenwirkung, er erzieht nicht nur Emma, sondern auch die Leser.... Ich hatte, glaube ich, schon auf Emily Auerbach hingewiesen, die meint, Austen habe in einer Zeit, als ohne Ende moralisierende Erbauungsromane für Frauen geschrieben wurden, ihren Spaß daran gehabt, mal den Männern zu zeigen, was sich gehört. Um es auf den Punkt zu bringen: "There is one thing, Emma, which a man can always do, if he chooses, and that is his duty." (Kap 18)

Mr. Knightley ist vermutlich der perfekteste Held in der Austen-Welt. Oberst Brandon kommt ihm nahe, der ist aber so unvernünftig, sich wegen einer Frau schießen zu wollen, was Minuspunkte bringt. Tatsächlich liegt Mr. Knightley niemals falsch. Er ist der "moralische Kompass", wie Julia das nannte, dessen Zeiger selbst dann in die richtige Richtung weist, wenn er durch Eifersucht und Misstrauen (wie bei Frank Churchill) beeinträchtigt ist. Allerdings schafft er es deshalb lange nicht, Franks gute Seiten zu akzeptieren. Aber das ist auch sein einziger Makel, den man ihm wegen der Liebe zu Emma nur zu gerne verzeiht.

Austen hat einmal in einem Brief geschrieben (das hatte ich schon mal erwähnt), dass perfekte Helden sie langweilen würden. Wenn mich etwas "stört" an Mr. Knightley, dann vielleicht genau dieser Punkt. Wobei noch hinzu kommt, wie gesagt, dass ich seine ständige pädagogisierende Art Emma gegenüber etwas übertrieben finde. Ok, sie hat es nötig, keine Frage, aber Mr. Knightley kommt mir in diesem Roman manchmal vor wie der wandelnde Pädagogen-Zeigefinger. Aber Austen hat die Figur halt so angelegt - ob mich das stört, ist ja irrelevant, sofern die Charakterzeichnung überzeugend ist (ja, wenn er nicht soooo perfekt wäre).



Typisch übrigens wieder, dass Austen große Teile der Handlung durch einen langen Brief erklären lässt. Siehe Mr. Darcy. Ich denke, dass ist hier auch wieder ein guter Kunstgriff, um halt diverse Fragen abzuklären. Andererseits: Willoughbys großer Erklärauftritt mit Elinor Dashwood in Sense & Sensibility ist eine der besten Szenen des Romans, da könnte man sich fragen, warum Austen nicht so eine Szene zwischen Frank und Emma konstruiert hat. Ein Grund dürfte sein, dass Willoughby ein echter Schurke ist, wodurch der Auftritt gleich viel dramatischer ist.


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BeitragVerfasst: Samstag 2. November 2013, 16:02 
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Udo hat geschrieben:
Ein Grund dürfte sein, dass Willoughby ein echter Schurke ist, wodurch der Auftritt gleich viel dramatischer ist.

Das nehme ich auch an. Obwohl so zwischen Breakfast und Lunch noch schnell Frank Churchills Bekenntnisse einschieben, um dann mit Mr. Knightleys Umzugsplänen weiterzumachen??? Vielleicht hätte das den Erzählfluß doch etwas zum Ruckeln gebracht. Und solch große Dramatik passte eben besser zu Willoughby als zu Frank Ch.
Udo hat geschrieben:
Austen hat einmal in einem Brief geschrieben (das hatte ich schon mal erwähnt), dass perfekte Helden sie langweilen würden.

Ja, ich weiß. Dieses Zitat kenne ich auch. Um so interessanter, daß sie eine Figur, wie Mr. Knightley entwirft, der ja doch ziemlich in diese Beschreibung passt. Aber wahrscheinlich ist es zum Einen, daß er halt gut als Gegenpol zur vermeintlich perfekten Emma passt und eben auch, um wie du schon schreibst, die Männerwelt mal etwas zu erziehen.

Elanor

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BeitragVerfasst: Sonntag 3. November 2013, 13:31 
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Kapitel 52

Harriet wird nach London verfrachtet. Emma besucht die Bates, wo Mrs. und Mr. Elton wieder einen denkwürdigen Auftritt haben. Emma versöhnt sich mit Jane Fairfax.


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BeitragVerfasst: Dienstag 5. November 2013, 09:08 
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Kleine Anmerkung zu Mrs Eltons Lyrikzitat: Der Vers stammt aus "The Hare and Many Friends" von John Gay, ein populäres Fabel-Gedicht das u.a. auch Catherine Morland in "Northanger Abbey" lernt. Es geht um einen Hasen, der viele oberflächliche Freundschaften mit anderen Tieren knüpft, die ihn dann allerdings nacheinander alle mit Ausflüchten im Stich lassen, als er von Jagdhunden verfolgt wird.
Mrs Eltons Zeile "For when a lady's in the case, / You know all other things give place." wird von einem Bullen gesprochen, der es auf eine Kuh abgesehen hat und dem Hasen deshalb nicht helfen kann.
Kein sehr passendes Zitat in Bezug auf Jane Fairfax jedenfalls. :wink:

Die kleine Ausspache zwischen Jane und Emma finde ich sehr rührend - man kann sich gut vorstellen, dass die Geschichte ganz anders verlaufen wäre, wenn sie Freundinnen gewesen wären. Und dass Jane Emma sicher eingeweiht hätte, wie Emma es in einem der vorherigen Kapitel vermutet.

Schön und sehr authentisch auch, wie hier die kleine - unsichtbar verlaufene - Hintergrundgeschichte zwischen Jane, den Bateses und den Eltons durchsickert. Sehr bezeichnend, dass Mrs Elton meint, Janes Absage an ihre Arbeitgeber wäre eine delikate und entschuldigungswürdige Angelegenheit. Die Freude darüber, dass Jane diese Karriere nun erspart bleibt, scheint sich in engen Grenzen zu halten. Vielleicht deshalb, weil sie selbst nichts dazu beitragen konnte. Oder weil Jane nach ihrer Ehe mit Frank gesellschaftlich vielleicht sogar besser dasteht als sie.


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BeitragVerfasst: Dienstag 5. November 2013, 21:29 
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Und vielleicht kommt noch hinzu, dass sie jetzt bald niemanden mehr hat, den sie unter ihre Fittiche nehmen kann. Ja, die "Verstimmung" ist schon bezeichnend für Mrs. Elton.

Ich habe mich hier noch kurz gefragt, ob Emmas Entscheidung, ihre Verlobung zu verschweigen, eine Art fernes Echo von Frank und Janes Heimlichtuerei ist. Das Argument, man wolle Mrs. Weston nicht aufregen, scheint mir leicht seltsam. Ist ja schließlich keine schlimme Nachricht.


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BeitragVerfasst: Dienstag 5. November 2013, 21:43 
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Es heißt, Emma wolle ihren Vater nicht weiter aufregen, bis Mrs Weston ihr Kind bekommen hat. Vielleicht ist das auch eine Methode, ein unangenehmes Gespräch noch etwas rauszuzögern, aber so wie Mr Woodhouse generell umsorgt wird, ist es eigentlich auch so recht plausibel.


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BeitragVerfasst: Dienstag 5. November 2013, 22:59 
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In Grawes Übersetzung liest es sich so, als ob sie beiden den Stress ersparen wolle:

"Ihre Lieben sollten nicht durch zusätzliche Aufregungen beunruhigt werden...."

Bei Mr. Woodhouse verstehe ich das, bei Mrs. Weston eher nicht. Aber ja, vermutlich sucht Emma wirklich nur Gründe, das Gespräch mit ihrem Vater zu vertagen. Die Frage ist: Was sagt Mr. Knightley dazu, der ist doch gegen jede Heimlichtuerei.
Dazu passend finde ich sehr hübsch und ironisch, dass Emma zu Jane sagt: "Wenn Sie wüssten, wie sehr ich Klarheit und Offenheit liebe." Davon hat man bis dato nicht viel bemerkt....


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BeitragVerfasst: Mittwoch 6. November 2013, 07:30 
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"Heimlichtuerei" finde ich etwas weit übers (kleinkarierte?) Ziel hinaus geschossen. Schließlich findet das Gespräch mit Mr Woodhouse lediglich zwei Wochen nach der Verlobung statt und kurz nach Mrs Westons Entbindung - bzw. im nächsten Kapitel. In letzterem Fall mag Emmas Besorgnis vielleicht auch gar nicht so unbegründet sein - eine Schwangerschaft war zu der Zeit aus medizinischer Sicht eine eher problematisierte und durchaus als "gefährlich" betrachtete Angelegenheit.*
Abgesehen davon: Mr Knightley hat kein Problem damit, und hat der nicht immer Recht? :wink:

Emmas Äußerung gegenüber Jane bzgl. Liebe zur Offenheit und Klarheit sehe ich eher als Zeichen für ihren "Lernprozess", so man denn einen finden will. Die befreiende Aussprache mit Mr Knightley, Frank Churchills klärender Brief und ihr Unbehagen bzgl. Harriet haben ihr da sicher die Augen geöffnet.

_________________________
*) Ich habe gerade was dazu passendes für meine Abschlussarbeit gelesen: Bis weit ins 19. Jahrhundert hinein war man z.B. in England (vielleicht auch noch woanders) der Ansicht, negative Gedanken und Gefühle der Schwangeren würden sich auf das Aussehen des noch ungeborenen Kindes auswirken. Das nur als Beispiel dafür, mit wieviel Unsicherheiten und Gefahrenpotential das Thema besetzt war.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 6. November 2013, 15:23 
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Julia hat geschrieben:
"Heimlichtuerei" finde ich etwas weit übers (kleinkarierte?) Ziel hinaus geschossen.

Ja, da magst Du Recht haben. Und klar, wenn das mit der Schwangerschaft so gesehen wurde, wie Du schreibst, dann war die Vorsicht nachvollziehbar, vielleicht sogar vernünftig. Schlagend ist allerdings dieses Argument:

Zitat:
Abgesehen davon: Mr Knightley hat kein Problem damit, und hat der nicht immer Recht? :wink:

Definitiv, dann macht Emma alles richtig!

Zitat:
Emmas Äußerung gegenüber Jane bzgl. Liebe zur Offenheit und Klarheit sehe ich eher als Zeichen für ihren "Lernprozess", so man denn einen finden will. Die befreiende Aussprache mit Mr Knightley, Frank Churchills klärender Brief und ihr Unbehagen bzgl. Harriet haben ihr da sicher die Augen geöffnet.


Ich weiß nicht so recht. Zunächst finde ich schon, dass es ein sehr komisch-heiteres Element enthält, wenn ausgerechnet Emma Offenheit und Klarheit "liebt". Es gehört ja schließlich zu einem von Emmas beiden großen "Fehlern", dass sie so vieles im Geheimen ablaufen ließ. Allerdings scheint mir auch, dass sie inzwischen viel gelernt hat - wobei: Gleich im nächsten Kapitel lesen wir ja, dass sie sich vielleicht auch eine Miss Weston gewünscht hat, damit die jungen Knightley-Jungs was zum Heiraten haben.... Wobei ich schätze, dass man diese Schlusskapitel nicht mehr sonderlich ernst nehmen muss für irgendwelche Deutungen oder Interpretationen, das plätschert ja nur noch so lustig-heiter-harmlos dahin, scheint mir jedenfalls.

Grundsätzlich frage ich mich jetzt, ob man in Emma vielleicht wirklich keinen "Lernprozess" suchen sollte. Ich habe beim Lesen immer nach Hinweisen gesucht. Aber wenn es so ist, dass Emma sich praktisch erst ganz am Ende (und da vielleicht auch nicht ganz) so weit entwickelt hat, dass sie Klarheit und Offenheit lieben lernt, dann gibt es vielleicht gar keinen Weg dorthin, den zu finden sich lohnt. Dann bin ich zumindest teilweise falsch an den Roman rangegangen.

Den Kontrast zwischen Harriet und Jane finde ich aber hier im Kapitel immer noch bemerkenswert. Harriet wird wirklich abserviert, sie ist auf einmal geradezu unwürdig, mit Emma befreundet zu sein. Jane dagegen wird (zu spät) als einzig wahre mögliche Freundin entdeckt. Etwas naiv würde ich sagen, dass das gegen mein Gerechtigkeitsempfinden verstößt, zumal ja Emma die arme Harriet erst in diese Lage gebracht hat. Aber egal, irgendwer muss ja am Ende der große Verlierer sein - und Harriet kommt ganz am Schluss so schlecht ja auch nicht weg.

Zitat:
Ich habe gerade was dazu passendes für meine Abschlussarbeit gelesen

Welches Thema hast Du denn nun gefunden, wenn ich fragen darf?


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BeitragVerfasst: Mittwoch 6. November 2013, 16:35 
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Ich denke nicht, dass der "Lernprozess" in "Emma" so im Vordergrund steht. Emma werden zwar die Augen geöffnet und sie sieht ihre Fehler ein, aber sie macht keine 180°-Wendung. Das wäre auch reichlich unrealistisch und schablonenhaft. Emma ist wie sie ist und wird sich auch in ihrer Ehe mit Mr Knightley im Kern nicht großartig ändern. Die wesentliche Änderung ist die, dass sie ist sich ihrer Schwächen bewusst wird und sich in Zukunft vielleicht vorsichtiger verhält. So wie ich das sehe, ist das schon mehr als man für viele "echte" Menschen sagen kann. :wink: Abgesehen davon sehe ich an den Gedanken, die man sich zum möglichen Liebesleben seiner Mitmenschen macht nichts Schlechtes oder Kritisierenswertes. Die Westons haben das auch getan, wie im 53. Kapitel nochmal explizit erwähnt wird. Haarig wird es, wenn man versucht aktiv Einfluss zu nehmen. Das hat Emma schon nach der Misere mit Mr Elton verstanden und sich bzgl. Frank Churchill und Harriet betont zurückgehalten. Emmas spielerische Geadanken zu Miss Weston und ihren Neffen mag man albern finden, aber sie sind doch völlig harmlos und tun keinem weh.

Bemerkenswerterweise sieht ja auch Mr Knightley in diesem Kapitel seine "Fehler" ein bzw. relativiert seinen maßregelnden Umgang mit Emma. Auch er wird sich wohl bemühen, als Ehemann nicht den Oberlehrer zu geben. So gesehen, sieht das doch sowohl für ihn als auch Emma ganz rosig aus in ihrer gemeinsamen Zukunft.


Offtopic
Udo hat geschrieben:
Zitat:
Ich habe gerade was dazu passendes für meine Abschlussarbeit gelesen

Welches Thema hast Du denn nun gefunden, wenn ich fragen darf?


Ich schreib was über "Frankenstein" (nicht ganz Austens Zeit, aber fast: 1818) und den zeitgenössischen, naturwissenschaftlichen Kontext. Bzw. auf welche Art sich der im Text wiederfindet.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 6. November 2013, 17:59 
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Julia hat geschrieben:
Haarig wird es, wenn man versucht aktiv Einfluss zu nehmen. Das hat Emma schon nach der Misere mit Mr Elton verstanden und sich bzgl. Frank Churchill und Harriet betont zurückgehalten. Emmas spielerische Geadanken zu Miss Weston und ihren Neffen mag man albern finden, aber sie sind doch völlig harmlos und tun keinem weh.

Ich denke auch, dass Emma sich künftig mehr zurückhält. Das immerhin dürfte sie begriffen haben. Ich zumindest finde Emmas Gedanken zu Anna Westons Eheaussichten gar nicht albern. Wie ich schon schrieb: Ich denke, dass in diesen Kapiteln ohnehin nicht mehr viel ernst zu nehmen ist. Wohl auch nicht Mr. Knightleys Aussage, er habe sich bereits in die 13jährige Emma verliebt. Das sind so Sachen, denke ich, die man sich so sagt, wenn man rumturtelt. Deshalb würde ich auch Mr. Knightleys Eingeständnis seiner "Fehler" oder seines Einflusses nicht überbewerten. Ich denke schon, dass er sehr gut weiß, wie oft Emma seine Standpauken nötig hatte - und dass sie auch genutzt haben.

Übrigens rein subjektiv turtelt mir Mr. Knightley zu viel rum, das passt so gar nicht so dem aufrechten britischen Kerl, den er doch bisher verkörpert hat (wozu ausdrücklich gehört, dass man seine Gefühle unter Kontrolle hält). Na ja, ist natürlich vor allem mein Bild von ihm.



Zitat:
Ich schreib was über "Frankenstein" (nicht ganz Austens Zeit, aber fast: 1818) und den zeitgenössischen, naturwissenschaftlichen Kontext. Bzw. auf welche Art sich der im Text wiederfindet.

Das klingt interessant! Vielleicht kannst Du uns in einem anderen Thread ja mal teilhaben lassen an Deinen Erkenntnissen, wenn es zeitlich passt.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 6. November 2013, 22:10 
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Udo hat geschrieben:
Übrigens rein subjektiv turtelt mir Mr. Knightley zu viel rum, das passt so gar nicht so dem aufrechten britischen Kerl, den er doch bisher verkörpert hat (wozu ausdrücklich gehört, dass man seine Gefühle unter Kontrolle hält). Na ja, ist natürlich vor allem mein Bild von ihm.

Achtung, leicht ironisch:

Also, er kann dir's aber auch garnicht recht machen :D
erst ist er zu fehlerlos, nun turtelt er zu viel :fies_sei:
ich find greade gut, daß er obwohl eigentlich so ein typisch :english: britischer Kerl ist eben doch Gefühle zeigt, auch wenn dies hier :minne: sicher nicht sein Ding wäre


P.S. sind wir schon beim nächsten Kapitel, weil teilweise bezieht ihr euch ja schon mit darauf

Elanor

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[During the 1960s] I think there was more sex in those old films than in all that thrashing around today. I'm tired of sex scenes.
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BeitragVerfasst: Mittwoch 6. November 2013, 22:21 
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Fehlerlos und turteln ist ja kein Widerspruch - es betont eher seine Perfektion als Super-Held (er könnte glatt bei den Avengers mitmischen....).

Ja, wir sind in Kap 53, Julia hat en passant weitergemacht.


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BeitragVerfasst: Freitag 8. November 2013, 11:51 
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Was mir hier noch aufgefallen ist an meiner Grawe-Übersetzung: Er lässt einfach einen Satz weg, der sogar in den Filmen (mindestens einer) wörtlich drin ist. Nämlich diesen:
"I never can call you any thing but ´Mr. Knightley´."

Wieso hat er das gemacht? Da sagt Emma doch explizit, wie sie ihn immer nennen will, was doch interessant ist. Es ergibt sich zwar auch indirekt aus Grawes Text, aber verstehen tue ich das nicht.

Im selben Absatz verstehe ich noch etwas nicht, sowohl im Original als auch in der Übersetzung sagt Emma, sie werde ihn höchstens einmal George nennen - "in dem Gebäude, in dem N. getraut wird mit M."
In den Anmerkungen meiner englischen Ausgabe heißt es, dies könne eine witzige Anspielung auf das "Book of Common Prayer" sein, in dem Braut und Bräutigam M und N genannt würden. Könnte sein. Oder sie spiele, heißt es, wie Mr. Weston auf Box Hill auf den Klang ihrer Namen an: M für Emma und N für Knightley. Klingt beides seltsam für mich.

Überhaupt Emma: Während Mr. Knightley zum verliebten Dudeldei wird, fängt sie an, französische Literatur zu zitieren! Das macht doch so oder ähnlich sonst nur Mrs. Elton! Ich kann mich täuschen, aber ist es bei Austen nicht meistens so, dass nur die karikierten Figuren mit Zitaten um sich werfen?! Oder fällt jemandem ein, wo Elizabeth Bennet oder Elinor Dashwood oder Anne Elliot irgendwen zitieren. Gut, Fanny Price zitiert bestimmt gerne aus der Bibel (ja, ich erinnere mich, glaube ich, dass sie mal sowas tut, und Cowper zitiert sie doch auch mal, oder?). Jedenfalls: Wenn ich bei Austen nicht mehr weiter weiß, gehe ich immer davon aus, dass das alles Ironie ist. Also vielleicht nimmt sie zum Schluss hier einfach mal ihre beiden Helden auf die Schippe, indem sie sie etwas überzogen darstellt? Vielleicht kommt das aber auch nur mir so vor. Ich finde jedenfalls, der Zuckergehalt zwischen den Zeilen nimmt sehr stark zu....


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BeitragVerfasst: Freitag 8. November 2013, 15:41 
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Udo hat geschrieben:
Jedenfalls: Wenn ich bei Austen nicht mehr weiter weiß, gehe ich immer davon aus, dass das alles Ironie ist. Also vielleicht nimmt sie zum Schluss hier einfach mal ihre beiden Helden auf die Schippe, indem sie sie etwas überzogen darstellt? Vielleicht kommt das aber auch nur mir so vor. Ich finde jedenfalls, der Zuckergehalt zwischen den Zeilen nimmt sehr stark zu....

hab ich jetzt garnicht so empfunden. Mehr so als kleine Plänkeleien zwischen zwie sehr vertrauten Personen, die sie ja auf jeden Fall sind.
Ist sogar ziemlich viel Dialog zwischen den Beiden. Elizabeth und Darcy haben zum Ende nicht mehr soviel Dialog, da wird nur darüber berichtet, indem sich Georgina wundert, wie Elizabeth mit ihrem Bruder umgeht.
Btw. Ich denke, Dialoge von Verliebten in vertrauten Momenten dürften in den wenigsten Fällen für Andere erbaulich oder vernünftig etc sein oft wohl eher merkwürdig: sie entspringen der Laune des Augenblicks, spielen auf diverse Erlebnisse an usw. :gnade:
Ich find's erstaunlich gut getroffen, nicht zu schmalzig, hochtrabend oder banal

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BeitragVerfasst: Freitag 8. November 2013, 21:10 
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Ich hab auch nichts gegen ein bißchen liebevolles Geplänkel. Und sehe das wie Elanor: Die Dialoge zwischen Emma und Mr Knightley finde ich hier sehr gelungen & authentisch.

Bzgl. "N" und "M": Das ist wirklich ein Zitat aus dem Text für das kirchliche Trauungsritual (wir hatten das Thema hier irgendwo schonmal, vielleicht sogar im letzten GroupRead) und darauf spielt Emma ja auch an - im Rahmen der Zeremonie sprechen sich Braut und Bräutigam mit dem Vornamen und nicht mit Mr/Miss an. Insofern ist diese Anspielung doch nicht seltsam?


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