Caro hat geschrieben:
Ich finde es immer wieder erstaunlich, wie JA es schafft einen Charkter zum Helden zu stylisieren, obwohl wir kaum etwas über ihn erfahren. (...) Er selbst, sein Innerstes bleibt verborgen. Und doch nimmt er uns für sich ein, wir stehen sofort auf seiner Seite. Ich hätte mir, abseits seiner Gefühle zu Marianne, doch auch mehr Präsenz gewünscht. Eine Präsenz, die allerdings auch Mariannes Meinung von ihm hätte ändern können.
Ich glaube, Julia hatte schon darauf hingewiesen, dass die Charakterisierung der Personen in diesem Buch nicht immer optimal gelungen ist... Du hast sicher recht, Caro, dass Brandon blass bleibt. Ebenso wie Edward und ebenso wie die Beziehung zwischen Edward und Elinor unvermittelt wirkt. Trotzdem hätte ich keinen Roman lesen mögen, in dem zwei Männer um eine Frau buhlen - und so sind JAs Romane ja auch nicht angelegt, oder? Ich glaube wirklich, dass es die bewusste Entscheidung von JA ist, sowas nicht zu schreiben. Also kann Brandon nichts dafür, dass er so ist, wie er ist.

Aber gut, wir können uns natürlich wünschen, dass er anders wäre. Ich wünsche ihn mir nicht anders.
Zitat:
*edit*Nachtrag: Interessanterweise tritt Willoughby durchaus in einen Wettbewerb, denn er versucht Brandon in Marainnes Augen, und in denen ihrer Familie herabzusetzen. Aus welchem Grund sollte er das tun, wenn er sich Mariannes nicht vergewissern will oder muss? W. sieht seine Stellung also durchaus nicht als sooo sicher an!
Zu einem Wettbewerb gehört ein Gegner. Willoughby glaubt wohl kaum, dass Brandon bei Marianne eine Gefahr für ihn ist. Er setzt ihn herab wg. der Vorgeschichte mit Eliza, schätze ich.
Zitat:
Es stimmt schon, dieser Wandel zu Brandon kommt dann zu schnell, davon erfahren wir gar nichts. Er ist natürlich verständlich, denn Brandon verkörpert einen der Helden, aber dennoch ist dieser Wandel nicht greifbar. Was brachte Marianne zum Umdenken, abgesehen von der Familie? Vor allem ist mir im Rückblick die totale Ablehnung Brandons und dann diese Liebe zu spannend, um sie mit ein paar Sätzen abzuhandeln.
So schnell kommt der Wandel zu Brandon doch gar nicht. Ich hab noch mal nachgeschlagen: Wenn ich das richtig lese, braucht Marianne
zwei Jahre, um sich für eine Heirat mit Brandon zu entscheiden. Aber es stimmt, wie die Annäherung geschieht, erfahren wir nicht groß. Das könnte spannend sein. Aber wenn es nur noch darum geht, wie sich zwei, ohne große äußere Widerstände überwinden zu müssen, näherkommen, dann ist das wohl auch kein Thema, das JA sonderlich interessiert. Ich bin mir da aber durchaus nicht sicher: Kommt sowas in einem ihrer Romane vor?
Zitat:
Ein ängstlicher, supervorsichtiger Typ, der seine Gefühle nicht preisgibt und stets im Hintergrund bleibt, wird sich wohl kaum als Soldat seine Sporen verdienen und wird in jedem Fall der erste sein, der auf dem Schlachtfeld liegen bleibt.
Ja, aber das meinte ich nicht ganz. Mir ging es darum, dass man im Kampf oder ich sage mal lieber allgemein im Leben mutig sein kann, auch wenn man im Umgang mit Frauen eher schüchtern ist. Wobei ich zugeben muss, dass ich kein Beispiel dafür kenne. Jedenfalls glaube ich nicht, dass alle schüchternen Männer Feiglinge sind.
Zitat:
Udo hat geschrieben:
Die "Guten" sind Gentlemen, wissen stets, was der Anstand verlangt, haben ihre Gefühle (zu) sehr unter Kontrolle.
Das heisst also, unsere Helden tun stets das Richtige und sind also "perfekt"? Wenn sie das wären, müssten sie also nicht an sich arbeiten, sondern nur die Heldin?
Nein, das heißt es sicher nicht. Sie verhalten sich möglichst pflichtbewusst, anständig und vernünftig - das heißt nicht, dass sie nicht unaufmerksam, zu wenig selbstkritisch, stolz und überheblich sein können. Und es heißt vor allem nicht, dass sie im Umgang mit ihren Gefühlen keine Defizite haben können. Den echten männlichen Helden gibt es in S&S ja eigentlich nicht, Brandon ist kein Knightley oder Darcy, auch wenn er als Typ ähnlich angelegt ist. Bei Darcy sieht man aber schon ganz gut, dass er sich tüchtig entwickeln muss, bevor er "reif" für Lizzy ist.
Zitat:
Willoughby stellt alle in den Schatten, okay? Aber müssen sich die anderen Gentlemen das Gefallen lassen, müssen Sie auch noch willig zur Seite treten, nach dem Motto "Hier kommt der König"? Sind es nicht die anderen, die ihm den Glanz verleihen, und nicht er selber, der wie ein Stern strahlt? Kann das "Böse" so sehr strahlen, dass man ihm willig klein beigibt? Ich will es nicht hoffen, denn welche Chance hätte das Gute dann?

Na ja, den Glanz verleiht ihm in allererster Linie Marianne, würde ich sagen. Brandon tritt nur zurück, weil Marianne so offenkundig begeistert ist von W. Würde W. Brandon zum Beispiel in geschäftlichen Dingen so in die Quere kommen, also etwa Geschäftspartner gegen ihn aufbringen - ich denke, dann hätte Brandon sehr schnell entschieden was unternommen.