Ich hab noch was aus Schopenhauers England-Reise:
Ein Tag in Bath ... bevor man in die Ballsäle strömte, brachte man den Tag mit allerlei Amüsement herum:
Promenaden und Amüsements
Frühmorgens spaziert die bunte Welt, über welche die Könige von Bath mit mildem Zepter herrschen, des Trinkens wegen in den Sälen. Der besuchteste darunter ist der große neue Brunnensaal, dessen Quelle auch am häufigsten getrunken wird; sie hält das Mittel zwischen der vom Kreuzbade und der ganz heißen. Der Saal ist groß, von innen und außen mit Säulen und Inschriften elegant dekoriert. Königs Nash marmorne Bildsäule in Lebensgröße ist darin aufgestellt. Die Quelle fällt in ein schönes Marmorbecken, zwei große Kamine stehen ihr zu beiden Seiten. Jeder anständig Gekleidete hat in diesem Saale freien Eintritt, nur die, so den Brunnen trinken, bezahlen, außer einem Geschenke an den Brunnenwärter , noch eine Guinee den Monat. Während der Morgenpromenaden musiziert eine Bande englischer Musiker auf einer dazu erbauten Galerie recht herzbrechend. Nach dem Frühstücke verteilt man sich in den mit Quadersteinen gepflasterten Straßen und auf den beiden Paraden. Die Damen und ihre getreuen Nachfolger, die eleganten Herren, ziehen diese Spaziergänge schon deshalb denen im Freien vor, weil sie nicht staubig sind. Diese Bequemlichkeit ersetzt den Spaziergängern reichlich den Anblick der Wiesen und Bäume, wenn es auch die in den Läden ausgestellten Herrlichkeiten nicht täten. Ein paar Stunden gehn darüber hin, daß man hier und dort in Läden einkehrt, tausend Dinge sich zeigen läßt, die man nicht kauft, alles besieht, bespricht, durchwühlt. Je vornehmer die Herrschaft, je höher muß die Putzmacherin und der Ladendiener auf die zierliche Leiter steigen, um die Waren vom obersten Fach des Ladenschranks herunterzuholen. Nirgends verfährt man unbarmherziger mit den Kaufleuten als hier, und nirgends sind sie höflicher. Nach dieser Generalrevue geht es in eine der hier befindlichen acht Leihbibliotheken, wo man einige Zeit auf die früher beschriebene Weise ausruht, bis die zweite Toilette neue Tätigkeit heischt. Der eleganteste Buchladen ist der bei Meyler, doch abonniert man gewöhnlich in mehreren oder in allen und bezahlt 5 Schilling für den Monat.
Die Nord- und Südparaden sind zwei nicht weit voneinander entfernte, unvergleichlich schöne Terrassen. Sie sind mit Quadersteinen belegt. Schöne Häuser mit den glänzendsten Läden, gleich an der Straße, beschränken sie von einer Seite, eine eiserne Balustrade von der andern, über welche hinaus man eine entzückende schöne Aussicht auf Berg und Tal erblickt. Besonders herrlich ist die Südparade, die daran stoßenden Häuser gleichen einem einzigen Palaste. Die Aussicht auf Bladuds Buchenklippe, auf schöne Landhäuser mit ihren Gärten und Parks, auf dunkles Gehölze und den silbernen Avon, der die reiche Landschaft allbelebend durchströmt, macht jede Beschreibung unmöglich. Ein hübscher, ziemlich großer Garten mitten in der Stadt, Sidney Gardens genannt, geziert mit Grotten und Tempeln, Wasserfällen und Schaukeln, Bowling greens und allem, was man an einem solchen Orte nur verlangen kann, ist zu gewissen Zeiten ein beliebter Vereinigungspunkt. Man abonniert sich hier ebenfalls für die Promenade. Während der ganzen Saison zahlt die Person 5 1/2 Schilling; wer nicht abonniert ist, muß jedesmal Entree bezahlen. Auch ist darin ein für die Subskribenten zum Fahren und Reiten bestimmter Weg. Der Besitzer des Gartens gibt zuweilen öffentliche Dejeuners, auch Illuminationen nach dem Muster des berühmten Vauxhall in London. Gewöhnlich fallen in jede Saison vier oder fünf sogenannte Galanächte wie im Londner Vauxhall; dann strömt alles hin, ohne recht zu wissen, warum, und man kann das Vergnügen haben, sich in einem mäßigen Lokale unter viertausend Menschen herumzutummeln. Da die Badesaison im Frühlinge aufhört, so machen die Freuden von Sidneys Garten gleichsam den Beschluß derselben. Sie fangen so früh an, als es die, in diesem Lande im Durchschnitt milde, Witterung nur erlaubt; in der Mitte Mais ist Bath schon eine Einöde.
Es gibt noch einige weniger besuchte Gärten in dieser Art in Bath. Sehr besucht aber, besonders in schlechtem Wetter, werden die beiden Reitschulen und der zum Ballschlagen eingerichtete Bezirk.
Für die Abende ist auf vielfache Weise gesorgt. Das Theater, der einzige Vergnügungsort hier, in welchem, treu der alten englischen Sitte, kein Abonnement stattfindet, wird, nächst den Londoner Theatern, für das beste in England gehalten. Es war von jeher die Wiege der ausgezeichnetsten Talente. Aus dieser Schule kamen die berühmte Siddons, die weiland im komischen Fache eben so berühmte Abbington, der vortreffliche, leider zu früh gestorbene Komiker Edwin und viele im Auslande weniger bekannte, ausgezeichnete Schauspieler, die jetzt der Stolz von Drury Lane und Covent Garden sind. Der neueste Liebling des Publikums, Mr. Elliston, ist von der hiesigen Bühne auf die Londner getreten. Kenner prophezeien ihm die glänzendste Laufbahn im tragischen Fache. Die Truppe spielt wechselnd in Bath und dem nahe gelegenen Bristol; sommers, während der Badesaison in Bristol, dreimal die Woche dort und einmal hier, und wiederum im Winter zweimal wöchentlich in Bath und einmal in Bristol.
Bruki
_________________ "There’s no one to touch Jane when you’re in a tight place. Gawd bless ’er, whoever she was." (Rudyard Kipling, The Janeites)
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