Udo hat geschrieben:
Ist das für eine 18-Jährige nicht irgendwie vermessen? Oder zumindest ganz schön altklug? Ich will damit nicht 18-Jährigen das Urteilsvermögen absprechen, aber was mich stört, ist, dass Fanny hier von geradezu viktorianischen Höhen herab urteilt, mit einer moralischen Strenge, die irgendwie beängstigend ist.
Das ist noch so ein Punkt ...
Zitat:
Fannys Reaktion ist vielleicht total überzogen, aber sie passt doch sehr gut zu ihrer Figur: Reagiert sie nicht immer hypersensibel auf moralische und sittliche Verfehlungen? Da ist es doch nur konsequent, dass sie bei einem Ehebruch so schockiert ist, wie nie zuvor in ihrem Leben.
Ja, charakterkonform ist das schon, aber bisher wurden solch extreme Reaktionen durch den Erzählstil oder den ein oder anderen humorigen Einschub immerhin noch ein wenig relativiert.
Zitat:
@ Julia: Wo sagt denn Fanny, dass der sofortige Tod für alle Angehörigen von Mrs. Rushworth das Beste wäre? In meiner Übersetzung heißt es nur, alle sollten sich sofort von ihr lossagen - übrigens auch so ein Urteil, das mir Fanny nicht sympathischer macht...
^Zumal das auch böse an Mr Collins Meinung zu Lydias Durchbrennerei erinnert - der ja nun auch keine moralische Leitfigur ist.
Im Original steht:
(...) scarcely possible for them to support life and reason under such disgrace; and it appeared to her that, as far as this world alone was concerned, the greatest blessing to every one of kindred with Mrs. Rushworth would be instant annihilation. "Annihilation"/Vernichtung verstehe ich hier - wegen dem Zusammenhang mit der "anderen Welt" und der "Unmöglichkeit" mit dieser Schande zu leben - als Tod. Auch Colonel Brandon äußert sich übrigens ähnlich über den Lebenswandel seiner Eliza - der Tod wäre besser für sie als ein Leben in "Schande". Angesichts der Sterblichkeitsrate der "gefallenen Frauen" in der zeitgenössischen Literatur allgemein wohl ein recht verbreitet als gute Lösung verstandenes Schicksal.
Fanny geht einen Schritt weiter und hält nichtmal mehr das Leben der nahen Angehörigen für lebenswert.
Interessant mal wieder, dass es immer nur um die "Schande" der beteiligten Frauen geht ...
Jetzt, beim nochmaligen Lesen des ganzen auf den Zeitungsartikel folgenden Abschnittes erscheinen mir Fannys Gedankengänge wie ein einziger Witz. Sie sind zumindest deutlich mehr von
ihrem (Edmunds?) idealistischen (um nicht zu sagen unmenschlich-selbstverleugnenden) Wertesystem geprägt als von gesundem Menschenverstand oder einer differenzierten Weltsicht.
Und das kann ich aus der Feder der Verfasserin von u.a. "Lady Susan" beim besten Willen nicht ernst nehmen.