Uli hat geschrieben:
Nachdem ich jetzt auch die letzte BBC-Verfilmung endlich gesehen habe, empfinde ich die Verfilmung mit Hinds/Morton als beste, weil den Ton der Vorlage am besten treffend und auch in der Besetzung der weiblichen Hauptrolle am genauesten.
Na ja, dem kann ich nur insofern zustimmen, als dass Hinds das wilde, ungestüme Wesen und natürlich auch den erheblichen Altersunterschied sehr glaubwürdig rüber brachte und Morten den vergeistigten, sensiblen Teil der JE ausdrucksstark zu spielen vermochte. Allerdings fehlte mir gerade bei ihr die versteckte Glut, das leidenschaftliche Wesen, wogegen JE ja so verzweifelt ankämpfte und sich widerum in Rochersters Liebe und Begehren beantwortet fühlte.
Ausserdem gibt es empfindliche Kürzungen und völlige Verzerrungen der Originalgeschichte die mich sehr enttäuschten. Allein schon die Darstellung der fröhlich-zärtlichen Beziehung von Rochester zu seinem Mündel Adele welche im Buch eher als gegenteilig bezeichnet werden muss.
Dem Original am nächsten, einfach was die Dialoge angeht, ist meiner Meinung nach bis jetzt definitiv die Dalton/Clarke Version. Doch Zelah Clarke ist meinem Empfinden nach eine der schlimmsten Fehlbesetzungen die ich persönlich je verkraften musste (neben David Rintoul als Mr. Darcy
). Sie schaffte weder die Charaktere der JE glaubwürdig, das heisst ehrlich rüber zu bringen, noch konnte sie neben der schauspielerischen Glanzleistung eines TD bestehen. Er spielte sie schlicht an die Wand. Und TD wiederum ist natürlich viel zu gutaussehend um Rochester wirklich glaubwürdig zu vertreten, was ich ihm aber nicht weiter nachsehen würde
und die insgesamt acht Stündige Verfilmung mittlerweilen bestimmt schon unzählige Male angeschaut hätte, wäre da eben nicht sein trauriger Gegenpart ,ZC, die zu allem Übel auch noch viel zu alt wirkte für ihre Rolle.
Hingegen empfand ich in keiner Verfilmung die Rolle des St. John Rivers so ideal besetzt wie in eben dieser und zwar durch Andrew Bicknell. Er konnte diese komplexe Charaktere, die so sehr von einer allzu gesetzlichen Auslegung der Bibel geknechtet war, in solch vollkommener Weise rüberbringen, dass sie sogar mein eigenes Bild welches ich mir beim lesen des Buches zum Voraus gezeichnet hatte überspielen! Ebenso sind auch seine beiden Schwestern in keiner der JE Verfilmungen so treffend dem Original nahe gekommen wie hier.
Was die neue Verfilmung angeht gebe ich dir recht, Uli. Sie ist, trotz ihrer Mängel und stellenweise recht lockeren Interpretation des Buches, dennoch mit sehr viel Liebe zum Detail und mit sich ebenbürtigen Hauptdarstellern besetzt worden, was ein angenehmes Gleichgewicht geschaffen hat. Besonders von Ruth Wilson war ich sehr angenehm überrascht. Sie traf auf den Punkt meine Herzens-Vorstellung der JE. Ihr kaufte ich diesen tiefen See einer leidenschaftlichen Charaktere, die über die Jahre eines disziplinierten, aber auch von den Werten des Glaubens durchdrungenen Seele ab. Und obwohl sie Äusserlich nicht gerade auf den ersten Blick als aufregende Schönheit wahrgenommen würde, strahlte sie aber einen Reiz aus, der dem aufmerksamen Betrachter (der Rochester ja war
) auffallen musste.
Was ich zusätzlich sehr schön umgesetzt fand, war "der Schrei" von Rocherster der durch den Wind zu ihr getragen wurde. Auch wenn St. John dabei nicht anwesend war, wie es ja nach dem Buch der Fall ist.
Was ich bei allen Verfilmungen bis heute schmerzlich vermisste war die Schlussbotschaft von Rochester die ja um wesentlich mehr als "nur" um seine Beziehung zu JE ging, sondern eben auch den inneren Frieden den er mit Gott und seiner Vergangenheit schliessen konnte.
Der langen Rede kurzer Sinn: Bis jetzt konnte keine der acht Verfilmungen von JE wirklich befriedigend den Ansprüche die das Buch in mir geweckt haben gerecht werden. *seufz* Dennoch haben sie alle da und dort meine eigene Interpretation dieses bemerkenswerten Buches bereichert und in gewisser Weise vertieft.