Hier ein interessantes Bild vom James Gillray - einem Zeitgenossen Jane Austens:
Unter der Karikatur steht folgendes:
The MAN of FEELING in search of INDISPENSIBLES; a Scene at the little French Milleners.
A number of disputes having arisen in the Beau Monde, respecting the Exact Situation of the Ladies Indispensibles (or new Invented Pockets) whether they were places at the Ancle, or in a more elegible situation, the above Search took place in order to determine precisely the Longitude of these inestimable conveniences.
Der Titel wird im Buch übersetzt mit
„Ein Mann der Gefühle, auf der Suche nach Schlüpfern“.
Als Erläuterung zur Karikatur heißt es im Katalog:
Der Statthalter der Niederlande, Prinz Wilhelm von Oranien, als Emigrant in London. Der wegen seiner amourösen Abenteuer verschrieene Oranier sucht hier unter Putzmacherinnen ein Opfer seiner Lüste. Gillray hat die sehr unterschiedlichen Reaktionen der Frauen auf die Handgreiflichkeiten des Prinzen eingefangen: zynische Amüsiertheit, aufputschende Geilheit, Neugierde in verschiedenen Abstufungen, mürrische Mißbilligung bis hin zu tiefem Erschrecken. Ein Meisterwerk psychologischer Beobachtung!
Das ist sehr spannend, mal abgesehen davon, dass hier eine ganze Galerie von Kerstins Kolleginnen versammelt ist
, soll es um ein besonderes Kleidungsstück gehen, von dem ich bisher annahm, dass es zu Jane Austens Zeiten nicht bekannt war... Diese Information entnahm ich Henry Fieldings „Tom Jones“, wo im 2. Kapitel des 11. Buches berichtet wird, wie Sophia Western zweimal vom Pferd fiel:
Obwohl Sophia mit dem Kopf voran auf dem Boden anlangte, trug sie zum Glück nicht den geringsten Schaden davon; und dieselben Umstände, die vielleicht zu ihrem Sturz beigetragen hatten, bewahrten sie jetzt vor Verlegenheit; denn die Schneise, die sie gerade passierten, war eng und dicht von Bäumen überwachsen, so daß der Mond hier nur wenig Licht spenden konnte, zumal er im Augenblick außerdem von einer Wolke verdeckt wurde, so daß es fast gänzlich finster war. Auf diese Weise blieb das Schamgefühl der jungen Dame, das sehr empfindlich war, ebenso unverletzt wie ihre Glieder, und sie wurde wieder in ihren Sattel gehoben, ohne Schlimmeres durch ihren Sturz erlitten zu haben als einen kleinen Schreck.
In der Fußnote wird zu der „Verlegenheit“ erklärt:
Zu Fieldings Zeit hatte ein Sturz vom Pferd für die Reiterin gewöhnlich nicht nur schmerzhafte, sondern auch beschämende Folgen, da die Frauen erst ein Jahrhundert später Unterhosen trugen.
(Bei einem weiteren Sturz vom Pferd etwas später in diesem Kapitel gibt es dann entsprechende Beleuchtung und Publikum – also peinlich, peinlich für die schamhafte Miss Western...)
Der Roman von Fielding spielt im Jahre 1746 und wurde 1749 geschrieben... Also, schlussfolgerte ich, dass erst Mitte des 19. Jh. Unterhosen aufkamen... Auch Kerstin hat so was im alten Board mal gepostet – als es um Mr. Darcys „Untenrum“ ging...
Die Karikatur von James Gillray wurde am 12. Februar 1800 veröffentlicht... Also, trug man schon „Schlüpfer“ und diese Neuigkeit („new Invented Pockets“) wurde von den damaligen Beau-Monde-Fänninnen und Vogue-Leserinnen so eifrig diskutiert, dass sie sogar in die politische Karikatur eingingen...
Bruki
PS: Die „Diskussion in der Beau Monde“ erinnert mich irgendwie an die mediale Behandlung der ersten Bikinis mehr als 100 Jahren später...