Also, erst einmal bin ich der Meinung, dass das Bildungssystem in Deutschland wirklich, wirklich reformbedürftig ist - das hat ja nicht nur Pisa gezeigt. Es ist wirklich teilweise schon erschreckend, wenn man sieht, wie es an deutschen Schulen aussieht, vor allem, weil es an Geld fehlt
Zuerst einmal möchte ich zu Caroline Amalie sagen, dass deine Generalisierungen sehr gefährlich sind. Alles über einen Kamm zu scheren - damit machst du es dir zu einfach. Ich kann deinen Frust verstehen, vor allem, wenn es um die Bildung der eigenen Kinder geht, aber es sei dir versichert: Es ist nicht überall so!!
Ich würde mich teilweise auch auf Aletheas Beiträge beziehen: Lehrer können das, was im Elternhaus falsch gemacht oder gar nicht erst vermittelt wird, leider nicht ersetzen. Es ist nun einmal heute vielfach so, dass viele Werte Zuhause leider nicht mehr vermittelt werden und die Lehrer weigern sich ja auch (zu Recht!!) das nachzuholen, was Zuhause verfehlt wurde.
Es ist dann auch so, dass dabei leider die Hochbegabten zu kurz kommen, das ist sehr, sehr schade. Wenn sich Lehrer mehr um die Problemfälle kümmern müssen, bleiben die anderen Kinder leider auf der Strecke *seufz*
@ Caro
Du hast ja noch Glück, dass Sarahs Begabung so früh erkannt wurde. Ich kenne einen Fall von einem Hochbegabten, bei dem hat man das im Alter von 15 festgestellt. In der Schule hat er immer nur so vor sich hingedümpelt und war eher im unteren Mittelfeld - da fragt man sich natürlich, ob er jetzt einfach nur unterfordert und gelangweilt war und was gewesen wäre, hätte man seine Begabung früher erkannt, sodass man ihn individuell hätte fördern können.
Ich finde es auch sehr schade, dass du mit Sarahs Einschulung so viele Probleme hast - das ist ja nun wirklich unglaublich.
Ich hoffe aber, dass Sarah sich auf der anderen Schule gut einleben wird und dass es sich nicht als Nachteil herausstellen wird, dass sie nicht auf ihre Traumschule hat gehen können.
Ich kann mich meinen Vorrednerinnen nur anschließen: Auch wenn man keine HA-Betreuung hat, so fördert es doch das selbstständige Arbeiten und nach dem, was ich hier von Sarah gehört habe, denke ich wohl, dass sie verstehen wird, wie wichtig das ist. Ich war in der glücklichen Lage, dass meine Mutter Zuhause war, es war aber auch so, dass ich ja eine von fünf Geschwistern bin und meine Mutter zudem auch noch in unserem Betrieb die Büroarbeit erledigt. Sie war also nicht nur Hausfrau - auch ich musste selbstständig arbeiten und habe es ja auch geschafft.
Zu dem Gymnasien möchte ich hier noch etwas sagen: Ich finde es manchmal unglaublich, welche Einstellung auf diesen Schulen herrscht. Ich bin von der 5. bis zur 10. Klasse auf ein Gymnasium gegangen und ich habe es
gehasst!!! Ich habe dort die schlimmsten Jahre meines Lebens verbracht, Mobbing, Leistungsdruck und einfach nur unmenschliches und weltfremdes Verhalten teilweise. Ich habe gelitten auf dieser Schule - Gott sei Dank aber war ich immer schon so gut, dass man es an meinen schulischen Leistungen nicht gemerkt hat, aber leider waren da nicht alle so glücklich (meine Schwester, drei Jahre über mir, hat mal von einem Lehrer einen blauen Brief bekommen, weil der sie nicht leiden konnte - soviel dazu
). Ab der 7. Klasse hat es sich dann etwas eingespielt, nicht zuletzt, weil ich ja auch Freundinnen hatte, sodass mir die Attacken schlussendlich nur noch herzlich wenig anhaben konnten, aber mich hat teilweise auch das elitäre Denken der Lehrer entsetzt. Ich bin ja eine ziemlich gute Schülerin (ich war es immer und ich schrieb ja schon einmal, dass mir Noten herzlich egal sind). Ein Grund dafür, dass ich weiß, dass Noten nicht alles sind, ist auch das Verhalten, mit dem ich zu kämpfen hatte. Ich war die Jahre hinweg Stufenbeste - und ich war das einzige Kind eines Nichtakademikers, in der Tat ist mein Vater nur 8 Jahre zur Schule gegangen (heute hat er übrigens zwei Meistertitel inne und ich Obermeister einer Innung, nur so viel dazu) und einige konnten es scheinbar nicht verstehen, dass die Tochter eines einfachen Steinmetz/Kachelofenbauers so gut in der Schule sein kann. Das finde ich entsetzlich.
Ich habe dann nach der 10. Klasse ja bekanntermaßen die Schule gewechselt (dass ich mein Abitur nicht auf diesem
Dorfgymnasium machen würde, wusste ich ja schon seit der 7. Klasse) und das hat mich ein weiteres Mal erschreckt. Was ich zu hören bekam, als klar war, dass ich auf ein
Berufskolleg gehen würde: Ich würde mich ja wegwefen, Abitur zweiter Klasse, ich würde nach zwei Wochen glückselig wieder an mein altes Gymnasium zurückkehren. Unglaublich, wie von sich selbst eingenommen die Lehrer an meinem Gymnasium waren.
Abitur zweiter Klasse?? Mich wegwerfen?? Entschuldigung, aber auf diesem normalen Gymnasiun hat in der 11. Klasse keiner 40 Stunden in der Woche gehabt und 24 Klausuren pro Halbjahr geschrieben. Ich habe neidisch auf all die Freistunden geguckt, die meine Gymnasialkollegen hatten.
Im Übrigen hat mir nur ein Lehrer gesagt, dass es doch schade sei, dass ich weg ginge. Von den anderen bekam ich so Reaktionen, dass meine Noten doch
sooooo gut wären und dass ich doch bestimmt ein hervorragendes Abitur auf diesem tollen Gymnasium machen würde - man konnte es heraushören, die wollten sich mit mir schmücken (ich hätte gerne mal gewusst, was wohl gewesen wäre, hatte ich meinen 1,0 Schnitt auf diesem Dorfgymnasium gemacht
). Menschlich war da nicht viel.
Die einzige Begabtenförderung, die man mir dort übrigens anbot, war, dass ich eine Klasse überspringen könne, wurde mir zwei Mal angeboten. Nein danke, das wollte ich nicht, ich hatte in meiner Stufe immerhin ein paar Freunde gefunden und die Stufe eins über mir war eine Schlangengrube - ich wollte mir nicht ausmalen, wie ich dort als
Streberin, Überfliegerin, Speichelleckerin aufgenommen werden würde.
Lange Rede kurzer Sinn: Es kommt nicht nur auf Unterrichtsaktivitäten an, sondern es muss auch alles noch in einem menschlichen Rahmen sein. Es hat mich auf meinem alten Gymnasium entsetzt wie überheblich, arrogant und weltfremd der Großteil doch war. Aus meiner alten Stufe ist nach der 10. Klasse 1/3 abgegangen und als wir dann mal fragten, ob dass denn nicht stutzig mache, wenn von 90 Schülern mehr als 30 abgingen, bekamen wir zur Antwort, man sei sich der Gründe für diese Abwanderung sehr wohl bewusst, aber es liege ja leider nicht an ihnen selbst. "Wir können leider nichts dagegen machen" Hallo?!?!
Nun ja, mein Gymnasium hat das Glück, das einzige im Dorf zu sein und dass die nächsten alle mehr als eine halbe Stunde Busfahrt entfernt sind - deshalb sind sie nicht dem Konkurrenzkampf ausgesetzt, aber wären sie es, dann würde da wohl einiges anders laufen.
Auf meiner neuen Schule habe ich mich ja (abgesehen von meiner wundervollen Klassenkameradin, die mir im ersten Halbjahr der 12 einen nervlichen Zusammenbruch beschert hat) sehr wohl gefühlt. Ich habe es keine einige Sekunde lang bereut, die Schule gewechselt zu haben - was ich im Übrigen auch allen erzählt habe, als ich nicht anders konnte, als den Abiball meiner alten Stufe zu besuchen
Aber das sind so meine Erfahrungen aus dem deutschen Schulsystem. Es ist manchmal erschreckend, wenn man als Schüler nicht wirklich als Mensch wahrgenommen wird, sondern als eines von vielen, dass seine Leistung erbringen muss *seufz*