Julia hat geschrieben:
Aus Emmas Tagträumereien muss man ihr ja nun wirklich keinen Strick drehen, oder? Sie verhält sich Harriet gegenüber korrekt und sichtbar "geläutert", das ist doch das Entscheidende. Was sie sich vorstellt und wünscht behält sie ja für sich.
Doch, gerade aus ihren Tagträumereien - ihre Tagträumerei bzw. ihre Fantasie ist es doch immer, die sie dazu verführt, unsinnige Initiativen zu starten. Und ich bezweifle gerade, dass sie
wirklich geläutert ist. Gegenüber Mr. Knightley hat sie sich sehr, sehr einsichtig gezeigt, das stimmt. Und hier gibt sie sich auch irgendwie Mühe, das ist auch ein Fortschritt. Aber was ist die Quintessenz ihres Gesprächs mit Harriet? "Harriet küsste ihr in schweigender und ergebener Dankbarkeit die Hand." Also Harriet fühlt sich von Emma definitiv
ermutigt, weiter von Mr. Knightley/Frank Churchill zu träumen! Emma gibt zudem schon wieder gute Ratschläge, wie Harriet mit ihrem Liebsten umgehen soll - das ist sooo weit nicht entfernt davon, hier und da hilfreich nachzuhelfen, indem man bestimmte Situationen herbeizuführen versucht. Aber ja: Es scheint, dass Emma zumindest dies, also Harriet Schützenhilfe zu geben, nicht mehr vorhat. Den Fortschritt würde ich anerkennen. Und wie gesagt: Es geht nicht darum, Emma einen Strick zu drehen, mich interessiert die Entwicklung der Romanfigur.
Übrigens wird der Eindruck, dass Emma noch in ihrem alten Denken verhaftet ist, gerade durch den Kontrast von Kapitel 40 und 41 noch verstärkt, finde ich. Wie sehr Emma daneben liegt, wird erst richtig deutlich, wenn man sich ansieht, wie aufmerksam, feinfühlig, sensibel und vor allem richtig Mr. Knightley die Beziehungen zwischen Frank, Jane und Emma beobachtet. Emma wird hier total vorgeführt, wenn sie sich schlapp lacht über Mr. Knightleys aus ihrer Sicht total abwegigen Vermutungen. Was zeigt deutlicher, dass Emma immer noch absolut gar nichts peilt? Ich vermute so langsam, dass es im Roman möglicherweise eher wenig um Emmas Entwicklung geht (anders als etwa bei Elizabeth Bennet in P&P), sofern sie zur Erleuchtung erst durch einen späten Knalleffekt kommt. Dann würde ich beim dritten Lesen wohl weniger auf die Hauptperson achten...
Die Geschichte mit der Kutsche finde ich auch kurios. Und dann wieder Mr. Perry: Hier steht im Text, dass die Männer miteinander
redeten - der gute Perry darf aber selbst jetzt, wo er und seine Kutsche eine so gewichtige Rolle spielen, wieder kein einziges Wort selbst reden....