Dann will ich mal anfangen...
Ich hatte größere Erwartungen an "Northanger Abbey" als an "Mansfield Park" und bin deshalb vielleicht strenger in meiner Meinung als bei letzterem.
Das neue NA ist besser als das neue MP, ... aber gut, dazu gehört auch nicht sooo viel.
Alles in allem sind die Charaktere gut getroffen und recht nah am Buch. Der Film ist knapp zwei Stunden lang und selbstverständlich fehlen eine ganze Menge Details. Kein Problem, rein grundsätzlich ist die Handlung sinnvoll gestrafft und auch so, dass man die Geschichte nachvollziehen kann, ohne das Buch auswendig zu kennen. Felicity Jones ist eine sehr gute Catherine und JJ Field einigermaßen nah an "meinem" Mr Tilney. Für seine Sätze konnte er wahrscheinlich nichts, aber dazu später.
Catherines Traumsequenzen sind gut eingefügt und das einzige, was mich daran gestört hat, dass sie alle mehr oder weniger einseitig thematisiert waren: Sie träumt von Unbekannten, die sie entführen (und scheint sehr angetan davon), sie lehnt keuchend am Baum wenn Henry Tilney und John Thorpe sich um sie duellieren und ohne Badewannenszene geht es natürlich auch nicht. Bloß kommt kein Diener mit dem Handtuch, sondern Henry Tilney persönlich, der ihr aus der Wanne hilft.
Ich bezweifle, ob die Catherine im Buch
diese Art "gothic fantasies" hatte.
Aber gut, ging scheinbar nicht ohne.
Die ganze Geschichte zwischen Henry und Catherine kriegt damit einen anderen Schwerpunkt, der mich allerdings schon gestört hat. Besonders in Northanger Abbey, wenn Henry sie im Zimmer seiner Mutter erwischt wird das deutlich. Er schimpft sie (unnötig!) streng aus und reitet anschließend davon, so dass die arme Catherine für den Rest des Films denken muss, das wäre es jetzt gewesen. Und auch noch, dass Henry seinem Vater davon erzählt hat und er sie deshalb so überstürzt nach Hause schickt.
Da hat man sich meiner Meinung nach zu große Freiheiten heraus genommen, nur um die Geschichte "spannend" zu machen.
Und nicht nur das: Sie bekommt den gleichen Dreh wie tausend andere ähnliche Geschichten - erstes zaghaftes Annähern zwischen einer gerade erwachenden Unschuld und einem erfahreneren Mann, die Fehler der ersteren führen zu Missverständnissen und Angst, den Angebeteten verloren zu haben. Der reitet zuguterletzt auf einem weißen (!) Pferd daher und alles klärt sich auf. Heiratsantrag. Alles gut.
Sorry, Herr Davies, das ist mir zu banal.
"Northanger Abbey" lässt sich genausowenig darauf reduzieren und verbiegen, wie andere Austen-Romane.
Und ich bin eher ärgerlich, dass man es dort wieder gemacht hat, wo es im Buch so offensichtlich anders ist.
Die Kamera war gut und es gab einige geschickt zusammengefasste Szenen, die so nicht im Buch sind, aber wunderbar reingepasst hätten. Zum Beispiel wenn Isabella und Catherine in der Bibliothek sind. Auch die "erfundenen" Szenen in Fullerton passen sehr gut. (Yay, Catherine spielt Baseball! da hat jemand genau gelesen...
)
Von Isabella war ich ein bißchen enttäuscht, sie kommt bei weitem nicht so falsch und gleichzeitig albern rüber, wie im Buch. Da hatte ich mir mehr Witz versprochen.
Allgemein fand ich die Dialoge oft sehr unglücklich, vorallem zwischen Henry und Catherine. Es gäbe soviele geistreiche, komische und sprühende Wortwechsel zwischen den beiden im Buch - das Gespräch über die Parallelen zwischen Tanz und Ehe, über Romane (Beechen Cliff), die Schauergeschichte, die er ihr auf dem Weg nach Northanger erzählt, usw.
Das alles fehlt völlig oder wird bestenfalls kurz angerissen. Und ist teiweise im Sinn total verändert.
"Northanger Abbey" ist eins der witzigsten und leichtherzigsten Bücher von Jane Austen, im Film habe ich sehr wenig davon gespürt.
Stattdessen wurde - wie schon gesagt - unnötig "dramatisiert". General Tilney sieht aus wie ein Folterknecht und benimmt sich auch genauso ungehobelt. Captain Tilney und Isabella Thorpe gehen aufs Ganze und man bekommt genug zerwühlte Laken und finstere Blicke zu sehen, dass auch wirklich der Letzte kapiert, wie bööööse Frederick ist.
Ich hätte mir weniger davon und mehr von der Satire des Romans gewünscht, denn da liegt meiner Meinung nach seine eigentlich Stärke.
Mr Allen wurde ein bißchen aufgepeppt (humoristisch), was mir gut gefallen hat, aber Mrs Allen muss ihre Bewunderung über Henry's Musselin-Kenntnisse so oft wiederholen, dass das spätestens beim zweiten Mal auch nicht mehr lustig ist.
Allgemein kann man sagen, dass man sich was das Drehbuch betrifft deutlich mehr an das Buch halten hätte können, denn das was an den Dialogen verändert wurde war nicht besser als das, was dafür weggelassen wurde.
Schade. Ein Film der sehr leicht sehr gut hätte sein können.