Coup18 hat geschrieben:
Ich meine war sie jemand der gegen die vorgegebene Frauenrolle ankämpfte oder versuchte sie lediglich durch das schreiben von Romanen ihre unerfüllten Wünsche zum Ausdruck zu bringen? Ging es ihr einfach nur darum das man keine Verstandsehen eingehen sollte? Und nur aus Liebe heiraten sollte? War sie eine Feministin? Oder fand sie es ok wie die Frauen zu der Zeit lebten?
Ich denke, für das Ankämpfen gegen irgendetwas war sie einfach nicht der Typ. Damals wie heute wird da sicher ein dickes Fell für gebraucht, ich könnte das auch nicht
Aber sicher hat sie genau gewusst, was sie wollte und sich ihren persönlichen Freiraum erkämpft (klingt sicher zu dramatisch) bzw. nämlichen gefunden. Ich denke, sie war eine sehr aufmerksame Beobachterin. Und sie wird auch bemerkt haben, daß Liebesheiraten ohne Vernunft/ Verstand genauso gefahr liefen, unglücklich zu enden. Die Disskussionen über die Wahl der Ehepartner zwischen Elizabeth Bennet und Charlotte Lukas zielen in die Richtung. Das Bild der Ehepaare in ihren Werken zeigt ja die unterschiedlichsten Varianten. Die Benneteltern sind sicher kein Beispiel der glücklichen Ehe, aber nach allem was gesagt wird scheint Vater Bennet ja doch zumindestens in seine Frau verliebt gewesen zu sein (wird aber nicht lange angehalten haben) Wohingegen z.b. Isabella und John Knightley ja auch aus Zuneigung geheiratet haben und sehr glücklich miteinander sind.
Wenn man die Romane nur zum Zeitvertreib liest und wenig über die Zeit weiß, könnte man ja annehmen, daß JA es schon recht ok fand, wie Frauen damals lebten. Aber ich denke, das scheint nur auf den ersten Blick so. Die einzelnen Heldinnen sind ja recht unterschiedlich in Lebenslage und Persönlichkeit, aber wie sie sie schildert, das gibt schon Möglichkeiten der Kritik an Verhältnissen. Junge Damen reisten nicht allein, brauchten immer jemand, der sie begleitete (z.b. die Heimreise von Elinor und Marianne war recht schwierig, die Heimreise von Elizabeth Bennet und Maria Lukas wird erwähnt) Unverheiratete Damen ab einem gewissen Alter wurden auch in der Familie rumgereicht, hat sie selbst und auch ihre Schwester oft genug durchmachen müssen, bei der Pflege von Verwandten und sie beschreibt es etwas mit Anne Elliot. Die Kritik an den Verhältnissen ist bei ihr mehr so unterschwellig, den Leuten damals wird das sicher eher aufgefallen sein. Aus unserer Perspektive ist das eher schwierig.
Wenn du ein paar kritische Bemerkungen von JA suchst, dann solltest du vielleicht auch die Briefe einbeziehen, die es von ihr noch gibt, leider sehr wenige, die geben schon ein etwas anderes Bild ab. Da gibt es auch ein paar recht zynische Bemerkungen z.B. auch über die ständigen Niederkunften manch Anverwandter.
JA hat in ihrer Zeit gelebt und konnte da nicht raus, wie wir ja auch nicht, ich denke, sie hat ihren Platz gefunden, auch wenn sie, um Schreiben zu können, auf die Ehe verzichtet hat. Die Stellung der unverheirateten alten Jungfer hat sie als solche sicher nicht gereizt, da sie gesellschaftlich ja nicht gerade angesehen war, trotzdem hat sie es so gewollt, das Schreiben war ihr wichtiger. Leicht ist ihr die Entscheidung aber sicher nicht gefallen.
So, viele Gedanken, ob sie dir weiterhelfen, weiß ich nicht. Aber ich mache dir hoffentlich Mut, ein bischen zwischen den Zeilen zu suchen. Trotzdem ist bei deinem Thema vieles Interpretationssache, aber die Lehrer werden doch hoffentlich gut begründete Interpretationsversuche honorieren.
Viel Erfolg weiterhin bei deiner Arbeit.
Elanor