Julia hat geschrieben:
Maße. Auch wieder ein Indiz dafür, dass es ihm nur um seine Arbeit und weniger um das Ergebnis bzw. die Folgen für sein Geschöpf geht.
Ja, aber er entwickelt sich ja weiter. Er empfindet später durchaus Mitgefühl mit seinem Geschöpf, auch wenn er keine wirkliche Verantwortung übernimmt. Aber immerhin fängt er ja sogar an, ein Weibchen zu entwickeln - kommt dann aber doch noch gewissermaßen zur Vernunft. Ich will nur sagen, dass man ihm auch positive Aspekte abgewinnen kann, er ist nicht nur ein Waschlappen.
Zitat:
Momentan ist ja schon wieder eine recht hochkarätig besetzte
Produktion in Arbeit - wenn man sich die Charakterliste anschaut aber wahrscheinlich wieder ähnlich abseitig wie der schon bekannte Käse.
Das Projekt ist in der Tat gut besetzt. Nach Branaghs Werk dachte ich eigentlich, dass man sowas nicht noch mal so angehen müsste.
Zitat:
Bei der Recherche für die Arbeit bin ich übrigens immer wieder über die offenbar sehr verbreitete psychoanalytische Deutung gestoßen, nach der Frankenstein und sein Geschöpf als zwei Seiten eines Gesichtes gesehen werden, ähnlich wie bei "Dr Jekyll und Mr Hyde". Frankenstein wird zum Monster, das Geschöpf bekommt menschliche Züge. Beide sind letztendlich gesellschaftliche Außenseiter und hadern mit ihrer ausweglosen Situation und ihrem "Schicksal". Dazu finden sich auch viele, ziemlich überzeugende Stellen im Text.
Klingt ganz plausibel, denke ich. Aber wie gesagt: Die Menschwerdung des Geschöpfs finde ich extrem konstruiert - wie es die Sprache lernt z.B., sich Verhaltensweisen abschaut, lesen lernt... Du schreibst, die Aneignung von Wissen sei der promethische Aspekt beim Geschöpf. Das finde ich schon überzeugend, aber in der Ausführung halt sehr schwach.
Der Außenseiteraspekt trifft bestimmt auf beide zu, wie halbmenschlich das Geschöpf auch werden mag. Schreibt nicht Shelley im Vorwort, dass sie genau das thematisieren wollte? Also die Folgen der Abgrenzung und Ausgrenzung von bzw. durch die Gesellschaft? Da ist man ja auch schnell beim Glöckner von Notre Dame. Bzw. zu Shelleys Zeit bei Rousseau - das führst du ja auch aus.
Zitat:
Ich weiß nicht, inwieweit die Filme diese Deutung aufgreifen, aber es würde die Popularität des Stoffes als Filmmaterial zumindest zum Teil erklären. Denn das ist ja ein nahezu klassisches Element ... die dunkle, verborgene Seite des Ichs. Und war nicht auch in den frühen 1930er Jahren, also zur Zeit der Entstehung von James Whales populärerer Adaption die Sorge um unkontrollierbaren wissenschaftlichen Fortschritt bzw. die "monströsen" Folgen der Visionen einzelner Egomanen wieder ziemlich aktuell?
Ehrlich gesagt, kann ich mich nicht mehr erinnern an die Filme, ich fand sie immer so doof, dass ich auch nicht sehr aufmerksam hingeguckt bzw. wohl abgeschaltet habe. Vor allem auch die ganz alten Klassiker, die filmhistorisch bedeutsam sein mögen, aber halt beim Anschauen heute nicht mehr vergnügungssteuerpflichtig sind. Mein Verdacht ist aber, dass sich die Filmemacher um die psychologische Seite wenig Gedanken gemacht haben, dafür das Grauenerregende betont haben, oder höchstens den faustischen Aspekt. Aber dazu müsste man sich die Filme mal ansehen....
Wie wird Frankenstein eigentlich von der Literaturkritik bewertet? Gilt er - so wie manche von Austens Romane - als Meisterwerk? Wenn ich bspw. mal Frankenstein und Emma in die Hände nehme und abwäge, dann fällt Frankenstein doch rasch auf Kniehöhe...