Udo hat geschrieben:
Hier dreht Austen die Perspektive, es klingt fast, als wäre es nicht so doll, sich aus Dankbarkeit zu verlieben. Das habe ich anders in Erinnerung.
Zumindest heißt es hier, Dankbarkeit hervorzurufen wäre schöner. Jedenfalls für Mr Weston. Es kann ja nicht jeder so ein großes Herz wie Fanny Price haben.
Und war nicht auch Henry Tilney zuerst einmal geschmeichelt, als Catherine sich in ihn verliebt hat?
Zu
Mr Weston: Er wird ja als ein Offizier an der "Heimatfront" (oder wie wird "militia" übersetzt?) vorgestellt, d.h. Teil einer Armee, die eigentlich während der gesamten Napoleonischen Kriege nichts zu tun hatte, als bereit zu sein, falls England überfallen wird - was ja nicht passierte. Was aus dieser relativen, gemeinsamen Untätigkeit von vielen jungen Männern werden kann, wird ja sehr schön P&P vorgeführt, und auch Mr Weston wird als sehr fröhlich-geselliger Mensch vorgestellt ...
"having satisfied an active cheerful mind and a social temper by entering into the militia" Diese Tätigkeit kam seinem Wesen also entgegen und wie wir später noch sehen, geht es ja auch auf Randalls recht munter zu, was jetzt schon angedeutet wird, wenn Mrs Weston über Emmas und ihren zukünftigen Umgang sinniert.
Typisch Austen finde ich die Einführung von
Frank Churchill -
"one of the boasts of Highbury" Alle bewundern und mögen ihn, obwohl er noch nie da war, d.h. ihn noch niemand gesehen hat. Sein Brief (gleich dreimal
"handsome" in einem Satz!) wird herumgereicht und alle finden es angebracht, dass er sich jetzt mal blicken lässt. Schön, wie hier Mr Westons hohe Meinung von ihm ungefragt übernommen wird, und das auch im Erzählstil durchscheint.
Auch sieht man in diesem Kapitel schon eine wesentliche Parallele zwischen
Mr Woodhouse und Emmas später noch ausführlicher demonstriertem Verhalten. Auch Mr Woodhouse schließt von seinen Bedürfnissen und Befindlichkeiten auf die seiner Mitmenschen, wenn auch weit extremer als Emma. "Miss Taylor"
kann natürlich nicht glücklich verheiratet sein, denn
er vermisst sie. Der Hochzeitskuchen
muss ungesund sein, denn
er bildet sich ein ihn nicht zu vertragen. Deshalb darf ihn auch sonst keiner essen. Die Welt dreht sich um ihn und seine Sicht der Dinge. Da kann man doch einen gewissen erzieherischen Einfluss auf Emma vielleicht nicht ganz absprechen?
Apropos Hochzeitskuchen: Der Kommentar in meiner Ausgabe weist auf
Mr Perrys zentrale, wenn auch "stumme" Rolle in dem Roman hin. Es gibt ja einige Personen in "Emma" die mehrmals erwähnt werden, aber nie selbständig auftreten - er scheint der wichtigste davon zu sein. Zumindest fallen mir spontan zwei spätere Szenen ein, wo er eine größere, wenn auch passive Rolle spielt.