Julia hat geschrieben:
Kapitel 33
Fanny wird zu einer ausführlichen Unterredung mit Henry genötigt, die die Fronten allerdings nur verhärtet. Sir Thomas sieht sich gezwungen, seiner Frau und Schwägerin von dem Antrag zu erzählen - beide reagieren auf ihre Weise.
Hier erfahren wir nun mehr von
Henrys Liebe und seinem Charakter. Er will nicht verstehen und einsehen, dass Fanny nicht bereit ist, ihn zu nehmen. Im Gegenteil, er bildet sich ein, er würde sie dazu bringen, ihn ebenfalls zu lieben, wenn sie ihn nur verstünde, wenn sie ihn und seinen Charakter richtig sähe.
Henry macht sich was vor. Fanny sieht ihn schon ganz richtig. Perfekt fand ich in diesem Zusammenhang ihre Antwort an Sir Thomas Bertram, eine Ehe wäre falsch, denn sie würde weder sich noch ihn damit glücklich machen. Henry liebt nur das, was er nicht kriegen kann. Die Mädchen, die ihm "zufallen" interessieren ihn nicht lange und er spielt nur mit ihnen. Die Frage ist, würde er Fanny lieben, würden seine Gefühle Bestand haben, wenn er sie kriegte? Fanny glaubt es nicht, und ich auch nicht.
Kann man jemanden zur Liebe zwingen, oder sollte man es überhaupt? Ist es ein Zeichen von Liebe, ihre Gefühle und Antworten ausser acht zu lassen und sich ihr aufzuzwängen? Hat er nicht bereits alle Mittel zur Hand genommen, um sie unter Druck zu setzen? Was will er noch tun, um sein Ziel zu erreichen?
Erstaunt hat mich hier
Lady Bertram. Sie, die sonst nur an ihre eigenen Bedürfnisse denkt und sich in der Vergangenheit wenig bis gar nicht um ihre Kinder, respektive Töchter gekümmert hat, denkt an Fannys Zukunft. "Nein", sagt sie, "ich würde dich nicht vermissen. Wie könnte ich dich vermissen, wenn du durch die Heirat so einer glänzenden Zukunft entgegengingst". Das topt sie nur noch dadurch, dass sie selbst erwähnt, sie würde für Fanny mehr tun, als je für ihre Tochter Maria. Wenn Pug Junge kriegt, soll eines für Fanny sein. Pup geht ihr über Alles, daran hängt ihr Herz und sie möchte Fanny quasi ein Stück ihres Herzens mitgeben. Das mag sich für uns lächerlich anhören, für Lady Bertram ist es das nicht.
Einige haben sinngemäß gesagt, Fanny sei ein Nichts in der Familie Bertram, aber so ist es nicht für alle. Egal ob Sir Thomas oder Lady Bertram, beide haben mehr Fanny, als ihre eigenen Kinder in den Gedanken.
Erstaunlicherweise ist es eben nicht Lady Bertram, wie man vermuten könnte, die sich beleidigt fühlt, sondern
Mrs. Norris. Und wieder sehr typisch, ärgert sie sich weniger über Crawfords "schlechten" Geschmack die in ihren Augen falsche Braut zu wählen, als vielmehr über Fannys Weigerung die Hand anzunehmen, die Julia mit Kußhand begrüsst hätte.
Ist es nicht wirklich paradox, dass ausgerechnet die Frau, die sie nach Mansfield geholt hat, nun ihr grösster Feind ist und ihr nichts, aber auch gar nichts gönnt? Sie, die erst vollmundig versichert hat, sie gäbe quasi ihr letztes Hemd (Brot) für das Kind ihrer armen Schwester und wirklich insistiert hat, ein/das Mädchen zu holen, spart erst an Holz und neidet ihr dann den Antrag.
Und wieder frage ich mich, ob Mrs. Norris deshalb so ungnädig zu Fanny ist, weil sie neidisch ist, quasi von Neid und Eifersucht zerfressen ist und mit sich selbst und ihrem Leben hadert.
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Grüsse, Caro
Avatar: Amelia Darcy (1754-1784)
Für 1 Jahr säe einen Samen, für 10 Jahre pflanze einen Baum, für 100 Jahre erziehe einen Menschen. chin. Weisheit