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BeitragVerfasst: Mittwoch 2. September 2009, 08:12 
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Austenexperte
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Udo hat geschrieben:
Ulli hat geschrieben:
Das gefällt mir übrigens an MP, daß - während die Hauptfigur eher blass bleibt - endlich mal nicht eindeutig schwarz/weiße Figuren zum Zuge kommen. Die Geschwister Crawford haben nämlich tatsächlich echten Charme und immer wieder schimmert durch, was hätte sein können wenn.

Was die Crawfords betrifft, stimme ich dir auch voll zu. Aber die anderen sind doch relativ klar eingeordnet, oder? (Abgesehen davon, dass ich keine durchweg positive Figur finde.) Emma finde ich übrigens viel ambivalenter als Fanny...


Ich meine wirklich auch nur die Crawfords in MP und ich beziehe mich auch nur auf die Austenschen Nebenfiguren. Emma, aber auch Elisabeth sind natürlich wesentlich ergiebiger als Fanny. Aber normalerweise geben eben die Heldinnen den spannenden Part, um den sich ein Karussel relativ klar zuordbarer Personen sortiert. Hier ist es mal andersrum: eine relativ blasse Heldin und ein wirklich interessantes Paar, das sowohl den Bösewichtpart übernimmt, als auch immer mal wieder Freund ist (und gelegentlich viel mehr von Fannys Innenleben versteht als der holde Angebetete).


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Verfasst: Mittwoch 2. September 2009, 08:12 


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BeitragVerfasst: Mittwoch 2. September 2009, 19:22 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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@Miss Hamilton: William ist sehr positiv, stimmt, den hatte ich vergessen. Bei Mrs Grant bin ich skeptischer.

Was wäre wohl gewesen, wenn Fanny sofort begriffen hätte, dass Henry es ernst meint? Wäre sie dann ernsthafter in sich gegangen? Hätte sie ihn erwogen? Ich finde Fanny hier ein wenig ... albern (nicht das optimale Wort, ok). Irgendwie wie die empörte verfolgte Unschuld. Jedenfalls nicht vernünftig, JA stellt sie hier dar als jemand, der total von seinen Gefühlen dominiert wird.

Dass Henry William hilft, um Fanny zu gefallen, finde ich ok. Gut, wenn er es als Druckmittel benutzt, ist es fragwürdig. Aber sonst: Was tut man nicht alles...


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BeitragVerfasst: Mittwoch 2. September 2009, 22:53 
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Austenbegeistert
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Udo hat geschrieben:
Jedenfalls nicht vernünftig, JA stellt sie hier dar als jemand, der total von seinen Gefühlen dominiert wird.



Ist das erst seit dieser Stelle im Buch so? Ich habe eher das Gefühl, Fanny wird durchweg von ihren Gefühlen geleitet: Schamgefühl, Schuldgefühl, Angstgefühl, Zuneigungsgefühl..Deswegen nervte sie mich auch zwischenzeitlich so. Da ist eine Determiniertheit drin die einfach..naja...nervig ist. :/

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BeitragVerfasst: Donnerstag 3. September 2009, 06:43 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Udo hat geschrieben:
Dass Henry William hilft, um Fanny zu gefallen, finde ich ok. Gut, wenn er es als Druckmittel benutzt, ist es fragwürdig. Aber sonst: Was tut man nicht alles...


Um nochmal zu vergleichen: Auch Darcy hilft Elizabeth, aber ihm liegt viel daran dass sie nicht davon erfährt, weil er nicht will, dass sie sich aus Dankbarkeit oder Pflichtgefühl zu etwas gezwungen sieht, was sie vielleicht nicht möchte (nämlich ihn heiraten).

Henry hingegen könnte gar nicht offensichtlicher betonen, dass er sich darum bemüht hat, dass sein Onkel sich in Bewegung setzt. Er wollte, dass William befördert wird und zwar allein aus dem Grund, weil er weiß, dass er Fanny damit eine riesige Freude macht. Wie gesagt, das ist vielleicht bei neutralem Licht betrachtet nicht weiter verwerflich, aber die bisherige Geschichte hat ja viel "vorgearbeitet" um zu zeigen, was Dankbarkeit und Pflichtgefühl bei Fanny für einen Druck auslösen.
Mehr als üblich wahrscheinlich, aber auch generell war das ein großes Thema in der damaligen Literatur und wahrscheinlich auch im "wirklichen" Leben (ich wette Caro kennt da Beispiele zuhauf), allein schon durch die abhängige Situation der Frauen: Das war eine sehr feine Linie zwischen simplen "Werbungsdiensten" wie kleinen Geschenken und großen Gefallen und Bemühungen, die die Frau quasi moralisch verpflichteten. Bei Fanny Burney z.B. gibt es eine Heldin, die sich verpflichtet fühlt, den Heiratsantrag eines Freundes der Familie anzunehmen, weil dieser ihrem in Not geratenen Bruder Geld geliehen hat.

JAs Herangehensweise täuscht vielleicht darüber hinweg, dass die Ehe auch zu ihren Zeiten im mehrheitlichen Fall vorallem eine wirtschaftliche Transaktion war, ein Geben und Nehmen das am wenigsten mit beiderseitigen Gefühlen zu tun hatte - ihre Heldinnen die aus unabhängiger Liebe heiraten und lukrative Anträge ablehnen verhalten sich stark gegensätzlich zu den damaligen Konventionen, sie sind nicht die Norm.
Fanny beweist mit ihrem Widerstand ebenso viel Rückgrat wie Elizabeth Bennet - wenn nicht mehr, denn ihre Situation ist wahrscheinlich noch abhängiger. Weil sie keine frechen Reden schwingt, kann man das schnell übersehen. :wink:


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BeitragVerfasst: Donnerstag 3. September 2009, 09:52 
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Das stimmt, Julia.
Fanny würde weiterhin Dienstmädchen bei Mrs Bertram bleiben. Eine andere Möglichkeit außer der Ehe mit Henry C. ist ja nicht in Sicht. :fies_sei:
Allerdings wären hin und wieder geistreiche Sätze von Fanny ganz nett - das vermisse ich an ihr. :wink:

Was die Sympathie angeht - Mary mag ich noch immer, auch wenn ( oder gerade weil ) sie Edmund ( bzw. seinen Beruf )ablehnt. Er ist doch ein wenig langweilig. :zzz:

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BeitragVerfasst: Donnerstag 3. September 2009, 11:43 
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Liebe Julia, du triffst den Nagel mal wieder mitten auf dem Kopf! :top:

Fanny soll hier bewußt unter Druck gesetzt werden. Es geht ja weniger um "kleine Geschenke erhalten die Freundschaft", sondern um "ich unterstütze deinen Bruder". Damit stellt er sich bereits für die Zukunft als Familienmensch dar und verpflichtet sich Fanny. Nach dem Motto "eine Hand wäscht die andere" hat er nun seinerseits Anerkennung, Dank und einen gewissen Ausgleich zu erwarten, den er nun gerade NICHT von William einfordert, sondern von Fanny.

Und er setzt noch eins drauf: Den Prices fehlt es an allen Ecken und Enden. Da ist es ganz normal, dass die Töchter, vor allem die Älteste, sich meistbietend "verschachern" oder verschachern lassen, alles zum Wohl der Familie (Sorry, aber verlangt Mrs. Bennet das nicht sogar von Lizzy...?). Er lässt Fanny also gar keine Wahl!

Hier erkennt man sehr gut, dass Fanny sehr wohl in der Lage ist eigene Entscheidungen zu treffen und eine innere Moral hat, die über das gesellschaftliche Denken hinausgeht und ihre Handlungen bestimmt. Klar dass sie, die immer und an erster Stelle das Wohl anderer im Auge hat, nicht so genau weiss, wie sich aus der Affäre ziehen, ohne andere zu verletzen, oder in der Gesellschaft dumm dazustehen.

Ich möchte nicht in ihrer Lage sein!

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BeitragVerfasst: Donnerstag 3. September 2009, 13:35 
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Udo hat geschrieben:
Was wäre wohl gewesen, wenn Fanny sofort begriffen hätte, dass Henry es ernst meint? Wäre sie dann ernsthafter in sich gegangen? Hätte sie ihn erwogen? Ich finde Fanny hier ein wenig ... albern (nicht das optimale Wort, ok). Irgendwie wie die empörte verfolgte Unschuld. Jedenfalls nicht vernünftig, JA stellt sie hier dar als jemand, der total von seinen Gefühlen dominiert wird.

Dass Henry William hilft, um Fanny zu gefallen, finde ich ok. Gut, wenn er es als Druckmittel benutzt, ist es fragwürdig. Aber sonst: Was tut man nicht alles...

An Fannys Stelle hätte auch ich seine Ernsthaftigkeit bezweifelt und in jedem Fall seine Beweggründe in Frage gestellt.

Er ist doch mehr der Bruder Leichtfuss, der von einer Blüte zur anderen flattert und sich als tragischer Romantiker sieht. Warum sonst hätte er sich wohl in die Einzige "verguckt", die ihm nichts will? Es ist ja auch viel schöner, sich als verschmähter, tragisch Liebender bemitleiden zu lassen, selbst wenn sie ihn heiratet, aber seine Gefühle nicht erwidert ... :fies_sei:

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BeitragVerfasst: Donnerstag 3. September 2009, 19:48 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Miranda hat geschrieben:
Allerdings wären hin und wieder geistreiche Sätze von Fanny ganz nett - das vermisse ich an ihr.


Dafür gibt es ja Mary. :wink: Und den Erzähler selbst!


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BeitragVerfasst: Donnerstag 3. September 2009, 21:15 
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@Maurynna: Stimmt, Fanny wird natürlich immer schon von ihren Gefühlen und ihrer Moral geleitet - hier ist es mir nur besonders stark aufgefallen. 
@Julia, Caro: Versetzt euch doch mal in Henrys Lage. Er liebt Fanny (davon ist er jedenfalls überzeugt) und sieht eine gute Möglichkeit, ihr enorm zu helfen und tut es auch, um sie für sich einzunehmen (nebenbei: er schätzt ja auch William sehr, es ist also nicht so, dass er sich wie Darcy verbiegen müsste, um zu helfen). Er freut sich aufrichtig über ihre Freude und betont immerhin auch, dass der Admiral ohnehin begeistert von William war.
Und im Grunde ist er ja überzeugt, dass sie ihn auf jeden Fall nehmen wird, die Hilfe für William ist für ihn also nicht entscheidend, sondern vielleicht eher das Sahnehäubchen, dass die Sache perfekt machen soll. Klar wird ihm bewusst sein, wie sehr Fanny ihm verpflichtet ist, aber ich glaube nicht, dass er das alles nur aus Berechnung tut, denn ich würde hier seine Gefühle erstmal ernst nehmen. Was natürlich nicht ok ist, ist, dass er seinen Anteil so stark betont, aber nun ja, die Integrität eines Darcy hat er nun mal (noch) nicht, dafür hatte der auch so seine üblen Macken, bis Lizzy ihn kuriert hat. Fanny könnte das auch.
Es grenzt für mich an übermenschlicher Menschenkenntnis, dass Fanny so klar zu sein scheint, dass Henry es nicht ernst meint. Wobei JA ja auch schreibt, dass sie auch glauben will, dass er es nicht ernst meint.
Ich finde nicht unbedingt, dass Fanny hier extrem viel Rückgrat zeigt, schließlich ist sie überzeugt, dass er nur spielt, dass er sie geradezu beleidigt! Wie soll man da Ja sagen?! Später allerdings wird sie noch echte Stärke zeigen... Wobei: Fannys Stärke kommt mir vor wie die einer glaubensstarken Klosterschülerin.
Am Rande: JA hat ja den Antrag von Mr Wither auch abgelehnt, obwohl die Ehe mit ihm auch für Cassandra und ihre Mutter sehr hilfreich gewesen wäre. Damit will ich jetzt nichts sagen, fiel mir nur gerade so ein.
Die Stelle, an der Fanny einfach nicht fassen kann, dass ein Mann wie Henry sich in sie verlieben könnte, erinnert irgendwie auch an Lizzy, die ist bei Darcys erstem Antrag ja auch perplex...


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BeitragVerfasst: Donnerstag 3. September 2009, 21:47 
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Udo hat geschrieben:
Es grenzt für mich an übermenschlicher Menschenkenntnis, dass Fanny so klar zu sein scheint, dass Henry es nicht ernst meint.


Wieso? Fanny hat doch das Verhalten von Mr Crawford gegenüber Julia und Maria genau beobachtet!!!
Wer so rumtändelt mit einer Frau, die verlobt ist, dem kann man doch zu Recht misstrauen! :ja:

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BeitragVerfasst: Donnerstag 3. September 2009, 21:51 
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@Udo:

Bzgl. Fannys Stärke habe ich etwas vorgegriffen, ich meinte auch die Situation auf die Du anspielst, glaube ich.

Ich spreche Henry seine Gefühle ja auch überhaupt nicht ab - ich sehe nur die Kombination aus seinem Engagement für William und seinem Antrag an Fanny als problematisch. Das ist Erpressung, gerade in Fannys Fall. Wenn es ihm wirklich nur daran gelegen wäre, ihr eine Freude zu machen, hätte er William auch helfen können, nachdem ihm Fannys Hand sicher ist - wovon er ja sowieso auszugehen scheint.
Aber vielleicht bin ich hier auch moralischer als besagte Dame selbst. :wink: Allerdings bin ich schon der Meinung, dass man für diese Situation andere Maßstäbe anlegen muss, als wir das heute tun würden.

Ich glaube nicht, dass es an Fannys "übermenschlicher Menschenkenntnis" liegt, dass sie Henry nicht ernst nimmt. Eher an dem Bild, das sie von ihm hat und das er ja auch deutlich vermittelt hat als er mit ihren beiden Cousinen flirtete. (... ah, Miranda war schneller)


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BeitragVerfasst: Donnerstag 3. September 2009, 22:14 
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Julia hat geschrieben:
Ich glaube nicht, dass es an Fannys "übermenschlicher Menschenkenntnis" liegt, dass sie Henry nicht ernst nimmt. Eher an dem Bild, das sie von ihm hat und das er ja auch deutlich vermittelt hat als er mit ihren beiden Cousinen flirtete. (... ah, Miranda war schneller)

ich denke, Henry wußte auch selber, daß er da kein gutes Bild abgegeben hatte, sagt er ja auch Fanny gegenüber (ich glaube, bei der Dinnereinladung) und er war sich dessen auch bewußt, daß Fanny eine gute Beobachterin war. Aber ich denke auch, daß er ihre Gedanken und Gefühle gänzlich mißversteht, bis hierher wenigstens. Wir werden ja noch sehen, ob er an seinem Einfühlungsvermögen arbeiten kann.

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[During the 1960s] I think there was more sex in those old films than in all that thrashing around today. I'm tired of sex scenes.
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BeitragVerfasst: Freitag 4. September 2009, 10:51 
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@Udo
Zumindest hat sie das Rückgrat IHN und seinen Antrag gegen alle Erwartungen der Gesellschaft und der Familie abzulehnen ... :wink:

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BeitragVerfasst: Freitag 4. September 2009, 11:51 
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Caro hat geschrieben:
@Udo
Zumindest hat sie das Rückgrat IHN und seinen Antrag gegen alle Erwartungen der Gesellschaft und der Familie abzulehnen ... :wink:


Und dafür danke ich ihr ganz herzlich! Ich glaube, das wäre, zumindest in meiner Sicht, ihr Todesstoß gewesen, hätte sie ihn angenommen..Obwohl es wohl für damalige Verhältnisse eben gar nicht abwegig gewesen wäre.

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BeitragVerfasst: Freitag 4. September 2009, 14:26 
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Sicher weiß Fanny, dass Henry leichtfertig geflirtet hat. Aber hier geht es doch um die Frage, ob er seinen Antrag ernst meint, also: Wenn Fanny jetzt Ja sagt, wird sie dann seine Frau? Mir scheint, dass Fanny glaubt, er würde sie auslachen, sobald sie annimmt, als ob alles nur ein Spaß sei. Das finde ich merkwürdig, denn gerade damals hat doch wohl kaum jemand mit sowas Schabernack getrieben, oder?
Aber es kann schon sein, dass er sich ihren Dankbarkeitskomplex zunutze machen wollte. Wer hätte so eine Gelegenheit (Williams Abreise stand ja bevor, es musste rasch gehandelt werden) verstreichen lassen...?


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BeitragVerfasst: Freitag 4. September 2009, 14:43 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Udo hat geschrieben:
Aber es kann schon sein, dass er sich ihren Dankbarkeitskomplex zunutze machen wollte. Wer hätte so eine Gelegenheit (Williams Abreise stand ja bevor, es musste rasch gehandelt werden) verstreichen lassen...?

Nun ja, ganz so ist es ja auch wieder nicht. William hätte ihr sicher von sich aus erzählt, Wer sein Fürsprecher war. Das hätte auch gelangt um Fanny zu zeigen, dass Henry auch für Andere einsteht, nicht nur für sich selbst.
Gerade das hat er in meinen Augen aber dadurch kaputtgemacht, indem er sich bei Fanny brüstete, so nach dem Motto "damit du weisst, Wem du Dank schuldest". Einge gute Tat ist eben keine gute Tat mehr, wenn man dafür Dank oder Ruhm erwartet. Einge gute Tat ist dies nur durch sich selbst und verlangt kein großes Geklapper.

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BeitragVerfasst: Freitag 4. September 2009, 16:15 
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Zitat:
(von Udo) Mir scheint, dass Fanny glaubt, er würde sie auslachen, sobald sie annimmt, als ob alles nur ein Spaß sei. Das finde ich merkwürdig, denn gerade damals hat doch wohl kaum jemand mit sowas Schabernack getrieben, oder?

Als ich MP das erste mal gelesen habe (das war mein erster Jane Austen-Roman), stellte ich mir genau diese Frage. Ich kann es der lieben Fanny auch nicht verdenken, dass sie sich unter Umständen verkohlt vor kommt. Zuerst diese Schäkereien mit Julia und Maria in einer unschönen Art und Weise vor Fannys Augen und dann plötzlich gilt ihr allein die ganze Aufmerksamkeit der Rosa-Roten-Plüsch-Welt von Crawford :megacool: . Ich finde das „offene“ Benehmen nicht richtig und unpassend. Später macht er es sogar noch publik, dass er sich um Williams Beförderung einsetzt und wie Caro und Julia es bereits sagten sollte man das einer Fanny, die ein ganz anderes Pflichtgefühl besitzt als womöglich Henry selbst, nicht antun.
Es ist vielleicht nicht gerade eine verzweifelnde Handlung, aber er erzwingt es schon soweit, dass es für Fanny fast unentschuldbar wäre abzulehnen.
Ich mag den Kerl einfach nicht… :mhm:

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BeitragVerfasst: Freitag 4. September 2009, 23:17 
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@ Caro: Ich meinte, dass Henry die Gelegenheit, William dem Admiral vorzustellen, sofort nutzen musste. Dass er sich damit nicht brüsten sollte, finde ich auch - er hätte es sie dezenter wissen lassen können. Ich sehe das alles nicht soo hart wie ihr, was nutzt in seinem konkreten Fall die gute Tat, wenn Fanny erst Wochen später davon erfährt? :wink: Aber ich will den Mann gar nicht übermäßig verteidigen, mir geht es ja vor allem um sein Potenzial. 


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BeitragVerfasst: Samstag 5. September 2009, 08:32 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Kapitel 32

Große Standpauke von Sir Thomas, der von Fannys Widerstand Henrys Antrag anzunehmen überrumpelt wird. Fanny ist völlig aufgelöst und ihr Onkel lässt das Thema vorerst ruhen, verspricht auch, ihren beiden Tanten nichts davon zu sagen.


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BeitragVerfasst: Samstag 5. September 2009, 18:03 
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Ich finde es von Fanny sehr umsichtig, dass sie die Flirtereien mit Maria und Julia unerwähnt lässt und die ganze Enttäuschung Sir Thomas auf ihre eigenen Schultern nimmt, um der Familie Bertram weiteres Ungemach zu ersparen. Denn Sir Thomas spricht ja den Eigensinn, die Überheblichkeit von Fanny an, die alles Anstößige übertreffen, doch wie würde er das Verhalten Crawfords zu seinen Töchtern, besonders zu Maria sehen oder gar von seiner eigenen Tochter? :rolleyes:
Nachdem sich Fanny mit Dingen beschimpfen lassen musste, die eigentlich ihre Gegensätze sind, bricht sie Tränen der Unfassbarkeit aus; dass Sir Thomas ohne sie ging, fand ich vernünftig und auf den Weg muss er sich ziemlich mit den Gründen des Absagens beschäftigt haben, denn er kam in meinen Augen ganz anders zurück. Er erteilte Ratschläge zur Besserung und versprach ihr den anderen nichts zu sagen – das wertvollste für sie. In diesem Moment fand ich ihn wieder sympathisch :) .
Crawford hat sich im Thema Unverschämtheit mal wieder selbst übertrumpft…, erst überrumpelt er sie morgens mit diesen Antrag, nach dem Bekanntgeben all seiner guten Taten für William – für die Fanny ja wirklich zutiefst dankbar ist - und dann kommt er schon am nächsten Morgen und schafft es, Sir Thomas falsche Beschreibungen … ja falsche „Hoffnungen“ zu geben. :boese:

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BeitragVerfasst: Sonntag 6. September 2009, 08:53 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Hier bricht für mich das Kartenhaus zusammen, das Fanny sich mit indirekter Hilfe von Edward gebaut hat: Ihre Vorstellung von dem wie sie zu sein und sich zu verhalten hat, um in dem Gefüge von Mansfield Park zu funktionieren. Sie verhält sich in ihren Prinzipien und Moralvorstellungen letztendlich so, wie man es ihr (vermeintlich) beigebracht hat - und zu ihrer Erschütterung bringt ihr nun genau das den Zorn von Sir Thomas ein. Das entlarvt meiner Meinung nach erstmals ganz deutlich die Doppelbödigkeit und Doppelmoral mit der Sir Thomas in seinem Haus und als zentrale Autorität seiner Familie agiert. Fannys hochedle Prinzipien, ihre Standfestigkeit und Überzeugungen sind nur solange lobenswert, solange sie nicht mit seinen Vorstellungen von dem was richtig ist kollidieren. Sie werden nicht eigenständig respektiert oder anerkannt, sondern nur solange sie mit seinen eigenen übereinstimmen, solange er sie formt und begründet.

Abgesehen davon kann ich Sir Thomas' Empörung zumindest in einem Punkt theoretisch nachvollziehen: Fanny ist heimlich in Edmund verliebt und wie mehrmals betont wurde und noch wird, ist es vorallem diese Liebe, die sie vor Henrys Avancen schützt und ihr Herz so immun macht gegenüber seiner Zuneigung. Sein Verhalten gegenüber Maria und Julia würde sie zwar trotzdem missbilligen, aber es könnte nicht der einzige Grund für ihre Ablehnung bleiben. Da sie über beide Beweggründe aber schweigt, kann sie ihrem Onkel keinen "wirklichen" Grund für ihre Ablehnung liefern.
"Liebe" bzw. die fehlende Liebe ist für ihn kein Grund, sondern allenfalls schmückendes, ummäntelndes Beiwerk einer vorteilhaften Verbindung - was eigentlich keine allzugroße Überraschung für Fanny sein sollte, schließlich hat er seine Tochter Maria sehenden (oder besser nicht-sehen-wollenden) Auges an Rushworth verheiratet. So gesehen ist Fannys Hoffnung, dass ihre Gefühle - die ja schon in weniger gewichtigen Situationen ohne Belang für andere waren - irgendein Gewicht in der Sache hätten (that, to a man like her uncle, so discerning, so honourable, so good, the simple acknowledgment of settled dislike on her side would have been sufficient.) schon reichlich naiv. Oder zeigt zumindest, wie erfolgreich sich Fanny bisher etwas vormachen konnte.


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BeitragVerfasst: Sonntag 6. September 2009, 10:29 
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@ Julia

das hast du meiner Ansicht nach klasse zusammengefaßt :top:

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BeitragVerfasst: Sonntag 6. September 2009, 15:16 
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Das ist also das Kapitel, in dem Fanny wirklich Stärke zeigt, wie ich finde. Zwar bricht sie äußerlich zusammen und sitzt da wie ein Häufchen Elend, aber sie hält dicht, obwohl der Druck wirklich gewaltig ist.
Im Grunde kann man vielleicht sagen, dass das ganze Dilemma auf zwei Dinge zurückzuführen ist: 1. will Fanny nicht zugeben, dass sie Edmund liebt und 2. will sie nicht verraten, dass Henry mit Mary zu viel geflirtet hat. Den ersten Punkt kann ich nachvollziehen, beim 2. frage ich mich, ob sie nicht doch ganz leicht etwas hätte andeuten können, aber das hätte wohl harte Nachfragen gegeben... Jedenfalls: Dass sich das Drama jetzt noch steigert ist doch irgendwie ab jetzt auch Fannys schuld, oder? Tragisch: Egal, was sie tut, es wird böse enden... Für Fanny bricht alles zusammen, wie Julia schreibt, und sie begibt sich endgültig in die Opferrolle einer typischen Romanheldin: Ihre Liebe und ihr Edelmut werden ihr zum Verhängnis...

Julia hat geschrieben:
Das entlarvt meiner Meinung nach erstmals ganz deutlich die Doppelbödigkeit und Doppelmoral mit der Sir Thomas in seinem Haus und als zentrale Autorität seiner Familie agiert. Fannys hochedle Prinzipien, ihre Standfestigkeit und Überzeugungen sind nur solange lobenswert, solange sie nicht mit seinen Vorstellungen von dem was richtig ist kollidieren. Sie werden nicht eigenständig respektiert oder anerkannt, sondern nur solange sie mit seinen eigenen übereinstimmen, solange er sie formt und begründet.

Vielleicht hast Du recht, denn dass Sir Thomas ein großer Patriarch ist, denke ich auch. Und doch bin ich wieder etwas milder gestimmt: Denn Du hast ja selbst betont, dass es damals völlig normal war, dass man aus wirtschaftlichen Erwägungen geheiratet hat, dass Sir Thomas Fanny beim besten Willen nicht verstehen kann, ist also realistisch. Für ihn ist Henry doch der Traummann für seine Nichte, und dass sie ihn haben kann, freut ihn glaube ich zutiefst - was für ihn spricht. Und wie Du auch erwähnst: Er kann von ihrer Liebe nichts wissen (übrigens nett gemacht, wie er plötzlich den Verdacht hat, Fanny könnte ein Auge auf Tom oder Edmund geworfen haben und das von Fanny dementieren lässt, um sicher zu gehen...). Aber dass Liebe für Sir Thomas nur Beiwerk ist, finde ich nicht: Im nächsten Kapitel sagt er ausdrücklich, dass er sie nicht überreden wolle, gegen ihre Neigung zu heiraten. Das greift genau den berühmten Satz aus diesem Kapitel auf: "Wie trostlos und unverzeihlich, wie hoffnungslos und verworfen es war, ohne Zuneigung zu heiraten." Das weiß auch Sir Thomas. Er kann nur nicht verstehen, wie man Henry nicht mögen kann bzw. wie man ausschließen kann, ihn mit der Zeit zu mögen (das sehen Henry und Charlotte Lucas sicher genauso :wink:).
Also ich würde Sir Thomas noch nicht zu hart verurteilen, wobei es natürlich schon extrem hart ist, wie er sie hier angeht. Das, also die Form vor allem, finde ich besonders kritisch, weil er damit tatsächlich etwas von seinem herrischen Charakter offenbart.


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BeitragVerfasst: Sonntag 6. September 2009, 16:47 
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Ich war auch sehr erstaunt, dass Fanny diesem Druck seitens Sir Thomas' nicht nachgibt. :respekt:

Interessant , dass er seinen Töchtern ein Neinsagen nicht gestatten würde: You do not owe me the duty of a child.
Oder wie würdet Ihr das verstehen?

War Sir Thomas nie zuvor in Fannys Zimmer? ....stopping short as he entered, said, with much surprise, "Why have you no fire to-day?"
Dass er Mrs Norris in der Hinsicht gute Absichten unterstellt - it was kindly meant beweist ja nicht gerade Menschenkenntnis. :fies_sei:

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BeitragVerfasst: Sonntag 6. September 2009, 17:25 
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Dass er Mrs Norris in der Hinsicht gute Absichten unterstellt - it was kindly meant beweist ja nicht gerade Menschenkenntnis. :fies_sei:

Ich würde eher denken, es ist genau die selbe Haltung, die Fanny an den Tag legt, als sie nichts Ungutes über Maria, Julia und Henry Crawford sagen will.
Er weiß zwar, da Mrs. Norris falsch gehandelt hat und denkt auch, da Fanny das weiß, kleidet es aber in Worte der Höflichkeit, die diese Person einfach nicht verdient hat :wehe:
Hier wäre etwas mehr Ehrlichkeit der Höflichkeit vorzuziehen. Aber zumindest handelt er ja dann gut, da er von nun an für Wärme in Fannys Refugium sorgt.

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[During the 1960s] I think there was more sex in those old films than in all that thrashing around today. I'm tired of sex scenes.
Claudette Colbert

sadly enough, this is more than true in our times


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BeitragVerfasst: Sonntag 6. September 2009, 21:30 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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^ Das ist aber wieder so eine typische Falle, finde ich: Erst wird Fanny etwas verweigert, was (in Zeiten ohne sonstige Wärmequellen!) eigentlich selbstverständlich sein sollte, tritt es dann ein, ist sie vor Dankbarkeit überwältigt und fühlt sich überdurchschnittlich gut behandelt. Die emotionalen Daumenschrauben sitzen, würde ich sagen. (...) but I think too well of you, Fanny, to suppose you will ever harbour resentment on that account. You have an understanding which will prevent you from receiving things only in part, and judging partially by the event. You will take in the whole of the past (...) and you will feel that they were not least your friends who were educating and preparing you for that mediocrity of condition which seemed to be your lot. (...) I am sure you will not disappoint my opinion of you, by failing at any time to treat your aunt Norris with the respect and attention that are due to her.
Getarnt als Lob oder Ausdruck seiner guten Meinung, drückt er Fanny einfach nur dahin, wohin er sie haben will. "Sie wird schon so denken oder fühlen, wie er es erwartet, sie wird ihn sicher nicht enttäuschen, ..."
Er redet ihr hier ungeniert die schlechte Behandlung ihrer Tante schön - so dass sie sich letztendlich umso mehr in die Enge getrieben sieht von seiner "Freundlichkeit", ihr mitten im Winter(!) doch ein Feuer anzünden zu lassen.
Mag sein, dass meine Lesart etwas neurotisch ist (zumindest wundere ich mich gelegentlich über mich selbst bei diesem Durchgang), aber ich empfinde "Mansfield Park" wegen genau dieser Szenen mittlerweile extrem beklemmend.

Das sieht vielleicht aus wie nebensächliches Vorgeplänkel zur großen Szene, aber diese Feuer-Episode rahmt das Kapitel ja quasi ein und fügt sich in meinen Augen auch perfekt in das zentrale Thema seiner Standpauke.

Udo hat geschrieben:
Im nächsten Kapitel sagt er ausdrücklich, dass er sie nicht überreden wolle, gegen ihre Neigung zu heiraten.


Das sicher nicht, aber beschließt er nicht kurz darauf, ihrer "Neigung" gehörig auf die Sprünge zu helfen? - So ist diese Aussage doch nicht frei von einer gewissen Ironie. Naja, wir greifen vor.


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BeitragVerfasst: Montag 7. September 2009, 08:38 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Julia hat geschrieben:
Er redet ihr hier ungeniert die schlechte Behandlung ihrer Tante schön - so dass sie sich letztendlich umso mehr in die Enge getrieben sieht von seiner "Freundlichkeit", ihr mitten im Winter(!) doch ein Feuer anzünden zu lassen.
Mag sein, dass meine Lesart etwas neurotisch ist (zumindest wundere ich mich gelegentlich über mich selbst bei diesem Durchgang), aber ich empfinde "Mansfield Park" wegen genau dieser Szenen mittlerweile extrem beklemmend.


Ich habe das noch unter einem anderen Aspekt gelesen: Mir scheint, dass Sir Thomas sich wirklich ein wenig Sorgen um die Reputation von Mrs. Norris und damit auch um seine macht. Also vielleicht fürchtet er, dass die künftige Mrs. Crawford (denn dass Fanny das wird, glaubt er hier ja noch sicher) schlecht vom Hause Bertram denken oder gar reden könnte - als angesehenes Mitglied der feinen Gesellschaft. Aber vielleicht deutel ich da auch nur was rein.

Was die Beklemmung betrifft: Das kann ich nachvollziehen. Ich finde ja, dass Mansfield Park durchgängig einen deutlich schwermütigeren Ton anschlägt als alle anderen JA-Romane. Der Grundton ist irgendwie ernst. Das wird zwar gelegentlich durch heitere Szenen und Bemerkungen gelockert, etwa indem Fanny manchmal ein wenig veräppelt wird oder durch Lady Bertram und Mrs. Norris - wobei es bei Letzteren ja schon so ist, dass man sich über die Lady zunehmend ärgert und einem bei Mrs. Norris längst das Lachen vergangen ist. Das Grundthema bleibt aber das Schicksal einer jungen Frau, die als Kind in eine fremde Umgebung versetzt und dort allerlei erleiden muss - so richtig lustig ist das nicht, aus der Ausgangssituation kommt JA so leicht nicht raus. Das dürfte, vermute ich, ein Grund sein, warum MP bei nicht wenigen Lesern auf Widerstand stößt bzw. warum Fanny als Heldin nicht so gut ankommt. Mansfield Park, denke ich gerade so ungeschützt, könnte der am wenigsten moderne Roman von JA sein, was den Zugang heute weiter erschwert.


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BeitragVerfasst: Montag 7. September 2009, 09:13 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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^Darüber werden auch die Literaturwissenschaftler noch lange streiten, glaube ich. Die einen halten MP für den revolutionärsten der Austen-Romane, die anderen für den konventionellsten - mal überspitzt zusammengefasst.
Genau dieses kontroverse Element finde ich sehr spannend, da passiert soviel was man einfach nicht zu fassen kriegt, was sich nicht eindeutig zuordnen lässt, eigentlich klare Perspektiven, die sich im Laufe der Handlung dann doch wieder ändern ... Für mich ist das eine der großen Qualitäten des Buches - dass es einem (auch der eigenen Vorstellung von "richtig" und "falsch", "gut" und "böse", "langweilig" und "spannend", "heiter" und "ernst") etwas abverlangt. Das geht nicht so leicht runter wie P&P u.ä. - aber das ist doch gerade interessant!

Udo hat geschrieben:
Ich habe das noch unter einem anderen Aspekt gelesen: Mir scheint, dass Sir Thomas sich wirklich ein wenig Sorgen um die Reputation von Mrs. Norris und damit auch um seine macht. Also vielleicht fürchtet er, dass die künftige Mrs. Crawford (denn dass Fanny das wird, glaubt er hier ja noch sicher) schlecht vom Hause Bertram denken oder gar reden könnte - als angesehenes Mitglied der feinen Gesellschaft.


Das klingt sehr plausibel, denn zu dem Zeitpunkt sprudelt er für seine Verhältnisse ja fast über vor Aufregung, ihr die fantastischen Neuigkeiten zu berichten. :wink:
Und ja, ich lese da auch ein wenig schlechtes Gewissen heraus, dass es vielleicht auch seine Aufgabe gewesen wäre, Mrs Norris' Einfluss zu bremsen.


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BeitragVerfasst: Montag 7. September 2009, 09:27 
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Julia hat geschrieben:
Das entlarvt meiner Meinung nach erstmals ganz deutlich die Doppelbödigkeit und Doppelmoral mit der Sir Thomas in seinem Haus und als zentrale Autorität seiner Familie agiert. Fannys hochedle Prinzipien, ihre Standfestigkeit und Überzeugungen sind nur solange lobenswert, solange sie nicht mit seinen Vorstellungen von dem was richtig ist kollidieren.


Naja, man sollte aber auch nicht vergessen, dass aus es Sir Thomas' Sicht ganz und gar nicht hochedel ist, Henry abzuweisen. Für ihn sieht es so aus, als würde Fanny einen höchst wünschenswerten Antrag aus völlig nichtigen Gründen ablehnen. Da kann man schon mal auf den Gedanken kommen, die Erziehung, die man ihr hat angedeihen lassen und die Werte, die man ihr hat mitgeben wollen, hätten keine Früchte getragen. Aber trotzdem adelt ihn sein Verhalten auch nicht gerade.

Miranda hat geschrieben:
Ich war auch sehr erstaunt, dass Fanny diesem Druck seitens Sir Thomas' nicht nachgibt. :respekt:


Das ist eigentlich wirklich erstaunlich. Obwohl es ja bestimmt noch nie um so etwas wichtiges wie ein Heiratsantrag ging.

Udo hat geschrieben:
Mir scheint, dass Sir Thomas sich wirklich ein wenig Sorgen um die Reputation von Mrs. Norris und damit auch um seine macht. Also vielleicht fürchtet er, dass die künftige Mrs. Crawford (denn dass Fanny das wird, glaubt er hier ja noch sicher) schlecht vom Hause Bertram denken oder gar reden könnte - als angesehenes Mitglied der feinen Gesellschaft. Aber vielleicht deutel ich da auch nur was rein.


Ich hab mir auch gedacht, dass er sich auf einmal Sorgen darum macht, was man von dem, was er für Fanny getan hat (oder auch nicht getan hat), halten könne. Aber auf die Idee, dass es daran liegen könnte, dass er in Fanny eine zukünfitige Frau von Stand sieht, bin ich nicht gekommen. Dabei ist das doch mehr als wahrscheinlich! Etwas spät kommt die Einsicht, dass man Fanny schlecht behandelt hat :nein:

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BeitragVerfasst: Montag 7. September 2009, 12:44 
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Miss Hamilton hat geschrieben:
Udo hat geschrieben:
Mir scheint, dass Sir Thomas sich wirklich ein wenig Sorgen um die Reputation von Mrs. Norris und damit auch um seine macht. Also vielleicht fürchtet er, dass die künftige Mrs. Crawford (denn dass Fanny das wird, glaubt er hier ja noch sicher) schlecht vom Hause Bertram denken oder gar reden könnte - als angesehenes Mitglied der feinen Gesellschaft. Aber vielleicht deutel ich da auch nur was rein.


Ich hab mir auch gedacht, dass er sich auf einmal Sorgen darum macht, was man von dem, was er für Fanny getan hat (oder auch nicht getan hat), halten könne. Aber auf die Idee, dass es daran liegen könnte, dass er in Fanny eine zukünfitige Frau von Stand sieht, bin ich nicht gekommen. Dabei ist das doch mehr als wahrscheinlich! Etwas spät kommt die Einsicht, dass man Fanny schlecht behandelt hat :nein:

Na ja, durch die Hochzeit mit einem Crawford, der sich mitsamt seiner Schwester monate, ja jahrelang bei Verwandten einquartiert, wird Fanny noch lange keine Frau von Stand. Sie bleibt gewissermassen in ihrer Gesellschaftsstufe (oder sinkt sogar). Sir Bertram steht in jedem Fall über ihm. (Und wurde sie nicht an Kindes statt aufgenommen, also adoptiert? Dadurch ist sie gewissermassen eine Bertram, keine Price)

Die Szene mit dem "anfeuern" seh ich nicht ganz so eng. Er empfindet das Zimmer als kalt und wundert sich, vermag dann aber doch gegenüber einem "Kind", das Fanny in diesem Haushalt ist, auch wenn sie verheiratet werden soll, nicht über eine Verwandte und Erwachsene herziehen. Das gehörte sich nicht. Deshalb mildert er Mrs. Norris Anteil daran, denn er kann sie vor Fanny nicht bloßstellen, ohne selbst in einem schlechten Licht zu erscheinen. Hätte er hier mit seiner Gattin gesprochen, sähe das ganz anders aus!

Wie Julia gesagt hat, muss man vermuten, dass Sir Bertram vor manch unangenehmer Wahrheit die Augen verschlossen hat; andererseits hat er Mrs. Norris sicher nicht viel Augenmerk geschenkt, denn er konnte nicht ahnen, dass sie Fanny gegenüber seinen Töchtern/Kindern derart herabsetzen, ja wie einen Dienstboten halten würde, dem man Holz für den Ofen verweigert. Sagt man nicht sonst Blut wäre dicker als Wasser? SEINE leiblichen Kinder, vor allem die Mädchen hat sie ja nach Strich und Faden verwöhnt ...

PS: Man möchte fast vermuten, sie neidet Fanny ihren Platz im Hause Bertram und sie hätte den Baronet gern selbst geheiratet.

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Für 1 Jahr säe einen Samen, für 10 Jahre pflanze einen Baum, für 100 Jahre erziehe einen Menschen. chin. Weisheit


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