Allerdings!
Edmund ist hier richtig manipulativ, und das ist wirklich nicht schön. Aber schon raffiniert, wie es mit wenigen Sätzen eingeflochten wird - man könnte es auch überlesen:
"I see your judgment is not with me. Think it a little over. Perhaps you are not so much aware as I am (...)" -- Er fragt Fanny (vorgeblich) nach ihrer Meinung, und als sie ihm nicht gleich zustimmt, liegt es wohl daran, dass sie die Situation nicht überblickt.
Und dann:
"If you are against me, I ought to distrust myself (...)" --- ist ja ganz nett, könnte man für ein Kompliment und ein Zeichen seiner hohen Meinung von Fannys Urteil halten. Ist es aber nicht, wenn ihr Urteil nur zählt wenn es mit seinem übereinstimmt.
Und abgesehen davon - nachdem in den letzten Kapiteln mehrfach betont wurde, wie Edmund Fanny "geformt" habe, dann ist diese ganze Unterhaltung sowieso ein Hohn. Edmund macht was er will und findet immerhin im Gegensatz zu den anderen Familienmitgliedern schöne Worte, Fanny bleibt nichts anderes als ihm (stillschweigend) zuzustimmen. Ihre Meinung hat in Wirklichkeit keinerlei Gewicht.
Die Beschreibung des
Ostzimmers und Fannys Gefühlen finde ich auch sehr wichtig. Wie Udo schon meinte, ist es ein schöner Charakterzug aus all dem "Elend" etwas Positives zu ziehen, aber ich finde es auch ziemlich bitter: Wie erst lang beschrieben wird, dass das Inventar nur aus Dingen besteht, die sowieso niemand anderes haben will - und dann Fanny angesichts ausgerechnet
dieser Dinge ein schlechtes Gewissen bekommt, weil sie den Wünschen der Cousins nicht nachkommt.
Da ist dann auch gleich wieder das schon erwähnte "wirtschaftliche" Vokabular: "debt", "owing", ...
Und Fanny hat eine gute Methode, mit traurigen Erinnerungen umzugehen: Spott, Tyrannerei, Unverständnis, Vernachlässigung, Schmerz, ... (die Wortwahl ist hier ziemlich drastisch!) aber trotzdem klammert Fanny sich an jedes Fünkchen Zuneigung -
some proof of affection which made her tears delightful; and the whole was now so blended together, so harmonised by distance, that every former affliction had its charm. ... und macht daraus eine schöne Erinnerung. Das mag relativ lange gut funktionieren, ist aber auch eine Zeitbombe, meiner Meinung nach. Wir sehen ja immer wieder und bald in voller Farbe, dass Fanny trotzdem nichts und niemanden hat auf den sie wirklich bauen kann, wenn es drauf ankommt.
Das Ostzimmer steht für etwas, was sie gar nicht hat, nur das was ihre eigene Vorstellung daraus macht. Bis hin zum Feuer, zur menschlichen Wärme die ihr nicht zugestanden wird - man sorgt nur dafür, was Fanny
nicht bekommen soll. Es soll ihr
nicht schlecht gehen,
nichts fehlen, sie soll auch
nicht leiden, sich aber offensichtlich auch nicht zu wohl & sicher fühlen - das Verhalten aller zeigt hier und durch den Spiegel der Zimmerbeschreibung wieder: "nicht schlecht" ist noch lange nicht "gut".
Selbst Edmund fällt ja beim Abschied auf, dass es kalt ist und er rät Fanny, nicht zu lange zu bleiben. Aber auf die Idee, den Kamin anmachen zu lassen, kommt er auch nicht. Da hat Mrs Norris' negative Energie (die ihr das Feuer verweigert) offensichtlich mehr Kraft.
Apropos Mrs Norris: Ist es eigentlich Zufall, dass sie im "White House" lebt und Fanny im "white attic"?
Noch eine Anmerkung zu Fannys
Lektüre: Auffällig abwesend unter all den Büchern, die Edmund auf dem Tisch sieht und erwähnt sind Romane. Fanny liest Essays, Lyrik und Reisebeschreibungen.