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BeitragVerfasst: Freitag 26. Juni 2009, 20:53 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Ehrlich gesagt habe ich die Kutschszene mit Mary und Fanny gar nicht so intensiv wahrgenommen. Sie sitzen da doch zu viert hinten in der Kutsche: Mrs. Norris, Maria, Mary und Fanny. Und es heißt über Fanny: "Sie wurde nicht oft aufgefordert, sich an der Unterhaltung zu beteiligen, und es lag ihr auch nichts daran." Also stelle ich mir das so vor, dass die drei irgendwas geplappert haben, während Fanny lieber die Landschaft bewunderte. Das sagt mal wieder was über ihre spezielle Rolle aus, aber doch noch nicht viel über ein wie auch immer angespanntes Verhältnis zu Mary Crawford, oder? Ich vermute, Mary ahnt noch gar nichts von Fannys Gefühlen für Edmund, und ich sehe auch nicht, dass Mary hier bereits mit dem Gedanken spielen könnte, sich über eine Verbindung zu Fanny bei Edmund einzuschmeicheln. Soweit ist Mary noch gar nicht, sie entdeckt doch gerade erst, dass er ihr entgegen ihrer Erwartung sympathisch ist.
Was Fanny betrifft: Sie ist offensichtlich ein sehr defensiver, zurückhaltender, schüchterner und zur Demut neigender Mensch, der sehr leicht in Tränen ausbricht, was angesichts ihres Lebensweges und der harten Art, wie mit ihr umgegangen wird, verständlich ist. In dieser Hinsicht ist sie schwach, das wird sehr deutlich, finde ich. Und es wird ja auch noch sehr stark (zu stark, scheint mir) dadurch betont, dass sie auch körperlich so schwächlich ist. Aber so soll sie nun mal sein, so hat Jane Austen diese Figur konzipiert. Daher finde ich, dass man diese Eigenschaften an ihr, die ihren Charakter natürlich auch prägen, zwar nicht mögen muss. Oder sogar nervig finden kann. Aber es ist nun mal so, wie es ist. :wink: Und ich bin mal gespannt, ob diese Eigenschaften von Fanny im Verlaufe des Buches einen tieferen Sinn bekommen werden.


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Freitag 26. Juni 2009, 20:53 


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BeitragVerfasst: Freitag 26. Juni 2009, 23:52 
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Austenfrischling
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Udo hat geschrieben:
Aber so soll sie nun mal sein, so hat Jane Austen diese Figur konzipiert.


Ich finde, das ist bei aller Diskussion ein wichtiger Punkt.
Natürlich kann man überlegen, was wäre wenn... aber ich glaube nicht, dass dies einen nähe bringt, die Figur oder die ganze Geschichte zu verstehen.

Letztendlich ist Fanny wie auch Mary eine konzipierte Figur in einer konzipierten Geschichte. Und ich nehme an, auch ganz bewusst so angelegt. Darum finde ich die Reaktionen hier im Forum interessant, weil ich mich Frage ob JA genau das damit bezweckt hat. Aber es ändert weder was an den Figuren noch an der Geschichte.

Unsere Gefühle gegenüber den Figuren entscheiden vielleicht darüber, ob wir das Buch mögen oder nicht, aber sie ändern nichts an der Logik, die hinter dem Werk steht. Gerade diese Logik erhoffe ich mir allerdings mit Hilfe der Diskussion zu verstehen, da dies mir besonders bei MP schwer fällt und das Buch mir in der Hinsicht einige Rätsel aufgibt. Ich wüsste gern, warum JA es genau so und eben nicht anders geschrieben hat. Warum ließ sie Fanny so definsiv, Mary so ichbezogen und Mrs. Norris so falsch erscheinen? Was ist die "Moral", die Pointe, die hinter alledem zum Audruck kommt?

Oder, um's auf dieses eine Kapitel zu reduzieren, was will uns die Autorin mit den darin beschriebenen Szenen sagen? Und was "sagt" (bzw. schreibt) sie wirklich und ist nicht nur unsere Einbildung?

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BeitragVerfasst: Samstag 27. Juni 2009, 09:31 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Charlotte Cox hat geschrieben:
Ich wüsste gern, warum JA es genau so und eben nicht anders geschrieben hat. Warum ließ sie Fanny so defensiv, Mary so ichbezogen und Mrs. Norris so falsch erscheinen? Was ist die "Moral", die Pointe, die hinter alledem zum Audruck kommt?
Oder, um's auf dieses eine Kapitel zu reduzieren, was will uns die Autorin mit den darin beschriebenen Szenen sagen? Und was "sagt" (bzw. schreibt) sie wirklich und ist nicht nur unsere Einbildung?


Das ist die Frage, die mich bei MP auch zunehmend beschäftigt. Ich hab mal drüber nachgedacht, warum MP bei mir so ein Unbehagen oder auch Widerwillen auslöst. Vielleicht vermute ich zu sehr, dass JA Fanny als Vorbild sieht? Vielleicht passt das nicht mit meiner (Wunsch-)Vorstellung von Jane Austen zusammen? Vielleicht hatte Henry Austen in seiner kleinen biografischen Skizze nicht so unrecht, wie die heutigen Biografen, die ich kenne, glauben machen? Wobei die fünf anderen Romane meiner Meinung zum größten Teil wirklich sehr deutlich gegen Henry sprechen...

Da es drei Zustimmungen und keine Gegenstimme gab, nehme ich mal an, dass Julias Vorschlag, die folgenden Kapitel zuammen zu fassen, ok ist.

9. und 10. Kapitel
Besuch in Sotherton. Eine sehr lange Hausbesichtigung gipfelt im Besuch der Kapelle, wo Mary sich kritisch über religiöse Praktiken äußert. Der gemeinsame Spaziergang im Park endet damit, dass Fanny allein an einem verschlossenen Tor sitzen bleibt. Nach und nach tauchen die anderen wieder auf, Maria, Mr. Crawford und Julia zwängen sich durch die Stäbe, während Mr. Rushworth noch den Schlüssel holt. Edmund und Mary vergnügen sich bei einem Spaziergang zu zweit. Am Ende reist die ganze Gruppe mit gemischten Gefühlen wieder ab.


Fanny kam mir in der Kapelle vor wie Catherine Morland aus Northanger Abbey: Endlich sieht sie ein vermeintlich richtig altes Gebäude - und dann ist es viel weniger imposant, als erwartet...
Bei dem interessanten Dialog zwischen Mary und Edmund über den Sinn von gemeinsamen Andachten zu festgelegten Zeiten brauche ich Interpretationshilfe: Mein Eindruck ist, dass Mary sich recht negativ über diesen Brauch äußert, Religion lieber als Privatsache sehen möchte und eine eher geringe Meinung vom Stand des Geistlichen hat. Edmund dagegen hält deutlich dagegen, er fürchtet, dass der Glaube zu unverbindlich und beliebig werden könnte, wenn jeder nur für sich betet. Fanny "errötet" und ist "empört" über Marys offenbar zu leichtfertiges Reden, auch Edmund scheint konsterniert zu sein, fasst sich aber und versucht, Marys Haltung zu entschärfen - offenbar, weil er halt so seine Gefühle für sie hegt. Ich habe diesen Dialog sehr ernsthaft wahrgenommen, mir scheint, obwohl Mary wieder zum Teil geistreich oder heiter drauflosplaudert, dass JA hier ohne Ironie zu Werke geht. Seht ihr das auch so oder ähnlich - oder bin ich auf dem falschen Dampfer?


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BeitragVerfasst: Samstag 27. Juni 2009, 17:43 
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So, bin wieder da, musste nur mal kurz umziehen :D


Ich wundere mich schon ein bißchen, daß Fanny bei Euch so schlecht ankommt.... Mir tut sie Leid. Sie hat halt einen ganz anderen Charakter als die hochverehrte Lizzy, die nebenbei bemerkt ja der Liebling ihres Vaters ist. Was erwartet ihr von einem Mädel, dass als Kind ihrer eigenen Familie entrissen wurde, wo sie als älteste als Stütze der Mutter anerkannt war und dann in einer fremden Umgebung nur als zweite Klasse behandelt wird. Wie soll sie denn Selbstbewustsein entwickeln? Ohne Zuneigung und positive Verstärkung? Vielleicht ist ja auch von Natur aus zurückhaltend? Jedenfalls ist sie ähnlich wie Lizzy oder Elenor auf gutes Benehmen bedacht und zwar aus Überzeugung und nicht nur der Form wegen wie Julia im aktuellen Kapitel.

Ansonsten ist mir aufgefallen wie schamlos Mr. Crawford mit beiden Schwestern flirtet und abwechselnd die eine der anderen vorzuziehen scheint. Er spielt sie gegeneinander aus. Mrs. Norris auf ihrer Schleim- undSchnorrertour war ja auch wieder köstlich.


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BeitragVerfasst: Samstag 27. Juni 2009, 23:15 
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Maria hat geschrieben:
Ich wundere mich schon ein bißchen, daß Fanny bei Euch so schlecht ankommt.... Mir tut sie Leid.

Leid tut sie mir auch, aber ich kann nicht anders als zu denken, dass sie auch etwas dagegen tun könnte. Vielleicht nicht gerade rebellieren, aber etwas selbstbewuster auftreten, dann würde sie vielleicht nicht dauernd übergangen werden... naja.

Offtopic
Ja, ich bin auch noch dabei... ich versuche es zumindest. Aber das hab ich ja angekündigt :mrgreen:

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BeitragVerfasst: Sonntag 28. Juni 2009, 10:47 
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Zitat:
Leid tut sie mir auch, aber ich kann nicht anders als zu denken, dass sie auch etwas dagegen tun könnte. Vielleicht nicht gerade rebellieren, aber etwas selbstbewuster auftreten, dann würde sie vielleicht nicht dauernd übergangen werden... naja.


Ihr seid aber etwas hart mit Fanny. Vielleicht sollte man berücksichtigen, dass Fanny noch nicht eingeführt wurde (siehe Gespräch zwischen Mary und Edward und Tom) und das sie als arme Cousine leider nicht das Recht hat selbstbewusst aufzutreten (wird man ja noch später sehen). Und Lizzy hat in S&V doch Idealbedingungen. MP ist meiner Meinung nach realitätsnäher als S&V.


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BeitragVerfasst: Sonntag 28. Juni 2009, 11:00 
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@Miss Hamilton: Gerade für einen absolut nicht selbstbewussten Menschen ist selbstbewusstes Auftreten aber ganz schön schwierig ...

Der Ausflug nach Sotherton ist eine meiner ersten Lieblingsstellen im Buch. So raffiniert und geschickt, wie hier Symbolik, Sprache und Inhalt verknüpft sind!
Das Hin- und Hergerenne in der kleinen "Wildnis" spiegelt schon haargenau spätere Konstellationen wieder: Edmund und Mary, Henry und Maria, Fanny allein zurückgelassen und wie festgenagelt auf der Bank. Und dann noch die verschlossene Tür, Mr Rushworth auf der Suche nach dem Schlüssel ... die Gitterstäbe, durch die man hindurchschlüpfen kann... Julia, die stolz behauptet "was Maria könne, könne sie schon lang" und ihr auf demselben Weg folgt ... usw.
Das ist so eine Episode (wie ja auch fast alles in "Emma"), an der man wahrscheinlich erst so richtig Spaß hat, wenn man das Buch schon kennt.

Abgesehen von der vielleicht noch relativ bemühten Symbolik der verschlossenen Tür, ist auch die Rolle von Sotherton und den unterschiedlichen Bereichen der Anlage in meinen Augen sehr wichtig, um Tieferliegendes der Geschichte darzustellen. Zum Beispiel wie die ältere Generation die Jungen mit einer endlosen Besichtigung eines altmodischen Hauses langweilt und auch irgendwie "einsperrt" mit diesen Konventionen. Wie dann alle durch eine offene Tür entkommen -"one wish for air and liberty"- nur um von der faden Pedanterie der Bowlingwiese und des Gartens in eine kleine (mit einem Zaun im Zaum gehaltene, und "zu regelmäßig angelegte") "Wildnis" zu flüchten. Und da wo auch fast alles wachsen darf wie es will, benehmen sich dann auch alle (außer Fanny) "daneben".
Auch das mehrmals erwähnte "Ha-Ha" hat diesbezüglich eine Funktion im übertragenen Sinn: Der Blick ist frei und wird nicht durch (notwendige) Absperrungen gestört, es ist eine Begrenzung die man nicht sieht oder sehen will - die aber trotzdem da ist. Auch Fannys Befürchtungen, Maria würde in diesen Graben fallen ("slipping into the ha-ha") und sich bei ihrem Ausreißabenteuer das Kleid zerreißen (man denke an den "Riß" in Lydia Bennets Kleid, über den wir hier schonmal gesprochen haben) sind schon mehr als nur doppeldeutig.

Außerdem verhärtet sich in diesen beiden Kapiteln mein Eindruck, dass Fanny und Mary irgendwie die zwei Seiten einer einzelnen - idealisiert weiblichen - Person darstellen (sollen?), vorallem auch in Edmunds Weltbild. Fanny hat die Prinzipien, die Demut und die Ansichten die er oder man(n?) sich wünscht, Mary verkörpert die Lebendigkeit, den Charme und den Witz, von dem man(n) sich gleichzeitig bezaubern lässt. Auf Marys flirtend-freche Unvernunft geht Edmund gerne ein (das lange Geplänkel über Entfernungstatsachen und Entfernungsgefühl ist ja kein wahlloser Zufall), lässt sich mitziehen und mit sich "spielen". Gleichzeitig spielt er gerne seine männlich-überlegene Macht der Vernunft gegenüber Fanny aus, die dann auch gehorsam eine Stunde(!) lang wartend auf der Bank sitzenbleibt, obwohl sie sagt sie wäre ausgeruht und könne weitergehen. Im Flirt wird die gepielte Überlegenheit der einen Frau akzeptiert, in der "Realität" hat die andere sich aber seinem Urteil zu fügen.

Sicher ist das gleichzeitig auch nur eine Episode über Fanny, Mary und Edmund - wenn man aber im Hinterkopf hat, wie sehr es in MP um weibliche (und männliche) Rollen geht und noch gehen wird, dann bekommt die ganze Szenerie schon eine weitreichendere Bedeutung ... und es ist mal wieder grandios wie JA scheinbar Banales mit Substantiellem verbindet und wie viele Kleinigkeiten im Laufe der Geschichte zu einem großen Ganzen werden.
Hatte ich schon erwähnt, wie großartig ich MP finde? :wink:


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BeitragVerfasst: Sonntag 28. Juni 2009, 11:18 
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Master of Science in Physics, headbanging Austen Fan und etwas ganz Besonderes!
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Julia hat geschrieben:
@Miss Hamilton: Gerade für einen absolut nicht selbstbewussten Menschen ist selbstbewusstes Auftreten aber ganz schön schwierig ...


Natürlich! Aber ich meinte nicht, dass ich das von einer Fanny Price tatsächlich erwarten würde, sondern, dass ich dann ihr Denken und Handeln besser nachvollziehen könnte und sie somit lieber mögen würde. Aber Fanny ist einfach Fanny und die ist nun mal so. Buch-Charaktere, die nicht für sich einstehen können, haben es einfach schwer bei mir, aber charakter-untypisches Verhalten würde ich natürlich trotzdem nicht dulden ;D

So, ich sollte endlich Kapitel 9&10 auch lesen :wech:

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BeitragVerfasst: Sonntag 28. Juni 2009, 17:39 
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Austenfrischling
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Obwohl wir gesagt haben, dass wir Kapitel 9 & 10 zusammen fassen, muss ich erstmal auf 9 im einzelnen eingehen, da sind einfach zu viele Auffälligkeiten drin.

Einer meiner liebsten Szenen im Kapitel ist die Besichtigung der Kapelle und der damit verbundene Dialog über das Amt des Geistlichen. Zum einen gefällt mir letzterer so gut, weil Edmund hier mal eine Lanze für seinen und meinen Berufsstand bricht und das auch noch ziemlich logisch (auch später beim Spaziergang), zum anderen ist die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema an sich faszinierend. Mir geht's da ähnlich wie Udo und ich glaube, dass es tatsächlich einer ernsten Auseinandersetzung der Autorin mit dem Thema entspricht. Ich habe bisher noch nichts darüber gelesen, in wie weit JA religiös war oder nicht, aber ich denke, dass sie durch Edmund beschreibt, wie dieser Beruf des Pfarrers ihrer Meinung nach ausgefüllt werden sollte, während die damalige Realität viel mehr dem entspricht was Mary dazu sagt (wenn mich mein Kirchengeschichtswissen nicht täuscht).

Und dann sagt dieses Gespräch zum dritten wieder etwas über die Dreieicksbeziehung Edmund-Fanny-Mary aus. Als das Gespräch später während des Spaziergangs noch mal aufgegriffen wird, zeigt sich, dass Edmund nicht nur ernsthaft dazu reden kann, sondern sogar in der Lage zum Flirten ist, was bis dahin ja recht wenig in Erscheinung trat. Er sagt zwar er wäre von Natur aus nicht geistreich, beweist aber gleichzeitig das Gegenteil.
Über Mary sagt das Gespräch mir woran es ihr wirklich mangelt. Dass sie dreist ist, ist unterhaltsam, dass sie kokettiert hat sogar Charme, ihre Ichbezogenheit, na gut anerzogen. Alles keine Fehler, die sich nicht verlieren können oder die tatsächlich dazu angetan sind Edmund keine gute Frau zu werden. Aber woran es ihr wirklich mangelt ist die Fähigkeit zur Reue. Wenn sie etwas falsch macht oder schuld ist, dann ist da keine Einsicht, ja im besten Fall sind sogar die anderen Schuld an ihren Mängeln (so wechselt die sofort das Thema, als sich rausstellt dass Edmund Geistlicher wird und als sie erfährt welchen Schaden sie Fanny mit der Pferdegeschichte bereitet hat, ist es Fanny Schuld: "wie schrecklich von Ihnen, daß Sie mir dann Ihr Pferd überlassen haben"). Und auch bei der Geschichte mit der Uhr und der Meile ist überhaupt keine Einsicht bezüglich eigener Fehler vorhanden. (Ganz im Gegenteil zu Fanny, die's übertreibt siehe vorletzter Satz des Kapitels.)

Und schließlich bin ich bezüglich Fanny darüber zu der Erkenntnis gekommen, dass sie nicht schwach oder übermoralisch, sondern einfach nur naiv ist. Wie ihr auf einmal Mary leid tut, wegen dem was sie über Pfarrer gesagt hat, zeigt sehr deutlich, dass sie in ihrer Naivität annimmt alle müssten das gleiche empfinden wie sie selbst. Sie denkt: Armer Edmund, Marys Worte müssen ihn verletzt haben, darum arme Mary, sie muss sich schlecht fühlen, weil sie Edmund verletzt hat. Diese Gedankenfolge trifft aber gar nicht zu. Mary ist die Sache aus einem ganz anderen Grund peinlich, als Fanny denkt. Und auch, dass sie "mit Vergnügen an die Fürsorglichkeit" Edmunds denkt, zeigt nicht so sehr die große Verliebtheit, sondern in erster Linie absolute Naivität. Und man muss schon sehr naiv sein, um den Egoismus eines anderen für Fürsorglichkeit zu halten.

Was wir über Julia, Maria und Mr. Crawford in den Szenen erfahren brauch ich nicht zu kommentieren. Nur eins ist mir da aufgefallen, nämlich dass Henry eigentlich keine Schuld zukommt bei dem ganzen späteren Debakel als dass er seine Grundannahmen nicht vorsichtiger angelegt hat. Trotz seiner Sprüche hat er m.E. hier kein wirkliches Interesse an Maria, sie reizt ihn weil sie vergeben ist, nicht weil sie so besonders wäre (wobei ihn auch Julia nicht zu reizen scheint). Und zwischendurch schimmert dann so sowas wie Vernunft bei ihm durch, zumindest wenn er sich mit sachlichen Themen beschäftigt (siehe Gartenbau). Vielleicht hätte der gute Mann nur einen Job gebraucht.

Dabei fällt mir ein Satz ein, der mir diesmal als ziemlich zentral vorkam. Und zwar sagt Edmund: "Das Gemüt, das nicht in einer Situation mit sich kämpft, wäre, glaube ich, auch in einer anderen leicht abzulenken, und der Einfluß von Ort und Vorbild erregen vielleicht edlere Gefühle, als zu Anfang vorhanden waren." Ich glaube, der Satz entspricht nicht nur Edmuns Wunschdenken in bezug auf Mary (oder Frauen allgemein), sondern trifft auch auf so ziemlich jede Gestalt (Henry, Maria, etc.) von MP zu.

So und jetzt gehe ich und lese Kapiel 10. :lechz:

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BeitragVerfasst: Montag 29. Juni 2009, 10:11 
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Matthews spezielle Weinlieferantin
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Charlotte Cox hat geschrieben:
... und als sie erfährt welchen Schaden sie Fanny mit der Pferdegeschichte bereitet hat, ist es Fanny Schuld: "wie schrecklich von Ihnen, daß Sie mir dann Ihr Pferd überlassen haben").



Das klingt für mich eher als sei es Edmunds Schuld: es war doch so schrecklich von ihm, ihr (Mary) das Pferd zu überlassen.
So verstehe ich hier eher Mary. Und wieso sollte sie auch für sich Schuld einsehen, wenn doch ihr das Pferd so äußerst großzügig angeboten wird??ß :wink: Sicher, sie beschönigt es sich hier sehr zu ihren Gunsten, aber die alleinige Schuld trifft sie hier nicht. Sie nutzt Edmunds Vorliebe für sie aus, wenn überhaupt.

Und wegen der Geistlichkeit: wenn Mary deiner Meinung nach die Meinung der Gesellschaft widergibt, wieso ist sie dann dreist, wenn Edmund eine andere Meinung vertritt? Irgendwie komme ich hier nicht so ganz mit.

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Schritte wagen im Vertraun auf einen guten Weg, Schritte wagen im Vertraun das letztlich ER mich trägt, Schritte wagen weil im Aufbruch ich nur sehen kann, für mein Leben gibt es einen Plan.
Clemens Bittlinger


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BeitragVerfasst: Montag 29. Juni 2009, 10:33 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Charlotte Cox hat geschrieben:
Zum einen gefällt mir letzterer so gut, weil Edmund hier mal eine Lanze für seinen und meinen Berufsstand bricht und das auch noch ziemlich logisch (auch später beim Spaziergang), zum anderen ist die ernsthafte Auseinandersetzung mit dem Thema an sich faszinierend. Mir geht's da ähnlich wie Udo und ich glaube, dass es tatsächlich einer ernsten Auseinandersetzung der Autorin mit dem Thema entspricht. Ich habe bisher noch nichts darüber gelesen, in wie weit JA religiös war oder nicht, aber ich denke, dass sie durch Edmund beschreibt, wie dieser Beruf des Pfarrers ihrer Meinung nach ausgefüllt werden sollte, während die damalige Realität viel mehr dem entspricht was Mary dazu sagt (wenn mich mein Kirchengeschichtswissen nicht täuscht).


Heißt das, Du bist oder willst Pastorin werden? (So ein Satz macht neugierig, da musst Du Dich nicht wundern... :wink: )
Ich denke auch, dass Edmund hier darstellt, wie JA sich seinen Beruf vorstellt. Soweit ich gelesen habe, war sie gläubig, hat sicher auch sonntags und bei anderen Anlässen die Kirche besucht (ihr Vater war ja immerhin Reverend). In ihren Büchern fällt trotzdem auf, dass sie nicht selten Geistliche lächerlich macht bzw. auf diesem Wege kritisiert. Und sonst ist das Thema Religion ja eigentlich nie eins in ihren Büchern, oder? Ich glaube, mir ist hier in MP zum ersten Mal das Wort "Gott" aufgefallen (das heißt aber nichts, kann sehr gut sein, dass ich es früher einfach nie bemerkt habe.
Der Dialog zwischen Mary und Edmund scheint mir wichtig, weil er das Kernproblem ihrer "Beziehung" deutlich macht: Edmunds Berufswahl (wobei ich es ein wenig merkwürdig finde, dass Mary das jetzt erst erfährt). Würde Edmund irgendeinen anderen Beruf anvisieren, hätten die beiden glaube ich ne echte Chance.

Zitat:
Aber woran es ihr wirklich mangelt ist die Fähigkeit zur Reue.


Das finde ich ein klein wenig zu hart. Ihre "Fehler" oder Vergehen sind ja noch so gering, dass sie durchaus scherzhaft darüber hinweggehen kann, solange sie bei sich einsieht, dass sie was falsch gemacht hat.
Was Fanny angeht, finde ich "naiv" ziemlich zutreffend. Sie läuft durch die Welt mit großen Kulleraugen und staunt über die Natur und das Fehlverhalten der Menschen in ihrer Umgebung. Aber irgendwie ist das auch sympathisch...

Zitat:
Nur eins ist mir da aufgefallen, nämlich dass Henry eigentlich keine Schuld zukommt bei dem ganzen späteren Debakel als dass er seine Grundannahmen nicht vorsichtiger angelegt hat. (...) Vielleicht hätte der gute Mann nur einen Job gebraucht.


Mit Henry gehst Du dagegen auffallend milde um... Sicher flirtet er vor allem. Aber dabei verstößt er auch ohne zu zögern gegen Regel Nr. 1: Finger weg von Frauen in festen Beziehungen


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BeitragVerfasst: Montag 29. Juni 2009, 10:55 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Nun ja, Pastor wurde man meist ja nicht aus Brüderlichkeit, Menschenliebe und dem Wunsch der Kirche zu dienen, sondern weil es für jüngere Söhne die einzige Wahl war, wenn sie nicht zur Armee oder Navy gehen wollten.
Das hat mit einer Berufung nichts zu tun. Auch bei Collins ist es so, der zwar ein Erbe erwartet, inzwischen aber auch von etwas leben muss.

Allerdings werden hier die Positionen und Charaktere schon sehr gut festgelegt. Mary, Julia und Maria, die egoistisch nur an sich selbst und das eigene Vergnügen denken. Die Schwestern, die ständig konkurrieren und vermutlich auch aus dem Grund Fanny, als weitere Konkurrentin nicht wollten. Dabei geht es ja nicht nur um Männer, sondern auch um ihre Position innerhalb der Familie.

Mrs. Norris, die (neben Fanny natürlich!) als einzige das Wohl anderer, nämlich ihrer Nichten Julia und Maria über das Eigene stellt.

Und Mary Crawford, dreist, frech und unangemessen in ihrer ganzen Art. Man/n verzeiht ihr das, weil sie zumindest versucht (und anfänglich glückt es) dies mit Charme und Augenaufschlag auszugleichen.

Und sie testet bereits, wieviel Einfluss sie auf Edmund hat. Sie macht gleich klar, dass ihr ein Pfarrer "nicht ins Haus käme". Und was macht er? Zeigt sich zwar anfänglich konstaniert und lässt sich dann doch wie ein dummes Schaf zur Schlachtbank führen bzw. vom flatternden Schmetterling ablenken. Irgendwie denke ich bei den beiden immer an die Gottesanbeterin und ihr Männchen. :eek:

Und dann noch Mary Crawfords schockierende Ehrlichkeit, die nichts mit Wahrheitsliebe zu tun hat, sondern um später sagen zu können "Ich hab es doch gleich gesagt"; wobei sie sich um hundertachzig Grad wendet, wenn es um Selbsterkenntnis und Schuldeingeständnisse geht. Die Unverfrorenheit Fanny anzuklagen, sie hätte doch sagen müssen, dass es ihr Pferd sei, ist unglaublich. Als wenn überhaupt eine Dame gesagt hätte "Das ist mein Pferd. Ich möchte nicht, daß Sie es reiten"?
Mary Crawford oder eines der anderen Bertram-Mädchen hätte es getan ... doch ich bezweifel, dass man eine von ihnen eine vollendete Dame hätte nennen können. Zu sehr sind sie alle (wie Lydia Bennet) auf ihr Vergnügen aus und bedenken nicht die Konsequenzen...

Dabei sind wir ja noch ziemlich am Anfang, das kann ja noch heiter werden ... :D :lach:

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Zuletzt geändert von Caro am Montag 29. Juni 2009, 11:42, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Montag 29. Juni 2009, 11:42 
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Caro hat geschrieben:
Die Unverfrorenheit Fanny anzuklagen, sie hätte doch sagen müssen, dass es ihr Pferd sei, ist unglaublich.


Die Äußerung bzgl. dem Pferd bezieht sich aber eindeutig auf Edmund. Mary spricht ganz klar Edmund an, wenn sie sagt, er hätte ihr nicht Fannys ("her") Pferd überlassen dürfen. Interessant übrigens, wie die beiden über Fanny sprechen, als wäre sie nicht anwesend. Sie sagt auch absolut nichts dazu. (Bin ich eigentlich die Einzige, die bei dieser ganzen Pferdausleihepisode die sexuelle Komponente bemerkt? Und dann hier noch Edmunds "every sort of excercise fatigues her (...) except riding." ... ahja.)

Udo hat geschrieben:
Mit Henry gehst Du dagegen auffallend milde um... Sicher flirtet er vor allem. Aber dabei verstößt er auch ohne zu zögern gegen Regel Nr. 1: Finger weg von Frauen in festen Beziehungen


Klar wäre das anständig, aber was ist mit der Frau? Sie ist doch auch kein willenloses Opfer sondern spielt mit. Hier haben eindeutig beide den Schwarzen Peter verdient.


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BeitragVerfasst: Montag 29. Juni 2009, 11:49 
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Julia hat geschrieben:
^Die Äußerung bzgl. dem Pferd bezieht sich aber eindeutig auf Edmund. Mary spricht ganz klar Edmund an, wenn sie sagt, er hätte ihr nicht Fannys ("her") Pferd überlassen dürfen. Interessant übrigens, wie die beiden über Fanny sprechen, als wäre sie nicht anwesend. Sie sagt auch absolut nichts dazu. (Bin ich eigentlich die Einzige, die bei dieser ganzen Pferdausleihepisode die sexuelle Komponente bemerkt? Und dann hier noch Edmunds "every sort of excercise fatigues her (...) except riding" ... ahja.)

:eek: :thud: für die sexuelle Komponente :wink:

Ja, die Eine hätte es sagen sollen, der Andere das Pferd nicht überlassen sollen ... Alles Makulatur. Natürlich gab, wer auch immer in der Familie, sein Pferd an einen Gast zum Reiten ab. Was soll dieses "ich wäre nicht geritten, wenn ich gewusst hätte ...". Blödsinn. Möglicherweise sagt sie dies nur, um Pluspunkte für Selbstlosigkeit zu sammeln, außerdem ist es ja hinterher, da kann man sich gut selbstlos zeigen, wenn's nimmer notwendig ist ...

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BeitragVerfasst: Montag 29. Juni 2009, 11:53 
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Bitte Caro, lies einfach im Buch nach, bevor Du Dich weiter echauffierst. :wink: Das Gespräch spielt sich zwischen Mary und Edmund ab:

"I am afraid you are very tired, Fanny," said Edmund, observing her; "why would not you speak sooner? This will be a bad day's amusement for you if you are to be knocked up. Every sort of exercise fatigues her so soon, Miss Crawford, except riding."

"How abominable in you, then, to let me engross her horse as I did all last week! I am ashamed of you and of myself, but it shall never happen again."

"Your attentiveness and consideration makes me more sensible of my own neglect. Fanny's interest seems in safer hands with you than with me."


Ich rege mich hier eher über Edmund auf, der hier Mary gleich größere Fürsorglichkeit attestiert. Das ist taktlos Fanny gegenüber, zumal sie auch noch anwesend ist bei dem Geplänkel.


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BeitragVerfasst: Montag 29. Juni 2009, 12:10 
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D'Arcy-Expertin mit Adelsaffinität
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Vor allem weil er beide sozusagen im gleichen Atemzug anspricht. Du hast recht.
Und die arme Fanny, die von ihm gerügt wird, nach dem Motto sie hätte sich melden sollen. Aber es bleibt auch bei Mary unterschwellig der Vorwurf an Fanny. Hier ist sie nur tatsächlich so damenhaft den Fehler äußerlich nicht Fanny, sondern Edmund anzulasten, nachdem der sie zuvor schon gerügt hatte.

Und es bleibt das Aufgesetzte. Natürlich mußte eine der Damen zugunsten Mary's auf ihr Pferd verzichten. Was dachte sie denn? Und Edmund ergreift gleich Partei für sie. Super! Mary hätte ja gleich fragen können, wessen Pferd sie reiten soll, und ob es wirklich okay ist.
Aber das hätte sie um die Reitstunden mit Edmund gebracht. Glaubt einer, daß sie wirklich verzichtet hätte? Jetzt (wer weiß wie ihr Hintern sich fühlt?) kann sie ja gut verzichten ... :fies_sei:

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BeitragVerfasst: Montag 29. Juni 2009, 14:29 
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Hmm, ich weiß nicht. Ich finde hier Mary nicht wirklich dreist. Wenn ich da an Lucy Steele und ihre Schwester denke, die JA so völlig anders beschrieben hat, finde ich dieses Wort für Mary viel zu hart.
Und wenn einem etwas angeboten wird, da fragt man nicht gleich, wem man denn nun das Pferd "raubt".
Marianne Dashwood hätte das, glaube ich zumindest, auch spontan angenommen und sich gefreut. Und die ist nun wirklich nicht dreist. Ich finde, hier macht man es zu leicht, wenn man Mary vorverurteilt. Sorry, aber so empfinde ich es.

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BeitragVerfasst: Montag 29. Juni 2009, 15:21 
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Caro hat geschrieben:
Die Schwestern, die ständig konkurrieren und vermutlich auch aus dem Grund Fanny, als weitere Konkurrentin nicht wollten. Dabei geht es ja nicht nur um Männer, sondern auch um ihre Position innerhalb der Familie.


Auch wenn das nur ein Detail ist, aber in einem früheren Kapitel wurde doch deutlich, dass die beiden nur diejenige als Konkurrentin ansehen würden, die ihnen ähnlich ist. Da Fanny sowohl äusserlich als auch was den Stand innerhalb der Familie und im Allgemeinen betrifft, ihnen völlig unähnlich ist, würden sie sich von ihr niemals bedroht fühlen. Natürlich wird sich das später, zumindest was Maria betrifft, noch ändern...

Tina hat geschrieben:
Marianne Dashwood hätte das, glaube ich zumindest, auch spontan angenommen und sich gefreut. Und die ist nun wirklich nicht dreist. Ich finde, hier macht man es zu leicht, wenn man Mary vorverurteilt.


Aber die gleiche Tat kann auch unterschiedliche Motive und Hintergründe haben. Marianne hätte zB wirklich nicht daran denken können, wärend Mary vielleicht daran gedacht hat, es ihr aber egal war. Nicht, dass ich der einen Gedankenlosigkeit und der anderen Bösartigkeit unterstellen würde. Aber aufgrund dessen, was man schon über Mary weiss bzw was man für einen Eindruck von ihr hat, ist es doch irgendwie verständlich, wenn man annimmt, dass sie einfach in Kauf genommen hat, dass jemand zu ihren Gunsten auf der Pferd verzichten muss. Während man Marianne eher zutrauen würde, dass sie einfach aus lauter Freude gar nicht auf den Gedanken gekommen ist oder dass sie denken würde, dass niemand so "böse" sein könne und ihr das Pferd einer anderen anbieten würde.

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BeitragVerfasst: Montag 29. Juni 2009, 15:41 
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Obwohl ich jetzt zur "Verteidigung" von Mary sagen möchte, dass sie noch gar nicht so lange näher bekannt ist. Kann sie schon so gut die Besitzverhältnisse und Gepflogenheiten der Familie kennen?

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BeitragVerfasst: Montag 29. Juni 2009, 19:40 
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Tina hat geschrieben:
Obwohl ich jetzt zur "Verteidigung" von Mary sagen möchte, dass sie noch gar nicht so lange näher bekannt ist. Kann sie schon so gut die Besitzverhältnisse und Gepflogenheiten der Familie kennen?


Das hab ich mich auch gefragt. Warum konnte Mary nicht einfach annehmen, dass es auf MP viel mehr Pferde als reitende Frauen gibt? Was ich noch zu Gunsten von Mary anführen würde: Ich hab das Gefühl, dass sie hier erstmals anfängt zu spüren, dass sie mehr für Edmund zu empfinden beginnt, als ihr recht ist. Unter anderem deshalb dürfte sie so schockiert/enttäuscht sein, als sie von seiner Berufswahl erfährt. Und wenn sich eine Frau in so einen Tugendbolzen wie Edmund verlieben kann - dann kann sie doch auch nicht total verkehrt sein? Oder ist das jetzt zu sehr um die Ecke gedacht?

@Julia: Die sexuellen Komponenten sind mir total entgangen... So ganz sicher bin ich mir da auch noch nicht - vielleicht sind wir da zu sehr von heutigen Motiven beeinflusst?
Was Maria und Julias Mitschuld an der Flirterei betrifft: Klar sind sie voll dabei, wobei sie auf mich allerdings wesentlich dümmer wirken als Henry. Der nämlich treibt sein Spiel mit ihnen, einfach, weil es ihm Spaß macht, weil er eitel ist usw. Also die Initiative geht glaube ich von ihm aus. Das würde ich schon kritisieren. Aber sobald Mary und Julia darauf einsteigen, tritt in diesem Fall schon fast der Klammernachsatz von Regel Nr. 1 in Kraft: Finger weg von Frauen in festen Beziehungen (es sei denn, die Initiative geht von ihnen aus, denn dann ist die Beziehung offensichtlich nicht fest).

Die Szene vor dem verschlossenen Tor finde ich übrigens auch großartig. JA in Bestform! Bei all den Symbolen ist mir besonders Fanny aufgefallen: Sie ist der ruhende Pol (in diesem Fall etwas aufgeregt und unglücklich), um den herum sich das Chaos abzuzeichnen beginnt, das Verhängnis seine Schatten vorauswirft. Sie ist die einzige, die sich hier korrekt verhält und noch versucht, den Schaden zu begrenzen. Dass Edmund sie eine volle Stunde allein lässt (denn das sie allein ist, davon muss er ja ausgehen), ist sehr gedankenlos und bringt ihm wieder ein paar Minuspunkte in der Kategorie tugendhaftes Verhalten. War es damals nicht schon fast so, dass man mehr oder weniger mit einer Frau verlobt war, wenn man allein mit ihr in Wald und Park spazieren ging? Zumindest ein Hochziehen der linken Augenbraue dürfte das bei echten Damen und Gentlemen doch ausgelöst haben...

Julia hat geschrieben:
Außerdem verhärtet sich in diesen beiden Kapiteln mein Eindruck, dass Fanny und Mary irgendwie die zwei Seiten einer einzelnen - idealisiert weiblichen - Person darstellen (sollen?), vorallem auch in Edmunds Weltbild. Fanny hat die Prinzipien, die Demut und die Ansichten die er oder man(n?) sich wünscht, Mary verkörpert die Lebendigkeit, den Charme und den Witz, von dem man(n) sich gleichzeitig bezaubern lässt. (...) Gleichzeitig spielt er gerne seine männlich-überlegene Macht der Vernunft gegenüber Fanny aus (...)


Das finde ich sehr interessant. Ich vermute allerdings, dass in Wahrheit nur eine Frau die wahre, ideale Ehefrau für Edmund ist. :wink: Dass er so von oben herab mit Fanny umgeht, ist übel, aber ein wenig auch nachvollziehbar (Du siehst, ich bemühe mich ernsthaft um Gerechtigkeit!): Er hat sie als kleines Kind unter seine Fittiche genommen, er hat sie praktisch erzogen, aus seiner Sicht ist er der fürsorgliche große Bruder und so behandelt er sie auch - wer eine kleine Schwester oder einen kleinen Bruder hat, weiß vielleicht, wie unglaublich schwer es ist, dieses spezielle Verhältnis zu knacken.


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BeitragVerfasst: Montag 29. Juni 2009, 21:56 
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^Naja, bei "Frau" habe ich eigentlich gar nicht an eine konkrete Ehefrau gedacht, sondern eher an ein (Edmunds?) Frauenbild generell.

Udo hat geschrieben:
@Julia: Die sexuellen Komponenten sind mir total entgangen... So ganz sicher bin ich mir da auch noch nicht - vielleicht sind wir da zu sehr von heutigen Motiven beeinflusst?


Bestimmt nicht! Schon bei Shakespeare gibt es reihenweise derartige Reit-Anspielungen und JAs Zeitgenossen im Theater waren auch nicht gerade zimperlich. Neu ist diese Komponente nicht - ob von JA bewusst eingesetzt oder nicht ist eine andere (wohl kaum definitiv beantwortbare) Frage.


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BeitragVerfasst: Dienstag 30. Juni 2009, 08:27 
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Caro hat geschrieben:
1. Jane Eyre neigt zumindest als Kind zu Aggressionen und Ausbrüchen, was ich nicht gerade Vorbildhaft finde und mit charakterlicher Stärke auch nichts zu tun hat. Sie triumphiert auch nicht, sondern wird des Hauses verwiesen bzw. in ein Internat gesteckt. (zumindest im Buch)
Sie kehrt der Familie den Rücken und wird Kindermädchen in einem kalten, strengen Haus.


Caro, ich habe mit meiner Freundin gestern abend noch einmal im Roman nachgeschlagen. Und es steht dort so, wie ich es in Erinnerung hatte. Jane hat eine sehr, sehr heftige Auseinandersetzung mit der Tante und bleibt in diesem "Scharmützel" die Siegerin. Jane sieht und fühlt sich als Siegerin des Duells. Mit diesem für sie erhebenden Gefühl verlässt sie ihrer Familie, um ganz GEWOLLT in die Schule zu gehen. Jane WOLLTE, das wird ganz klar gesagt, zur Schule!
Jane weiß nicht, was sie erwartet, aber sie sehnt sich nach einem neuen Umfeld, weg von diesen Leuten.
Auch das könnte man als Sieg des Kindes ansehen.
Und ich sagte selber, man soll Jane und Fanny nicht miteinander vergleichen. Aber wenn ein Kind mit weitaus weniger Möglichkeiten, das aber genau wie Fanny zur Familie gehört UND die Protektion des Onkels hatte, der seiner Frau noch auf dem Sterbebett das Versprechen abgenommen hatte, immer für Jane zu sorgen, sich gegen die gleichaltrigen Kinder wehren kann (und der Cousin hatte es echt verdient), wieviel leichter sollte es einer Fanny fallen, etwas zu tun!
DARUM ging es mir. Und auf diesem Level kann man Fanny und Jane durchaus vergleichen und ich sehe nicht, warum der Vergleich hinken sollte. Aber egal.
Jedenfalls sieht sich Jane als Siegerin die genau DAS bekommen hat, was sie wollte. Und sie kommt in kein kaltes, strenges Haus, sorry. Das Leben dort ist viel zu ruhig für Jane, sie will das Leben kennen lernen und davon gibt es zu Beginn ihrer Zeit in Thornfield recht wenig. Und der weitere Verlauf in Thornfield dürfte bekannt sein.

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BeitragVerfasst: Dienstag 30. Juni 2009, 09:46 
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Tina hat geschrieben:
Obwohl ich jetzt zur "Verteidigung" von Mary sagen möchte, dass sie noch gar nicht so lange näher bekannt ist. Kann sie schon so gut die Besitzverhältnisse und Gepflogenheiten der Familie kennen?


Das nicht, aber sie wusste ja schon nach der zweiten Reitstunde, dass Fanny ihretwegen verzichten muss, also wusste sie auch, dass nicht genug Pferde vorhanden waren, um alle Damen mit einem auszustatten. Was die Gepflogenheiten betrifft, muss ihr auch klar gewesen sein, dass Fanny normalerweise regelmässig ausritt, da sie von ihr nach der Reitstunde ja schon erwartet wurde und Edmund selbst sowas sagte wie "So Fanny, jetzt kannst du deinen Ausritt machen, wenn auch eine halbe Stunde später als sonst".

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BeitragVerfasst: Dienstag 30. Juni 2009, 10:14 
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Nach dem Ritt schon, aber hat Fanny da was gesagt? Nein, auch später im privaten nicht. Und da sie sonst auch offen mit Edmund sprechen kann, hätte sie durchaus sagen können, dass es sie gestört hatte mit dem Pferd. Aber sie schwieg. Und nein, davon kann Mary nicht wissen, wieviel Pferde im Stall stehen.
Und da Fanny nichts sagte, trägt sie hier auch etwas die "Schuld", doch am ehesten Edmund, der Mary gefallen möchte und Fanny vergisst. Wenn man hier von Schuld sprechen möchte, würde ich die eher bei Edmund suchen als bei Mary, die sich menschlich verhält. Hinter Fannys Stirn kann auch sie nicht blicken.

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BeitragVerfasst: Dienstag 30. Juni 2009, 10:23 
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Tina hat geschrieben:
Nach dem Ritt schon, aber hat Fanny da was gesagt? Nein, auch später im privaten nicht. Und da sie sonst auch offen mit Edmund sprechen kann, hätte sie durchaus sagen können, dass es sie gestört hatte mit dem Pferd. Aber sie schwieg. Und nein, davon kann Mary nicht wissen, wieviel Pferde im Stall stehen.
Und da Fanny nichts sagte, trägt sie hier auch etwas die "Schuld", doch am ehesten Edmund, der Mary gefallen möchte und Fanny vergisst. Wenn man hier von Schuld sprechen möchte, würde ich die eher bei Edmund suchen als bei Mary, die sich menschlich verhält. Hinter Fannys Stirn kann auch sie nicht blicken.

Wäre es höflich gewesen zu sagen "Nein, ich will NICHT, daß SIE (Gast) mein Pferd kriegt"?. Edmund hätte, nachdem ER wußte, wie wichtig das Reiten gerade für Fanny ist sensibler und einfühlsamer sein sollen.

Merkwürdig, dass man von einem Herrn erwartet ein formvollendeter Gentleman zu sein, von einer Dame aber wohl nicht ... :rolleyes:
Eine Dame darf ja wohl auch mal laut werden und aufmüpfig werden, Hauptsache sie setzt ihren Kopf durch ... :niwi:

Und Mary wußte sehr wohl wieviele Stuten im Stall stehen. Das kriegt man doch mit. Mit Sicherheit war sie wenigstens einmal im Stall. Man muß doch nicht alles "vorgekaut" kriegen.

Zudem war es durchaus nicht üblich, daß für jedes Familienmitglied und noch dazu überrraschende Gäste ein reines Reit-Pferd im Stall war. Außer es war ein Zuchtgestüt, und davon ist hier nicht die Rede.
Selbst bei Bennets, die doch über 2000 Pacht, Zinsen und andere Erträge im Jahr haben, reicht es nicht für die Kutsche, sprich 4 Pferde außerhalb der Arbeit.

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BeitragVerfasst: Dienstag 30. Juni 2009, 11:29 
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Vorher ist es mir nicht so aufgefallen (oder ich habs vergessen): Julia sagt hier über ihre Tante Norris, die doch stets behauptet, sich für ihre Nichten aufzuopfern, sie sei "unerträglich". Ist das nun Undankbarkeit oder ein Anflug von Menschenkenntnis? :wink: Wie übel es um Mrs. Norris bestellt ist, zeigt ja auch wieder die Rückfahrt, bei der sie Fanny einzutrichtern versucht, sie müsse Lady Bertram und ihr dankbar sein, dass sie mitfahren durfte - wo es doch allein Edmund war, der das in die Wege geleitet hat. Kein Wunder, dass die Reise für Fanny mit "Enttäuschung und Niedergeschlagenheit" endet.
Am Ende des Kapitels wird erwähnt, dass Mrs Whitaker zwei Hausmädchen weggeschickt habe, weil sie weiße Kleider trugen. Mir ist so, als hätte ich dazu hier irgendwo schon mal was gelesen: Dass weiße Kleider feinen Damen vorbehalten waren?


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BeitragVerfasst: Dienstag 30. Juni 2009, 12:10 
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Caro hat geschrieben:
Zudem war es durchaus nicht üblich, daß für jedes Familienmitglied und noch dazu überrraschende Gäste ein reines Reit-Pferd im Stall war.

Das denk ich mir eben auch. Ich will ja Fanny nicht völlig von "Schuld" freisprechen, ich will Mary einfach eine grosse Portion Egoismus unterstellen ;D Selbst wenn Mary dachte dass genügend Pferde vorhanden sind, hätte sie sich zumindest wundern müssen, warum Fanny dann trotzdem ihretwegen verzichten muss. Aber ja, eigentlich ist ja schon Edmund der "wahre Schurke" :wink:

Tina hat geschrieben:
Und da sie sonst auch offen mit Edmund sprechen kann


Meinst du? Mein Eindruck ist eher: Wenn Fanny etwas stört (egal was, muss jetzt nicht das mit dem Pferd sein), dann sagt sie Edmund das (womöglich deutet sie auch nur vorsichtig an, dass es nicht ganz nach ihrem Geschmack ist) und Edmund redet die Sache dann so lange schön, bis sie sich schämt und sich fragt, warum es ihr am Anfang überhaupt etwas ausgemacht hat. Ich kann mir nicht vorstellen, dass Fanny Edmund gegenüber auf ihrer Meinung beharren würde (ganz besonders nicht, wenn es darum geht, dass er sein Pferd an jemand anderes ausleiht). So ähnlich wars ja auch bei dem Gespräch darüber, dass Fanny bei Tante Norris leben soll und es ihr gut tun würde.

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BeitragVerfasst: Dienstag 30. Juni 2009, 21:34 
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Ich sehe das anders mit Fanny. Sie will halt lieber still vor sich hin leiden. Und ich glaube kaum, dass Mary im Stall gewesen ist. Dann wäre das beschrieben oder erwähnt worden. Ich denke eher, die Pferde wurden vom Personal gesattelt und gestriegelt den Reitern übergeben.
Aber das ist ansichtssache. Und ich sehe hier keine unverschämte Mary, auch wenn hier andere sie so sehen wollen. Da werden wir uns wohl nie einigen.

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BeitragVerfasst: Dienstag 30. Juni 2009, 21:45 
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Udo hat geschrieben:

Am Ende des Kapitels wird erwähnt, dass Mrs Whitaker zwei Hausmädchen weggeschickt habe, weil sie weiße Kleider trugen. Mir ist so, als hätte ich dazu hier irgendwo schon mal was gelesen: Dass weiße Kleider feinen Damen vorbehalten waren?


Ich denke schon. Zumindest entspricht es in Mrs Norris' Augen wohl nicht ihrem Stand. Und auch klar, dass sie die erste ist, der Mrs Whitakers Verhalten da positiv auffällt.

Was Deine Frage zu Julia und Mrs Norris betrifft: Mir ist beim diesmaligen Lesen die schöne Charakterisierung aufgefallen, dass man Julia zwar die entsprechenden Höflichkeitsregeln beigebracht habe (nämlich bei ihrer Tante zu bleiben, wenn alle anderen davonstürmen), aber nicht die charakterliche Substanz (Selbstkontrolle, Selbstlosigkeit etc.), um sie wirklich auch zu ihrer eigenen Zufriedenheit zu "praktizieren".
Und ich denke nur deshalb ist die Tante gerade "unerträglich", bei der nächsten Verhätschelung ist davon bestimmt keine Rede mehr. :wink:


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BeitragVerfasst: Mittwoch 1. Juli 2009, 07:31 
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Julia hat geschrieben:
Udo hat geschrieben:

Am Ende des Kapitels wird erwähnt, dass Mrs Whitaker zwei Hausmädchen weggeschickt habe, weil sie weiße Kleider trugen. Mir ist so, als hätte ich dazu hier irgendwo schon mal was gelesen: Dass weiße Kleider feinen Damen vorbehalten waren?


Ich denke schon. Zumindest entspricht es in Mrs Norris' Augen wohl nicht ihrem Stand. Und auch klar, dass sie die erste ist, der Mrs Whitakers Verhalten da positiv auffällt.

Ich hab den Link zur Bedeutung der Farben auf die Schnelle nicht gefunden, aber es ist die Rede davon, dass rein-weiße Kleider Stoffe weitaus teurer waren, da sie zusätzlich gebleicht wurden.
Günstiger waren da Creme- und Eierschalen-Töne, aber selbst dies hätte sich für Hausmädchen nicht geschickt, außer an einem hohen Feiertag.

Übrigens galt weiß sehr lange als Farbe der Trauer und begann sich zu JAs Zeit erst sehr langsam als Brautfarbe durchzusetzen.

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