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BeitragVerfasst: Samstag 28. Juni 2014, 17:34 
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Austenfrischling

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Ich bin noch da, war im Rückstand mit dem Lesen, bin aber jetzt wieder up to date.
Geschwindigkeit ist ok.


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Samstag 28. Juni 2014, 17:34 


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BeitragVerfasst: Samstag 28. Juni 2014, 21:01 
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Austenfan
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Ich bin auch noch dabei, zumindest beim stillen Lesen und Zustimmen :top:
allerdings geht's mir ein wenig wie Elanor
Elanor hat geschrieben:
Nein, wir sind nicht zu schnell, mir jedenfalls nicht. Mir fällt nur grad nichts zusätzlich zum bereits Gesagten ein/auf.


(Vom Lesen her eher zu langsam :fies_sei:, ich kann immer nicht aufhören, wenn ich mal angefangen habe... )

Macht die nächsten Kapitel zusammen... mit Collins kommt der Spaß!


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BeitragVerfasst: Sonntag 29. Juni 2014, 13:26 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Gut, dann mach ich mal weiter:

12. und 13. Kapitel


Abfahrt von Netherfield, worüber fast alle froh sind. Im 13. Kapitel Auftritt von Mr. Collins, wir erfahren einiges über die Verwandtschaftsbeziehungen und Mr. Collins` hehre Absichten lassen sich erahnen.

Im 12. Kapitel fällt mir nur die Stelle auf, an der von der Züchtigung eines Soldaten die Rede ist. Ich meine, irgendwo gelesen zu haben (oder wir hatten es mal im alten Groupread darüber?), dass diese Stelle als Hinweis auf sexuelle Abschweifungen gedeutet werden könne. Kann sein. Ich glaube das aber nicht. Viel wahrscheinlicher ist, dass da ein Soldat gesoffen oder irgendwas geklaut hat, denn das war damals in der Armee offenbar mehr oder weniger an der Tagesordnung - immerhin wurde wohl Soldat nur, wer es zu sonst gar nichts gebracht hatte. Oder wer gute Gründe hatte, in der Armee unterzutauchen. Oder man war in die Armee gepresst worden.


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BeitragVerfasst: Sonntag 29. Juni 2014, 19:08 
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Austenfrischling

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Mich interessiert am 13. Kapitel, wie sich Mr. Collins selbst zu den Bennets einlädt. Ich finde das irgendwie ziemlich unverschämt und kann mir gar nicht vorstellen, dass so ein Verhalten normal war. Naja, normal ist Mr. Collins ja auch nicht...
Wenn er sich mit den Bennets versöhnen will, wäre es dann nicht angebrachter, erstmal einen brieflichen Kontakt herzustellen und dann nach einer Weile hinzufahren, aber vielleicht in einem Gasthof zu übernachten?
Keine Ahnung, mir kommt das schon sehr komisch vor.


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BeitragVerfasst: Sonntag 29. Juni 2014, 20:13 
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Austenexperte
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Mrs Tilney hat geschrieben:
Mich interessiert am 13. Kapitel, wie sich Mr. Collins selbst zu den Bennets einlädt. Ich finde das irgendwie ziemlich unverschämt und kann mir gar nicht vorstellen, dass so ein Verhalten normal war. Naja, normal ist Mr. Collins ja auch nicht...
Wenn er sich mit den Bennets versöhnen will, wäre es dann nicht angebrachter, erstmal einen brieflichen Kontakt herzustellen und dann nach einer Weile hinzufahren, aber vielleicht in einem Gasthof zu übernachten?
Keine Ahnung, mir kommt das schon sehr komisch vor.

Das ist wirklich eine interessante Überlegung. Wie war das denn damals üblich, weiß das jemand? Übernachtete man möglichst immer bei Verwandten, war es stilvoller nicht in einem Inn abzusteigen? Oder machte man das nur, wenn unbedingt nötig? Wollte Mr. Collins sparen?
Ich find das auch ein bisschen unhöflich, sich so selbst einzuladen, Versöhnung ist ja eine gute Sache, aber die Art und Weise, wie er es anstellt passt zwar zu ihm, zeugt aber nicht gerade vonTaktgefühl :eek: find ich. Gut Mr Collins und Taktgefühl sind ja auch zwei verschiedene Dinge :wink:

Elanor

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[During the 1960s] I think there was more sex in those old films than in all that thrashing around today. I'm tired of sex scenes.
Claudette Colbert

sadly enough, this is more than true in our times


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BeitragVerfasst: Sonntag 29. Juni 2014, 20:31 
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Austenfrischling

Registriert: Donnerstag 12. September 2013, 11:41
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Zitat:
Wie war das denn damals üblich, weiß das jemand? Übernachtete man möglichst immer bei Verwandten, war es stilvoller nicht in einem Inn abzusteigen? Oder machte man das nur, wenn unbedingt nötig? Wollte Mr. Collins sparen?

Genau, das würde mich auch interessieren.

Auch ein wenig seltsam finde ich, dass Mr. Bennett seine Familie erst am Tage der geplanten Ankunft von Mr. Collins über dessen Besuch informiert. Vielleicht wollte er jede Art von Hypothesen, neugierigen Fragen seitens seiner Damen von vornherein ausschließen?


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BeitragVerfasst: Montag 30. Juni 2014, 22:41 
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Austenfan
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12. Kapitel

Der Hinweis im 12. Kapitel ein gemeiner Soldat war ausgeprügelt worden widerspricht Julia`s Quelle im 7. Kapitel
Zitat:
In einer sehr langen Anmerkung zur Einführung der Miliz wird in meiner Ausgabe ausführlich ausgebreitet, dass die Miliz - abgesehen von den Offizieren - zum einen ein Sammelbecken für "Randfiguren" der guten Gesellschaft war, und zum anderem sehr schnell den Ruf weg hatte, weniger aus kampfbereiten Patrioten, sondern vielmehr aus galanten jungen Herren in schicker Uniform zu bestehen, die ihre Hauptaufgabe darin sahen, den Damen schöne Augen zu machen und diese zu (wozu auch immer) zu "verführen".
Ein Mitglied der besseren Gesellschaft würde sich doch wohl nicht züchtigen lassen.

Ich habe mir immer vorgestellt das nur die Offizieren aus der besseren Gesellschaft bestehen und die Soldaten aus armen Leuten welche nichts besseres finden. Ein Soldat wurde doch darauf gedrillt nicht zu denken, in Reihe zu stehen, sein Gewehr zu laden, zu zielen und zu schießen, egal wie viele Kameraden gerade neben einem sterben. Das macht doch niemand der eine andere Möglichkeit zum Geldverdienen hat (oder sehr patriotisch ist). Obwohl im 2. Weltkrieg sollen ja auch viele Amerikaner Selbstmord begannen haben welche nicht zum Militärdienst dürften - da könnte sich ja doch ein Arztsohn im 18. Jahrhundert zum Drill melden. Jetzt ändere ich beim Schreiben meine eigne Position :boese: .


13. Kapitel

Es ist schon ziemlich rücksichtslos von Mr. Bennet, dass er der Familie so spät mitteilt das sie Besuch über mehrere Tage bekommen werden. Allerdings passt es schon zu seinem Charakter. Er überraschen gerne seine Frau und amüsiert sich über ihre Klagen, aber lange erträgt er sie nicht. Auch hat er sicherlich keine Lust Tagelang über Mr. Collins zu spekulieren.

Das Mr. Collins sich direkt in das Haus einer Familien einlädt mit dem seine Familie im streit liegt finde ich etwas übereilt.


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BeitragVerfasst: Dienstag 1. Juli 2014, 08:59 
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Austenbegeistert
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George hat geschrieben:


Das Mr. Collins sich direkt in das Haus einer Familien einlädt mit dem seine Familie im streit liegt finde ich etwas übereilt.


Offenbar wird es aber von der Familie nicht als unverschämt empfunden, sonst wäre das von Lizzy oder Jane kommentiert worden. Da auch JA das Verhalten nicht weiter kommentiert, schließe ich, dass es seinerzeit gänzlich unüblich war, sich in einem Gasthaus einzuquartieren, wenn Verwandte in der Nähe wohnen. Außerdem war es ja so, dass Mr. Bennet in seinem Antwortbrief , der allerdings auch schon 2 Wochen zurückliegt, als er endlich seiner Familie davon berichtet, Collins wohl signalisiert hat, dass er willkommen ist.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 2. Juli 2014, 06:42 
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Austenbegeistert
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Ich denke auch, dass es eher unüblich war, in einem Gasthof abzusteigen (außer, wenn man sich auf einer Urlaubsreise befindet)....Mr. Bennet hat in seinem Brief sicherlich eine Einladung ausgesprochen - aber blieb ihm etwas anderes übrig, nachdem Mr. Collins doch seinen Versöhnungswillen ausgedrückt hat?

Ich finde es auch einmal wieder interessant zu sehen, wie Mr. Bennet sich über die ganze Situation köstlich amüsiert - es wird mehrfach erwähnt, dass er wenig sagt und seinen Gast anscheinend also erst einmal in Ruhe beobachten möchte :D

Zu dem Soldaten: in meiner kommentierten Ausgabe wird angemerkt, dass die Aufzählung am Ende des 12. Kapitels wieder einmal eindrucksvoll zeigt, wie unreflektiert Kitty und Lydia über die Geschehnisse im Dorf berichten.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 2. Juli 2014, 10:29 
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Mr. Collins ist also groß, schwerfällig und 25 Jahre alt. Wie anfangs schon mal erwähnt, widerspricht das irgendwie meinem von den Filmen geprägten Bild von ihm. Übrigens ist er offenbar auch der einzige Mann bei Austen, der eine ältere Frau heiraten wird.

@George: Der Widerspruch ist doch gar nicht so groß, wenn sich Julias zitierte Anmerkungen vor allem auf die Offiziere (und nur die spielen ja auch hier im Buch eine Rolle) bezog. Die einfachen Soldaten waren sicher einfache Leute - nicht selten auch zwielichtige.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 2. Juli 2014, 17:00 
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Austenbegeistert
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Udo hat geschrieben:
Mr. Collins..... Übrigens ist er offenbar auch der einzige Mann bei Austen, der eine ältere Frau heiraten wird.


Collins hat sich halt vorgenommen, in dieser einen Woche, in der er von seiner Gemeinde frei genommen hat, eine Frau zu finden, die er dann sozusagen als "Erfolgserlebnis" seiner Gönnerin Lady Catherine de Bourgh präsentieren kann. Denn die ganze Idee mit der Ehe hat sie ihm eingeflüstert und er folgt sklavisch diesen Ratschlägen/Befehlen. Dieser Plan wird durchgezogen und als er bei Jane und Elisabeth nicht zurecht kommt, greift er zur erstbesten Alternative.


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BeitragVerfasst: Mittwoch 2. Juli 2014, 20:26 
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Austenfrischling

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Zitat:
Mr. Collins ist also groß, schwerfällig und 25 Jahre alt. Wie anfangs schon mal erwähnt, widerspricht das irgendwie meinem von den Filmen geprägten Bild von ihm.


Ich finde ihn in der Verfilmung von 1980 ganz gut getroffen.


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BeitragVerfasst: Donnerstag 3. Juli 2014, 18:31 
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14. Kapitel

Essen mit Mr. Collins. Wir erfahren einiges über Lady Catherine und deren Tochter - und sehr viel über Mr. Collins.


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BeitragVerfasst: Freitag 4. Juli 2014, 11:50 
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Als Collins sich selbst dafür lobt, dass er sich angewöhnt hat, Damen Komplimente zu machen, wird er von Mr Bennet regelrecht "hochgenommen" dafür, nämlich mit der Frage, ob diese Einfälle spontanen Eingebungen folgen oder zurecht gelegt sind. Collins bemerkt den Spott noch nicht einmal sondern antwortet ganz ernsthaft darauf, dass er sich tatsächlich ab und an solche Bemerkungen zurecht legt.

Der gesamte Dialog in diesem Zusammenhang macht mir jedes Mal ganz besondere Freude.


Zuletzt geändert von MiRiBo am Freitag 4. Juli 2014, 14:52, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Freitag 4. Juli 2014, 12:19 
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MiRiBo hat geschrieben:
Der gesamte Dialog in diesem Zusammenhang macht mir jedes Mal ganz besondere Freude.

Dem ist nichts hinzuzufügen, außer: mir geht es genauso. Und es ist ein wunderbares Beispiel für Witz und Timing im Schreiben von Dialogen :top:
Elanor

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BeitragVerfasst: Samstag 5. Juli 2014, 09:02 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Wie finde, sieht man am Beispiel von Lydias Interesse an den Offizieren auch schon in P&P JAs Bemühen darum, eine lebendige und plastische Romanwelt zu erschaffen. Es wird zwar nur hier und da am Rande erwähnt und man kann es schnell überlesen, aber es entsteht soetwas wie eine kleine "Hintergrundgeschichte", von der Art wie sie z.B. in "Emma" dann noch von größerer Bedeutung sein wird:
Zunächst ist nur von Colonel Forster und seinen Aktivitäten die Rede, von dem wir nach Janes & Elizabeths Rückkehr aus Netherfield allerdings erfahren, dass er wohl bald heiraten wird (die Mrs Forster, die dann später für die Einladung nach Brighton verantwortlich ist). Lydias Interesse schwenkt nun schnell zu Mr Denny, dessen Ankunft aus London in diesem Kapitel nun offenbar sehnsüchtig erwartet wird.

15. Kapitel

Spaziergang nach Merryton auf der Suche nach Mr Denny. Der hat einen neuen Offizier fürs Regiment aus London mitgebracht - Mr Wickham. Die Damen sind sehr angetan von ihm. Mr Bingley und Mr Darcy kommen dazu und Elizabeth beobachtet die seltsame Begegnung zwischen Mr Wickham und Mr Darcy.


Lydias Manövrieren erinnert mich hier sehr an Isabella Thorpe, die ja auch sehr viel fachkundiges Talent darin beweist, jungen Männern "zufällig" zu begegnen. Irgendwie sympathisch. :wink:
In den Anmerkungen meiner Ausgabe steht, dass Mrs Philipps' geplante Abendgesellschaft ihre "vulgäre" Art deutlich unterstreiche. Nicht nur das vorgeschlagene, lärmige Lotteriespiel sei gesellschaftlich völlig inakzeptabel (zumindest in "besseren", sprich kultivierteren Kreisen) gewesen, auch ihr versprochenes "warmes Abendessen" ("hot supper" im Original) entprach schon längst nicht mehr dem guten Ton. Späte warme Mahlzeiten wurden nur nach Bällen und ähnlich groß angelegten Ereignissen serviert, in kleinerer gesellschaftlicher Runde war das Abenessen stets kalt, z.B. in Form eines Buffets o.ä. In diesem Zusammenhang wirkt Mr Collins' Begeisterung über Mrs Philipps und der unmittelbare Vergleich mit Lady Catherine gleich noch alberner.


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BeitragVerfasst: Samstag 5. Juli 2014, 14:22 
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Julia hat geschrieben:
Es wird zwar nur hier und da am Rande erwähnt und man kann es schnell überlesen, aber es entsteht soetwas wie eine kleine "Hintergrundgeschichte", von der Art wie sie z.B. in "Emma" dann noch von größerer Bedeutung sein wird.

Da könnte man vielleicht auch den Auftritt von Mr. Wickham ergänzen - den ja eine ziemlich wichtige Hintergrundgeschichte mit Mr. Darcy verbindet. Wenn man das Buch zum 1. mal liest, hat man wirklich keine Chance, zu erkennen, dass Mr. Wickham nicht nett sein könnte. Er wird extrem positiv eingeführt, man kann sich vorstellen, dass alle vier Bennet-Töchter ziemlich angetan sind von ihm. Vor allem aber Lydia und Kitty scheinen hin und weg zu sein, wenn sämtliche anderen Offiziere plötzlich nur noch langweilig sind. Elizabeth reagiert auf die für sie typische Weise: Sie beobachtet, versucht zu deuten und wird sehr neugierig. Im Grunde werden hier schon die Weichen dafür gestellt, dass sie zu ihren falschen Einschätzungen kommt - bzw. es wird plausibel, warum sie dazu kommt.

Und hier ist sie ja auch, wohl das erste mal im Buch, die "erlebte Rede": "Was mochte dahinterstecken? Unmöglich, es zu erraten; unmöglich, nicht neugierig darauf zu sein." Julia hat ja schon öfter auf dieses Stilmittel hingewiesen, das den Leser ganz nah ranbringt an die Gedankenwelt einer Romanfigur. Emma ist rappelvoll damit, hier, in diesem früheren Roman, hat Austen die Technik noch nicht so intensiv genutzt.

Zu Mr. Collins:
Die Formulierung, er sei im Besitz eines hübschen Hauses und eines ausreichenden Einkommens, deshalb wolle er nun heiraten, klingt ein wenig wie ein Echo des erstens Satzes des Romans. Jedenfalls erfüllt er genau die dort genannte Erwartung. Heiter finde ich, wie rasch er von Jane zu Elizabeth wechselt. Das hat was von einem Markt, wo der Mann sich die beste Kuh bzw. die schönste Frau aussucht - wobei Mrs. Bennet die Maklerin/Verkäuferin ist.

Ich hatte, glaube ich, schon mal irgendwo hier erwähnt, dass ich mal gelesen habe, in England sei die Formulierung "einen Collins schreiben" eine bekannte Wendung für schwülstige Briefe. Habe aber noch niemanden gefunden, der mir das bestätigen konnte.


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BeitragVerfasst: Montag 7. Juli 2014, 09:23 
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Kunstfertige Wortumdreherin und Meisterin im Freistil-Lesen
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Udo hat geschrieben:
Wenn man das Buch zum 1. mal liest, hat man wirklich keine Chance, zu erkennen, dass Mr. Wickham nicht nett sein könnte. Er wird extrem positiv eingeführt, man kann sich vorstellen, dass alle vier Bennet-Töchter ziemlich angetan sind von ihm.


Vielleicht ist ja genau das auch verdächtig - zumindest bei Austen? Bei Willoughby ist es zumindest ähnlich, finde ich.

Zitat:
Ich hatte, glaube ich, schon mal irgendwo hier erwähnt, dass ich mal gelesen habe, in England sei die Formulierung "einen Collins schreiben" eine bekannte Wendung für schwülstige Briefe. Habe aber noch niemanden gefunden, der mir das bestätigen konnte.


Ich auch nicht. Vielleicht ist das so eine Art Selbstläufer - irgendwer hat das irgendwann mal so verwendet, irgendwer hats aufgeschnappt und daraus eine "Redewendung" gemacht, die von irgendeinem Biographen mal erwähnt wurde und seitdem wird dieser "Fakt" getreulich wiederholt. Vielleicht auch ein Fall von "allgemein anerkannter Wahrheit"? :wink:


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BeitragVerfasst: Dienstag 8. Juli 2014, 13:11 
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Kann gut sein.
Und ja, die Bösen kommen oft besonders nett daher. Ist das ein beliebtes Motiv der Frauenromane jener Zeit? Dass die guten Mädchen auf den Bösewicht hereinfallen?

Auf jeden Fall lohnt es sich bestimmt, zu gucken, wie sich die Beziehung zwischen Wickham und Elizabeth entwickelt.

Mir ist noch aufgefallen, dass Grawe das Oxfordshire-Regiment benamst hat - bei Austen steht da ja nur ein langer Strich vor dem Regiment, warum auch immer.


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BeitragVerfasst: Donnerstag 10. Juli 2014, 13:09 
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Austenexperte
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Zu Mr Wickham und dem Militia- Regiment nochmal.
Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, müßte es doch zur Zeit des Erscheinen des Buches den Lesern klar gewesen sein, daß die Herren Offiziere dieses Regimentes nicht wirklich erstrebenswerte Bekanntschaften waren. In diesem Licht dürfte das Verhalten der Bennet- Töchter noch törichter erscheinen und vielleuicht hatten Leser damals doch eher die Möglichkeit Wickham zu durchschauen, als ein heutiger Erstleser ohne dieses Wissen?
Oder sehe ich die damalige Leserschaft zu optimistisch :tongue:

Elanor

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BeitragVerfasst: Donnerstag 10. Juli 2014, 18:34 
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Administrator und Captain a.D. of HMS Groupread
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Warum? Die Offiziere dort mögen nicht die erstgeborenen Söhne gewesen sein, aber deshalb doch auch nicht immer nur schlechte Leute. Ich denke aber auch, dass allen klar war, dass es hier nicht in erster Linie darum ging, eine richtig gute Partie zu machen. Die Darcys und Bingleys vertrieben sich die Zeit nicht mit der Bewachung von wenig gefährdeten Dörfern...

Kapitel 16

Abendgesellschaft bei den Philips. Auftritt von Mr. Wickham, der sehr viel erzählt von seiner Vergangenheit mit Mr. Darcy. Elizabeth ist empört - und sehr angetan von Wickham.


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BeitragVerfasst: Samstag 12. Juli 2014, 15:39 
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Austenbegeistert
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Drei Männertypen werden dargestellt, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten:
Mr Collins, einigermaßen wohlhabend, aber pedantisch und nervtötend,
Mr Darcy, reich aber in den Schilderungen von Wickham von schlechtem Charakter,
und der anscheinend alle überstrahlende Wickham.

Der aus den Schilderungen resultierende Einschätzungsfehler von Elisabeth (nämlich Wickham für einen Moment zu begehren, ihn jedenfalls reizvoll zu finden, die beiden anderen aber abzulehnen) ist ebenso folgerichtig wie derselbe Fehler, den auch der Leser damit begeht. Austen gibt dem Leser keineswegs mehr Wissen mit als ihrer Hauptfigur, hierdurch wird eine recht starke Identifizierung mit dem Denken und Handeln von Elisabeth erreicht.

Über Wickham, und nur über ihn, wird dann auch eine erste Einschätzung von Lady Catherine de Bourgh und Georgiana Darcy vorgenommen; wie sich erst später herausstellt bei der ersteren zutreffend, bei Miss Darcy völlig entstellt und gelogen.

Wickham ist aber an dieser Stelle des Romans die zentrale Schaltstelle, die als einzige Person bis dahin schon alle anderen kennt und über sie berichten kann. Er macht Elisabeth auch erstmals überhaupt auf die Verwandtschaft zwischen der de Bourgh und Darcy aufmerksam. Ebenso bringt er erstmals die angeblichen Heiratspläne zwischen Darcy und Miss de Bourgh ins Spiel.

Ein Kapitel mit Weichenstellungen für die folgenden Entwicklungen.


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 Betreff des Beitrags: Abwesenheit
BeitragVerfasst: Samstag 12. Juli 2014, 17:44 
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:offtopic: Morgen früh fliege ich für zwei Wochen in den Urlaub. Buch und Laptop nehme ich mit. Allerdings weiß ich noch nicht ob ich vor Ort eine Internetverbindung habe. Ich melde mich spätestens wenn ich wieder zu Hause bin.


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BeitragVerfasst: Sonntag 13. Juli 2014, 09:58 
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MiRiBo hat geschrieben:
Drei Männertypen werden dargestellt, wie sie unterschiedlicher kaum sein könnten:
Mr Collins, einigermaßen wohlhabend, aber pedantisch und nervtötend,
Mr Darcy, reich aber in den Schilderungen von Wickham von schlechtem Charakter,
und der anscheinend alle überstrahlende Wickham.

Der aus den Schilderungen resultierende Einschätzungsfehler von Elisabeth (nämlich Wickham für einen Moment zu begehren, ihn jedenfalls reizvoll zu finden, die beiden anderen aber abzulehnen) ist ebenso folgerichtig wie derselbe Fehler, den auch der Leser damit begeht. Austen gibt dem Leser keineswegs mehr Wissen mit als ihrer Hauptfigur, hierdurch wird eine recht starke Identifizierung mit dem Denken und Handeln von Elisabeth erreicht.

Über Wickham, und nur über ihn, wird dann auch eine erste Einschätzung von Lady Catherine de Bourgh und Georgiana Darcy vorgenommen; wie sich erst später herausstellt bei der ersteren zutreffend, bei Miss Darcy völlig entstellt und gelogen.

Wickham ist aber an dieser Stelle des Romans die zentrale Schaltstelle, die als einzige Person bis dahin schon alle anderen kennt und über sie berichten kann. Er macht Elisabeth auch erstmals überhaupt auf die Verwandtschaft zwischen der de Bourgh und Darcy aufmerksam. Ebenso bringt er erstmals die angeblichen Heiratspläne zwischen Darcy und Miss de Bourgh ins Spiel.

Ein Kapitel mit Weichenstellungen für die folgenden Entwicklungen.

Deine Beobachtungen über Wickham finde ich sehr interessant und in dieser Dichte zusammengefasst, ist seine Bedeutung für das Vorankommen der Geschichte gut erfahrbar.
Letzlich wird einem ja beim mehrfach Lesen seine Figur immer durch das Wissen, wie es weitergeht, etwas verstellt. Man achtet mehr darauf, wie fies und berechnend er ist, wie sehr sich Elizabeth und eigentlich Alle in der Gegend von ihm beeinflussen lassen. Daß Elizabeth, die sich ja als beobachtend und abwägend und keinesfalls schnell urteilend sieht, sich und auch Andere falsch einschätzt, merkt man ja auch erst, wenn man kein Erstleser mehr ist.
Obwohl der Leser und damit Elizabeth ja schon eine Chance haben, Lady Catherine in Kapitel 14 durch Collins Schilderungen kennenzulernen. Dadurch wird man ja auch mit fehlgeleitet. Wenn diese Einschätzung der Lady, die durch Collins erzählen schon "bestätigt" ist, stimmt; muss doch eben auch die über Miss Darcy und ihren Bruder stimmen: ein fataler Trugschluss, wie wir merken werden.

Elanor

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BeitragVerfasst: Sonntag 13. Juli 2014, 10:48 
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Registriert: Mittwoch 9. April 2008, 15:07
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Wickham macht das hier schon sehr raffiniert. Wobei er mehrere Fliegen mit einer Klatsche schlägt: Er macht seinen Erzfeind Darcy schlecht, er macht Stimmung für sich als Opfer von Darcy und er umgarnt Elizabeth, eine möglicherweise reiche Heiratskandidatin für ihn.

Andererseits ist es nur raffiniert, weil Elizabeth ihm sein Verhalten durchgehen lässt. Es galt ja auch damals schon (wohl sogar mehr als heute) als relativ unangemessen, wildfremden Leuten sehr private Dinge zu erzählen, zumal wenn man dabei über andere auch noch extrem schlecht redet. Das muss Elizabeth eigentlich wissen, weshalb er sie hätte misstrauisch werden lassen müssen. Ihre Menschenkenntnis ist eben doch nicht so gut, wie sie glaubt. Man kann sie entschuldigen, weil sie extrem neugierig ist, schließlich (obwohl das hier nicht erwähnt wird) geht es auch um den Freund ihres möglichen Schwagers. Aber man muss auch sagen, dass sie nicht nur zuhört, sondern dass sie auch sehr daran interessiert ist, das Gespräch beim Thema Darcy zu lassen - und sich auch noch sehr echauffiert, sie schlägt ja sogar vor, Darcy öffentlich bloßzustellen. Vielleicht spielt auch ihr durch ihn gekränkter Stolz hier noch mal eine Rolle? Also man findet schon Gründe, warum sie ihn falsch einschätzt, vermutlich würde fast jede/r so reagieren wie sie, aber Wickhams Spiel ist auch nur erfolgreich, weil sie ihre Vernunft länger als empfehlenswert abschaltet.

Ein wenig erinnert mich diese Episode daran, wie Frank Churchill die so von sich überzeugte Emma an der Nase herumführt - Frank ist nicht so böse wie Wickham, ich meine nur, dass die weibliche Hauptfigur vorgeführt wird.

Übrigens auch wieder schön, wie sich Wickham hier durch sein Verhalten und seine Ausdrucksweise verrät - wenn man den Fortgang der Geschichte kennt. Er wirkt ganz schön verlogen.


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BeitragVerfasst: Sonntag 13. Juli 2014, 12:51 
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Piratensüchtige Administratorin, ebenfalls Seriensuchti mit Mittelalterpräferenz und spätes Girlie
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Beiträge: 6885
Wohnort: Wo die Messer und Schwerter herkommen
Udo hat geschrieben:
Und ja, die Bösen kommen oft besonders nett daher. Ist das ein beliebtes Motiv der Frauenromane jener Zeit? Dass die guten Mädchen auf den Bösewicht hereinfallen?

Nun ja, es wäre halt auch langweilig, wenn den Bösen quasi schon von Beginn das Wort BÖSEWICHT auf der Stirn stände, oder? Wickham, Willoughby und auch Henry Crawford gehören doch im Prinzip zum gleichen Typ. Sie suchen sich Mädchen, die durch ihren Charakter anfällig für Charme sind. Elizabeth hat eine denkbar schlechte Meinung zu Darcy, sonst hätte sie vielleicht früher ihren Verstand eingeschaltet ( wieso erzählt mir ein wildfremder Mann solche Geschichen? ), Willoughby ist der Held auf einem weißen Pferd für Marianne ( wobei sie nicht den gleichen Intellekt wie Elizabeth besitzt) und Crawford nutzt einfach Fannys missionarischen Eifer. Sie sind aber alle drei charmant, wortgewandt und können ihr Gegenüber leicht manipulieren. Es ist für keine der drei leicht zu durchschauen, welcher miese Charakter sich da wirklich verbirgt. Fanny hat noch die meisten Möglichkeiten, weil Crawford ja eine durchaus lockere Einstellung hat, aus der er keinen Hehl macht.

Wickham wickelt ja nicht nur Elizabeth mit seinem Charme ein, auch genug andere glauben seine Geschichte. Und da Darcy es sich nicht nur mit Elizabeth verscherzt hat, sondern durch sein arrogantes Auftreten beim Ball auch sicher einigen anderen unangenehm aufgefallen ist, hat es Wickham mit seiner Geschichte natürlich ziemlich leicht. Selbst Jane, die ja ihre Zweifel an dieser Version hat, hält es ja auch nicht für total abwegig.
Hätte sich Darcy diesen ungeheuer ungeschickten Auftritt beim ersten Ball gespart, wobei er bei den anderen Gelegenheiten in Gesellschaft ja auch nicht unbedingt durch sympathisches Verhalten auffällt, würde die Gesellschaft auch nicht das Schlimmste von ihm annehmen.
Einem sympathischen Charakter wie Bingley würde man so ein Verhalten halt einfach nicht zutrauen.

Elanor hat geschrieben:
Zu Mr Wickham und dem Militia- Regiment nochmal.
Wenn ich das jetzt richtig verstanden habe, müßte es doch zur Zeit des Erscheinen des Buches den Lesern klar gewesen sein, daß die Herren Offiziere dieses Regimentes nicht wirklich erstrebenswerte Bekanntschaften waren. In diesem Licht dürfte das Verhalten der Bennet- Töchter noch törichter erscheinen und vielleuicht hatten Leser damals doch eher die Möglichkeit Wickham zu durchschauen, als ein heutiger Erstleser ohne dieses Wissen?
Oder sehe ich die damalige Leserschaft zu optimistisch

Naja, das Verhalten der Leute dort ist doch irgendwie verständlich? Der Ort ist eher langweilig, außer dem üblichen Klatsch, ein paar kleinen Bällen und Kartenabenden gibt es dort nicht viel. Außer zu wenig Männer, wie beim ersten Ball ja mehrfach betont wird. Und dann kommt ein ganzer Schwung schmucker Offiziere in Uniform? Eine Abwechslung! Flirtpotential! :brille: Es muss ja nicht alles in einer Ehe enden, aber für ein paar nette Abende mit kleinen Flirts sollte es doch reichen. So schlecht war es ja auch nicht, einen Offizier zu heiraten, der eventuell durch ein paar gute Beziehungen und genug Geld aufsteigen konnte. Der Roman ist ja zeitlich nicht genau festgelegt, aber so lange noch die napoleonischen Kriege herrschten, gab es immer die Möglichkeit, sich da auszuzeichnen. Das Benehmen der jüngeren Bennetschwestern ist sicher töricht, aber zunächst mal ihrem Alter geschuldet. Wenn heute die Boyband XY in die Stadt kommt, dann gibt es für Mädels in dem Alter auch kaum ein Halten! :D Und nicht alle Offiziere waren wie Wickham, die meisten flirteten sicher gerne, aber nicht alle hatten eine schäbigen Charakter. Schließlich gehören Wentworth und Brandon auch dazu. ;)
Grüße
Kerstin

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BeitragVerfasst: Montag 14. Juli 2014, 10:20 
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Kerstin hat geschrieben:
Und nicht alle Offiziere waren wie Wickham, die meisten flirteten sicher gerne, aber nicht alle hatten eine schäbigen Charakter. Schließlich gehören Wentworth und Brandon auch dazu. ;)


Nicht ganz. :wink: Wentworth war bei der Marine und Brandon in der regulären Armee. So wie ich es bisher verstanden habe, war es schon explizit die Miliz (also die "Heimatfront"), die einen etwas fragwürdigen Ruf hatte - ganz im Gegensatz zur Marine, wie man ja u.a. auch in "Persuasion" sieht.
Das heißt ja nicht, dass das alles Wüstlinge und Hallodris gewesen sein müssen. Aber da es relativ einfach war, ein Offizierspatent für die Miliz zu bekommen, war es wohl auch eine willkommene und recht einfache Gelegenheit für gesellschaftliche "Randfiguren", sich ohne großen Aufwand sozial zu verbessern und sich in besseren Kreisen zu bewegen. Wickham wird ja hier einfach von Denny "eingeladen", dem Regiment beizutreten. So abgeschlossen wie z.B. die Marine (wo man sich - siehe William Price und Captain Wentworth - mühsam hocharbeiten musste) war die Miliz jedenfalls nicht. Kauft Darcy nicht später auch einfach ein Offizierspatent für Wickham, damit er und Lydia im Norden ihr Eheleben beginnen können? Mit militärischen Fähigkeiten scheint ein Eintritt in die Miliz jedenfalls nicht viel zu tun gehabt zu haben. Auch Henry Austen trat dem Regiment seiner Heimatregion ja ohne große Ausbildung bei, soweit ich mich da aus den Biographien erinnere.


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BeitragVerfasst: Montag 14. Juli 2014, 13:28 
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Eine Frage, die wohl etwas den Rahmen hier sprengt, aber vielleicht weiß es ja jemand ohne große Recherche:

Es gibt, wenn ich es richtig sehe, einen Colonel Foster, ansonsten aber keine expliziten Dienstgrade; stattdessen heißt es allgemein: die Offiziere. Weiß jemand, wie man sich über das gemeine Fußvolk erheben und Offizier werden konnte. Es scheint fast, als ginge das ohne jede Ausbildungsvoraussetzung; also wohl kein Durchlaufen der unteren Ränge wie es bei heute üblich ist?


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BeitragVerfasst: Montag 14. Juli 2014, 15:52 
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Im 12. Kapitel ist auch von einem "private" die Rede - ein einfacher Soldat vielleicht? Hier etwas mehr zum Aufbau des Regiments:

Zitat:
A militia regiment normally consisted of eight companies of sixty men each, with an official complement of twenty-four officers: three field officers (colonel, lieutenant-colonel, and major), five captains, and a lieutenant and ensign for each company. Although a generous leave policy allowed twothirds of militia officers to be absent from their regiments during the winter, a headquarters like Meryton with four companies in residence would just about account for the eight or nine officers followed so avidly by Kitty and Lydia Bennet.


(Die Bezeichnung "Offizier" umfasst in diesem Zusammenhang also eine ganze Reihe an Rängen!)

Das ist aus einem sehr interessanten, etwas längeren Artikel zu dem Thema, "Jane Austen and the Militia", der einiges zum zeitlichen Hintergrund und den Bezügen in den Romanen erklärt - auch zu P&P. Scheinbar ist es auch kein Zufall, dass sich die Offiziere gerade in Mrs Phillips' Haus tummeln - ihr Mann war als ortsansässiger Anwalt auch eng mit dem Kriegsministerium und somit der Organisation und Unterbringung der jeweils dort stationierten Regimente verbandelt:

Zitat:
The old system of quartering is evident in Pride and Preiudice. Billeting soldiers was supervised by local attorneys and govemment officials like Uncle Phillips and Sir William Lucas; their frequent meetings with the militia officers were not purely social.


Da zeigt sich wieder einmal Jane Austens gute Recherche bzw. Plotkonstruktion, die dem heutigen Leser so oft verborgen bleibt, weil man einfach nicht mehr so vertraut mit den historischen Details ist.

Zur Hierarchie bzw. möglichen Karriere findet sich dort auch einiges: Die unteren Ränge wurden wohl hauptsächlich mit einfachen Landarbeitern und Handwerkern bestückt, für den Offiziersrang qualifizierte man sich, wenn man einer bestimmten gesellschaftlichen und besitzenden Klasse angehörte - eine Regelung die zudem um 1800 immer weiter aufgeweicht wurde, weil man nicht genügend Männer fand. So kam wohl auch der schlechte Ruf der Miliz zu Stande:

Zitat:
Officers in the regular army had to produce hard cash to purchase their commissions, while those in the militia were supposed to certify that they possessed a landed fortune or a regular income. These requirements were often evaded, however, and a shortage ofofficers induced Parliament annually to indemnify those who failed to qualify. By 1795, Pitt told the Commons that no qualifications could realistically be applied to the junior officers in the militia; the security of property must lie instead with the captains. J. R. Western, the historian of the militia, concludes that: "the lieutenants and ensigns were frankly a disgrace. There was really only one
copious source of supply: needy individuals in search of a living and youths of impecunious family who wanted a military career on the cheap."


Wickhams später offenbarter Charakter passt also tatsächlich sehr gut in diesen Kontext. Auch in diesem Kapitel entlarvt er sich aber schon zum Teil, vor allem wenn er ohne Scheu zugibt, dass ihn die Aussicht auf die "gute und angenehme Gesellschaft" in Meryton dazu gebracht habe, sich der Miliz anzuschließen. Von militärischem oder patrotischen Engagement oder Ehrgeiz ist da jedenfalls nichts zu hören.
Auch die Ausbildung scheint sich in Grenzen gehalten zu haben, und war auch häufig wegen der verstreuten und improvisierten Unterbringung in den kleineren Städten und Ortschaften wie Meryton nahezu unmöglich:

Zitat:
Scattering the regiments to fit the accommodations available in small towns and villages made effective training impossible, and so the officers, with few military duties to distract them, were ready for fun. (...) The ordinary soldiers, just as bored and idle as their officers but without elegant dinners or lottery-parties to amuse them, sought other, less genteel diversions.


Der Artikel identifiziert das in Meryton stationierte Regiment anhand der Summe der Hinweise in P&P übrigens als die Derbyshire Militia, Udo hatte die Frage weiter oben gestellt. Wie Grawe in seiner Übersetzung auf das Oxfordshire-Regiment kommt sagt er nicht, oder? Der anonymisierende Bindestrich anstelle von konkreten Namen und Orten ist übrigens eine Romankonvention der Zeit. Das gab den Anschein der Authentizität der Geschichte und bewahrte gleichzeitig die "Anonymität" der noch nicht selbstverständlich als fiktional verstandenen Figuren & Begebenheiten. So stehts jedenfalls in den Anmerkungen meiner Ausgabe.

Danke für die Frage, MiRiBo & den Anlass mal genauer nachzulesen - ein spannendes Thema, wie ich finde. :)

Auch wenn wir noch längst nicht soweit sind, fand ich diese Information auch ganz interessant:

Zitat:
Wickham's militia regimentals were soon put aside as Darcy arranged for the purchase of ensigncy in General -'s regiment in the regular army, then "quartered in the North". (...) Wickham had been a lieutenant in the militia; he now dropped back to the rank of ensign, the lowest commissioned rank in the army. (...) The cost of an ensign's commission was 400 pounds. For only 150 pounds more Darcy could have purchased a lieutenancy, but clearly enough was enough!


Ganz so großzügig war Mr Darcy also wohl doch nicht bzgl. Lydias & Wickhams Hochzeit - jedenfalls nur gerade soviel wie nötig. :wink:


Zuletzt geändert von Julia am Montag 14. Juli 2014, 19:13, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Montag 14. Juli 2014, 18:16 
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Austenbegeistert
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Danke, Julia, ich bin sehr beeindruckt.


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