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BeitragVerfasst: Sonntag 18. September 2011, 15:00 
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Austenexperte
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Die Schwestern sind immer noch in London.

3. März:
Hab heute zufällig meine Kapiteleinteilung wiederentdeckt, da steht für diese Kapitel: Melancholie, trifft das auch ganz gut, finde ich


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 Betreff des Beitrags:
Verfasst: Sonntag 18. September 2011, 15:00 


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BeitragVerfasst: Samstag 3. März 2012, 16:36 
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Austenexperte
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So, starten wir mal die Diskussion zu einem neuen Abschnitt:

Mich begeistert immerwieder die Charakterisierung der beiden Steele- Schwestern, mit wie knappen Aussagen sich die plumpe Vertrautheit der Einen und die intrigante Fiesheit der Anderen in der eigenen Fantasie ausbreitet.

Eine meiner absoluten Lieblingsszenen ist die Schilderung des Erwerbs eines Zahnstocheretuis.
Auch wenn wir hier ja noch nicht wissen, wer hier auftritt, ist doch absolut klar, daß JA diesen Typen nicht ohne Absicht beschreibt, aber den Leser schon dahinbringt, ihn nicht zu mögen. (auch wenn hier noch nicht klar ist, daß er R. F. ist.

Brilliant auch wie sie John Dashwood mal wieder demaskiert, die Worte, die sie ihm in den Mund legt:
Zitat:
... aber so sollte es auch sein; sie sind mit euch verwandt; und jede Artigkeit und Hilfe, die dazu dienen, eure Situation erfreulicher zu machen, kann man billigerweise erwarten.
und er merkt nicht einmal, daß das auf ihn viel mehr zuträfe :nein:

Elanor

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BeitragVerfasst: Dienstag 6. März 2012, 18:33 
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Austenfrischling
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Die einzige ehrliche Person ist Marianne. Sie spielt nicht mit in diesem hier von den Ladies aufgeführten Intrigantenstadel und tritt (natürlich) voll in den rieseigen Fettnapf, als es zum Treffen von Elinor, Luzy und Edgar kommt. Arme Marianne!

Und erst die Herren! Klägliche Figuren allesamt - nur einige Beispiele:
  • Edgar: Ist scheinbar von der Situation völlig überfordert.
  • Der Bruder:
    Lässt sich nur zu gern von seiner Frau in seinem Geiz bestätigen, auch wenn diese andere Motive hat.
  • Sir John: Ist nur an Pferden interessiert und daran, dass seine Bekannten "umgängliche Burschen" sind.


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BeitragVerfasst: Montag 12. März 2012, 19:46 
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Mir fällt in Kap 32 besonders auf, wie böse JA ist. Marianne leidet - und indem JA beschreibt, wie Sir John, Mrs Palmer, Lady Middleton und auch Mrs Jennings im Grunde gutwillig (alle sind empört) reagieren, macht sie sie zugleich gnadenlos nieder. Das ist natürlich lustig, aber irgendwie stolpere ich diesmal darüber, ist mir ein wenig zu viel Bissigkeit an dieser Stelle.
Die Lady wird hier ja übrigens endgültig zur Karikatur zurechtgestutzt - da sehe ich wieder Lady Bertram mit ihrem Mops auf dem Sofa...

Interessant finde ich, dass Marianne offenbar tatsächlich mehr darunter leidet, dass ihr Bild von Willoughby zusammenbricht, als unter gebrochenem Herzen. Hatten wir es darüber nicht schon mal hier (die Lesepausen schaden meinem Gedächtnis... :wink: )?

pauli hat geschrieben:
Die einzige ehrliche Person ist Marianne. Sie spielt nicht mit in diesem hier von den Ladies aufgeführten Intrigantenstadel und tritt (natürlich) voll in den rieseigen Fettnapf, als es zum Treffen von Elinor, Luzy und Edgar kommt. Arme Marianne!


Ja, sie ist irgendwie das Naturmädchen, das ihren Gefühlen überallhin folgt. Andererseits ist sie sich ja höchst bewusst, was die Konvention erfordert - und findet das total wichtig, wenn es nicht ihre Gefühle einzwängt. Irgendwie ist sie seltsam...

Zitat:
Und erst die Herren! Klägliche Figuren allesamt - nur einige Beispiele:

Stimmt, wirklich gut kommt nur der Oberst rüber. Aber viele positive Frauen kann ich in diesem Roman auch nicht finden. :wink:


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BeitragVerfasst: Donnerstag 29. März 2012, 13:59 
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Kaum mache ich mir Gedanken, wie man die Diskussion wieder zum Thema zurückbringt, wird sie abgetrennt :/
Udo hat geschrieben:
... und doch hinterläßt jeder ihrer Romane ein Geführ der Unbefriedigung, fast der Bitterkeit. Ihr fehlt die Liebe für ihre Menschen!

Gerade im Bezug auf die von dir oben angeführten Nebenfiguren kann ich das überhaupt nicht verstehen. Denn die haben doch alle auch positive Seiten, selbst Mrs Jennings, die mit ihrer Charakterisierung auch in einen derben Bauernschwank passen würde, ist doch voller Liebe und Verständnis und umsorgt die beiden Dashwoodmädels aufopferungsvoll, wie wir ein paar Kapitel weiter noch mehr sehen werden.
Und über Sir John hatte ich mir heute morgen einige Gedanken gemacht. Der passt ja eigentlich überhaupt nicht zu seiner eleganten Frau, (hätte mal mit Mr Palmer tauschen sollen :fies_sei: ) aber so ist das doch oft, die Bennets sind ja auch nicht wirklich ein Traumpaar oder die Bertrams und jeder von uns kennt solche Paare, die auf den ersten Blick so garnicht zusammenpassen. Trotzdem ist Sir John wohl eher auf dem Land wirklich zu Hause, in London wird er wohl mehr seiner Frau zu liebe sein. Und wir erfahren Sir John wie bei JA üblich ja nur im Beisein der Ladys, wie er z.b. als Freund von Colonel Brandon unter Freunden ist, beim Jagen zum Beispiel, darüber gibt es von ihr keine Charakterisierung und vielleicht wäre er da ganz angenehm, weil weniger derb und laut, als er sich in seinen Gesellschaften gibt?
Natürlich benutzt ein Schriftsteller seine Figuren ja immer, um mit der Handlung weiterzukommen, aber daß JA ihre Figuren lieblos durch die Gegend schiebt, kann ich hier mit keinem Satz erkennen. Trotzdem treffe ich im echten Leben lieber auf eine Mrs Jennings, als auf eine Mrs Ferrars oder eine Lucy Steele.
Ist jetzt vielleicht etwas wirr, dieser Gedankenwust, ich hoffe trotzdem, daß es einigermaßen verständlich ist.

Elanor

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BeitragVerfasst: Donnerstag 29. März 2012, 17:33 
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JA hält den Menschen und ihrer Gesellschaft den Spiegel vor. Dass das nicht immer gut ankommt (auch bei späteren Lesern) dürfte klar sein.
Im Gegensatz zu z.B. Balzac geht es ihr jedoch meiner Meinung nach nicht nur darum, zu unterhalten oder "Die menschliche Komödie" darzustellen, sondern sie hat durchaus ein gewisses Ideal vom Menschen, das im Hintergrund durchscheint.
"Verstand und Gefühl - Sense and Sensiiblity" machen es aus. Nur das Gefühl auf Kosten auch der andern auszuleben, als auch nur dem oft nur scheinbar Vernünftigen zu folgen, ist nicht befriedigend. Nur beides zusammen führt zu einem gelingenden Leben für den einzelnen als Individuum und als Mitglied einer Gesellschaft.


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BeitragVerfasst: Donnerstag 29. März 2012, 18:17 
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Elanor hat geschrieben:
Kaum mache ich mir Gedanken, wie man die Diskussion wieder zum Thema zurückbringt, wird sie abgetrennt :/

Elanor

Ich bin nur dem Wunsch der anderen nachgekommen. :nixweiss: Im neuen Thread kann man nach Herzenslust auch die Nebenfiguren aus den anderen Romanen zerpflücken. ;)
Grüße
Kerstin

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BeitragVerfasst: Donnerstag 29. März 2012, 20:43 
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Kerstin hat geschrieben:
Elanor hat geschrieben:
Kaum mache ich mir Gedanken, wie man die Diskussion wieder zum Thema zurückbringt, wird sie abgetrennt :/

Elanor

Ich bin nur dem Wunsch der anderen nachgekommen. :nixweiss: Im neuen Thread kann man nach Herzenslust auch die Nebenfiguren aus den anderen Romanen zerpflücken. ;)
Grüße
Kerstin


Ich mach dir doch keinen Vorwurf, ist schon ganz gut, daß es abgetrennt ist, wollte aber hier die Diskussion auch etwas am Laufen halten.
So, jetzt geh ich die anderen Nebenfiguren zerpflücken :fies_sei: :niwi:

Elanor

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BeitragVerfasst: Freitag 30. März 2012, 15:29 
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pauli hat geschrieben:
Die einzige ehrliche Person ist Marianne. Sie spielt nicht mit in diesem hier von den Ladies aufgeführten Intrigantenstadel und tritt (natürlich) voll in den rieseigen Fettnapf, als es zum Treffen von Elinor, Luzy und Edgar kommt. Arme Marianne!

Und erst die Herren! Klägliche Figuren allesamt - nur einige Beispiele:
  • Edgar: Ist scheinbar von der Situation völlig überfordert.
  • Der Bruder:
    Lässt sich nur zu gern von seiner Frau in seinem Geiz bestätigen, auch wenn diese andere Motive hat.
  • Sir John: Ist nur an Pferden interessiert und daran, dass seine Bekannten "umgängliche Burschen" sind.


Welcher Edgar? Du meinst sicher Edward, oder?

John Dashwood steht gewissermassen unter dem Pantoffel, so wie Edward sich nicht traut eine "Jugendverlobung" zu lösen, aber immerhin steht er zu seinem Wort, auch wenn er es nicht schafft, sich gegen die Mutter durchzusetzen. Ich mochte ihn im Grunde auch nie wirklich, er ist mir zu weich. Ehrlich, sich zu einer Zeit von den Frauen den Schneid abkaufen zu lassen, als sdie Männer das sagen hatten und Frauen kaum Rechte besassen, ist wirklich lachhaft, aber auch das gab es anscheinend. Wie sonst wäre Mrs. Ferrars die Verwalterin der Familiengüter und- Gelder und nicht längst der erwachsene Erstgeborene. Selbst im Falle, dass eine Frau erbte, war das eingeschränkt in und sollte verhindern, dass das Familienerbe statt an die männliche Seite ihrer Familie durch sie direkt/indirekt an die Familie ihres Gatten überging. Oft gab es deshalb spezielle Erbverfügungen, für den Fall, dass nur eine Tochter als Erbin blieb.

Unglaublich, jedoch typisch für Edward ebenfalls, dass er nicht gegen die Enterbung ankämpfte, als der jüngere Bruder, nun seinerseits Erbe genau die Dame (?) heiratete, wegen der er selbst enterbt wurde.

Zu Sir John: Darin ähnelt er wohl vielen anderen Burschen. Im übrigen weiß er auch ganz genau, wieviel die Güter der anderen Gentlemen einbringen, wobei das natürlich wichtig war, wenn man Kinder hatte, die in naher oder ferner Zukunft verheiratet werden sollten oder auch überhaut direkt/indirekt Geschäften nachging, und sei es nur in diverse Projekte der Ost-Indien-Kompanie zu investieren.

Willoughby ist auch nicht besser, und gibt mehr Geld, als hat aus für Jagdhunde, Pferde, Schneider und die üblichen Vergnügungen junger Männer.

@Udo
Wieso findest du JA böse? :gruebel:
Sie hat Marianne als Romantikerin gezeichnet, deren Nerven nicht gerade die besten sind, na und? Das ist nicht böse, sondern schlicht Realität. "Himmelhochjauchzend und Zutodebetrübt" gibt es immer noch. Marianne war von Anfang an leichtgläubig, naiv und offenherzig und hat dafür die Quittung bekommen, das ist nicht schön, aber musste sein. Den Ritter und Retter auf edlem Ross gab es schon zu JAs Zeiten nicht mehr wirklich. Es gab einfach viel zu viele Spieler, Bonvivants, Schönlinge, Lackaffen etc als hätte man dem blossen Schein trauen dürfen und wie Elinor richtig bemerkte, gleich ihr Herz auf der Zunge tragen und ihm ein bodenloses Grundvertrauen entgegnbringen, war nicht nur naiv, sondern dumm, fast sogar unanständig. Und egal was Willoughby tat oder sagte, sie himmelte ihn an. Nicht zu vergessen das Grundvertrauen ihrer Familie und der Gesellschaft, die nicht anzweifelte sie wäre längst verlobt gewesen, als sie mit Willoughby ganz allein durch die Gegend fuhr und sogar das Heim seiner Tante besuchten, und das ohne deren Anwesenheit, wie konnte sie nur?!
Und als Marianne preisgeben musste, dass sie nicht verlobt war, hielt Elinor eisern zu ihr und sagte, Willoughby habe sich so verhalten, dass es einer Verlobung gleichkam. Übrigens verdreht Jane Austen auch hier wieder den Grundsatz eigentlich erst die Eltern (also die Mutter, oder sogar einen Onkel) um Erlaubnis zu fragen, ehe man um die Hand anhält. Ebenso Mariannes verzweifelten Versuche mit Willoughby in Kontakt zu treten, als klar war, dass er mit ihr nichts mehr zu tun haben wollte. Wie kann sie als Frau ihrer Zeit, ja eigentlich eine junge Dame, ihm so sehr hinterherlaufen und sich ihm überhaupt so an den Hals werfen.

JA ist hier nicht böse. Marianne verhält sich grundsätzlich sehr grenzwertig und muss nun mal einen Dämpfer kriegen. Und würde sie hier nicht so sehr leiden, würde sie sich einem Colonel Brandon, den sie ja selbst verlacht hatte über den sie gerade mit Willoughby lachte, nicht zuwenden. Sie muss nun einmal durch eine harte Schule, wie sonst sollte eine Marianne ihre Fehler einsehen und einen Mann lieben lernen, der nun auf den ersten Anschein nicht der Held ist, der charakterlich aber gerade der Ritter ist, den sie sich ersehnt hat?

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BeitragVerfasst: Freitag 30. März 2012, 16:54 
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Austenfrischling
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Ein paar Anmerkungen zum Beitrag von Caro:
  • Sorry war ein Irrtum. Muss natürlich Edward heissen. Im Urteil über ihn bin ich mit dir einig.
  • Zitat:
    John Dashwood steht gewissermassen unter dem Pantoffel...
    Ich meine, er macht sich's einfach leicht. Und geizig ist er wirklich.
  • Allgemein:
    Ich bin mit Udo der Meinung, dass JA durchaus "böse" und satirisch in der Darstellung ist. Im Uebrigen meine ich, es ist nicht immer alles so ernst gemeint, sondern soll durchaus auch ein bisschen lächerlich in Richtung Satire und vielleicht überzeichnete Darstellung der Gesellschaft in JAs Zeit sein.


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BeitragVerfasst: Samstag 31. März 2012, 09:57 
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Caro hat geschrieben:
@Udo
Wieso findest du JA böse? :gruebel:
Sie hat Marianne als Romantikerin gezeichnet, deren Nerven nicht gerade die besten sind, na und?

Da habe ich mich wohl missverständlich ausgedrückt: Ich meinte gar nicht, dass JA in der Beschreibung Mariannes böse ist, sondern dass sie ihre Nebenfiguren (hier Sir John oder Lady Middleton) oft voller Ironie und manchmal eben auch bitter-böse beschreibt - aber so, dass es meist auch lustig ist.


Caro hat geschrieben:
Ich mochte ihn im Grunde auch nie wirklich, er ist mir zu weich. Ehrlich, sich zu einer Zeit von den Frauen den Schneid abkaufen zu lassen, als sdie Männer das sagen hatten und Frauen kaum Rechte besassen, ist wirklich lachhaft, aber auch das gab es anscheinend.

Wow! Da ist mal ein netter Kerl, der sich den patriarchalischen Erwartungen seiner Zeit halbwegs mannhaft (das muss sehr schwer gewesen sein!) widersetzt, der sich auch nicht auf Kämpfe mit Macho-Frauen (gibt es das? Ich meine jedenfalls Mrs. Ferrars) einlassen mag, weil das einfach zu blöd ist - und 200 Jahre später wird er von einer Frau als Softie in die Tonne getreten... :D


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BeitragVerfasst: Samstag 31. März 2012, 14:46 
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Ich denke, Männer die "unter dem Pantoffel" standen, hat es in jedem Jahrhundert gegeben. Nur weil die Frauen offiziell keine Rechte hatten, heißt es ja noch lange nicht, dass sie nicht in der Ehe das Sagen hatten. Nicht jede Frau hat ihr Gehirn aufgegeben, als sie geheiratet hat.

Augenscheinlich muss es wohl doch noch eine andere Erbregelung gegeben haben, sonst hätte Jane Austen nicht Mrs Ferrars zur Erbverwalterin gemacht und ihr das Recht gegeben, ihren Sohn zu enterben. Ich denke mal nicht, dass sie sich diese Variante ausgedacht hat und es total unüblich war, das eine Frau erbte. Von wem das Vermögen stammt, wissen wir ja auch nicht. Vielleicht hat sie es in die Familie gebracht? Es gab auch schon um 1800 Eheverträge.

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BeitragVerfasst: Samstag 31. März 2012, 16:19 
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Kerstin hat geschrieben:
Augenscheinlich muss es wohl doch noch eine andere Erbregelung gegeben haben, sonst hätte Jane Austen nicht Mrs Ferrars zur Erbverwalterin gemacht und ihr das Recht gegeben, ihren Sohn zu enterben. Ich denke mal nicht, dass sie sich diese Variante ausgedacht hat und es total unüblich war, das eine Frau erbte. Von wem das Vermögen stammt, wissen wir ja auch nicht. Vielleicht hat sie es in die Familie gebracht? Es gab auch schon um 1800 Eheverträge.

Das ist anzunehmen, siehe auch Lady Catherine, die sich ja auch über die Erbfolge bei den Bennets ausläßt.
Aber hier kommt ja noch hinzu, daß dies die etwas ungerechte Erbbehandlung der Dashwood- Damen noch mehr betont.

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BeitragVerfasst: Samstag 31. März 2012, 18:47 
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Elanor hat geschrieben:
Kerstin hat geschrieben:
Augenscheinlich muss es wohl doch noch eine andere Erbregelung gegeben haben, sonst hätte Jane Austen nicht Mrs Ferrars zur Erbverwalterin gemacht und ihr das Recht gegeben, ihren Sohn zu enterben. Ich denke mal nicht, dass sie sich diese Variante ausgedacht hat und es total unüblich war, das eine Frau erbte. Von wem das Vermögen stammt, wissen wir ja auch nicht. Vielleicht hat sie es in die Familie gebracht? Es gab auch schon um 1800 Eheverträge.

Das ist anzunehmen, siehe auch Lady Catherine, die sich ja auch über die Erbfolge bei den Bennets ausläßt.
Aber hier kommt ja noch hinzu, daß dies die etwas ungerechte Erbbehandlung der Dashwood- Damen noch mehr betont.

Elanor

Naja, da ging es ja darum, dass es nur weiblichen Nachwuchs gab. Aber Mrs Ferrars hat zwei Söhne, damit ist die direkte Erbfolge eigentlich gesichert. Aber sie hat wohl das Vermögen ihres Mannes nebst der Verfügungsgewalt geerbt, sonst könnte sie ihren Sohn nicht enterben.

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BeitragVerfasst: Montag 2. April 2012, 08:24 
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Kerstin hat geschrieben:
Ich denke, Männer die "unter dem Pantoffel" standen, hat es in jedem Jahrhundert gegeben. Nur weil die Frauen offiziell keine Rechte hatten, heißt es ja noch lange nicht, dass sie nicht in der Ehe das Sagen hatten. Nicht jede Frau hat ihr Gehirn aufgegeben, als sie geheiratet hat.

Aber es geht doch nicht um die Frage, ob man in der Ehe seinen Verstand aufgibt. Hier begegenen sich die Männer und Frauen ja nicht auf Augenhöhe, sondern die Frauen bestimmen, wo's lang geht. Sie haben also gewissermassen die Hosen an, was aber nicht bedeutet, dass sie klüger sind, oder?


Kerstin hat geschrieben:
Naja, da ging es ja darum, dass es nur weiblichen Nachwuchs gab. Aber Mrs Ferrars hat zwei Söhne, damit ist die direkte Erbfolge eigentlich gesichert. Aber sie hat wohl das Vermögen ihres Mannes nebst der Verfügungsgewalt geerbt, sonst könnte sie ihren Sohn nicht enterben.

Auch Eheverträge waren üblicherweise nicht so gestaltet, dass die Frau völlig in die Erbfolge ihres Gatten eintrat. Dann wäre der Familienbesitz ja im Fall einer neuen Ehe an den zweiten Gatten gegangen. Bestenfalls wurde sie als Verwalterin bis zur Volljährigkeit des Erben bestimmt. Möglich wäre nur, dass der Gatte keinen eigenen Besitz hatte, also ein armer Schlucker war, und die Familie Ferrars mehr oder weniger von ihrer Mitgift(Zinsen) lebt.

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BeitragVerfasst: Montag 2. April 2012, 11:12 
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Caro hat geschrieben:
Kerstin hat geschrieben:
Ich denke, Männer die "unter dem Pantoffel" standen, hat es in jedem Jahrhundert gegeben. Nur weil die Frauen offiziell keine Rechte hatten, heißt es ja noch lange nicht, dass sie nicht in der Ehe das Sagen hatten. Nicht jede Frau hat ihr Gehirn aufgegeben, als sie geheiratet hat.

Aber es geht doch nicht um die Frage, ob man in der Ehe seinen Verstand aufgibt. Hier begegenen sich die Männer und Frauen ja nicht auf Augenhöhe, sondern die Frauen bestimmen, wo's lang geht. Sie haben also gewissermassen die Hosen an, was aber nicht bedeutet, dass sie klüger sind, oder?



Es ging mir nicht darum zu sagen, dass die Frauen automatisch klüger sind, wohl aber, dass nicht jede Frau wie Mrs Bennet war. Man denke an Charlotte Lucas und Mr. Collins. In seinen Augen hat er vermutlich das Sagen, während man als Leser sicher sein kann, dass Charlotte ihren Mann lenkt.

Übrigens verstehe ich nicht so ganz, wie sich das Erbe der Ferrars zusammensetzt. Edward bekommt am Ende 10.000 Pfund, genau wie seine Schwester, wird aber ansonsten vom Erbe ausgeschlossen und als Sohn verstoßen. Allerdings sprechen sie mehrfach davon, dass er einen Beruf ergreifen sollte. Ganz kurz wird ein Eigentum in Norfolk erwähnt, aber im Gegensatz zu Pemberley scheint das keinen Besitzer zu brauchen? Wenn Edward das erben würde, hätte er ja quasi einen "Beruf", so wie Darcy.

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BeitragVerfasst: Montag 2. April 2012, 11:30 
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Kerstin hat geschrieben:
Es ging mir nicht darum zu sagen, dass die Frauen automatisch klüger sind, wohl aber, dass nicht jede Frau wie Mrs Bennet war. Man denke an Charlotte Lucas und Mr. Collins. In seinen Augen hat er vermutlich das Sagen, während man als Leser sicher sein kann, dass Charlotte ihren Mann lenkt.

Wobei Mrs. Bennet durch die Ehe nichts verloren hat. Sie ist halt eher einfältig.

Kerstin hat geschrieben:
Übrigens verstehe ich nicht so ganz, wie sich das Erbe der Ferrars zusammensetzt. Edward bekommt am Ende 10.000 Pfund, genau wie seine Schwester, wird aber ansonsten vom Erbe ausgeschlossen und als Sohn verstoßen. Allerdings sprechen sie mehrfach davon, dass er einen Beruf ergreifen sollte. Ganz kurz wird ein Eigentum in Norfolk erwähnt, aber im Gegensatz zu Pemberley scheint das keinen Besitzer zu brauchen? Wenn Edward das erben würde, hätte er ja quasi einen "Beruf", so wie Darcy.

Wenn er am Ende das Geld bekommt, scheint es mehr ein Erbe durch die Mutter, als nach Mutters Tod zu sein.

Ich denke, hier soll der "Beruf" eher Mittel zum Zweck sein. Mutter und Schwester wollen ja dass er in die Politk geht, oder zum Militär. Hier hätte er ja für seine Verdienst rein theoretisch einen netten, kleinen Titel erlangen können, wie es ja auch mehrfach geschah. Man darf ja als Mutter träumen. :fies_sei: Dass er in den Kirchendienst eintreten will, ist den Damen ja nicht so genehm, weil er damit keine großen Lorbeeren erntet. :wink:

Wie blöd, dass Mrs. Ferrars und Fanny wohl nicht interessant genug waren, zumindest einen Baronet heiraten zu können. :D Es wird ja häufiger von ihren angeblich so tollen Verbindungen gesprochen und Lucy gegenüber heisst es, man könne ihr die besten Ehemänner verschaffen, dabei hat es bei Fanny selbst nicht geklappt. Dashwood ist ja nun auch nicht die beste Partie.

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BeitragVerfasst: Montag 2. April 2012, 19:01 
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Naja, wenn er aber der Erbe eines Anwesens wäre, dann müsste er keinen Beruf ergreifen, weil er den quasi miterben würde. Colonel Brandon ist zunächst auch zum Militär gegangen, weil er halt der zweite Sohn war und versorgt sein sollte. Nach dem Tod seines Bruders war er dann Erbe und übernahm das Anwesen. Aber bei den Ferrars wird nie ein Besitz erwähnt, bis auf den kleinen Hinweis in Norfolk. Anscheinend gehört der wohl nicht zur Erbmasse, nur die Gelder, die er abwirft. Also ist stark anzunehmen, dass Mrs Ferrars das Erbe mit in die Ehe brachte und nun auch darüber bestimmen darf.
Abgesehen davon ist das mit der Politik nicht ganz richtig, seine Mutter hat das Militär oder Rechtswissenschaft vorgeschlagen.

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BeitragVerfasst: Dienstag 3. April 2012, 11:48 
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Kerstin hat geschrieben:
Abgesehen davon ist das mit der Politik nicht ganz richtig, seine Mutter hat das Militär oder Rechtswissenschaft vorgeschlagen.

Hm. Allerdings war dann auch von der Navy die Rede, für die er jedoch dann zu alt war.
Edward spricht allerdings auch davon, dass er leider keine rechte Beschäftigung habe, und letzlich ein Beruf für ihn
nicht notwendig wäre, nachdem sich wohl nichts passendes findet, das sowohl ihm als auch Muttern zusagt.

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Zuletzt geändert von Caro am Dienstag 3. April 2012, 13:24, insgesamt 1-mal geändert.

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BeitragVerfasst: Dienstag 3. April 2012, 11:56 
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Aber irgendetwas muss er in Oxford studiert haben. Vielleicht Soziologie? ;D Aber im Grunde gab er sich da dem Müßiggang hin, weil er keinen Beruf brauchte oder sich nicht so wirklich für einen entscheiden konnte.

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Ich will mich jetzt gar nicht in die Erbdiskussion einmischen, bin nur gerade auf eine Textstelle aus Kap 3 gestoßen, wo es heißt: "... Edward Ferrars war der älteste Sohn eines Mannes, der sehr reich gestorben war..."
Ich deute das so, dass durchaus der Vater reich war, die Familie also nicht von der Mitgift der Mutter gelebt hat. Gleich darauf heißt es, dass Edwards "ganzes Vermögen von der Willkür seiner Mutter" abhing. Irgendwie scheint die Mutter also doch alles geerbt zu haben und machen zu können, was sie will. Das britische Erbrecht scheint komplex gewesen zu sein - aber letztlich zählt ja auch nur, was die allmächtige Jane Austen festgelegt hat. :wink:


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BeitragVerfasst: Montag 9. April 2012, 12:02 
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Vielleicht war der Vater nicht schon immer "sehr reich". :gruebel: Klingt eher nach einem erworbenen Vermögen, so wie bei den Bingleys.
Grüße
Kerstin

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BeitragVerfasst: Samstag 14. April 2012, 11:14 
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Elanor hat geschrieben:
Mich begeistert immerwieder die Charakterisierung der beiden Steele- Schwestern, mit wie knappen Aussagen sich die plumpe Vertrautheit der Einen und die intrigante Fiesheit der Anderen in der eigenen Fantasie ausbreitet.

So beim Querlesen denke ich mal wieder, ob Lucy wirklich sooo schlimm ist. Was macht sie denn? Wird eigentlich irgendwann im Buch gesagt, ob sie sich wirklich in ihn verliebt hat - ober ob das von ihrer Seite von Anfang an nur Berechnung war? Wenn es auf ihrer Seite auch "echte Gefühle" gegeben hat, und sei es wie bei Edward nur ganz am Anfang, dann ist ihr Klammern an ihn ja nicht völlig irrational. Als mittellose Frau kämpft sie um ihre Chance, im Leben ein Auskommen zu finden - Charlotte Lucas lässt grüßen. Ok, sie macht das auf keine schöne Art, ich will ja nicht sagen, dass sie einen guten Charakter hat, aber das sie eine Verlobung einfach so selbstlos löst, nur weil das bisschen Liebe abgeflaut ist, ist vielleicht eine etwas romantische Vorstellung (zumal in Zeiten, in denen man nicht selten davon ausging, dass man erstmal heiratet, die Liebe kann später immer noch nachkommen). Romantik muss man sich auch leisten können. :wink:


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BeitragVerfasst: Samstag 14. April 2012, 14:13 
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Udo hat geschrieben:
Elanor hat geschrieben:
Mich begeistert immerwieder die Charakterisierung der beiden Steele- Schwestern, mit wie knappen Aussagen sich die plumpe Vertrautheit der Einen und die intrigante Fiesheit der Anderen in der eigenen Fantasie ausbreitet.

So beim Querlesen denke ich mal wieder, ob Lucy wirklich sooo schlimm ist. Was macht sie denn? Wird eigentlich irgendwann im Buch gesagt, ob sie sich wirklich in ihn verliebt hat - ober ob das von ihrer Seite von Anfang an nur Berechnung war? Wenn es auf ihrer Seite auch "echte Gefühle" gegeben hat, und sei es wie bei Edward nur ganz am Anfang, dann ist ihr Klammern an ihn ja nicht völlig irrational. Als mittellose Frau kämpft sie um ihre Chance, im Leben ein Auskommen zu finden - Charlotte Lucas lässt grüßen. Ok, sie macht das auf keine schöne Art, ich will ja nicht sagen, dass sie einen guten Charakter hat, aber das sie eine Verlobung einfach so selbstlos löst, nur weil das bisschen Liebe abgeflaut ist, ist vielleicht eine etwas romantische Vorstellung (zumal in Zeiten, in denen man nicht selten davon ausging, dass man erstmal heiratet, die Liebe kann später immer noch nachkommen). Romantik muss man sich auch leisten können. :wink:

Lucy Wunsch nach Versorgtsein ist ja nicht verwerflich sondern wirklich verständlich, wie wir ja in den Diskussionen um Charlotte Lucas oft festgestellt haben, wie du auch anführst.
Das was Lucy abstoßend macht und was von JA sicher auch beabsichtigt ist, ist ihr Benehmen. Das sie die Verlobung nicht löst, obwohl Edward es ihr anbietet, kann man ja noch verstehen. Sicherheit geht vor.
Das sie sozusagen im gleichen Atemzug das genaue Gegenteil behauptet, um selbstlos dazustehen und zu behaupten, daß Edward sie unermesslich liebt, ist gelinde gesagt intrigant. Die ganze Erzählung der näheren Umstände durch ihre Schwester machen sie nicht wirklich liebenswerter.
Darüber könnten wir sicher noch lange debattieren, mich begeistert aber wie gesagt mehr, daß JA sie so zielgerichtet charakterisiert. Der Leser wird ja förmlich "gedrängt" sie nicht zu mögen, genauso wie auch Mrs John Dashwood z.B. Wohingegen andere Nebenfiguren zwar auch etwas lächerlich wirken, aber wesentlich liebenswerter, Mrs Jennings z.B.

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BeitragVerfasst: Montag 16. April 2012, 10:34 
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Udo hat geschrieben:
Ich will mich jetzt gar nicht in die Erbdiskussion einmischen, bin nur gerade auf eine Textstelle aus Kap 3 gestoßen, wo es heißt: "... Edward Ferrars war der älteste Sohn eines Mannes, der sehr reich gestorben war..."
Ich deute das so, dass durchaus der Vater reich war, die Familie also nicht von der Mitgift der Mutter gelebt hat. Gleich darauf heißt es, dass Edwards "ganzes Vermögen von der Willkür seiner Mutter" abhing. Irgendwie scheint die Mutter also doch alles geerbt zu haben und machen zu können, was sie will. Das britische Erbrecht scheint komplex gewesen zu sein - aber letztlich zählt ja auch nur, was die allmächtige Jane Austen festgelegt hat. :wink:

Nun ja, die jungen Männer scheinen ja auch genügend geerbt zu haben. Waren es bei Edward nicht ursprünglich 2.000 im Jahr, und auch Robert hat genügend, um eine Barouche zu kaufen, nebst Pferden und zu unterhalten?
Diese 2.000 werden dann entweder wie eine Rente ausbezahlt, oder entstehen durch Zinsen. Fanny wird ja auch nicht zu wenig erhalten haben.

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BeitragVerfasst: Montag 30. April 2012, 17:21 
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Elanor hat geschrieben:
Das was Lucy abstoßend macht und was von JA sicher auch beabsichtigt ist, ist ihr Benehmen.

Ja, stimmt schon, es kommt nicht viel Mitgefühl mit der guten Lucy auf... Sie ist halt ein schlechter Charakter, bzw. hat einen solchen. So viel Missgunst und Gemeinheit gehört eigentlich bestraft - Frau in relativer Not hin oder her...

Was mir z.B. bei dem Dinner bei Mrs. Ferrars mal wieder auffällt, ist, wie wichtig es für JA ist, dass Menschen sich vernünftig unterhalten können. Alle diese Leute haben nichts zu sagen - und eben das qualifiziert sie aus JAs Sicht völlig ab. Da denke ich unwillkürlich, wie viel gute Konversation JA in ihrer Umgebung so hatte. Die Nachbarn in Chawton waren ja wohl auch nicht nur Leuchten. Aber egal. Jedenfalls: Wenn man mal eine Liste machen würde, was aus JAs Sicht eine "gute" Romanfigur (oder gar einen "guten" Menschen?) ausmacht, dann würde gescheit reden sicher dazugehören. Wichtig ist gescheit: Denn Willoughby z.B. kann ja auch super reden - aber er redet halt auch viel dummes Zeug, wie Elinor bemerkt.


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BeitragVerfasst: Freitag 4. Mai 2012, 09:04 
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Udo hat geschrieben:
Was mir z.B. bei dem Dinner bei Mrs. Ferrars mal wieder auffällt, ist, wie wichtig es für JA ist, dass Menschen sich vernünftig unterhalten können. Alle diese Leute haben nichts zu sagen - und eben das qualifiziert sie aus JAs Sicht völlig ab. Da denke ich unwillkürlich, wie viel gute Konversation JA in ihrer Umgebung so hatte. Die Nachbarn in Chawton waren ja wohl auch nicht nur Leuchten. Aber egal. Jedenfalls: Wenn man mal eine Liste machen würde, was aus JAs Sicht eine "gute" Romanfigur (oder gar einen "guten" Menschen?) ausmacht, dann würde gescheit reden sicher dazugehören. Wichtig ist gescheit: Denn Willoughby z.B. kann ja auch super reden - aber er redet halt auch viel dummes Zeug, wie Elinor bemerkt.

Wobei sich immer weder zeigt, dass Eindruck und Ansehen oberfächlich getragen sind. Will heissen: Um als guter Unterhalter und Gesellschafter zu gelten, war nur wichtig, die Anderen zu unterhalten und dafür brauchte es scheinbar nicht viel. Siehe Willoughby, Wickham und andere und deren ersten Eindruck in der Gesellschaft. Jane Austen legt da schon andere Maßstäbe an.

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BeitragVerfasst: Freitag 4. Mai 2012, 13:24 
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Udo hat geschrieben:
Was mir z.B. bei dem Dinner bei Mrs. Ferrars mal wieder auffällt, ist, wie wichtig es für JA ist, dass Menschen sich vernünftig unterhalten können. Alle diese Leute haben nichts zu sagen - und eben das qualifiziert sie aus JAs Sicht völlig ab. Da denke ich unwillkürlich, wie viel gute Konversation JA in ihrer Umgebung so hatte. Die Nachbarn in Chawton waren ja wohl auch nicht nur Leuchten. Aber egal. Jedenfalls: Wenn man mal eine Liste machen würde, was aus JAs Sicht eine "gute" Romanfigur (oder gar einen "guten" Menschen?) ausmacht, dann würde gescheit reden sicher dazugehören. Wichtig ist gescheit: Denn Willoughby z.B. kann ja auch super reden - aber er redet halt auch viel dummes Zeug, wie Elinor bemerkt.


Es ist gar nicht so leicht, hier das richtige Maß zu finden. Auf einer Dinnerparty, wie der bei Mrs. Ferrars, wo doch einige Leute zusammentreffen, die sich noch kaum gesehen haben, geschweige denn kennen, wird man sicher sowieso nicht zu viel tiefschürfende Gesprächsthemen erwarten dürfen. (es soll ja kluge Gastgeber geben, die extra dafür, für die Unterhaltung speziell, Leute einladen, z.b. jemand Weitgereisten. Da ergibt sich ein Gespräch ja fast von selbst.) Aber diese Gastgeber legen auf so etwas ja scheint es sowieso keinen Wert.
Wichtiger finde ich es in lokal begrenzten Gesellschaften, wo man sich immer wieder trifft und wie JA bemerkt: "an dem einen Tag nicht mehr zu sagen weiß, als was man an den Tagen zuvor schon gesagt hat."
Da tritt der Mangel viel deutlicher zu Tage und an dem leiden auch die Dashwoodschwestern am meisten.
Mir ist eher die Frage: Kann man die ganze Zeit gescheit reden? Oder braucht man nicht auch leichtes Dahinplätschern des Gespräches zwischendurch? Und ist wichtig nicht auch Wahrhaftigkeit?
Sicher wäre JA oft nach dem Dinner gern sitzengeblieben, statt mit den Ladys den Raum zu verlassen oder?
Was meint ihr?

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BeitragVerfasst: Freitag 4. Mai 2012, 15:06 
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Elanor hat geschrieben:
Mir ist eher die Frage: Kann man die ganze Zeit gescheit reden? Oder braucht man nicht auch leichtes Dahinplätschern des Gespräches zwischendurch? Und ist wichtig nicht auch Wahrhaftigkeit?
Sicher wäre JA oft nach dem Dinner gern sitzengeblieben, statt mit den Ladys den Raum zu verlassen oder?
Was meint ihr?
Elanor

Wie meinst du das? :gruebel: Ich könnte mir denken, dass sie bisweilen lieber die Herren, als die Damen begleitet hätte. Wenn die Herren unter sich waren, kam es meist erst zu den interessanten Gesprächen.

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BeitragVerfasst: Freitag 4. Mai 2012, 19:39 
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Das meinte ich doch, meistens gingen doch die Ladys schon voraus in irgendeinen Salon, während die Herren mit Port ( und Zigarren) zurückblieben. Deswegen denke ich, daß JA lieber mit sitzen geblieben wäre, als mit den Damen den Raum zu verlassen.

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